Friderico-Francisceum
Das Friderico-Francisceum ist ein Gymnasium in Bad Doberan.
Friderico-Francisceum | |
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Älterer Teil (Möckel) | |
Schulform | Gymnasium |
Gründung | 1879 |
Adresse |
Alexandrinenplatz 11 |
Ort | Bad Doberan |
Land | Mecklenburg-Vorpommern |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 54° 6′ 17″ N, 11° 54′ 12″ O |
Schüler | 928 Schüler |
Lehrkräfte | 63 Lehrkräfte |
Leitung | Birgit Hacker Xenia Dienemann |
Website | www.ffg-dbr.de |
Geschichte
Am 21. April 1879 gründete Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin in seiner Sommerresidenz ein Progymnasium. Nach seinem Tod am 15. April 1883 verlieh sein Sohn Friedrich Franz III. der Schule den Namen Friderico-Francisceum.
Nach dem Abriss des klassizistischen Schauspielhauses wurde an seiner Stelle das jetzige, 1889 bezogene Hauptgebäude der Schule nach einem Entwurf des Architekten Gotthilf Ludwig Möckel errichtet. Im Haus befanden sich 10 Klassenzimmer. Die Ausmalung der Aula nahm der ehemalige Doberaner Lulius Jürß (1850–1918) vor. Die Treppenaufgänge und Korridore waren an den Wänden mit Sinnsprüchen in deutscher, lateinischer und griechischer Sprache sowie Ornamenten geschmückt.[1] Um auch die auswärtigen Schüler aufnehmen zu können, hatte die Stadt Bad Doberan 1902 ein "Alumnat" in der Dammchaussee 10 einrichten lassen, was gut angenommen war. Im Jahr 1904 erhielt die Schule dann eine Gasbeleuchtung.
Auf Grund der Gesamtsituation im deutschen Kaiserreich, aber auch der Bildungsprinzipien des Doberaner Gymnasiums empfanden die meisten der Gymnasiasten 1914 den Ausbruch des Ersten Weltkrieges als eine Befreiung. Bewährung auf dem "Feld der Ehre", den Schulmief gegen Pulverdampf einzutauschen, endlich Aufbruch, ohne aber zu wissen wie ein Krieg mit modernen Waffen abläuft. Denn im Lehrplan standen "deutsches Heldentum", die jährliche SEDAN-Feier, Deutschlands kraftmeierische "Weltgeltung" und nicht die Sinnlosigkeit der Opfer kaiserlicher Eroberungen 1864 oder 1870. "Alle 11 Oberprimaner traten 1914 als Kriegsfreiwillige" an. "Aus (der) Unterprima folgten im Sommer 6".[2] Im Ergebnis fielen bis 1918 sechs Lehrer und 110 Schüler in diesem Krieg. Um sie zu ehren wurde im Jahr 1921 im Treppenhaus eine Ehrentafel der Gefallenen mit der Überschrift "Dulce et decorum est pro patria mori" von Horaz[3] angebracht.
Dem Anwachsen der Aktivitäten rechtsextremer, nationalsozialistischer Jugendorganisationen hatte des Bildungssystem der Weimarer Zeit aber auch das Gymnasium am Ende der Republik wenig entgegenzusetzen. Zwar wurden zu Ostern 1927 die ersten vier Mädchen an der Schule aufgenommen. In dieser Zeit besuchten 216 Schüler das in Mecklenburg sehr angesehene Gymnasium. Und noch lebte der christlich-humanistische Geist, der auch durch die Mehrzahl der Direktoren und den Lehrkörper getragen wurde. Aber in den grundsätzlichen Erziehungszielen des Bad Doberaner Gymnasiums hatte sich auch in den Jahren der Demokratie von Weimar nur wenig geändert. Bereits 1932 nahm der Einfluss nationalsozialistischen Denkens und die damit verbundenen weltanschaulichen Positionen mit der Übernahme der Regierung in Schwerin 1932 durch die NSDAP deutlich zu. Am 13. Juli 1932 war Dr. Friedrich Scharf, Mitglied der NSDAP, zum Minister des Innern, der Justiz und des Unterrichts in der Regierung des Freistaates Mecklenburg-Vorpommern ernannt worden.
