Geli Raubal
Angela Maria „Geli“ Raubal (* 4. Jänner 1908 in Linz, Österreich-Ungarn; † 18. September 1931 in München) war eine Nichte Adolf Hitlers, die Tochter seiner Halbschwester Angela Raubal.
Leben
Angela Raubal wurde als Tochter des Steueramtsoffizials Leo Raubal (1879–1910), eines gebürtigen Tschechen,[1] und seiner Ehefrau Angela (1883–1949, später verh. Hammitzsch, geb. Hitler), einer Halbschwester Adolf Hitlers, geboren.
Ihr Vater starb bereits zwei Jahre nach ihrer Geburt, in der Folge wechselten sie und ihre beiden Geschwister Leo und Elfriede öfter Wohnort und Bezugspersonen. Geli Raubal besuchte das Akademische Gymnasium in Linz und machte 1927 dort als eines der ersten Mädchen die Matura.
1923 wurde Adolf Hitler zu Raubals Vormund bestellt, doch erst 1924 traf sie ihn erstmals bei einem Besuch in der Festung Landsberg am Lech, wo er in Haft saß.[2]
Geli Raubal begann 1927 in München ein Medizinstudium und bezog unweit von Hitlers Wohnung ein Pensionszimmer. Schon bald nach der Immatrikulation brach sie ihr Medizinstudium ab, um sich als Sängerin ausbilden zu lassen. Hitler finanzierte den Gesangsunterricht, zunächst bei Kapellmeister Adolf Vogl, später bei Hans Streck, dem ehemaligen Adjutanten von Erich Ludendorff.
Im Dezember 1927 eröffnete Emil Maurice, Mitbegründer der SS und Hitlers Chauffeur, seinem Chef die Absicht, Raubal zu heiraten. Hitler reagierte verärgert, forderte eine Trennung auf zwei Jahre und Treffen in dieser Zeit nur unter Aufsicht. Er kündigte Maurice im Januar 1928 fristlos. Da Raubal noch nicht volljährig war, war eine Eheschließung ohne Einwilligung des Vormunds nicht möglich.
1929 bezogen sie und Hitler am Prinzregentenplatz 16 eine Neun-Zimmer-Wohnung.
Am 18. September 1931 erschoss sich Geli Raubal in der gemeinsamen Wohnung.[3][4] Nach Aktenlage entschied die Justiz auf Suizid. Sie starb an einem Lungenschuss.[5] Gründe für einen Suizid wurden nicht benannt; ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Die Hausangestellten gaben an, es habe am Vormittag des 18. September einen Streit zwischen Raubal und Hitler gegeben. Hitler gab zu Protokoll, seine Nichte habe als Sängerin auftreten wollen, aber dem Druck nicht standgehalten. Ihr Bruder Leo, der mit ihr noch eine Woche zuvor in den Bergen gewandert war, sagte aus, dass er keine Anzeichen von Lebensüberdruss bemerkt habe. Emil Maurice sagte im Jahr 1945 aus, sie habe möglicherweise darunter gelitten, in der Prinzregentenstraße wie in einem „goldenen Käfig“ eingesperrt zu sein.[6]
Geli Raubal wurde am 23. September 1931 auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Hitler besuchte die Grabstätte erst drei Tage später.[7] Eine im Jahr 1985 beantragte Exhumierung zur Klärung der genauen Todesursache wurde von den Behörden abgelehnt.[8]
Adolf Hitler soll geäußert haben, die Beziehung zwischen ihm und Geli sei „restlos am Generationenproblem“ gescheitert. Der Grundsatz „Jugend muss von der Jugend geführt werden“ für die Hitlerjugend[9] soll durch diese Erfahrung geprägt worden sein.
Zahlreiche Spekulationen kreisten um die Frage, ob Geli Raubal Hitlers Geliebte war. Weder wurde die Bedeutung geklärt, die sie für ihren Onkel hatte, noch konnte die Urheberschaft einer Aktstudie von der 21-Jährigen Hitler zugeordnet werden. Der Hitler-Biograph Joachim Fest sieht in Raubal Hitlers einzige große Liebe.[10] Die mögliche Liebesbeziehung Hitlers zu seiner Nichte wurde erstmals in Stuart Heislers Film Hitler im Jahre 1962[11] thematisiert. Cordula Trantow wurde im selben Jahr für die Darstellung der Geli Raubal für einen Golden Globe nominiert.
Literatur
- Wolfgang Zdral: Die Hitlers. Die unbekannte Familie des Führers. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-593-37457-4, bzw. Taschenbuchausgabe: Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2008, ISBN 978-3-404-61631-2, S. 75–100.
- Marc Vermeeren: De jeugd van Adolf Hitler 1889–1907 en zijn familie en voorouders. Uitgeverij Aspekt, Soesterberg 2007, ISBN 90-5911-606-2.
- Uwe Bolius: Hitler von innen. Limbus Verlag, Hohenems 2008, ISBN 978-3-902534-20-0.
- Anna Maria Sigmund: Die Frauen der Nazis. Ueberreuter, Wien 1998, S. 131–158.
Filme
- 1944: The Hitler Gang, mit Poldi Dur als Geli Raubal
- 1962: Hitler, mit Cordula Trantow als Geli Raubal
- 1999: Die Nichte und der Tod (Spielfilm, in dem ein Journalist nach den verschollenen Gebeinen der Geli Raubal sucht).
- 2000: Hitler und die Frauen (Dokumentarfilmreihe)
- 2003: Hitler – Aufstieg des Bösen (Hitler – The Rise of Evil), mit Jena Malone als Geli Raubal
- 2005: Oliver Halmburger, Thomas Staehler: Familie Hitler. Im Schatten des Diktators. München: Oliver Halmburger Loopfilm u. Mainz: ZDF-History (Dokumentarfilm).
- 2005: Die Nichte – Hitlers verbotene Liebe (Uncle Adolf), mit Elaine Cassidy als Geli Raubal
Weblinks
- Literatur über Geli Raubal im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Johann Baumgartner: Adolf Hitler – seine große Liebe und Peilstein. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 48, 1994, Heft 3, S. 281 (ooegeschichte.at [PDF]).
- Einige Quellen nennen auch den Vornamen „Angelika“, so z. B. Diane Ducret: Die Frauen der Diktatoren. Ecowin Verlag, Salzburg 2012, ISBN 978-3-7110-5025-0, passim; Gerhard Vinnai: Hitler – Scheitern und Vernichtungswut. Zur Genese des faschistischen Täters. Psychosozial-Verlag, Gießen 2004, S. 117; Hitler, zitiert nach Wolfgang Zdral: Die Hitlers. Die unbekannte Familie des Führers. 2005, S. 98.
- T. Bröse: Daheim bei Hitler, in: Focus Nr. 19 vom 7. Mai 2007.
- Von Rumler: Hitlers Nichte, in: Der Spiegel 33/1997 vom 11. August 1997, S. 155.
- Volker Pilgrim: Hitler 1 und 2, Hamburg. 2017. Besprochen in: Volker Elis Pilgrim // Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland, Perlentaucher 2017
- Volker Ullrich: Adolf Hitler. Die Jahre des Aufstiegs. 1889–1939. Frankfurt am Main 2013, S. 317.
- Wolfgang Zdral: Die Hitlers. S. 95.
- Wolfgang Zdral: Die Hitlers. S. 100.
- Henry Picker: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier. 4. Auflage, Seewald Verlag, Stuttgart 1983, S. 25 f.
- Joachim Fest: Hitler, 4. Aufl. 2008, S. 447.
- Stuart Heislers Film Hitler (1962)