Erich Ponto
Erich Johannes Bruno Ponto (* 14. Dezember 1884 in Lübeck; † 4. Februar 1957 in Stuttgart) war ein deutscher Schauspieler und Intendant.
Leben
Jugendjahre
Erich Johannes Bruno Ponto wurde am 14. Dezember 1884 als jüngstes von vier Kindern in Lübeck geboren. Seine Mutter Ida Albers aus Reinbek ehelichte Ludwig Ponto, der von seinem Vater Heinrich Ponto einen Manufakturwarenladen vermacht bekam. Die Pontos waren Kaufleute aus Norddeutschland. Seine Eltern wohnten erst in Lübeck und zogen dann nach Hamburg-Eimsbüttel. Erich Ponto besuchte die Schule in Altona.
Studienzeit
Zunächst begann er ein Studium der Pharmazie. Unter seinen Hochschullehrern befand sich auch Wilhelm Conrad Röntgen. Ponto hatte immer den Drang nach der Schauspielerei; mit Freunden probte er Klassiker, beteiligte sich an Literaturzirkeln und entwickelte fortan die Personen in seinen Stücken. Im Jahr 1905 machte er sein Provisor-Examen. Von 1905 bis 1907 arbeitete er in der Beueler Hirschapotheke.[1] Seine Ausbildung zum Schauspieler bekam er bei Hans Lackner im Jahre 1908.
Der Bühnen- und Filmschauspieler
Ponto erhielt sein erstes Engagement 1908 am Stadttheater Passau, später in Reichenberg/Nordböhmen (1910/11). Im Jahr 1916 heiratete er Tony Kresse, mit der er seine Tochter Eva Ponto (* 1918, verheiratete Doering) und seinen Sohn Klaus Ponto (* 1927, ebenfalls Schauspieler) bekam. Erich Ponto war mit Tonys Brüdern befreundet und ging im Hause Kresse ein und aus. Seit 1914 spielte Ponto in Dresden, wo er bis 1947 lebte. 1928 spielte Ponto in Berlin am Theater am Schiffbauerdamm in der Uraufführung von Bertolt Brechts Die Dreigroschenoper die Rolle des Gaunerbosses Jonathan Peachum.
Im Jahr 1920 hatte Ponto seinen ersten Kontakt mit dem Film in dem Kurzfilm Hampelmanns Glückstag, dem 1920/1921 Der Geiger von Meißen folgte. Erst mit dem Tonfilm begann ab Ende der 1920er Jahre Pontos Karriere als Filmschauspieler. Im Dritten Reich wirkte er in mehreren NS-Propagandafilmen mit, darunter Die Rothschilds (1940), Blutsbrüderschaft (1941) und Ich klage an (1941). Besonders herausragend war seine Rolle in dem Film Die Feuerzangenbowle, wo er als versteifter Professor Crey zum Opfer von Heinz Rühmanns Schülerstreichen wird. In Frauenarzt Dr. Prätorius spielte er den Pathologen Professor Speiter. Neben seinen zahlreichen Filmrollen spielte er Theater und pendelte fast täglich zwischen Berlin und Dresden.
In den 1930er Jahren war Ponto auch gelegentlich als Synchronsprecher tätig. So synchronisierte er Charles Laughton als Kapitän William Bligh in Meuterei auf der Bounty sowie mehrfach Lionel Barrymore, u. a. in Die Kameliendame.[2]
Als bei ihm in der Zeit des Nationalsozialismus eine Hausdurchsuchung stattfand, wollte man bei ihm Kollwitz-Zeichnungen beschlagnahmen. Ponto stellte lakonisch fest, er brauche diese noch für seine Arbeit, und so wurden sie wieder in den Schrank gestellt. Ponto stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[3]
Ponto betätigte sich nach dem Krieg politisch in seiner damaligen Wahlheimat Dresden, in der er sehr beliebt war. Unmittelbar nach Kriegsende wurde er 1945 Intendant am Dresdner Schauspielhaus. Als bereits am 10. Juli 1945 im damaligen Haus der Kirchgemeinde „Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter“ (das spätere „Kleine Haus“) die erste Dresdner Nachkriegs-Schauspiel-Aufführung mit Nathan der Weise stattfand, verkörperte Ponto die Titelrolle.
