Güterzuganbindung
Als Güterzuganbindung[1][2] wird eine im Zuge des Projekts Neubaustrecke Wendlingen–Ulm im Bau befindliche, 1,1 km lange Bahnstrecke bei Wendlingen am Neckar bezeichnet. Über die Kurve sollen von Plochingen kommende Güterzüge auf die Neubaustrecke Richtung Ulm und umgekehrt geführt werden.
Güterzuganbindung | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer (DB): | 4615 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 1,1 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Stromsystem: | 15 kV, 16,7 Hz ~ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 25 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 100 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Verlauf
Die Strecke fädelt südlich von Wendlingen aus der Bahnstrecke Plochingen–Immendingen in südöstlicher Richtung aus und fädelt in der Nähe des Westportals des Albvorlandtunnels in das nördliche Gleis der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm Richtung Ulm ab Abzweig Rübholz ein.[3][1] Die Strecke verläuft im westlichen Portalbereich des Albvorlandtunnels dabei zunächst in einem eigenständigen Tunnel, dem 203 m langen GZA-Tunnel, bevor sie in das Gleis Ulm–Stuttgart des Albvorlandtunnels in einen trompetenförmigen Aufweitungsbereich einmündet.[4]
Die Strecke ist mit einer Länge von 1,13 km geplant. Davon sollen etwa 175 m im Tunnel GZA unter BAB A8[4] verlaufen.[2] Die maximale Längsneigung liegt bei 25 Promille, die Entwurfsgeschwindigkeit zunächst bei 80 km/h.[1]
Im Zuge einer Planänderung wurde die zulässige Geschwindigkeit auf den östlichen 0,6 km der Strecke auf 100 km/h angehoben. Zusammen mit weiteren Maßnahmen soll diese Änderung dazu beitragen, das ab Ende 2022 geplante Betriebsprogramm mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität zu fahren.[5]
In der Nähe der Güterzuganbindung, südlich der Neubaustrecke, verläuft die Wendlinger Kurve, deren nördliches Gleis (Große Wendlinger Kurve) zwischen Güterzuganbindung und Neubaustrecke in die Schnellfahrstrecke Richtung Stuttgart einfädelt.
Geschichte
Planung
Das Konzept der Güterzuganbindung ging aus dem Wunsch hervor, die Güterzugtauglichkeit der von Gerhard Heimerl im August 1988 vorgeschlagenen Neubaustrecke Stuttgart–Wendlingen–Ulm zu verbessern. (Im Zuge dessen wurde die maximale Steigung der Neubaustrecke von 32,5 auf 25 Promille abgeflacht.) Sie sollte, nach dem Planungsstand von 1991, in Wendlingen aus der Teckbahn ausfädeln, nördlich parallel zur Bundesautobahn 8 verlaufen, diese unterqueren und anschließend nordöstlich des Albvorlandtunnels in die Neubaustrecke nach Ulm einfädeln.[6][7] In der Planung der Variante H der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm war die Güterzuganbindung berücksichtigt. Sie sollte am östlichen Ortsrand von Ötlingen von der Bestandsstrecke Wendlingen–Kirchheim ausfädeln und überwiegend im Tunnel verlaufen.[8]
In der 1995 vorgelegten Machbarkeitsstudie des Projekts Stuttgart 21 war die Güterzuganbindung optional vorgesehen.[9] Nach dem Planungsstand von 1996 sollte die von Wendlingen kommende Trasse zunächst die Autobahn und die Neubaustrecke unterqueren und anschließend in nordöstlicher Richtung in die Strecke Richtung Ulm einfädeln.[10]
Sie ist Teil des Planfeststellungsabschnitts 2.1 der Neubaustrecke.[1] Der Planfeststellungsbeschluss für diesen Abschnitt erging am 23. März 2015.[11] Er ist seit 1. Juni 2015 rechtskräftig.[12]
Der Verband Region Stuttgart erwägt, die S-Bahn-Strecke Wendlingen–Oberlenningen östlich von Wendlingen mit der Güterzuganbindung durch einen 1,6 km langen Tunnel zu verbinden und anschließend die Bestandsstrecke durch Wendlingen zurückzubauen.[13] Die S-Bahn Richtung Kirchheim würde in einer ersten Baustufe dabei eingleisig aus dem offenen Bereich der Güterzuganbindung ausgefädelt werden. Das S-Bahn-Gleis würde im weiteren Verlauf die Autobahn unterqueren, Wendlingen-Unterboihingen südöstlich in einem Tunnel umfahren und im Bereich des Speckwegs die Linienführung der S-Bahn aus der Option Neckartalbahnhof erreichen. In einer zweiten Baustufe soll das Richtungsgleis von Wendlingen nach Kirchheim höhenfrei aus dem Gleis 3 im Bahnhof Wendlingen ausgefädelt werden. Im weiteren Verlauf soll die Neckartalbahn sowie einen Kreisverkehr unterquert werden, um Wendlingen südlich in einem Tunnel zu unterfahren, um südwestlich von Wendlingen an das Gleis der 1. Baustufe anzubinden. Für eine optionale Express-S-Bahn ist eine Verbindung zwischen der Großen Wendlinger Kurve und der Güterzuganbindung vorgesehen. Die Anbindung würde mit zwei Weichen und einem 320 m langen Gleis in offener Linienführung erfolgen.