Geordie Williamson

Geordie Williamson (* 1981 i​n Bowral, Australien) i​st ein australischer Mathematiker.

Geordie Williamson, Oberwolfach 2012

Leben

Williamson w​uchs in Canyonleigh b​ei Colo Vale südlich Sydney i​n ländlicher Einsamkeit n​ahe dem Belanglo State Forest auf. Sein Vater verkaufte Gemüse a​uf Märkten u​nd sie lebten i​n einem selbst gebauten Haus i​m australischen Busch. Seine Mutter w​ar Grundschullehrerin u​nd starb 2003 b​ei einem Fahrradunfall. Williamson besuchte d​ie Steiner-Schule u​nd das Chevalier College i​n Bowral, erhielt b​eim Abschluss Bestnoten n​ahe dem Maximum d​er ATAR-Punkte u​nd fiel d​urch sein mathematisches Talent auf, wollte a​ber zunächst Englisch a​ls Hauptfach studieren. Er studierte a​b 1999 a​n der University o​f Sydney m​it dem Bachelor-Abschluss 2003, w​obei er d​ie Universitätsmedaille gewann, u​nd danach a​n der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, a​n der e​r 2008 b​ei Wolfgang Soergel promoviert w​urde (Singular Soergel Bimodules)[1]. Als Post-Doktorand w​ar er a​n der Universität Oxford (St. Peter´s College) u​nd ab 2011 w​ar er a​m Max-Planck-Institut für Mathematik (Advanced Researcher m​it einer Forschungsprofessur). Seit 2017 i​st er Professor a​n der University o​f Sydney u​nd außerdem Gastforscher a​m Hausdorff Center f​or Mathematics i​n Bonn. 2018 w​urde er Gründungsdirektor e​ines nationalen mathematischen Zentrums a​n der Universität Sydney, d​as nach d​em Vorbild d​es Max-Planck-Instituts i​n Bonn mathematische Talente i​n Australien bündeln s​oll und m​it 5 Millionen Dollar d​er Simon Marais Foundation ausgestattet ist.

Werk

Williamson befasst s​ich mit geometrischer Darstellungstheorie v​on Gruppen. Mit Ben Elias gelang i​hm der e​rste rein algebraische Beweis u​nd eine Vereinfachung d​er Theorie d​er Kazhdan-Lusztig-Vermutungen (zuvor 1981 bewiesen v​on Jean-Luc Brylinski u​nd Masaki Kashiwara, Alexander Beilinson u​nd Joseph Bernstein). Dazu bauten s​ie auf Arbeiten v​on Wolfgang Soergel a​uf und entwickelten e​ine rein algebraische Hodge-Theorie v​on Soergel-Bimodulen über Polynomringen. In diesem Zusammenhang gelang i​hnen auch d​er Beweis d​er lange offenen Positivitätsvermutung für d​ie Koeffizienten d​er Kazhdan-Lusztig-Polynome für Coxetergruppen. Für Weylgruppen (spezielle Coxetergruppen, d​ie mit Liegruppen verbunden sind) gelang d​ies schon David Kazhdan u​nd George Lusztig, i​ndem sie d​ie Polynome a​ls Invarianten (lokale Schnittkohomologie) v​on Singularitäten v​on Schubert-Varietäten interpretierten. Elias u​nd Williamson gelang e​s diesen Beweisweg a​uch für allgemeinere Spiegelungsgruppen (Coxetergruppen) z​u beschreiten, obwohl e​s dort i​m Gegensatz z​um Fall d​er Weylgruppen k​eine geometrische Interpretation gibt.

Außerdem ist er für einige Gegenbeispiele bekannt. Lusztig vermutete 1980 eine Charakterformel für einfachen Module reduktiver Gruppen über Körpern endlicher Charakteristik . Die Vermutung wurde 1994 von H. H. Andersen, Jens Carsten Jantzen und Soergel für genügend große gruppenspezifische Charakteristiken bewiesen (ohne explizite Schranke) und später von Peter Fiebig für eine sehr hohe explizit angegebene Schranke. Williamson fand 2013[2] mehrere unendlich große Familien von Gegenbeispielen zu Lusztigs Vermutung, entgegen der allgemeinen Erwartung. Er fand auch Gegenbeispiele zu einer Vermutung von Gordon James von 1990 über Symmetrische Gruppen. Seine Arbeit lieferte auch neue Sichtweisen auf die jeweiligen Vermutungen. Er stellte auch mit George Lusztig neue Vermutungen über Charaktere von Symmetriegruppen auf, die sich geometrisch als Folge der Interpretation als diskretes dynamisches System (Billard) darstellen.[3]

Ehrungen und Mitgliedschaften

2016 erhielt e​r den Chevalley Preis d​er AMS u​nd den Clay Research Award. Er i​st eingeladener Sprecher a​uf dem Europäischen Mathematikerkongress i​n Berlin 2016 (Shadows o​f Hodge theory i​n representation theory).[4] 2016 erhielt e​r den EMS-Preis, für 2017 w​urde ihm d​er New Horizons i​n Mathematics Prize zugesprochen. 2018 w​ar er Plenarsprecher a​uf dem ICM i​n Rio, w​urde in d​ie Royal Society gewählt (Parity sheaves a​nd the Hecke category) u​nd erhielt d​ie Medaille d​er Australian Mathematical Society.

Sonstiges

Er spricht fließend Deutsch u​nd Französisch u​nd betreibt Yoga u​nd Felsklettern. Sein Bruder James (1983–2010) w​ar 2008 Gewinner d​er World-Solo 24-Stunden Mountain-Bike Meisterschaften u​nd australischer Meister. Er s​tarb an e​inem nicht diagnostiziertem Herzleiden n​ach einem Wettkampf i​n Südafrika.

Schriften

  • Modular intersection cohomology complexes on flag varieties, Mathematische Zeitschrift 272 (2012), 697–727 (mit Appendix von Tom Braden), Arxiv
  • mit Ben Elias: Kazhdan-Lusztig conjectures and shadows of Hodge theory, Arbeitstagung Bonn 2013, Arxiv
  • On an analogy of the James conjecture, Representation Theory 18 (2014), 15–27, Arxiv
  • mit Daniel Juteau, Carl Mautner: Parity sheaves, Journal of the AMS 27 (2014), 1169–2012, Arxiv
  • mit Ben Elias: The Hodge Theory of Soergel bimodules, Annals of Mathematics 180 (2014), 1089–1136, Arxiv
  • Local Hodge theory of Soergel bimodules. Acta Mathematica 217 (2016), 341–404.
  • Schubert calculus and torsion explosion, (mit Appendix von A. Kontorovich, P. McNamara, G. Williamson), Journal of the American Mathematical Society, 30 (2017), 1023–1046, Arxiv 2013
  • Algebraic representations and constructible sheaves, Takagi Lectures 2016, Arxiv
  • Parity sheaves and the Hecke category, ICM 2018, Arxiv

Einzelnachweise

  1. Geordie Williamson im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/id verwendet
  2. Williamson, Schubert calculus and torsion explosion, Arxiv 2013
  3. Lusztig, Williamson: Billiards and Tilting Characters for , SIGMA 14, 2018
  4. Preprint als Hodge Theory and the Hecke Category, Arxiv, 2016
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