Eine seiner Entdeckungen war der Dresdner Schauspieler Rolf Ludwig, der als ehemaliger Luftwaffenpilot aus dem Krieg zurückgekehrt war und bei Ponto vorsprach. Ludwig wollte hierbei sein sportliches Geschick unter Beweis stellen und sprang am Ende des Vorsprechens seiner Rolle aus dem Fenster. Wie sich herausstellte, hatte er fälschlicherweise angenommen, dass sich der Raum im Erdgeschoss befand. Jedoch sprang er aus dem ersten Stock. Als Ludwig mit gebrochenem Arm auf der Straße lag, rief Ponto aus dem Fenster: „Junger Mann, Sie sind engagiert.“
Eine weitere seiner Entdeckungen für die Bühne und den Film war Gert Fröbe. Fröbe hatte allen Mut zusammengenommen, um Ponto etwas vorzusprechen. Dieser winkte zunächst wegen Fröbes unüberhörbarem sächsischen Dialektes ab, nahm ihn später aber doch als Schüler. Das Vorsprechen des Gert Fröbe kommentierte Ponto mit den Worten: „Mephisto war kein Sachse.“[4]
1947 verließ er Dresden, weil er, wie er an Kollegen schrieb, „in dieser Stadt nicht frei spielen könne, wenn er nicht einer bestimmten politischen Haltung angehörte“.[5] Er trat mit Curt Goetz in Kontakt, ließ sich in Stuttgart nieder und kam an das Staatstheater Stuttgart. 1949 drehte er den international bekannten Film Der dritte Mann mit Orson Welles und Joseph Cotten, in dem er in einer Nebenrolle einen zwielichtigen Arzt verkörperte. Für die Spielzeit 1950/51 holte ihn Heinz Hilpert an das Deutsche Theater Göttingen. Hier spielte er unter anderem die Hauptrolle in Der Bauer als Millionär von Ferdinand Raimund. Vergnüglich waren auch die sonntäglichen Matinée-Veranstaltungen, abwechselnd gestaltet von Erich Ponto und Heinz Hilpert.
1952 wurde er zum Württembergischen Staatsschauspieler ernannt. Zu seinem 70. Geburtstag 1954 wünschte er sich die Titelrolle in Lessings Nathan der Weise. Im Jahr 1954 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz und 1956 das Filmband.
Letzte Jahre und Ehrungen
Ponto verfasste zu öffentlichen und privaten Anlässen gerne und häufig Gedichte. In seinen letzten Lebensjahren lebte er mit einer früheren Schülerin, der Schauspielerin Edith Heerdegen (1913–1982) zusammen. Er starb am 4. Februar 1957 in Stuttgart nach langer Krankheit, die ihn nicht daran hinderte, zu spielen. So sah man ihn noch 1957 bereits todkrank in seinem letzten Kinofilm Der Stern von Afrika. Er wurde zunächst auf dem Waldfriedhof Stuttgart beigesetzt und später auf den Hamburger Friedhof Nienstedten umgebettet. Heute erinnern in Stuttgart eine Straße im Stadtteil Vaihingen (Erich-Ponto-Weg) und ein Gedenkstein auf dem Grab der Familie Böhm (Ehemann von Edith Heerdegen) an ihn. Fünfzig Jahre später, im März 2007, wurde er nach Dresden in den Urnenhain Tolkewitz umgebettet.[6] Auch in Dresden ist eine Straße nach ihm benannt. Der Förderverein Staatsschauspiel Dresden e. V. vergibt seit 1999 in Würdigung und Erinnerung an Pontos langjährige Zeit am Staatsschauspiel Dresden den der Nachwuchsförderung dienenden Erich-Ponto-Preis für herausragende darstellerische Leistungen an ein Mitglied des Ensembles. In der Tageszeitung „Dresdner Neueste Nachrichten“ wurde er im Jahre 2000 zu einem der „100 Dresdner des 20. Jahrhunderts“ gewählt.[7]
Erich Ponto war ein Onkel von Jürgen Ponto, dem 1977 von RAF-Terroristen ermordeten Vorstandssprecher der Dresdner Bank.
Filmografie (Auswahl)
- 1920: Hampelmanns Glückstag
- 1921: Der Geiger von Meißen
- 1929: 1. Klangfilm
- 1931: Der Mann, der den Mord beging
- 1931: Weib im Dschungel
- 1934: Liebe, Tod und Teufel
- 1935: Das Mädchen Johanna
- 1935: Der Gefangene des Königs
- 1936: Schlußakkord
- 1937: Der Hund von Baskerville
- 1937: Tango Notturno
- 1938: Die 4 Gesellen
- 1939: Hallo Janine
- 1939: Schneider Wibbel
- 1940: Das Herz der Königin
- 1940: Der Feuerteufel
- 1940: Achtung! Feind hört mit!
