Fuhsekanal (Braunschweig)
Der Fuhsekanal (früher auch als Neuer Kanal, Landwehrkanal oder Aubach bezeichnet) ist ein im 18. Jahrhundert gestochener Kanal im Südwesten der Stadt Braunschweig.
Fuhsekanal | ||
Ursprünglicher Auslauf des Fuhsekanals in den Südsee (April 2010) | ||
Daten | ||
Gewässerkennzahl | DE: 48276 | |
Lage | Niedersachsen, Deutschland | |
Flusssystem | Weser | |
Abfluss über | Oker → Aller → Weser → Nordsee | |
Westliches Ende | Stichkanal Salzgitter 52° 13′ 24″ N, 10° 25′ 10″ O | |
Quellhöhe | 74 m ü. NHN[1] | |
Östliches Ende | Oker 52° 13′ 22″ N, 10° 30′ 40″ O | |
Mündungshöhe | 70,8 m[1] | |
Höhenunterschied | 3,2 m | |
Sohlgefälle | 0,64 ‰ | |
Länge | 5 km[2] | |
Einzugsgebiet | 10,19 km²[2] | |
Abfluss[3] | MQ HHQ (2002) |
0,094 5 m³/s |
Großstädte | Braunschweig | |
Gemeinden | Vechelde | |
Wasserkörper 15034 |
Geographie
Der Kanal verläuft von seinem westlichsten Punkt am Stichkanal Salzgitter bei Groß Gleidingen entlang des Waldstücks Ellernbruch und der Quelle Teufelsspring, führt weiter nördlich von Broitzem, kreuzt zweimal die Bahnstrecke Hannover–Braunschweig und bildet die südliche Grenze des Stadtteils Gartenstadt. Nördlich von Rüningen mündet er in das Südseegebiet und anschließend auf der Höhe der Mühle Rüningen in die Oker.
Sein geodätisch höchster Punkt ist mit 78 m ü. NN die Quelle Teufelsspring (Lage ) zwischen Broitzem und Stiddien. Von dort aus fließt das Wasser des Kanals in beide Richtungen, nach Westen zum Stichkanal Salzgitter (74 m ü. NN) und nach Osten Richtung Südsee (70,8 m ü. NN). Seine Länge beträgt heute 7,2 km[4]. Das Einzugsgebiet umfasst 10,19 km².[2] Er sollte nicht mit dem Aue-Oker-Kanal bei Wendeburg verwechselt werden.
Ursprünglich verlief der westliche Teil des Fuhsekanals bis zur Aue. Mit dem Bau des Stichkanals Salzgitter wurde der Lauf unterbrochen und damit das neue westliche Ende festgelegt. Zwischen Stichkanal und Aue ist der Fuhsekanal nicht mehr vorhanden, dort sind – 1956 begonnen, 1965 vollendet – zwei Rückhaltebecken (offizielle Bezeichnung: Regenwasserspeicher und Klärteiche; von der Aue gespeist und in die Aue entwässert) angelegt.[5]
Geschichte
Erste Pläne für einen Kanal zwischen Oker und Aue gab es bereits im 16. Jahrhundert unter Herzog Julius. Damals wollte man zwischen Wolfenbüttel und Celle eine Wasserverkehrsverbindung schaffen, die die unbotmäßige Stadt Braunschweig umging und die im Braunschweiger Stadtgebiet stark verbaute Oker mied.[6]
Im Jahr 1745 beauftragte Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel, die Aue durchgängig zu entschlammen und auszuräumen. Im Zuge dieser Arbeiten stellte sich heraus, dass ein Abfluss aus dem moorigen Aue-Gebiet zur Oker notwendig ist. Man plante daher einen Kanal, der südlich von Groß Gleidingen in dem damals vorhandenen Ottergraben und bei Broitzem im Landwehrkanal verlaufen sollte und 1757 begonnen wurde.
Der mit der Ausführung beauftragte ehrgeizige Forstmeister Eduard August Anton von Hoym (1713–1776), dem ab 1751 das Torfwesen des Fürstentums Braunschweig unterstand,[7] wollte diesen sogar als Oker-Fuhse-Kanal bis zur Fuhse ausdehnen.[8] Diese Verbindung wurde jedoch nie realisiert. Nur der Name „Fuhsekanal“ blieb.
Zur Zeit seiner größten Ausbaulänge verband er das Flüsschen Aue mit der Oker. Entgegen den ursprünglichen Planungen waren kleinere Schleusenbauwerke notwendig. Der Bau verteuerte sich erheblich auf über 60.000 Reichstaler und konnte dauerhaft nicht die wirtschaftlichen Erwartungen erfüllen. Interessant ist, dass der Forstmeister eigenmächtig Kredite für den Bau aufnahm und die tatsächlichen Baukosten gegenüber dem Landesherrn zeitweise verschleierte. Die Arbeiten am Fuhsekanal begannen in Braunschweig bei Rüningen am alten Okerlauf ungefähr an der gleichen Stelle wie heute und führten bis Sonnenberg in die regulierte Aue.