[14] Eine S-Bahn-Verbindung über die Güterzuganbindung Richtung Kirchheim (Teck) wurde im Januar 2018 als eine von mehreren Varianten für eine S-Bahn-Achse von Böblingen über den Flughafen ins Neckartal zur weiteren Berücksichtigung empfohlen. Die bereits im Regionalverkehrsplan berücksichtigte Variante lasse, bei Investitionskosten von 400 bis 500 Millionen Euro, täglich 5.100 neue Fahrgäste im öffentlichen Verkehr erwarten.[15][16] Im Zuge der Realisierung der Großen Wendlinger Kurve soll in deren Fester Fahrbahn dafür eine Weichentragplatte vorgesehen werden, um die Anbindung ohne längere Betriebsunterbrechung realisieren zu können.[17] Die Tragplatte soll im Portalbereich des Albvorlandtunnels entstehen.[18] Die 2021 ins Amt kommende grün-schwarze Koalition spricht sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine „Filderspange mit Anbindung von Kirchheim (Teck)“ aus.[19]
Ausschreibung
Der Bau der beiden Tunnelabschnitt wurde, als Teil des Loses 2 des Planfeststellungsabschntites 2.1, Mitte Februar 2015 europaweit ausgeschrieben.[20]
Der Auftrag für den Bau des Albvorlandtunnels, der auch den Bau der Güterzuganbindung und der Kleinen Wendlinger Kurve umfasst, wurde am 18. Dezember für rund 380 Millionen Euro an Implenia vergeben. An dem Teilnahmewettbewerb zur europaweiten Ausschreibung hatten sich acht Bieter beteiligt.[21]
Bau
Im Januar 2016 begannen die Baumaßnahmen mit Rodungsarbeiten entlang der Bestandsstrecke. Zwischen Nürtingen und Wendlingen wurde bis Mai 2019 ein Gleiswechselbetrieb eingebaut.[22] Der Beginn des Tunnelvortriebs schloss daran an.[23]
Betrieb
Zwischen Dezember 2022 und der 2025 geplanten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 sollen regelmäßig Personenzüge über die Güterzuganbindung geführt werden. Ein rund 12 km langer Abschnitt soll dabei auf einem Gleis in beiden Richtungen befahren werden.[24]
Technik
Die Güterzuganbindung soll teilweise mit ETCS Level 2 ausgerüstet werden. Das Einstiegssignal Richtung Ulm soll dabei auf der Kurve angeordnet werden, das zugehörige Zufahrtsicherungssignal soll auf der anschließenden Hochgeschwindigkeitsstrecke angeordnet werden. Richtung Wendlingen soll die Kurve dagegen mit konventioneller Leit- und Sicherungstechnik befahren werden.[25]
Im Albvorlandtunnel wurde auf der Güterzuganbindung eine Deckenstromschiene eingebaut.
Weblinks
- Planfeststellungsunterlagen
- Bahnprojekt Stuttgart–Ulm: Der Messzug fährt – Die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm in voller Länge #Führerstandsmitfahrt Cab ride (ab 2:53:52) auf YouTube, 26. Dezember 2021, abgerufen am 27. Dezember 2021. Führerstandsmitfahrt Richtung Wendlingen
Einzelnachweise
- Kommunikationsbüro Bahnprojekt Stuttgart - Ulm (Hrsg.): Neubaustrecke Wendlingen – Ulm Der Planfeststellungsabschnitt 2.1 a/b „Albvorland“ (PDF; 496 kB). Themendienst Nr. 1/2010 vom 26. Januar 2010.
- D-Stuttgart: Baustellenüberwachung. Dokument 2010/S 158-244693 vom 17. August 2010 im Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
- Großprojekt Stuttgart-Ulm, PFA 2.1a/b, 12. Planänderung „Anpassung Überleitstelle Nabern und Abzweig Rübholz“ Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. Februar 2021
- Matthias Breidenstein, Stefan Kielbassa, Herwig Ludwig: Ein Überblick über die Tunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm. In: Tunnel. Offizielles Organ der STUVA. Band 32, Nr. 2. Bauverlag BV GmbH, März 2013, ISSN 0722-6241, S. 28–40.
- Michael Gieschke: Planfeststellungsabschnitt 2.1 a/b Wendlingen – Kirchheim: Planänderung „Anpassung der Überleitstelle Nabern und des Abzweigs Rübholz“: Erläuterungsbericht zur Planänderung. (PDF) In: plaene-bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. DB Projekt-Stuttgart Ulm, 1. Dezember 2020, S. 6, abgerufen am 24. Dezember 2021.
- Gerhard Heimerl: Trassenführung der DB-Schnellfahrstrecke Stuttgart - Augsburg - München: Anmerkungen und Überlegungen zur Dokumentation der Voruntersuchungen der ABS/NBS Plochingen - Günzburg. Stuttgart, 1988, insbesondere S. 18 und 21.
- Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe NBS der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Information Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart – Augsburg. Zwölfseitiges Leporello, Stuttgart, Juni 1991.
- Ohne Autor: Geplante Tunnel im Zuge der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm. In: Tunnel, Heft 5/1993, ISSN 0722-6241, S. 288–292.
- Deutsche Bahn AG, Geschäftsbereich Netz, Regionalbereich Stuttgart, Projekte (Hrsg.): Projekt »Stuttgart 21«. Die Machbarkeitsstudie. Broschüre (40 A4-Seiten), Stuttgart, ca. 1995, (ähnliche Fassung als PDF-Datei online, 14 MB), S. 4.
- Hans Holtz: Die Geschichte des Stuttgarter Hauptbahnhofs. In: Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.): Stuttgart 21: Entwürfe für die neue Stadt. Deutsche Verlags-Anstalt, 1996, ISBN 3-421-03219-X, S. 8–15.
- Eisenbahn-Bundesamt (Hrsg.): Planfeststellungsbeschluss gemäß §§ 18 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG), 78 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) für die Vorhaben „PFA 2.1 a/b, NBS Wendlingen - Ulm, Albvorland“, in den Gemeinden Wendlingen am Neckar, Oberboihingen, Kirchheim unter Teck und Dettingen unter Teck Bahn-km 25,200 bis 36,260 der Strecke Wendlingen – Ulm und „Verlegung der Landesstraße L 1250 zwischen Wendlingen und Oberboihingen“. Stuttgart 23. März 2015 (PDF-Datei). PDF-Datei (Memento vom 26. November 2015 im Internet Archive)
- Gaby Kiedaisch: "Wir wollen kein Klageverfahren anstrengen". In: Nürtinger Zeitung. 2. Juli 2015, S. 16.
- Verband Region Stuttgart: Sitzungsvorlage Nr. 173/2013 Verkehrsausschuss am 20.02.2013 zur Beschlussfassung - Öffentliche Sitzung. Zu Tagesordnungspunkt 2: S-Bahn Neuhausen (im Internet Archive archivierte PDF-Datei, 1,2 MB). S. 8.
- Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart - Augsburg: Bereich Wendlingen - Ulm: Planfeststellungsabschnitt 2.1 a/b Wendlingen - Kirchheim: Anlage 1 Erläuterungsbericht Teil II: Dokumentation der Alternativen- und Variantenentscheidung der NBS Wendlingen-Ulm. München 5. Dezember 2008, S. 69 f., 83 (plaene-bahnprojekt-stuttgart-ulm.de [PDF; 6,0 MB]).
- Alexander Ikrat: S-Bahn über die Filder wird teuer. In: Stuttgarter Nachrichten. Band 73, Nr. 24, 30. Januar 2018, S. 10.
- Machbarkeitsstudie Filder und Zuffenhausen: Zwischenergebnisse. (PDF) In: vrs.de. Verband Region Stuttgart, 29. Januar 2018, S. 11, 16, abgerufen am 29. Januar 2018.
- Die Große Wendlinger Kurve kann kommen. In: vm.baden-wuerttemberg.de. Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, 3. Mai 2019, abgerufen am 3. Mai 2019.
- Deutschland-Stuttgart: Bauarbeiten für Eisenbahnlinien. Dokument 2020/S 062-148229. In: Tenders Electronic Daily. 28. März 2020, abgerufen am 28. März 2020.
- Jetzt für morgen: Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg. (PDF) In: gruene-bw.de. Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg, CDU Baden-Württemberg, 5. Mai 2021, S. 124 f., abgerufen am 9. Mai 2021.
- Deutschland-Stuttgart: Bau von Eisenbahntunnels. Dokument 52875-2015 vom 13. Februar 2015 im Supplement zum Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
- Bahn vergibt Auftrag für den Bau des Albvorlandtunnels (Memento vom 21. Dezember 2015 im Webarchiv archive.today). Presseinformation vom 18. Dezember 2015.
- Gaby Kiedaisch: Bahn schafft technische Voraussetzungen. In: Nürtinger Zeitung. 16. Januar 2016, S. 18 (online).
- Bahnprojekt Stuttgart–Ulm (Hrsg.): Lenkungskreis Stuttgart 21. 3. Mai 2019, S. 30 (bahnprojekt-stuttgart-ulm.de).
- Gute Argumente für Reisende. (PDF) In: bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. Deutsche Bahn, 2020, S. 1 im PDF, archiviert vom Original am 3. Januar 2020; abgerufen am 3. Januar 2020.
- Michael Kümmling: Anlage 3.1.11 - Ein- und Ausstiegsbereiche ETCS. (PDF) In: bieterportal.noncd.db.de. Deutsche Bahn, 10. Mai 2019, S. 6, archiviert vom Original am 21. Oktober 2019; abgerufen am 21. Oktober 2019 (Anlage_03.1.11_-_Ein-_und_Ausstiegsbereiche_ETCS.pdf im ZIP-Archiv).