Ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt
Die Ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt (Bibliotheca Julia) ist die einzige noch heute bestehende Einrichtung der 1810 aufgelösten Universität Helmstedt, der Academia Julia Carolina zu Helmstedt in Niedersachsen. Träger der Einrichtung ist der Landkreis Helmstedt.
Ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt | |
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Die Bibliotheca Julia im Hörsaal- und Bibliotheksgebäude der ehemaligen Universität | |
Gründung | 1576 |
Bestand | ca. 35.000 Medieneinheiten |
Bibliothekstyp | Spezialbibliothek |
Ort | Helmstedt |
ISIL | DE-Hel1 (Ehemalige Universitätsbibliothek) |
Betreiber | Landkreis Helmstedt |
Leitung | Wolfgang Pschichholz[1] |
Geschichte
Die 1576 durch Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1528–1589) gegründete Universität war zeitweise die drittgrößte Universität des deutschen Sprachraums. Unter der Verwaltung des napoleonisch kontrollierten Königreiches Westphalen durch König Jérôme Bonaparte, wurde die Academia Julia mit Ende des Wintersemesters 1809/1810 geschlossen.
Während der Regierungszeit des Herzogs Julius stand die Universitätsbibliothek in Konkurrenz zu dessen Bibliothek in der Residenzstadt Wolfenbüttel, die er ab 1572 aufbauen ließ und zu Beginn ebenfalls den Namen Bibliotheca Julia trug. Der Bestand der Helmstedter Bibliothek blieb daher zunächst gering.[2]
Die in Helmstedt selbst herausgegebenen Bücher wurden ab 1578 zumeist in der Werkstatt der Buchdruckerfamilie Lucius gedruckt. Zum ersten Universitäts-Buchdrucker der Academia Julia wurde in jenem Jahr Jacob Lucius der Ältere (um 1530–1597) bestellt, dessen Amt sein Sohn Jacob Lucius der Jüngere (um 1570–1616) von 1597 bis 1616 fortführte, gefolgt von Jacobus Lucius III. († 1639). Die letzten Publikationen dieser Druckerei sind mit dem Erscheinungsjahr 1639 datiert.[3] Zum ersten privilegierten Universitäts-Buchbinder wurde 1576 Lukas Weischner (1555–1609) ernannt, zuvor Hofbuchbinder des Herzogs Julius und Bibliothekar der herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel.
Herzog Heinrich Julius (1564–1613) ließ ab 1592 das Universitätsgebäude Juleum errichten, in dessen Obergeschoss sich die Bibliothek noch heute befindet. Im Jahr 1618 stellte Herzog Friedrich Ulrich (1591–1634) die Wolfenbütteler Bibliotheken seines Vaters Herzog Heinrich Julius und seines Großvaters Herzog Julius der Universität zur Verfügung.[4] Dadurch gelangten auch die Handschriften und Drucke säkularisierter Klöster, wie dem Stift Steterburg, dem Kloster Wöltingerode und der Zisterzienserabtei Amelungsborn nach Helmstedt.[5]
Während der Einstellung des Lehrbetriebes in den Jahren 1625/1626, wegen der Pest und den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, wurde die inzwischen bedeutende Bibliothek in das St. Blasiusstift nach Braunschweig ausgelagert.[4]
Eine umfangreiche Erweiterung erfolgte im Jahr 1702, durch Herzog Rudolf August (1627–1704), der seine Privatbibliothek Bibliotheca Rudolphea der Universität schenkte. Ein Systematischer Katalog wurde ab 1770 begonnen. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss im Jahr 1803 und der Säkularisation weiterer Klöster erhielt die Bibliotheca Julia auch die Bibliotheken des Helmstedter Klosters St. Ludgeri[6] und der Zisterzienserabtei Michaelstein.[7]
Nach Schließung der Universität im Jahr 1810 wurden große Teile des Bestands an die Universitätsbibliothek Göttingen und vor allem an die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel abgegeben.[7] Als 1813 das Königreich Westphalen aufgelöst wurde, konnte zwar die Universität nicht erneut geöffnet werden, der größte Teil der Universitätsbibliothek befand sich aber noch in Helmstedt.
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden weitere Bestände der ehemaligen Universitätsbibliothek in die Sammlung der Wolfenbütteler Bibliothek überführt. Trotzdem gelangten noch einige Nachlassbibliotheken Helmstedter Bürger in die Bibliothek. Der Zweite Weltkrieg führte zu einem weiteren Bestandsverlust und zur Zerstörung des Katalogs. Erneut wurde ein Systematischer und ein Alphabetischer Katalog angelegt. 1959 wurde die Ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt, inzwischen unter der Trägerschaft des Landkreises Helmstedt, vom Niedersächsischen Kultusministerium zum Leihverkehr der deutschen Bibliotheken zugelassen.
