Günter von Drenkmann
George Richard Ernst Günter von Drenkmann (* 9. November 1910 in Berlin; † 10. November 1974 ebenda) war ein deutscher Jurist und Präsident des Kammergerichts Berlin.
Er wurde von Terroristen der Bewegung 2. Juni bei einem Entführungsversuch getötet.
Familie
Günter von Drenkmanns Großvater Edwin (1826–1904) war ab 1889 Präsident des Kammergerichts und später auch Kronsyndikus.[1] Sein Vater war der kgl. preußische Geheime Oberfinanzrat Dr. jur. Edwin von Drenkmann (* 1864), Staatsfinanzrat der Reichsschuldenverwaltung. Seine Mutter Helen Drory (* 1874) war die Enkelin des britischen Unternehmerpatriarchen Leonard Drory.
Sein Sohn aus erster Ehe, Peter von Drenkmann war von 1999 bis 2005 Präsident des Berliner Landgerichts.[2]
Leben
Günter von Drenkmann konnte nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, München und Berlin nicht Richter werden, weil er sich weigerte, einer NS-Organisation beizutreten. Stattdessen wurde er Referent bei der Industrie- und Handelskammer.[2][3] Mit seinem Freund Francis Wolff gehörte er dem Hot Club Berlin an, einem Freundeskreis, der im Rundfunk verbotene Jazzmusik hörte und Kontakte zu Jazz-Musikern wie Herb Fleming pflegte.[2][4] Seit April 1939 war Günter von Drenkmann mit Lilo Morgenroth (* 1918) verheiratet.
Nach 1945 galt er als einer der wenigen politisch unbelasteten deutschen Juristen. Der Sozialdemokrat Drenkmann wirkte an zahlreichen Wiedergutmachungsprozessen mit. 1947 wurde er Richter für Zivilsachen am Kammergericht in Berlin. Seit 1967 war er auch Kammergerichtspräsident, wie zuvor schon sein Großvater Edwin.
Attentat und Trauerfeier
Am 10. November 1974 drangen mehrere Terroristen in sein Haus ein. Drenkmann wurde im Handgemenge durch eine Schusswaffe schwer verletzt und starb noch am selben Tag im Krankenhaus.
Die Bewegung 2. Juni bekannte sich zur Tat und bezeichnete diese als „Aktion“ gegen einen „Verantwortlichen“ für die „Ermordung eines Genossen“,[5] nachdem am Tag zuvor Holger Meins, Mitglied der RAF, im Hungerstreik in der JVA Wittlich verstorben war.
Für Drenkmann wurde als Trauerfeier ein Staatsakt vor dem Rathaus Schöneberg abgehalten, zu dem über 20.000 Bürger erschienen. Bundespräsident Walter Scheel rief dabei „alle Demokraten zum Kampf gegen den Terror“ auf.[6][7]
Günter von Drenkmann wurde auf dem landeseigenen Friedhof Heerstraße im Bezirk Charlottenburg (heutiger Ortsteil Berlin-Westend) beigesetzt.[8]
Die Täter hatten eigentlich geplant, Drenkmann in erpresserischer Absicht zu entführen.[9][10][11]
Sechs Mitglieder der Bewegung 2. Juni wurden 1977 im sogenannten Lorenz-Drenkmann-Prozess u. a. wegen der Entführung von Peter Lorenz und des Mordes an Drenkmann angeklagt.[12] Das Gericht konnte die Tötung Drenkmanns keinem der Angeklagten nachweisen und verurteilte sie 1980 nur wegen der Entführung von Peter Lorenz..[13] Bis heute ist die Tötung Drenkmanns nicht aufgeklärt.[14]
Erinnerung
Am ehemaligen Gebäude des Berliner Kammergerichts in der Witzlebenstraße 4–5 in Charlottenburg wurde eine Bronze-Gedenktafel angebracht. Mit dem Umzug des Kammergerichts 1997 in das Stammhaus in der Elßholzstraße 30–33 in Schöneberg wurde auch dort eine Tafel im Eingangsbereich angebracht. Planungen, im Jahre 2004 die Elßholzstraße in Drenkmannstraße umzubenennen, wurden nicht verwirklicht.[14]
Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Günter von Drenkmann auf dem Friedhof Heerstraße (Grablage: Feld 20-C-45/46) seit 1975 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde 2001 um die inzwischen übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[15]
Weblinks
- Thomas Schmid: Günter von Drenkmann: Das erste Opfer des Linksterrorismus. Welt Online, 14. November 2010
Einzelnachweise
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Teil B 1941. Verlag Justus Perthes, Gotha 1941, S. 134
- Thomas Schmid: Ein vergessenes Verbrechen. In: Die Welt. 13. November 2010
- Bernd Matthies: Günter von Drenkmann: Ein liberales Terroropfer. In: Der Tagesspiegel. 2. September 2003
- Matthias Reichelt: It must schwing – Blue note. In: Zukunft braucht Erinnerung. 16. Januar 2010
- Wer ist über den Tod Günter von Drenkmanns „bestürzt“ und weshalb? (Memento vom 17. September 2011 im Internet Archive), Flugblatt der Bewegung 2. Juni, 1974
- Hinweis in: Das Jahr 1975 im Bild. Carlsen, Hamburg 1975, S. 6/7 (Rückblick auf Ende 1974)
- Fatina Keilani: Nach Attentat im November 1974: 20.000 Menschen trauerten um Günter von Drenkmann am Rathaus Schöneberg. In: Der Tagesspiegel. 21. November 2014
- Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1. S. 485.
- Michael Sontheimer, Barbara Supp: Die schießen auf uns alle. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1997, S. 106–112 (online – Spiegel-Gespräch mit Bommi Baumann, Till Meyer und Anne Reiche).
- Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen: Bewegung 2. Juni (Memento vom 30. Oktober 2013 im Internet Archive)
- Klaus Pflieger im Gespräch mit Werner Reuß. In: BR-alpha. 18. Oktober 2007 (pflieger-home.de (Memento vom 19. August 2014 im Internet Archive; PDF)). Werner Reuß: Laute(r) Gedanken. Gespräche in BR-alpha. Books on Demand, Norderstedt 2013, ISBN 978-3-7322-4123-1, S. 120
- Terroristen: Alle für einen. In: Der Spiegel. Nr. 15, 1978, S. 49–52 (online).
- Hans Schueler: Lorenz-Drenkmann-Prozeß: Eine große, eine bittere Stunde. In: Die Zeit. Nr. 43/1980
- Katja Füchsel: Attentat auf Günter von Drenkmann: Die Terroristen kamen als Blumenboten. In: Der Tagesspiegel. 20. November 2014
- Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 17; abgerufen am 9. November 2019. Vorlage – zur Kenntnisnahme – über die Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten namhafter und verdienter Persönlichkeiten als Ehrengrabstätten Berlins. (PDF, 158 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 14/1607 vom 1. November 2001, S. 3; abgerufen am 9. November 2019.