Gravierende Änderungen in den Bildungsinhalten und der Form des Unterrichts am Gymnasium traten nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 ein. Es war der offene Bruch mit allen humanistischen Idealen. Antisemitismus, Rassismus und nationalsozialistische Prägungen in der Geschichtsinterpretation, ein hemmungsloser Führer-, Helden- und Märtyrerkult hielten Einzug in den Klassenzimmern. Verfälschte Lehrinhalte in den Geschichtsbüchern, Erdkunde, Biologie selbst im Deutschunterricht förderten Chauvinismus und Völkerhass die Denkhaltung.[4] Die Gleichschaltung der Jugendorganisationen und die in der HJ sowie dem BDM betriebene rassische Gesundheitserziehung sowie Wehrertüchtigung taten ihr Übriges in der Formung der jungen Gymnasiasten. Besorgte Eltern erhoben zwar Einwände, einzelne Lehrkräfte demonstrierten eine leichte Antihaltung, aber der Druck von Außen war zu groß. So gehörten zu Ostern 1936 fast 95 % aller Schüler der HJ und zwei der SA an. Im März 1938 mussten sich die Klassenstufen in der Aula eine vierstündige Radioansprache Adolf Hitlers zum Anschluss Österreichs - der bereits Annexion fremden Territoriums war -anhören. Ungefähr ein Drittel aller Lehrer waren inzwischen Mitglied der NSDAP, Studienrat Theodor Klaehn der Ortsgruppenleiter von Doberan. Während des Zweiten Weltkrieges starben fünf Lehrer und 163 Schüler. Im Mai 1945 rettete Direktor Brandt die Stadt Bad Doberan, indem er den sowjetischen Truppen mit einer weißen Fahne entgegen ging.
Die ersten Schritte danach waren schwer. Das Schulhaus wurde beschlagnahmt, es diente ab Mai 1945 erst einmal als Sammelstelle für die ehemaligen französischen Kriegsgefangenen. Am 1. Oktober 1945 konnte der Unterricht beginnen. Im Jahr 1947 erfolgte die Umbenennung des Gymnasiums in Goetheschule. Auf dem Schulgelände wurde mit tatkräftiger Unterstützung von Schülern und Lehrern das Institutsgebäude errichtet. In den Jahren von 1949 bis 1961 verließen zahlreiche Lehrer und Schüler die DDR. Es kam zu Schülerprotesten und nicht genehmigten politischen Äußerungen in Aufsätzen, nachdem die demokratisch-sozialistische Bewegung in der ČSSR niedergeschlagen wurde. Zwei Schüler wurden der Schule verwiesen. Nahezu alle Lehrer waren Mitglied der SED. 1979 gründeten Schüler und Lehrer in einem Kellerraum einen Schulclub, der interessante Veranstaltungen und Begegnungen organisierte. Zum hundertjährigen Jubiläum wurden ehemalige Schüler und Lehrer aus Westdeutschland nicht eingeladen, sie hielten eine eigene Feier in Göttingen ab. Im Oktober 1989 beteiligten sich zahlreiche Schüler an den Friedensgebeten im Doberaner Münster. Mit Vorschlägen zur Änderung der Bildungspolitik wendete sich das Lehrerkollegium an das Ministerium. Ende 1989 traten fast alle Lehrer aus der SED aus.
Am 3. Oktober 1990 sprach Stadtpräsident Jürgensohn in der Aula zu den Schülern und Lehrern. 1991 wurde die Schule wieder in Friderico-Francisceum umbenannt. 792 Schülerinnen und Schüler besuchten das Gymnasium im Hauptgebäude (Sekundarstufe II) und Nebengebäude (Sekundarstufe I). Sie wurden von 53 Lehrern unterrichtet.