- 1940: Kleider machen Leute
- 1940: Die Rothschilds
- 1940: Bismarck
- 1941: Blutsbrüderschaft
- 1941: Ich klage an
- 1941: Das andere Ich
- 1942: Anschlag auf Baku
- 1942: Diesel
- 1942: Der große Schatten
- 1942: Eine Nacht in Venedig
- 1944: Philharmoniker
- 1944: Die Feuerzangenbowle
- 1944: Der Meisterdetektiv
- 1944: Der Engel mit dem Saitenspiel
- 1944: Das kleine Hofkonzert
- 1945: Der Fall Molander
- 1945: Der Scheiterhaufen
- 1947: Zwischen gestern und morgen
- 1948: Film ohne Titel
- 1948: Das verlorene Gesicht
- 1949: Liebe 47
- 1949: Hans im Glück
- 1949: Der dritte Mann (The Third Man)
- 1949: Verspieltes Leben
- 1949: Schicksal aus zweiter Hand
- 1950: Frauenarzt Dr. Prätorius
- 1950: Tobias Knopp – Abenteuer eines Junggesellen
- 1951: Was das Herz befiehlt
- 1951: Primanerinnen
- 1952: Herz der Welt
- 1952: Liebe im Finanzamt
- 1952: Haus des Lebens
- 1952: Die große Versuchung
- 1953: Hokuspokus
- 1953: Keine Angst vor großen Tieren
- 1954: Das fliegende Klassenzimmer
- 1954: Keine Angst vor Schwiegermüttern
- 1954: Sauerbruch – Das war mein Leben
- 1954: … und ewig bleibt die Liebe
- 1954: Die verschwundene Miniatur
- 1954: Die goldene Pest
- 1955: Himmel ohne Sterne
- 1956: Rosen für Bettina
- 1956: Wenn wir alle Engel wären
- 1956: Robinson soll nicht sterben
- 1957: Die Zürcher Verlobung
- 1957: Made in Germany – Ein Leben für Zeiss
- 1957: Der Stern von Afrika
Hörspiele und Sprechplatten
Erich Ponto hat in zahlreichen Sprechplattenproduktionen (heute auf CD veröffentlicht) mitgewirkt:
- 1948: Schneider Wibbel mit Lucy Millowitsch (Produktion des damaligen NWDR Köln, Regie: Wilhelm Semmelroth)
- 1949: Mephisto in Faust 1. Teil und 2. Teil
- 1949: Der dritte Mann (Produktion des NWDR), Regie: Wilhelm Semmelroth (Litraton)
- 1949: Reineke Fuchs (Deutsche Grammophon)
- 1949: Adalbert Stifter: Bergkristall
- 1950: Arthur Miller: Der Tod des Handlungsreisenden – Regie: Fränze Roloff (Hörspiel – HR)
- 1951: Molière: Der eingebildete Kranke (Argan) – Regie: Walter Ohm (Hörspiel – BR)
- 1952: Günter Eich: Die Andere und ich (Produktion des SDR, Regie: Cläre Schimmel)
- 1954: Das Fliegende Klassenzimmer (1954)
- (aus den '50ern wieder aufgelegt): Wilhelm Busch: Gedichte (Deutsche Grammophon)
- 1964 hrsg.: FAUST Der Tragödie erster Teil (Szenen), LITERA, Historische Aufnahme von 1952 mit Erich Ponto als Mephistopheles
- 1971 hrsg.: Die Dreigroschenoper, ETERNA, Historische Aufnahme von 1930 mit Erich Ponto als Peachum
Literatur
- Manfred Hausmann: Im Spiegel der Erinnerung. Erlebnisse und Begegnungen mit Peter Suhrkamp, Oswald Spengler, Thomas Mann, Max Reinhardt, Wilhelm Kempff, Erich Ponto, u. a. Neunkirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1974, ISBN 3-7887-0430-6.
- Jürgen Kasten: Ponto, Erich Johannes Bruno. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 617 f. (Digitalisat).
- Hansjörg Schneider: Erich Ponto. Ein Schauspielerleben. Henschel Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-89487-364-7.
- Jörg Schöning: Erich Ponto – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 7, 1986.
- C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 547.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 6: N – R. Mary Nolan – Meg Ryan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 296 ff.
Weblinks
- Erich Ponto in der Internet Movie Database (englisch)
- Erich Ponto bei filmportal.de (mit Fotogalerie)
- Literatur von und über Erich Ponto im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Erich Ponto in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- Anke Vehmeier, Museumsfenster: Ein Kinostar in Beuel, 11. November 2015, Bonner General-Anzeiger
- Erich Ponto. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 5. Februar 2021.
- Ponto, Erich. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020 ISBN 978-3-88741-290-6, S. 256
- Gert Fröbe - als wär's heut gewesen (1978) Hamburg. In: ZDF 1978 / YouTube. Abgerufen am 17. April 2021.
- Quelle?
- Die Hamburger Grabstätte wurde aufgelöst. knerger.de: Die Grabstätten von Erich Ponto. Die Gedenkfeier fand am 18. April 2007 im alten Krematorium Dresden Tolkewitz statt: Wochenkurier vom 18. April 2007.
- 100 Dresdner des 20. Jahrhunderts. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Dresdner Nachrichten GmbH & Co. KG, Dresden 31. Dezember 1999, S. 22.