Fahrsimulator
Ein Fahrsimulator ist eine Simulationssoftware oder technische Gerätschaft, die zum Simulieren des Fahrprozesses verwendet wird. Anwendung finden sie in der Lehre, Unterhaltung, Produktentwicklung/-verbesserung und Forschung.
Fahrsimulatoren gibt es für unterschiedliche Fahrzeuge wie Automobile, Omnibusse, Züge, Motorräder, Agrar- und Militärfahrzeuge und LKWs. Für den Luftverkehr gibt es spezielle Flugsimulationen und für den Schiffsverkehr Schiffsimulationen. Gründe für den Einsatz sind meist Kostenersparnis und das Zulassen spezieller Szenarien, die sonst nicht möglich, zu aufwendig oder risikoreich wären.
Ein- und Ausgabe
Als Peripherie kommen meist Lenkrad, Pedale und Steuerknüppel zum Einsatz. Allerdings lassen sich einige System auch mit der Maus, Tastatur, dem Gamepad oder dem Joystick bedienen. Einige Systeme setzen Force Feedback für ein realistischeres Fahrgefühl ein.[1] Aufwendige Systeme versuchen den Steuerbereich möglichst originalgetreu nachzubilden.[2]
Neuere Systeme bieten neben der Ausgabe über einen oder mehrere Monitore auch die Ausgabe in der Virtuellen Realität mit einem Head-Mounted Display an.[3][4][5] Im Bereich der Neuropsychologie kann unter anderem Eye-Tracking und das Messen von Hirnströmen eingesetzt werden (Elektroenzephalografie).[6][7]
Anwendungszwecke
Fahrsimulatoren werden unter anderem in den folgenden Bereichen eingesetzt:
- Fahrausbildung und Fortbildung von Fahrern, zum Beispiel im Rahmen einer Fahrschule und Fahrsicherheitstrainings. Geschult werden soll hierbei die Steuerung des Fahrzeugs, das Wahrnehmen, ordnungsgemäße und verkehrsregelkonforme Beurteilen und Erkennen des Straßenverkehrs und das Entwickeln eines Bewusstseins über Gefahren und die Fahrzeugtechnik. Dazu unterstützen viele Anbieter die Möglichkeit zur Fehleranalyse und der Fahrreaktionen.[8]
- Als Test oder Prüfung zum Beurteilen der Fahrfähigkeit einer Person. (z. B. zur Überprüfung der Fahreignung von Senioren oder in der Berufsausbildung)[9]
- Im Krisenmanagement z. B. von Rettungswagen, Krankenkraftwagen, Streifenwagen, ADAC und Feuerwehrfahrzeug sowie der Unfallsimulation und Unfallforschung[10][11][12]
- In Militärsimulationen (z. B. bei der Panzersteuerung)[13]
- Als Unterhaltungsautomat, Spielzeug oder analoges Spiel (z. B. in Freizeitparks oder Kaufhäusern)
- Entwicklung neuer Produkte und Verbesserung dieser (z. B. beim Testen eines Prototyp oder für ungewöhnliche Umgebungen)
- verkehrswissenschaftliche Forschung
- realistische Rennsimulationen als Computerspiel bzw. Exergame. Siehe auch: Rennsimulation
- Training für den Rennsport
- Training für Menschen mit körperlichen oder sonstigen Einschränkungen[14]
- In der Entwicklung von Selbstfahrenden Kraftfahrzeugen (z. B. beim Testen eines Künstlich neuronalen Netzes bei simulierten Strecken mit simulierten Autos)[15][16]
- Fernerkundung z. B. durch Google Maps[17]
Forschung und Wirksamkeit
Über die Wirksamkeit von Fahrsimulatoren in der Ausbildung gibt es noch nicht genügend Forschung. Obwohl die Simulationen immer realistischer werden, Kosten ersparen können und viele Anwendungsszenarien zu lassen, lassen sich auch einige Aspekte nicht original abbilden, was Zweifel über die Gültigkeit im richtigen Straßenverkehr aufwirft. So wird speziell bei der Prüfung der Fahreignung von Senioren die Validität hinterfragt und Ergebnisse müssen mit realen Stichproben abglichen werden.[2] Es wird wissenschaftlich untersucht, wie Fahrdynamik gewährleistet werden kann, um das Geschehen besser abzubilden.[18]
