Gefecht bei Kirchheimbolanden
Das Gefecht bei Kirchheimbolanden war das erste Gefecht des Pfälzischen Aufstandes. Es fand am 14. Juni 1849 bei Kirchheimbolanden statt und endete mit der Niederlage der Freischaren gegen die preußischen Truppen.
Vorgeschichte
Die Bewegung der Märzrevolution in den Mitgliedsstaaten des deutschen Bundes hatte zur Wahl der Frankfurter Nationalversammlung als erster gesamtdeutscher Volksvertretung geführt. Dieses Parlament hatte am 28. März 1849 eine Verfassung des deutschen Reiches verkündet, die die Staatsform einer erblichen konstitutionellen Monarchie vorsah. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die angebotene Kaiserkrone ab. Am 23. April lehnten der bayerische König und seine Regierung die Paulskirchenverfassung ab, was von der Linken als Staatsstreich angesehen wurde.
Am 2. Mai wurde beschlossen, einen zehnköpfigen Landesausschuss zur Verteidigung und Durchführung der Reichsverfassung einzurichten und am 7. Mai 1849 legitimierte der Reichskommissar der Zentralgewalt für die Pfalz, Bernhard Eisenstuck, den Landesverteidigungsausschuss. Am 3. Mai 1849 brach der Dresdner Maiaufstand aus, der bereits am 9. Mai durch sächsische und preußische Truppen niedergeschlagen wurde. Am 11. Mai begann der dritte badische Aufstand mit der Meuterei der badischen Truppen in der Bundes-Festung Rastatt.
Die Bitte des pfälzischen Landesausschusses um Unterstützung aus Baden und Hessen wurde am 9. Mai in Rheinhessen bekannt.[4] und es wurde durch Franz Zitz und Ludwig Bamberger zur Bildung eines rheinhessischen Freikorps aufgerufen. Das militärische Kommando hatte zunächst Karl Ludwig Heußner.[5] Das Korps sammelte sich in Wörrstadt und zog über Alzey nach Pfeddersheim und dann nach Kirchheimbolanden.
Am 11. Juni begann die befürchtete Intervention des 1. preußischen Armeekorps unter Moritz von Hirschfeld. Die Avantgarde seiner 1. Division unter Generalmajor Woldemar von Hanneken überschritt bei Kreuznach unangefochten die pfälzische Grenze und rückte nach Süden vor.
Beteiligte Verbände
Das rheinhessische Freikorps – unter dem von General Sznayde eingesetzten Polen Rouppert – zu dem insbesondere die Turner von Mainz und Mitglieder des Arbeitervereins gehörten mit ursprünglich etwa 1 500 Mann und vier kleinen eisernen Kanonen.
Die Avantgarde der 4. Division des 1. preußischen Armeekorps mit dem Berliner Bataillon des 2. Garde-Landwehr-Regiments, dem Füsilier-Bataillon des 24. Infanterie-Regiments, zwei Schwadronen des 7. Ulanen-Regiments und zwei Geschützen unter Oberst Gustav von Schleinitz.[6]
Verlauf
Bereits am 13. Juni kam es bei einer Rekognoszierung der Preußen bei Morschheim[7] zu einem Zusammenstoß mit einer Kompanie der Freischar, die einen Toten und zwei Verwundete zu beklagen hatte.[8]
Die in Morschheim als Vorposten zurückgelassenen Aufständischen verließen entgegen den Befehlen in der Nacht vom 13. auf den 14. Juni den Ort und gingen auf Kirchheimbolanden zurück. Der Vormarsch der Preußen wurde in Kirchheimbolanden am 14. Juni um 5 Uhr morgens bemerkt. Eine preußische Füsilierkampanie besetzte zunächst kampflos Orbis und ging weiter von Nordwesten auf Kirchheimbolanden, während das Gros der preußischen Verbände direkt von Norden die Stadt angriff. Eine dritte Gruppe von Westen her vorrückte. Eine Kompanie des Freikorps leistete den Preußen zunächst vor der Stadt Widerstand, zog sich aber zurück nachdem sie von drei Seiten angegriffen wurde. Dort unter Artilleriebeschuss genommen wurde die Situation des Freikorps prekär. Da der polnische Major Rouppert, der formal den militärischen Oberbefehl hatte, keine Entscheidungen traf, wurde durch Zitz und Bamberger der Rückzug auf Rockenhausen angeordnet. Eine Abteilung der Mainzer Schützen blieb aus unbekannten Gründen im Schlossgarten zurück. Eine Kompanie des Garde-Landwehr-Bataillons nahm zunächst die Barrikade am Schlossgarten. Landwehr und Füsiliere drangen bald darauf durch das Haupttor in den Schlossgarten ein. Die Freischärler kamen im Gefecht um[9] oder wurden gefangen. Unter den Gefangenen war auch Mathilde Hitzfeld, die auf einer Darstellung mit Fahne auf einer Barrikade gezeigt wird, womit wohl an Darstellungen aus der französischen Revolution angeknüpft werden sollte.