Auf dem Kanal wurde Torf aus den Abbaugebieten bei Sonnenberg, Groß Gleidingen und Wierthe in die Stadt Braunschweig transportiert. Außerdem erfolgten auch Holz- und Getreidetransporte. Gespeist wurde der Kanal hauptsächlich aus dem „Teufelsspring“, einem Quellteich zwischen Broitzem und Stiddien. Wegen mangelnder Wasserversorgung verschlammte der Kanal in Teilbereichen schnell wieder, so dass er nicht dauerhaft als Transportweg dienen konnte. Sämtliche Arbeiten am Kanal wurden auf Geheiß des Herzogs im März 1776 eingestellt. Der Torf wurde bis zur Einstellung des Abbaus im frühen 19. Jahrhundert mit Pferdefuhrwerken befördert.
Im Auegebiet trug der Kanal zur Trockenlegung der Bruchniederungen der Aue bei und verbesserte die Qualität der Ackerböden. Dagegen sind von den Bauern aus Timmerlah und Broitzem Beschwerden überliefert, dass ihre Wiesen austrocknen und sie ein Drittel weniger Heu ernten würden.[8]
Heutige Bedeutung
Nördlich von Broitzem bis Groß Gleidingen ist der Kanal auf einer Länge von 5 km noch als schmaler Graben erkennbar. Östlich des Teufelssprings nimmt er die Oberflächenentwässerung der Braunschweiger Weststadt auf und führt sie im Südseegebiet zur Oker.
Seit 1982 ist der Fuhsekanal, von der Grenze der Ortsbebauung Broitzem, bis an den Bahndammdurchfluss nordwestlich des Ortsteils Stiddien, ein geschütztes Naturdenkmal. Die Stadt Braunschweig plant in einem Artenschutzkonzept die Anlage weiterer vegetationsarmer Flachgewässer im Bereich des Kanals, die Amphibien und Süßwassermollusken als Lebensraum dienen können.
Seit 2006 mündet der Kanal nicht mehr in den Südsee, sondern wird im früheren Bett der Oker und des Mühlengrabens südlich zur Oker geführt. Im westlichen Bereich des Südsees wurde im Jahr 2008 ein Kanalabschnitt renaturiert und zu einem Hechtlaichgewässer umgestaltet. Im Zuge des Neubaus des Autobahndreiecks Südwest wurde seit 2011 eine größere Fläche zu einem Teichgebiet ausgebaut.
Gewässergüte
Der Fuhsekanal gehört mit der Oker bis zur Schunter, dem Brückenbach und dem Thiedebach zur Wasserkörpergruppe 15005 und wird von der Stadtentwässerung Braunschweig GmbH gepflegt und qualitativ überwacht.[9] Der Kanal hat als künstliches Gewässer hinsichtlich des Verlaufs nur eine schlechte Strukturqualität. Die Zielerreichung im Rahmen der EG-Wasserrahmenrichtlinie, also ein gutes ökologisches Potenzial bis 2015, wurde 2007 im Umweltatlas der Stadt Braunschweig als unwahrscheinlich angegeben. Dies gilt im Übrigen für die meisten Gewässer, bei denen nicht durch umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen eine deutliche Verbesserung erzielt werden kann.
Als löss-lehmgeprägter Tieflandbach wird der Fuhsekanal vor allem durch Ausschwemmungen der umliegenden Äcker belastet, die mit Dünge- und Pflanzenschutzmittel angereichert sind. Er wird neben dem Thiedebach als wichtige Schadstoffeintragsquelle für die Oker angesehen.
Untersuchungen der Gewässerqualität im Jahr 2010 ergaben, dass zwar die biologische Qualität weiterhin „mäßig“ sei, die Artenzahl im Vergleich zu 2007 zurückgegangen, die Population jedoch angestiegen sei.[10] Die ökologische Qualität wurde daher von „schlecht“ auf „unbefriedigend“ heraufgestuft, entsprechend einer Gewässergüte von 4. Das Erreichen der Note „gut“ wurde als unwahrscheinlich bewertet.
