Forst Kasten
Der Forst Kasten ist ein Stiftungswald im Eigentum der Stadt München. Der Forst ist auch unter dem Namen Heiliggeistwald bekannt.
Geografie
Das ca. 800 ha große Waldstück grenzt östlich an Stockdorf und südlich an Krailling, Planegg und Neuried und liegt nördlich von Buchendorf. Der Forst ist Teil des Landschaftsschutzgebietes Forstenrieder Park und zählt zum Münchner Grüngürtel. Nach dem Wald war bis ins 19. Jahrhundert auch das Stockdorfer Kastenfeld benannt, das zwischen dem Kraillinger Feld und dem Grubmühl-Feld gelegen war.
Verwaltet wird der Wald von der Forstverwaltung der Landeshauptstadt München (Kommunalreferat), Weyarn-Gotzing.[1]
Das Forsthaus Kasten gehört zur Gemeinde Neuried (als bewohnter Ortsteil), ebenso wie der größte Teil des Forstes. Die übrigen Teile des Forstes gehören zu den Gemeinden Planegg und Gauting.
Geschichte
Im Forst Kasten finden sich zahlreiche Hügelgräber, teilweise aus der Hallstattzeit, die Hinweis auf die frühe Besiedlung geben.
Der Name Kasten, ursprünglich Castell, mag sich vom nahegelegene Römerlager ableiten, das an der Via Julia gelegen war.
Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1308, als ein Teil des heutigen Forstgebiets durch den Andechser Ministerialen Heinrich von Smiechen an das Münchner Heilig-Geist-Spital verkauft wurde. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich eine Schwaige zur Bewirtschaftung des Waldes. Von 1715 bis 1745 war der Forst Teil des kurfürstlich bayerischen Hirschjagdparks. Im Laufe des 19. Jahrhunderts begann man ähnlich wie im Kreuzlinger Forst die Bewirtschaftung von den ursprünglichen Buchen- und dann Eichenbeständen auf Fichtenkulturen umzustellen.[2] Etwa seit 1990 werden die naturfremden, sturm- und schädlingsanfälligen Fichtenmonokulturen von den zuständigen Forstleuten wieder in ökonomisch und ökologisch wertvolle Mischwaldbestände umgebaut. Dies geschieht durch die Pflanzung verschiedener Mischbaumarten und deren Schutz vor existenzbedrohendem Rehwildverbiss durch scharfe Bejagung. Bis 1884 war Forst Kasten Bestandteil des königlichen Hofjagdgebiets.
Ab 1899 wurden im Forsthaus Brotzeiten an Wanderer verkauft, woraus sich der heute bestehende Biergarten entwickelte. Kurz vor dem hundertsten Jubiläum der Forstwirtschaft 1998 brach vom Dachstuhl aus ein Feuer aus, was eine umfangreiche Wiederherstellung und Renovierung erforderlich machte, die von Adolf Schindhelm durchgeführt wurde, von 2000 bis 2002 andauerte und knapp 2,5 Millionen Euro kostete. Heute gehört das Forsthaus der Heiliggeistspital-Stiftung.
Anfang der 1970er Jahre nahmen zwei unterschiedlich große Kiesgruben der Firma Bernhard Glück aus Gräfelfing im Forst Kasten den Betrieb auf. Die kleinere Kiesgrube befand sich westlich von Neuried mitten im Wald (Standort ) und war mit einem Schürfkübelbagger und zeitweise auch mit einem Radlader besetzt. Die zweite, deutlich größere Kiesgrube wurde dagegen südlich von Planegg am Waldrand eröffnet (Standort ). Dort wird seither der Kies mit Radladern abgebaut und per Bandstraße in das etwa zweieinhalb Kilometer entfernte Kieswerk bei Gräfelfing transportiert.[3] Der Kiesabbau und die damit verbundene Abholzung des Forstes wird in der Bevölkerung und bei Umweltschutzverbänden zunehmend kritisch gesehen. Der Stadtrat befasst sich mit dem Thema und will die Rodung des Forstes stoppen.[4]
Das gemeindefreie Gebiet Forst Kasten im Landkreis München mit einer Fläche von ursprünglich 598,03 und zuletzt 590,28 Hektar existierte bis zum 31. Dezember 2001. Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 wurde es zwischen den Gemeinden Neuried (459,64 Hektar) und Planegg (130,64 Hektar) aufgeteilt.[5] Das Forsthaus Kasten war nicht Teil des gemeindefreien Gebiets, sondern gehörte als Exklave zur Gemeinde Neuried (Flurstück 342 der Gemarkung Neuried, etwas mehr als 0,4 Hektar).