Das rheinhessische Freikorps zog sich weiter auf Neustadt an der Haardt zurück, wo es sich mit dem Volkswehr-Bataillon Schlinke sowie dem Korps Blenker vereinigte und mit der gesamten verbliebenen pfälzischen Revolutionsarmee am 18. Juni über die Knielinger Rheinbrücke nach Baden ging. Am 20. Juni löste sich das rheinhessische Freikorps auf.
Der Prinz von Preußen, der Oberbefehlshaber der gesamten Armee zur Niederschlagung der Revolution in der Pfalz und in Baden begleitete die 4. Division und beglückwünschte seine Truppen nach dem Gefecht persönlich.
Gedenken
Am 16. Juni 1872 wurde auf dem Friedhof von Kirchheimbolanden ein Denkmal für die am 14. Juni 1849 gefallenen Freischärler eingeweiht. Es zeigt eine Germania mit Reichsadlerschild. Im Sockel wurde eine Urkunde mit dem folgenden Text hinterlegt:
„Im Jahre 1848–1849 hat die vom deutschen Volke gewählte deutsche Reichsversammlung in Frankfurt a. M. eine deutsche Reichsverfassung auf gesetzlichem Wege berathen und festgestellt, deren Ein- und Durchführung sich jedoch verschiedene deutsche Fürsten gegen den Wunsch und das Wohl des Volkes widersetzten. Die Bevölkerung der bairischen Pfalz und von Baden trat für ihr gutes Recht ein, ihre dafür streitende Volkswehr aber wurde von der Uebermacht der von den Fürsten gegen sie aufgebotenen Heere besiegt und die Hoffnung auf die Schaffung eines einigen, freien deutschen Reichs in damals unabsehbare Ferne hinausgerückt. An diesem Kampfe für sein gutes Recht wurde das pfälzische Volk von vaterlands- und freiheitsbegeisterten Männern und Jünglingen aus der rheinhessischen Nachbarprovinz unterstützt, welche eine Freischaar bildeten, die am vierzehnten Juni 1849 den ersten Kampf gegen eine in die Pfalz einrückende preußische Heeresabtheilung hier in Kirchheimbolanden zu bestehen hatte, wobei die nachstehend Aufgeführten (folgen die Namen) den Heldentod für Freiheit und Vaterland starben und auf diesem Friedhofe ihre letzte Ruhestätte fanden.“[10]
Literatur
- Daniel Staroste: Tagebuch über die Ereignisse in der Pfalz und Baden im Jahre 1849: ein Erinnerungsbuch für die Zeitgenossen und für Alle, welche Theil nahmen an der Unterdrückung jenes Aufstandes. Band 1. Potsdam 1852, S. 178–180 (Google-Buchsuche)
- Otto Fleischmann: Geschichte des pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849: nach den zugänglichen Quellen geschildert, E. Thieme, Kaiserslautern 1899, S. 284–302 (archive.org)
- Ludwig Bamberger: Erlebnisse aus der Pfälzischen Erhebung im Mai und Juni 1849. Frankfurt a. M. 1849, S. 76–79 (urn:nbn:de:hebis:30:2-25170)
- Johann Philipp Becker, Christian Essellen: Geschichte der süddeutschen Mairevolution des Jahres 1849. Genf 1849, S. 305–307 (Google-Buchsuche)
Einzelnachweise
- nach der Anklag-Akte, errichtet durch die K. General-Staatsprokuratur der Pfalz, Zweibrücken 1850, S. 28 als polnischer Flüchtling bezeichnet; bei Bamberger Ruppert genannt
- s. Staroste S. 179
- s. Staroste S.
- s. Bamberger S. 8
- aus Kaiserslautern
- Kurt von Priesdorff: Karl Anton Gustav Freiherr von Schleinitz. In: Ders.: Soldatisches Führertum. Band 5, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. O. [Hamburg], o. J. [1938], DNB 367632802, S. 294 f., Nr. 1914.
- s. Staroste S. 177
- s. Bamberger S. 75
- Bamberger (Lit., S. 79) nennt die Zahl von 17 Toten ein Gerücht und verweist darauf, dass namentlich genannte Opfer sehr wohl noch lebten.
- Denkmal für Volkskämpfer. In: Die Gartenlaube. Heft 37, 1872, S. 609, 612 (Volltext [Wikisource]).