Im Sommer 1999 wurde der Grundstein des Erweiterungsbaus zum Gymnasium gelegt. Damit verbunden war der Abriss des Institutsgebäudes. Im Mai 2001 fand die erste Unterrichtsstunde im Erweiterungsbau statt.
Die Redaktion der Schülerzeitung „Stichling“ erreichte beim bundesweiten Schülerzeitungswettbewerb der Länder 2011 in der Kategorie Gymnasien / Gesamtschulen mit Sekundarstufe II den 3. Platz, darüber hinaus in den Schuljahren 2017/2018 und 2016/2018[5] den 1. Platz im landesweiten Schülerzeitungswettbewerb.
Seit 2018 nutzt die Schule das Gebäude des ehemaligen Amtsgerichts Bad Doberan als Nebengebäude.
Anfang des Schuljahres 2019/2020 wurde das Erdgeschoss, durch die zu der Zeit in Norddeutschland herrschenden Unwetter, teilweise überschwemmt und wurde unbenutzbar. Die Schüler nutzten die Bad Doberaner Berufsschule, das neu errichtete Gebäude und die oberen 3 Etagen für den Unterricht, während das Erdgeschoss bis heute saniert wird.[6]
Bibliothek
Das Friderico-Francisceum ist neben dem Richard-Wossidlo-Gymnasium in Waren (Müritz) das einzige Gymnasium in Mecklenburg, das seine historische Gymnasialbibliothek mit Altbestand an Ort und Stelle erhalten konnte. Seit der Gründung 1879 hatte es eine Bibliothek, die 1885 etwa 700 und 1909 3056 Bände umfasste. Grundlage des Bestandes waren Anschaffungen sowie Geschenke des Großherzogs, des Ministeriums und anderer Spender. Hinzu kamen Übernahmen aus der früheren Doberaner Badebibliothek und Lieferungen aus der Universitätsbibliothek Rostock sowie im Tauschverkehr (Jahresberichte und Schulprogramme) mit anderen Gymnasien. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten Übernahmen von Literatur aus öffentlichen Bibliotheken; der Bestand wurde auch durch regelmäßige Anschaffungen erweitert, die auch aus dem Erlös von Verkäufen getätigt wurden. Die Bibliothek umfasst heute etwa 5000 Bände, wovon etwa 40 Prozent dem historischen Altbestand zuzuordnen sind.[7]
Leiter der Schule
- Wilhelm Kraner (1879–1881)
- Wilhelm Kühne (1881–1908)
- Carl Lüth (1908–1924)
- Carl Reuter (1924–1932)
- Helmuth Gaedt (1932–1937)
- Willi Brandt (1937–1950)
- Wilhelm Dethloff (1950–1952)
- Arthur Bengelstorff (1952–1966)
- Bodo Michels (1966–1970)
- Günter Boeldt (1970–1980)
- Klaus Krüger (1980–1986)
- Karin Fourmont (1986–1991)
- Arno Lange (1991–1992)
- Roland Levetzow (1992–2011)
- Birgit Hacker (seit 2011)
Lehrer der Schule
- Johannes Maybaum (1864–1932), Gymnasiallehrer, Altphilologe und Numismatiker
- Hermann Tardel (1869–1951), Pädagoge, Literaturhistoriker und Volkskundler
- Theodor Klaehn (1883–1963), Pädagoge und nationalsozialistischer Funktionär, 1933 bis 1945 Synodalpräsident
- Willi Henning-Hennings (1888–1974), Bildhauer und Pädagoge
Ehemalige Schüler
- Ludolf von Maltzan (1864–1942), Gutsbesitzer und Mitglied des Deutschen Reichstags
- Karl Schmaltz (1867–1940), evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker
- Friedrich Schmaltz (1868–1949), Pastor
- Julius Hüniken (1878–1975), Forstmann, Gutsbesitzer in Kaarz
- Elisabeth Bernhöft (1880–1964) Pädagogin, gilt als die erste Studentin der Universität Rostock