Achtsamkeitspfad im Forst Kasten
Am Planeggerl Sträßerl Ecke Dillweg befindet sich ein Achtsamkeitspfad. Dieser wird unterstützt von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und dem Kommunalreferat der Landeshauptstadt München.[6]
Riesen-Bärenklau rund um die Kiesgrube
Nordöstlich und westlich der Kiesgrube, zwischen Planegg und Neuried[7] wuchert der Riesen-Bärenklau (Herkulesstaude) bis weit ins Unterholz. Das Gebiet wurde in den letzten Jahren aufgefüllt (Bauschuttdeponie) und rekultiviert. Daher kann man hier deutlich die Zeichen einer Ruderalvegetation erkennen.
Aktuell wird in eingezäunten Bereichen die Eindämmung mit Ziegen versucht. Für die Zukunft droht die Ausweitung der Spezies in den städtischen Wald. Generell ist die Beseitigung mit hohem Aufwand verbunden.[8]
Proteste gegen Kahlschlag
Am Dienstag, den 18. Mai 2021 haben Klimaaktivistinnen und Naturschützer im Forst Kasten ein Lager aufgeschlagen. Sie demonstrierten damit gegen den Kiesabbau und das Abholzen von aktuell etwa neuneinhalb Hektar Wald zwischen Neuried und Planegg.[9][10]
Der Sozialausschuss des Münchner Stadtrats hat am Donnerstag, den 20. Mai in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, dass das Neurieder Unternehmen Gebrüder Huber Bodenrecycling GmbH den Zuschlag erhält, etwa neuneinhalb Hektar Wald zu schlagen.[11]
Am 19. Juni 2021 wurden in einer Gruppe des Messengers Telegram "Kasti Ticker" der Klimaaktivisten drei Orte mit Aktivitäten bekannt gegeben. Die Standorte (2 Baumhäuser, 1 Mahnwache) wurden anschließend nach der Veröffentlichung mit Polizeihubschraubern und mindestens 9 Mannschaftswagen aufgesucht. Am Montag, den 21. Juni 2021 fand die Räumung[12] der beiden Baumhäuser durch das SEK statt. Die Mahnwache am Waldweg Klaußner Geräumt war offiziell gemeldet und damit von der Räumung nicht betroffen, wurde aber wenig später wie geplant aufgegeben.
Im Rahmen dieser Protestaktion entstand das Pressefoto Bayern des Jahres 2021 in der Kategorie Energie & Umwelt[13] mit dem Titel Baumbesetzung. Verliehen wurde dieser Preis durch den Bayerischer Journalisten-Verband an den Fotografen Erich Weichelt.
Der Protest wird aktuell auf juristischem Wege mit Hilfe der Klimaanwältin Roda Verheyen von der Rechtsanwaltskanzlei Günther weitergeführt.[14]
- 3 Aktionsorte
- Baumhaus "Sonder-Barrio"
- Baumhaus "Wunder-Barrio"
- Plakate an der Mahnwache
Weblinks
Einzelnachweise
- Unsere Förster und ihre Waldgebiete, auf muenchen.de, abgerufen am 28. Juni 2021
- Karl Mayr: Gauting und Stockdorf. 1870–1978. Deutscher Kunstverlag, München 1985.
- Wilhelm Weissbecker, Katya Shchedrova: Jahrbuch Baumaschinen 2020. Podszun-Verlag, 2019, ISBN 978-3-86133-934-2, Seite 63 ff.
- Der Kies des Anstoßes. In: Süddeutsche Zeitung, erschienen am 2. April 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.
- Entschließung der Regierung von Oberbayern vom 18. September 2001
- SDW-Achtsamkeitspfad. Abgerufen am 20. Mai 2021.
- Kampf gegen Riesenbärenklau. 10. Juni 2019, abgerufen am 26. Mai 2021.
- Plage: Bärenklau und Knöterich. Abgerufen am 25. Mai 2021.
- Thomas Anlauf: München: Aktivisten besetzen Bäume im Forst Kasten. Abgerufen am 20. Mai 2021.
- Kiesabbau im Forst Kasten: Klage von Firma Glück abgelehnt. 29. Dezember 2020, abgerufen am 20. Mai 2021.
- Thomas Anlauf: Münchner Stadtrat: Im Forst Kasten darf gerodet werden. Abgerufen am 21. Mai 2021.
- Forst Kasten: Polizei räumt erneut besetzte Bäume. 21. Juni 2021, abgerufen am 21. Juni 2021.
- Bayerischer Journalisten Verband. Abgerufen am 13. Dezember 2021.
- Annette Jäger: Neuried - Waffenstillstand im Forst Kasten. Abgerufen am 13. Dezember 2021.