Der Bibliotheksbestand
Zurzeit besitzt die Bibliothek einen Bestand von etwa 35.000 Titeln, überwiegend aus den Jahren 1490–1810 und spätere Zugänge aus privaten Nachlassbibliotheken Helmstedter Bürger. Zu den wertvollsten, in Helmstedt verbliebenen Handschriften zählen ein Pergamentfragment des Sachsenspiegels aus dem 13. Jahrhundert und ein Evangeliar aus dem frühen 14. Jahrhundert, beide in niederdeutscher Sprache.
In Wolfenbüttel bilden die Drucke und Handschriften der Universitätsbibliothek Helmstedt, erfasst als der sogenannte „Helmstedter“, noch heute einen eigenen Bestand von etwa 58.000 Titeln.
Bedeutende Universitätsbibliothekare der Bibliotheca Julia
Amtszeit | Name und Lebensdaten | Bemerkung | Bild |
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1608–1622 | Johann von Fuchte (1568–1622) | Professor der Theologie. | |
1640–1680 | Christoph Schrader (1601–1680) | Professor für Rhetorik. | |
1688–1727 | Hermann von der Hardt (1660–1746) | Professor für orientalische Sprachen. | |
um 1740 | Julius Carl Schläger (1706–1786) | Philologe und Numismatiker. | |
1757–1787 | Franz Dominikus Häberlin (1720–1787) | Professor für Geschichte. | |
1787–1814 | Paul Jakob Bruns (1743–1814) | Professor für orientalische Sprachen und Literaturgeschichte. |
Literatur
- Sabine Ahrens: Academia Julia – Die Universität Helmstedt 1576–1810. Veröffentlichung der Kreismuseen Helmstedt, Band 4, Wolfenbüttel 2000, ISBN 3-937733-74-4
- Paul Jakob Bruns: Beiträge zur kritischen Bearbeitung unbekannter alter Handschriften, Drucke und Urkunden. Band 1, Braunschweig 1802
- Paul Jakob Bruns: Beyträge zu den deutschen Rechten des Mittelalters aus den Handschriften und alten Drucken der akademischen Bibliothek in Helmstädt. Verlag C. G. Fleckeisen, Helmstedt 1799
- Christoph Heidmann: Oratio De Bibliotheca Julia Habita 1619. Helmstedt 1622
- Harmen Thies: Das Juleum Novum – Paul Francke. In: Beiträge zur Geschichte des Landkreises und der Ehemaligen Universität Helmstedt, Heft 9, 1997, ISBN 3-937733-08-6
- Zacharias Konrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland, Erster Theil. Frankfurt / Leipzig 1753, S. 182–267
- Rolf Volkmann. In: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Bernhard Fabian (Hrsg.), Verlag Olms Neue Medien, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-11711-8
- Rolf Volkmann: Academia Julia – Die Universität Helmstedt 1576–1810 – Teil: Ehemalige Universitätsbibliothek. Veröffentlichung der Kreismuseen Helmstedt, Wolfenbüttel 2000, ISBN 3-937733-75-2
- Rolf Volkmann: Die ehemalige Universitätsbibliothek zu Helmstedt und die Neukatalogisierung der noch vorhandenen Bestände. In: Braunschweigisches Jahrbuch, Band 39, Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins, Braunschweig 1958, S. 154 ff
Weblinks
- Die Ehemalige Universitätsbibliothek auf der Website des Landkreises Helmstedt
- Literatur zur Universitätsbibliothek Helmstedt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Ehemalige Universitätsbibliothek auf der Website des Wissenschaftsportals b2i
- Die in die Herzog August Bibliothek überführten Bestände der Ehemaligen Universitätsbibliothek
- Online-Katalog der Bibliothek
Einzelnachweise
- Mitteilung des Landkreises Helmstedt, 11.08.2015
- Robert Naumann (Hrsg.): Serapeum - Zeitschrift für Bibliothekwissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur, Band 4, Verlag T. O. Weigel, Leipzig 1843, S. 85
- Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts
- Georg Leyh: Handbuch der Bibliothekswissenschaft, Band 3, Teil 1, Verlag O. Harrassowitz, Wiesbaden 1950, S. 609
- Die Bibliotheca Julia auf der Website der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, abgerufen am 14. Dezember 2012
- Robert Naumann (Hrsg.): Serapeum - Zeitschrift für Bibliothekwissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur, Band 18. Verlag T. O. Weigel, Leipzig 1857, S. 98
- Paul Raabe (Hrsg.): Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Band 2,2. Verlag Olms-Weidmann, Hildesheim 1998, S. 75, ISBN 3-487-09576-9