Untersucht werden durch den Simulator vor allem das Fahr- und Fehlerverhalten auf der Straße und der Einfluss durch Rauschmittel und Medikamente, Müdigkeit, Stress, die allgemeine körperliche und geistige Verfassung und andere ablenkende Faktoren wie Elektronik und wie man aus diesen Erkenntnissen die Fahrsicherheit sicherstellt. Konzepte aus verkehrspädagogischer, verkehrsmedizinischer, neuropsychologischer und verkehrspsychologischer Forschung können so untersucht werden. Weiterhin finden sie Anwendung in der Fahreignungsdiagnostik und Psychometrie.[19][20][21][22][23][24][25][26][27]
Bekannte Fahrsimulatoren
Der zurzeit weltweit größte Fahrsimulator wird von Toyota in Japan betrieben. Weitere bekannte Fahrsimulatoren sind der von der Daimler AG in Sindelfingen, einer von Renault im Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig und der National Advanced Driving Simulator in der Iowa State University in den Vereinigten Staaten.[28]
Literatur
Deutsch:
- Andreas Schmidt: Modellierung von Fahrzeugantrieben anhand von Messdaten aus dem Koppelbetrieb zwischen Fahrsimulator und Antriebsstrangprüfstand. Springer, 2016, ISBN 978-3-658-13472-3.
- Viet Dung Dao: Entwicklung und Umsetzung einer virtuellen Fahrumgebung im Fahrsimulator: Development and realization of virtual environment for the driving simulator. Technische Universität Darmstadt, 2017.
- Willibald Brems: Querdynamische Eigenschaftsbewertung in einem Fahrsimulator. Springer, 2018, ISBN 978-3-658-22787-6.
- Nadir Attar: Fahrsimulatoren – Ein Überblick. GRIN Verlag, 2012, ISBN 978-3-656-19110-0.
- Bernhard Wandtner: Die Wirkung von Verkehrssicherheitsbotschaften im Fahrsimulator – eine Machbarkeitsstudie. Bundesanstalt für Straßenwesen, 2016, ISBN 978-3-95606-247-6.
- Gregor Hiesgen: Effiziente Entwicklung eines menschzentrierten Querführungsassistenzsystems mit einem Fahrsimulator. 2011.
Englisch:
- Donald L. Fisher, Matthew Rizzo, Jeffrey Caird, John D. Lee: Handbook of Driving Simulation for Engineering, Medicine, and Psychology. CRC Press, 2011, ISBN 978-1-4200-6101-7.
- Hichem Arioui, Lamri Nehaoua: Driving Simulation. 2013, ISBN 978-1-118-64864-3.
- J. Greenberg, B. Artz, L. Cathey: The Effect of Lateral Motion Cues During Simulated Driving. Driving Simulator Conference North America 2003 Proceedings, Dearborn, Michigan, October 8–10, 2003. CD-ROM, ISSN 1546-5071.
- A. M. Heras, T. P. Breckon, M. Tirovic: Video Re-sampling and Content Re-targeting for Realistic Driving Incident Simulation. November 2011.
Einzelnachweise
- Stefanie Eckardt: KIT-Projekt »Driving Simulator«: Realitätsnahe Trainingsfahrten durch virtuelle Umgebung. (elektroniknet.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Burkhard Madea: Verkehrsmedizin: Fahreignung, Fahrsicherheit, Unfallrekonstruktion. Deutscher Ärzteverlag, 2012, ISBN 978-3-7691-1285-6 (google.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- BILD zu Besuch im Labor - Hier forscht VW am Auto der Zukunft. In: bild.de. (bild.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Audi Virtual Reality: Neuer Fahrsimulator im Test - Video. In: FOCUS Online. (focus.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- CAVE: Renaults Virtual-Reality-Fahrsimulator. In: heise online. Abgerufen am 27. November 2018.
- Was passiert, wenn das Auge am Steuer sitzt? In: Salzburger Nachrichten. (sn.at [abgerufen am 27. November 2018]).
- Autofahren im Alter: Studie erforscht Fahrkompetenz. In: Ruhr Nachrichten. (ruhrnachrichten.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Simulator erspart zusätzliche Fahrstunden: Fahrschüler üben am Computer Autofahren. (handelsblatt.com [abgerufen am 27. November 2018]).
