Geoglyphe
Eine Geoglyphe (auch der Geoglyph,[1] Erd- oder Bodenzeichnung genannt) ist eine großflächig auf dem Erdboden geformte, in Linien gezeichnete oder durch Straßen- und Wegezüge gebildete Figur. Einige Geoglyphen haben eine Größe von mehreren hundert Metern. Durch ihre Ausmaße sind sie oft nur aus der Luft zu erkennen.
Ein Scharrbild entsteht durch das Entfernen der dunklen Oberschicht von Gestein, Geröll oder Erdreich, so dass eine hellere Unterschicht sichtbar wird. Die helleren Partien ergeben die Zeichnung des Scharrbildes. Beispiele für diese Art von Geoglyphen sind die Nazca-Linien in Peru und das Uffington White Horse in England.
Prähistorische Geoglyphen
Geoglyphen können bei günstigen klimatischen Bedingungen lange Zeiträume überdauern, ohne von Denudations-Prozessen ausradiert zu werden. Prähistorische Geoglyphen stellen häufig Tiere dar, zum Beispiel: Affe, Ameisenbär, Condor, Eidechse, Elch, Flamingo, Fregattvogel, Hund, Kolibri (siehe Bild oben), Libelle, Papagei, Pelikan, Pferd, Schlange, Spinne und Wal[2]. Es gibt auch Darstellungen von Bäumen und Blumen. Oft sind mit den Bildern bestimmte Bedeutungen verbunden.
Die indianischen Mounds in Nordamerika sind meist Grabbauten. Bei den sogenannten effigy mounds werden Tierfiguren mit Geoglyphen dargestellt. Im Effigy Mounds National Monument in Iowa gibt es 31 solche Mounds mit Tierfiguren. Ein weiteres Beispiel ist der Great Serpent Mound in Ohio.[3]
Die Nazca-Linien in Peru sind Scharrbilder. Überwiegend handelt es sich um gerade Linien, es sind aber auch geometrische Figuren (Trapez, Spirale) und zahlreiche Tierfiguren vertreten. Zur Bedeutung der Nazca-Linien sind zahlreiche Theorien und Hypothesen entwickelt worden. Im Vordergrund steht die Annahme einer religiösen Bedeutung. Es könnte aber auch ein Zusammenhang mit der Astronomie bestehen – oder mit unterirdischen Wassersammelanlagen. Eine Veränderung des Klimas mit zunehmender Wüstenbildung könnte ein Auslöser für die Erschaffung der Nazca-Linien gewesen sein.
Im Amazonasgebiet wurden seit 1999 bei Rodungsarbeiten bislang mehr als 200 geometrische Formen wie Kreise und Quadrate entdeckt, viele durch gerade Straßen verbunden. Ihr Zweck ist unklar. Der personelle Aufwand für deren Erstellung steht im Widerspruch zur bisherigen Annahme, die in dem Gebiet nur kleinere Siedlungen für möglich hielt. Die Geoglyphen verteilen sich über 250 km und werden auf die Jahre 200–1283 datiert.[4][5]
Satellitenaufnahmen der NASA bestätigten 2015 die Existenz von rund 260 Geoglyphen in Kasachstan. Die ältesten sollen etwa 8000 Jahre alt sein (siehe Steppengeoglyphen).[6]
Moderne Geoglyphen
Auch zeitgenössische Künstler der Land Art haben Geoglyphen geschaffen. Bekannte Beispiele sind:
- die Begleiterscheinung XI auf Lanzarote von Eberhard Bosslet (Teil der Werkreihe Bauzeichnungen, Reformierungen und Begleiterscheinungen auf den Kanarischen Inseln, Beginn 1983)
- das Erdzeichen am Flughafen München mit dem Namen Eine Insel für die Zeit von Wilhelm Holderied (1995)
- Desert Breath in der Sahara bei El Gouna in Ägypten, geschaffen vom D.A.ST. Arteam (1997)[7]
- der Marree Man mit einer Länge von 4,5 Kilometern im Outback bei Marree in Südaustralien (1998 entdeckt)
- die Werkreihe Rhythms of Life von Andrew Rogers (Beginn 1999), bestehend aus derzeit 51 monumentalen Geoglyphen in sechzehn Ländern auf sieben Kontinenten (Stand 2018)[8]
Wie alle anderen Strukturen auf der Erdoberfläche können Geoglyphen zur Orientierung durch Luftfahrzeuge genutzt werden. Eigens für die Piloten der Edwards Air Force Base in Kalifornien wurde die weltgrößte Kompassrose auf dem Boden des Salzsees Rogers Dry Lake als Geoglyphe geschaffen.
