Erika Trautmann-Nehring
Erika Frieda Charlotte Trautmann-Nehring (geb. Nehring; * 15. April 1897 in Osterwick, heute Ostrowite in Chojnice (Landgemeinde), Kr. Konitz[1]; † 29. Dezember 1968 in Münster) war eine deutsche Archäologin und Illustratorin, die zusammen mit ihrem Lebensgefährten Franz Altheim für die Erforschung der Felsritzungen des Val Camonica in Italien bekannt geworden ist.
Leben
Erika Nehring wuchs in einer wohlhabenden Familie, zu der viele Militärs und Akademiker gehörten, in Westpreußen auf.[2] Ihr Vater Arthur Nehring (1861–1931) besaß ein kleineres Gut nahe Osterwick. Erika war das zweitjüngste von sieben Kindern, ein Cousin war der General Walther Nehring. Einer ihrer Vorfahren, Johann Nehring, war ein berühmter brandenburgischer Architekt im 17. Jahrhundert. Nach der Abtretung an Polen 1918 wurden die elterlichen Güter beschlagnahmt, die Mutter starb Ende 1918, mit dem Vater und den Geschwistern verließ Erika Westpreußen.
Sie zog nach Berlin und lernte als Illustratorin im Lettehaus und an der Berliner Hochschule der Künste, wo sie die goldenen Zwanziger erlebte. 1925 heiratete sie den wohlhabenden Ingenieur Bernhard Trautmann (* 1900) und zog mit ihm nach Frankfurt am Main. 1933 begann sie auf der Suche nach einer kreativen Tätigkeit am Forschungsinstitut fur Kulturmorphologie zu arbeiten, das Leo Frobenius in Frankfurt am Main leitete. 1934 kopierte sie in seinem Auftrag Wandmalereien in Spanien und Frankreich. Bei einer Tätigkeit 1936 an den Felsritzungen im Valcamonica traf sie den Altphilologen Franz Altheim, der an der Universität Frankfurt lehrte. Beide wurden ein Paar und publizierten Arbeiten über Alte Geschichte, Runen und die indogermanischen Wanderungen. Von ihrem Mann wurde sie im Oktober 1937 geschieden. Den mit Altheim veröffentlichten Aufsatz ließ sie über ihren Bekannten Hermann Göring an Himmler weiterleiten.
Altheim und Trautmann schlossen sich dem Ahnenerbe Heinrich Himmlers an und erhielten Förderungen für ihre Forschungen in Val Camonica, in Rumänien und Kroatien. Nach weiteren Reisen in Serbien, der Türkei und Griechenland zog das Forscherpaar nach Damaskus, um an der einstigen römischen Ostgrenze Neues zu den Kämpfen der indogermanischen Völker mit semitischen Stämmen zu erfahren. Im Irak trafen sie sich auf Vermittlung des Botschafters Fritz Grobba mit Forschern und besuchten parthische und persische Ruinen bei Bagdad. Das Ahnenerbe unterstützte diese Reise mit 6800 RM, die aus der Kasse des persönlichen Stabes des RF-SS stammten. Gleichzeitig erfüllten sie Aufträge für den SD, indem sie im Auftrag von Wolfram Sievers auch Berichte über den Irak und Iran anfertigten, die auch Himmler vorgelegt wurden.
Nach 1945 schloss ihre Arbeit für das SS-Ahnenerbe sie – anders als Altheim oder Herbert Jankuhn – von einer weiteren akademischen Karriere aus, insbesondere auch, da sie keinerlei akademische Ausbildung hatte.[3] Sie arbeitete aber weiter als Illustratorin und Autorin vieler akademischer Bücher.
Schriften
- mit Franz Altheim: Vom Ursprung der Runen, 1938 Ahnenerbe
- mit Franz Altheim: Die Soldatenkaiser. 1939 Klostermann, Frankfurt/Main https://archive.org/details/DieSoldatenkaiser
- mit Franz Altheim: Italien und die dorische Wanderung, 1940 Pantheon, Amsterdam http://www.worldcat.org/title/italien-und-die-dorische-wanderung/oclc/503893702
- mit Franz Altheim: Italien und Rom, 1941 Pantheon Akademische Verlagsanstalt http://www.worldcat.org/title/italien-und-rom/oclc/1438703
- mit Franz Altheim: Kimbern und Runen: Untersuchungen zur Ursprungsfrage der Runen, 1942 Ahnenerbe-Stiftung Verlag, Berlin http://www.worldcat.org/title/kimbern-und-runen-untersuchungen-zur-ursprungsfrage-der-runen/oclc/20679268
- mit Franz Altheim: Die Krise der Alten Welt im 3. Jahrhundert n. Zw. und ihre Ursachen, 1943, Ahnenerbe-Stiftung, Berlin-Dahlem https://archive.org/details/AltheimFranzDieKriseDerAltenWelt11943
- mit Franz Altheim: Götter und Kaiser, 1943 Ahnenerbe-Stiftung, Berlin-Dahlem http://www.worldcat.org/title/gotter-und-kaiser/oclc/79042936
- Die Felsbilder der Val Camonica. Berlin, Transmare-Photo, 1947 (2 Bände)
- mit Franz Altheim: Weltgeschichte Asiens im griechischen Zeitalter, 1947 M. Niemeyer, Halle
- mit Franz Altheim: Spätantike und Christentum, 1951 https://books.google.com/books?id=HWvRAAAAMAAJ
- mit Franz Altheim: Attila und die Hunnen, 1951 Verl. f. Kunst- u. Wissenschaft, Baden-Baden
- mit Franz Altheim und Robert Göbl: Ein asiatischer Staat: Feudalismus unter den Sasaniden und ihren Nachbarn. Erster Band, 1954 Limes, Wiesbaden
- mit Franz Altheim, Hans-Wilhelm Haussig, Ruth Altheim-Stiehl: Finanzgeschichte der Spätantike, 1957 Klostermann, Frankfurt/Main
Literatur
- Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender 1950; 1966; 1970 (Nekrolog).
- Wer ist wer? Das deutsche Who’s Who. Bd. 12, 1955.
- Reena Perschke: Die Felsbildforscherin Erika Trautmann-Nehring (1897-1968), in: Sonja Häder, Ulrich Wiegmann (Hrsg.): An der Seite gelehrter Männer. Frauen zwischen Emanzipation und Tradition, Klinkhardt 2017, S. 225–269 ISBN 978-3-7815-2205-3.
- Reena Perschke: National-Socialist Researchers in Val Camonica - A short biography of the petroglyph draughtswoman Erika Trautmann-Nehring (1897-1968). In: Bollettino del Centro Camuno di Studi Preistorici (BCSP) Bd. 43, 2019, S. 5–31.
Weblinks
Einzelnachweise
- Posener Geschlechterbuch, Bd. 4. Bearb. v. Helmut Strehlau (Deutsches Geschlechterbuch Bd. 140). Starke, Limburg a.d. Lahn 1965, S. 186 f.
- Heather Pringle: The Master Plan: Himmler's Scholars and the Holocaust. Hachette Books, 2006, ISBN 9781401383862.
- Reena Perschke: /Women_pioneers_in_Rock_Art_Research_Mary_E._Boyle_Erika_Trautmann_and_Vera_C._C._Collum?ends_sutd_reg_path=true Women pioneers in Rock Art Research: Mary E. Boyle, Erika Trautmann and Vera C. C. Collum.. Abgerufen am 27. Juni 2018.