- Hier lernen neue Stadtbahnführer das Fahren - STIMME.de. Abgerufen am 27. November 2018.
- tara: Altenholz: Blaulicht-Simulator: Wie Feuerwehrleute das Rasen lernen. In: shz. (shz.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Fahrtraining am neuen ADAC-Fahrsimulator. Abgerufen am 27. November 2018.
- So üben Berner Polizisten Fahrten mit Blaulicht. In: securnews.ch. 8. November 2018 (securnews.ch [abgerufen am 27. November 2018]).
- Panzer marsch: Reservisten aus Diemelstadt trainieren am Leopard 1 Simulator. In: lokalo24.de. 10. November 2018 (lokalo24.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Hans-Christoph Diener: Schlaganfall: So finden Sie wieder Mut. Georg Thieme Verlag, 2004, ISBN 3-8304-3223-2 (google.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Chang Zhang: Robuste Regelung für einen selbstfahrenden Fahrsimulator. 2016 (google.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Christoph Stockburger: Künstliche Intelligenz in selbstfahrenden Autos : Die Denksportwagen. In: Spiegel Online. 4. Februar 2017 (spiegel.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Echtzeit Fahrsimulator für Google Maps. In: URBANSHIT. 16. Dezember 2015 (urbanshit.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Willibald Brems: Querdynamische Eigenschaftsbewertung in einem Fahrsimulator. Springer-Verlag, 2018, ISBN 978-3-658-22787-6 (google.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Design and Development of Car Driving Simulator (DDSIM) under the 12th Five Year Plan Network Project. CSIR - Central Road Research Institute, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
- Michael Stevens: SSN 774 Virginia Class Submarine (SSN 774). Defense Technical Information Center, Fort Belvoir, VA 1. November 2015, doi:10.21236/ad1019531.
- Z. Li, P. Milgram: An Investigation of the Potential to Influence Braking Behaviour Through Manipulation of Optical Looming Cues in a Simulated Driving Task. In: Proceedings of the Human Factors and Ergonomics Society Annual Meeting,. Band 49, Nr. 17, 2005, S. 1540–1544.
- R. W. Matthews, S. A. Ferguson, X. Zhou, C. Sargent, D. Darwent, D. J. Kennaway, G. D. Roach: Time-of-Day Mediates the Influences of Extended Wake and Sleep. In: Chronobiology International. Band 29, Nr. 5, 2012, S. 572–579.
- S. D. Baulk, S. N. Biggs, K. J. Reid, C. J. van den Heuvel, D. Dawson: Chasing the silver bullet: Measuring driver fatigue using simple and complex tasks. In: Accident Analysis & Prevention. Band 40, Nr. 1, 2008, S. 396–402.
- J. A. Telner, D. L. Wiesenthal, E. Bialystok: Video Gamer Advantages in a Cellular Telephone and Driving Task. In: Proceedings of the Human Factors and Ergonomics Society Annual Meeting. Band 53, Nr. 23, 2009, S. 1748–1752.
- J. A. Telner: The effects of linguistic fluency on performance in a simulated cellular telephone and driving situation. In: Proceedings of the Human Factors and Ergonomics Society Annual Meeting 2008. S. 1748–1752.
- M. J. Rapoport, B. Weaver, A. Kiss, C. Zucchero-Sarracini, H. Moller, N. Herrmann, K. Lanctôt u. a.: The Effects of Donepezil on Computer-Simulated Driving Ability Among Healthy Older Adults: A Pilot Study. In: Journal of clinical psychopharmacology. Band 31, Nr. 5, 2011, S. 587.
- Uni Kassel forscht an System, das gestresste oder übermüdete Autofahrer erkennt. In: hersfelder-zeitung.de. 4. September 2018 (hersfelder-zeitung.de [abgerufen am 27. November 2018]).
- Andreas Schmidt: Modellierung von Fahrzeugantrieben anhand von Messdaten aus dem Koppelbetrieb zwischen Fahrsimulator und Antriebsstrangprüfstand. Springer, 2016, ISBN 978-3-658-13472-3 (google.de [abgerufen am 27. November 2018]).