- Karl Lindemann (1881–1965), Kaufmann, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Norddeutschen Lloyd
- Hans Mierendorff (1882–1955), Schauspieler
- Wipert von Blücher (1883–1963), Diplomat, Publizist
- Karl Boldt (1884–1968), Buchdrucker und Verleger
- Rudolf Kleiminger (1884–1967), mecklenburgischer Heimatforscher, Autor und Pädagoge
- Ernst Voß (1886–1936), evangelischer Geistlicher und Bibelübersetzer
- Rudolf Ahlers (1889–1954), Autor
- Hans Jürgen von Arnswaldt (1897–1988), Forstwirt
- Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr (1900–1949), Generalleutnant, SS-Gruppenführer, Kriegsverbrecher
- Andreas von Flotow (1900–1933), Politiker (NSDAP)
- Hans Jürgen von der Wense (1894–1966), Schriftsteller, Übersetzer und Komponist
- Friedrich Wilhelm Giebel (1909–1988), Verleger
- Fritz Flint (1917–1999), Politiker (CDU)
- Bernd Andreae (1923–1985), Agrarwissenschaftler, Agrargeograph und Hochschullehrer
- Claus von Amsberg (1926–2002), Prinzgemahl der Niederlande
- Hermanfrid Schubart (* 1930), Prähistoriker
- Klaus Praefcke (1933–2013), Chemiker
- Thomas-Jörg Leuchert (1954–2013), Politiker (SPD), Landrat
- Christofer Hameister (* 1994), deutscher Hörfunk- und Fernsehmoderator
Literatur
- Hermann Langer, Leben unterm Hakenkreuz, Rostock 1996, ISBN 3-86108-291-8.
- Carl Reuter: Das Gymnasium Friderico-Francisceum zu Bad Doberan 1879–1929. Ein Rückblick auf 50 Jahre nebst einem Jahrebericht über das Schuljahr 1928/29. Rostock 1929
- Helge Rehwaldt, Joachim Lange: Vom Großherzog zum Grundgesetz. Aus der Geschichte des Friderico-Francisceums vormals Erweiterte Goetheoberschule Bad Doberan. Neubukow 2001, ISBN 3-934355-20-X.
- Ulrike Mietzner: Enteignung der Subjekte. Lehrer und Schule in der DDR. Eine Schule in Mecklenburg von 1945 bis zum Mauerbau. Leske + Budrich, Opladen 1998, ISBN 3-8100-1463-X.
- "Aus der Geschichte des Gymnasiums Friderico-Francisceums zu Doberan" Broschüre zum Festakt zum 100. Gründungstag am 21. April 1979 im Max-Planck-Gymnasium zu Göttingen; Sonderdruck der Zeitschrift "Unser Mecklenburg" Nr. 5, Bremen, 1979
- Chronik der Schule (mehrere Jahrgänge), Archiv des Gymnasiums Bad Dobern,
- Jahresbericht 2016, Verein ehemaliger Doberaner Schülerinnen und Schüler, Bad Doberan 2016
- "Stichling", Schülerzeitung des Gymnasiums Friderico Francisceum zu Bad Doberan, in: www.stichling-ffg.de;
Weblinks
Einzelnachweise
- Helge Rehwaldt, Joachim Lange; Vom Großherzog zum Grundgesetz - Aus der Geschichte des FRIDERICO-FRANCISCEUMS, Bützow 2016, S. 17ff.
- Direktor Carl Reuter in seiner Jubiläumsschrift von 1929
- Horaz (65 v.Chr-8 v.Chr) "Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben"
- Helge Rehwaldt, Joachim Lange: Vom Großherzog zum Grundgesetz. Aus der Geschichte des Friderico-Francisceums vormals Erweiterte Goetheoberschule Bad Doberan. Neubukow 2001, ISBN 3-934355-20-X, S. 27ff.
- Jugendmedienverband MV: Aktuelles zum Wettbewerb. Abgerufen am 5. September 2018 (deutsch).
- NDR Radio MV: Nach Unwetter: Schulsanierung dauert bis 2020; von 21. August 2019; abgerufen am 11. Januar 2020.
- Nach dem Eintrag im Handbuch der historischen Buchbestände online