Friedrich Peter (Politiker)
Friedrich Peter (* 13. Juli 1921 in Attnang-Puchheim, Oberösterreich; † 25. September 2005 in Wien) war ein österreichischer SS-Obersturmführer, Politiker und von 1958 bis 1978 Parteiobmann der FPÖ.
Leben
Mitgliedschaft bei der SS
Der Sohn eines sozialdemokratischen Lokomotivführers und einer bürgerlichen Bäckermeisterstochter trat im November 1938 der NSDAP bei und meldete sich im Alter von knapp 17 Jahren freiwillig zur Waffen-SS. Im Zweiten Weltkrieg war er an der West- und Ostfront eingesetzt, zuletzt als SS-Obersturmführer beim Infanterie-Regiment 10 der 1. SS-Infanteriebrigade. Teile dieser Einheit waren im Sommer 1941 der Einsatzgruppe C zugeordnet. Peters Einheit tötete 1941 mindestens 17.000 Juden und rund 25.000 sowjetische Kriegsgefangene. Obwohl seine Einheit fast ausschließlich in solche Aktionen involviert war, bestritt Peter nach dem Krieg, dass er an diesen Vorgängen beteiligt war oder davon gewusst habe. Der Historiker Martin Cüppers hält es für ausgeschlossen, dass Peters nichts von den Ermordungen wußte und für unwahrscheinlich, dass er nicht daran beteiligt war.[1] Ebenfalls im Jahr 1941 erhielt Peter das Eiserne Kreuz II. Klasse. Nach dem Krieg war er ein Jahr lang in einem amerikanischen Anhaltelager Glasenbach (heute Alpensiedlung) inhaftiert.
Klubobmann und Parteichef der FPÖ
Nach seiner Haft wurde er Volks- und Sonderschullehrer, später auch Landesschulinspektor. Von 1955 bis 1966 gehörte er als Abgeordneter dem Oberösterreichischen Landtag an, zuerst als Vertreter des VdU, dann der FPÖ, deren Bundesparteiobmann er ab 1958 war. 1966 wurde er in den Nationalrat gewählt und wurde 1970 Klubobmann des FPÖ-Parlamentsklubs.
Bereits 1962/1963 kam es zu einer Annäherung der FPÖ an die SPÖ, was Teile des rechtsextrem-nationalen Flügels der Partei vor den Kopf stieß und dazu führte, dass große Teile dieses Spektrums sich abspalteten. Während Peter Parteivorsitzender war, versuchte die FPÖ allmählich koalitionsfähig zu werden und bemühte sich nach außen hin, liberaler zu wirken. Auf dem Parteitag 1964 erklärte Peter erstmals, dass „Nationale und Liberale in der FPÖ gemeinsam Platz haben“. Die „Liberalisierung“ der Partei in dieser Phase führte innerparteilich vereinzelt zu Widerstand, auf den Peter mit Parteiausschlüssen reagierte. Obwohl die FPÖ im Wahlkampf 1970 noch „Kein roter Kanzler“ beteuert hatte, tolerierte sie danach die Minderheitsregierung von Bruno Kreisky, der sich seinerseits durch eine Wahlrechtsreform revanchierte, die für die FPÖ eine starke Aufwertung bedeutete.
Simon Wiesenthal, zu diesem Zeitpunkt Leiter des jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, veröffentlichte nach der Nationalratswahl 1975 einen Bericht über die Nazivergangenheit des damaligen FPÖ-Chefs Friedrich Peter. Aus diesem Bericht ging hervor, dass Peter als Obersturmführer in einer mit Massenmorden in Verbindung stehenden SS-Einheit gedient hatte. Bundeskanzler Kreisky, selbst Verfolgter des Nazi-Regimes, verteidigte jedoch Friedrich Peter und beschuldigte Simon Wiesenthal, mit „Mafiamethoden“ zu arbeiten, und unterstellte ihm sinngemäß Kollaboration mit der Gestapo. Diese öffentliche Auseinandersetzung wird heute unter dem Begriff Kreisky-Peter-Wiesenthal-Affäre subsumiert.
1978 kandidierte Peter nicht mehr als Bundesparteiobmann. Sein Nachfolger wurde der Grazer Bürgermeister Alexander Götz. Im Hintergrund zog Peter aber nach wie vor die Fäden in der Partei. Nachdem die SPÖ 1983 die absolute Mehrheit verloren hatte, handelte er mit Bruno Kreisky die kleine Koalition unter Bundeskanzler Fred Sinowatz und Vizekanzler Norbert Steger aus. Das Angebot, in Anerkennung seiner Verdienste zum dritten Nationalratspräsidenten gewählt zu werden, musste er nach heftigen Protesten in der Öffentlichkeit ablehnen, auch um die kleine Koalition nicht zu gefährden.
Zu Jörg Haider hatte er immer ein gespanntes Verhältnis. Der endgültige Bruch kam 1992 nach Haiders Aussage über die „ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“. Peter sprach von einer „beschämenden Entgleisung Haiders“ und meinte, dass ihn diese Äußerung zwinge, sein „selbst auferlegtes Schweigen zu brechen und die Führungsorgane der Freiheitlichen Partei Österreichs an ihre staatspolitischen und satzungsgemäßen Pflichten in aller Öffentlichkeit zu erinnern“.
Friedrich Peter starb am 25. September 2005 im Wiener Hanusch-Krankenhaus, wo er mehrere Wochen wegen eines Nierenleidens behandelt worden war.
Politische Karriere
- 1955–1971 FPÖ-Landesparteiobmann von Oberösterreich
- 1958–1978 Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs
- 1955–1966 Abgeordneter zum oberösterreichischen Landtag
- 1966–1986 Abgeordneter zum Nationalrat
- 1970–1986 Klubobmann der FPÖ
- 1992 Parteiaustritt wegen des neuen FPÖ-Kurses (Anti-EG)
Literatur
- Friedrich Peter, in: Internationales Biographisches Archiv 48/2005 vom 3. Dezember 2005, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Brigitte Bailer-Galanda, Wolfgang Neugebauer: Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus. Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe, 2. Auflage. Deuticke, Wien 1996, ISBN 3-216-30099-4.
- Wolfgang Neugebauer: Die FPÖ: Vom Rechtsextremismus zum Liberalismus? In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Rechtsextremismus in Österreich nach 1945. 5., überarbeitete und ergänzte Auflage. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1981, ISBN 3-215-45796-0.
- Kurt Piringer: Die Geschichte der Freiheitlichen. Beitrag der Dritten Kraft zur österreichischen Politik. Orac u. a., Wien u. a. 1982, ISBN 3-85369-913-2.
Weblinks
- Biografie zu Friedrich Peter (Politiker) auf dem Server des Bundeslandes Oberösterreich.
- Friedrich Peter (Politiker) auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
- Eintrag zu Friedrich Peter (Politiker) im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Wiener Zeitung: Der Wegbereiter Friedrich Peter von Friedrich Weissensteiner, 5. Mai 2004 (abgerufen am 21. November 2013)
- Wandelte sich vom SS-Mann zum Demokraten auf www.networld.at
- Friedrich Peter Tonaufnahmen aus dem Archiv der Österreichischen Mediathek
Einzelnachweise
- Hans Rauscher: Der ungelöste Fall Friedrich Peter In: Der Standard, 26. September 2005, abgerufen am 10. Februar 2022