Die in den Jahren 2011[11], 2014[12] und 2015[13] durchgeführten Untersuchungen beurteilten die Strukturgüte weiterhin mit den Noten 4 bis 5. Zwar sind durch die Gestaltung eines naturnahen Bereichs nördlich von Rüningen einige Strukturverbesserungen erzielt worden, im Bereich des Autobahndreiecks ist das Ufer jedoch durch Brückenbauwerke und Steinschüttungen verbaut. Die biologische Qualität war stark vom Untersuchungsort abhängig: So waren sowohl Abschnitte mit artenreichen Populationen als auch völlig artenarme Kanalbereiche vorhanden, insbesondere war im Bereich der Autobahn die Artenvielfalt nach den Baumaßnahmen im Aufbau begriffen. Der Fuhsekanal erreichte für die biologische Qualität im Mittel die Note II bis III. Der Bericht von 2018 zeigt leichte Verbesserungen auf, kommt insgesamt zu einem ähnlichen Ergebnis.[14]
Literatur
- Wilhelm Bornstedt: Der Teufelsspring bei Broitzem (Sage) und der Oker-Fuhse-Kanal. (= Bausteine. 7.) Stadtheimatpfleger, Braunschweig 1980, OCLC 256135388.
- Georg Hassel: Geographisch-statistische Beschreibung der Fürstenthümer Wolfenbüttel und Blankenburg. Friedrich Bernhard Culemann, Braunschweig 1802., OCLC 174943394.
- Bernd Hoppe-Dominik, Verena Löder, Gunnar Rehfeldt, Andreas Werner, Nikolaus Wilke-Jäkel: Pflanzen- und Tierartenschutzkonzept Stadt Braunschweig. Verlag Stadt Braunschweig, Fachbereich Stadtplanung und Umweltschutz, Abteilung Umweltschutz, Braunschweig 2008, OCLC 837460879.
- Günter Strebe, Hans-Georg Hoßbach: Sonnenberg – Geschichte eines Dorfes. Vechelde 2008.
Weblinks
- Kartendarstellung des Fuhsekanals auf openstreetmap.org
- Stadt Braunschweig: Verordnung zur Sicherung des Naturdenkmals „Fuhsekanal“, Braunschweig 1982 auf braunschweig.de (PDF; 337 kB)
Einzelnachweise
- LGLN: Topographische Karte 1:50.000, Stand 2000, CD-ROM Top50-Viewer
- Bestandsaufnahme zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie, Oberflächengewässer, Bearbeitungsgebiet Oker; Tab. 3, Auflistung Wasserkörper Fundstelle Veröffentlichungen der Länder (1. Februar 2010)
- Prof. Hartung und Partner/Auftraggeber Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr: Baubeschreibung/Erläuterungen - Autobahndreieck Braunschweig-Südwest, Ausbau des Fuhsekanals, Braunschweig, 20. Juni 2011, Wassertechnische Berechnungen.
- Topographische Karte 1:50000 des Landes Niedersachsen
- P. Glogner und W. Korowski: Üfingen im Lauf der Zeit. Üfingen, 2007, S. 65 ff.
- W. Bornstedt: Chronik des Pfahldorfes Rüningen. Keddig-Druck Rüningen, 1980, S. 218.
- Ernst Pitz: Landeskulturtechnik, Markscheide- und Vermessungswesen im Herzogtum Braunschweig bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1967, S. 313
- T. Müller: Schiffahrt und Flößerei im Flussgebiet der Oker. Waisenhaus-Verlag, Braunschweig 1968, S. 162 ff.
- Land Niedersachsen, C-Bericht Oker, Karte_06_Wasserkörper_Wasserkörpergruppen_041222.pdf, wasserblick.net abgerufen am 1. Februar 2010
- ALAND (Auftraggeber Stadt Braunschweig): Maßnahmenkonzept nach EG-WRRL für den Wasserkörper Oker in Braunschweig, Hannover, März 2012.
- Institut für Geoökologie, TU Braunschweig, Thomas Ols Eggers: Gewässerstruktur- und Gewässergüteuntersuchungen in Fließgewässern im Gebiet der Stadt Braunschweig, Jahresbericht 2011. Braunschweig 2011, S. 46 ff.
- Institut für Geoökologie, TU Braunschweig, Diana Goertzen: Gewässerstruktur- und Gewässergüteuntersuchungen in Fließgewässern im Gebiet der Stadt Braunschweig, Jahresbericht 2014. Braunschweig 2014, S. 11 ff. und 55 ff.
- Institut für Geoökologie, TU Braunschweig, Diana Goertzen: Gewässerstruktur- und Gewässergüteuntersuchungen in Fließgewässern im Gebiet der Stadt Braunschweig, Jahresbericht 2015. Braunschweig 2015, S. 71 ff.
- Institut für Geoökologie, TU Braunschweig, Diana Goertzen: Gewässerstruktur- und Gewässergüteuntersuchungen in Fließgewässern im Gebiet der Stadt Braunschweig, Jahresbericht 2018. Braunschweig 2018, S. 54 ff.