Kornkreise sind den Bodenzeichnungen sehr ähnlich. Sie werden aber nicht direkt auf dem Erdboden gezeichnet und haben auch nur eine kurze Lebensdauer.
Anklänge im Städtebau und bei Landgewinnungsprojekten
Im Städtebau werden gelegentlich figürliche Grundrisse gewählt, die mit Geoglyphen vergleichbar sind („figurativer Städtebau“). Beim Blick auf den Stadtplan kann dann ein ähnlicher Eindruck entstehen wie bei großformatigen Geoglyphen. Auch künstlichen Inseln wird manchmal eine besondere Gestalt verliehen.
Städtebau
- Der Grundriss der alten Inka-Stadt Cusco soll einen liegenden Puma darstellen. Die Festung Sacsayhuamán bildet dabei den Kopf und der Hauptplatz den Bauch des Pumas. Der Körper des Pumas wird von zwei Flüssen begrenzt, die sich am hinteren Ende vereinigen.[9] Einige Forscher zweifeln diese Theorie an.[10] Sie wurde unter anderem von George Kubler vertreten.[11]
- Für den Wiederaufbau der nach dem Zweiten Weltkrieg zerstörten Innenstadt von Rovaniemi in Finnland wählte Alvar Aalto als Grundriss den Kopf eines Rentiers mit Geweih.[12]
Künstliche Inseln
- Die Inseln der Palm Islands in Dubai haben die Gestalt einer Palme.
- In den Niederlanden wurde im Jahr 2007 das Projekt diskutiert, in der Nordsee eine rund 50 Kilometer lange künstliche Insel in der Form einer Tulpe zu erschaffen.[13]
Literatur
- Rudolf Drößler: Kulturen aus der Vogelschau. Archäologie im Luftbild. Jena/ Berlin 1987.
- Viola Zetzsche: Archäologie ferngesteuert. In: Abenteuer Archäologie. 4/2005, 14. Oktober 2005. (PDF-Download)
- Viola Zetzsche: Ein Modellhelikopter über versunkenen Städten. In: Antike Welt. 1/2006.
- Karsten Lambers: The Geoglyphs of Palpa, Peru: Documentation, Analysis, and Interpretation. Lindensoft Verlag, Aichwald 2006, ISBN 3-929290-32-4. (Angaben zum Buch)
Weblinks
Einzelnachweise
- Duden online: die Geoglyphe und der Geoglyph
- Stanislav A. Grigoriev, Nikolai M. Menshenin: Discovery of a geoglyph on the Zjuratkul Ridge in the southern Urals antiquity.ac.uk. Koordinaten: 54° 56′ 33″ N, 59° 11′ 32″ O .
- Josleen Wilson: The Passionate Amateur’s Guide to Archaeology in the United States. Collier Books, New York 1980, Stichwort mound building.
- John Roach: "Lost" Amazon Complex Found; Shapes Seen by Satellite. In: National Geographic. 4. Januar 2010, abgerufen am 2. Januar 2018.
- Claire Bates: Lost Amazon civilisation revealed after forests cleared for cattle grazing. In: Daily Mail. 11. Januar 2010, abgerufen am 2. Januar 2018.
- Hunderte Linien, Kreise und Ringe in Kasachstan. In: Die Welt. 3. November 2015, abgerufen am 2. Januar 2018.
- Desert Breath: A Monumental Land Art Installation in the Sahara Desert thisiscolossal.com, 20. Februar 2014
- Rhythms of Life andrewrogers.org
- Cusco: Heart of the Inka Universe Webseite des National Museum of the American Indian, mit Zeichnung und Erläuterung im Video.
- Mark Cartwright: Cusco Ancient History Encyclopedia, 30. Januar 2015.
- George Kubler: The Art and Architecture of Ancient America. Penguin Books, 1962, S. 314. Zitat: “The city itself between the rivers was a sacred thing, and it was likened to a puma, with the tail at the confluence of the rivers, the head at the fortress, and the body at the main plaza, surrounded by courtyard dwellings.”
- Alvar Aalto und Architektur in Rovaniemi visitrovaniemi.fi
- 100.000 Hektar groß: Niederlande planen künstliche Tulpen-Insel spiegel.de, 10. Dezember 2007.