Ehe im Schatten
Ehe im Schatten ist ein deutsches Filmdrama von Kurt Maetzig aus dem Jahr 1947.
Film | |
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Originaltitel | Ehe im Schatten |
Produktionsland | Deutschland (SBZ) |
Erscheinungsjahr | 1947 |
Länge | 104 Minuten |
Stab | |
Regie | Kurt Maetzig |
Drehbuch | Kurt Maetzig |
Produktion | DEFA Potsdam-Babelsberg |
Musik | Wolfgang Zeller |
Kamera | Friedl Behn-Grund Eugen Klagemann |
Schnitt | Alice Ludwig |
Besetzung | |
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Handlung
Hans Wieland, ein junger Schauspieler, heiratet seine jüdische Kollegin Elisabeth und lehnt es im Dritten Reich ab, sich von ihr scheiden zu lassen. Beide sind der Ansicht, es werde schon nicht so schlimm für sie werden. Hans steht Abend für Abend auf der Bühne, während seine Frau Berufsverbot hat. Während des Krieges wird sie zu schwerer körperlicher Arbeit in einem Rüstungsbetrieb verpflichtet.
Eines Tages nimmt er sie mit zu einer Premiere, wo sie auffällt. Er wird vor die Alternative gestellt, sich scheiden zu lassen oder an die Front geschickt zu werden, was die Verschleppung seiner Frau in ein KZ zur Folge hätte. Er weist diese Forderung zurück, weil ihm die Menschenwürde wichtiger ist als der geliebte Beruf. Als seine Frau deportiert werden soll, sieht er nur einen Ausweg: den gemeinsamen Tod. Er kocht Kaffee für die beiden und mischt Gift hinein. Elisabeth sieht dies, sagt aber nichts, sondern erkennt und begrüßt diesen einzigen Ausweg, der ihnen noch bleibt, um bis in den Tod zusammenzubleiben.
Hintergrund
Ehe im Schatten basiert auf dem Schicksal des Schauspielers Joachim Gottschalk. Als Vorlage für das Drehbuch diente die Novelle Es wird schon nicht so schlimm von Hans Schweikart.[1] Kurt Maetzig drehte den Film auch im Gedenken an seine Mutter, die am 9. Februar 1944 als Jüdin in den Freitod ging.[2]
Gedreht wurde der Film im Atelier Berlin-Johannisthal sowie in Berlin und Umgebung. Kurt Herlth, Otto Erdmann und Franz F. Fürst schufen die Filmbauten, Georg Kiaup übernahm die Produktionsleitung.[3]
Es ist der einzige DEFA-Film, der in allen vier Berliner Sektoren gleichzeitig Premiere hatte, nämlich am 3. Oktober 1947. Im sowjetischen Sektor fand die Aufführung im Filmtheater am Friedrichshain, im amerikanischen Sektor im Cosima-Filmtheater in Friedenau, im britischen Sektor in der Kurbel in Charlottenburg und im französischen Sektor im Prinzenpalast in Gesundbrunnen statt.[4] Der sogenannte Austauschfilm Mittel-Deutschland/West-Deutschland fand auch im Westen hohe Anerkennung. Innerhalb kürzester Zeit sahen ihn zehn Millionen Zuschauer. Mit insgesamt mehr als zwölf Millionen Besuchern wurde Ehe im Schatten der erfolgreichste deutsche Film während der ersten Nachkriegsjahre. Er lief zudem 1948 bei den Internationalen Filmfestspielen Venedig.
Bertolt Brecht, dem der Film von Maetzig vorgeführt wurde, soll diesen sehr negativ aufgenommen und als Kitsch bezeichnet haben. Maetzig distanzierte sich später selbst vom gefühlsbetonten Agieren seiner Hauptdarsteller.[5]
Bei der Premiere des Films in Hamburg kam es zum Eklat: Unter die Premierengäste hatten sich der Regisseur Veit Harlan und dessen Ehefrau Kristina Söderbaum gemischt. Viele Kinobesucher, darunter einige Naziopfer, empfanden dies als Provokation. Beide wurden schließlich von dem Produzenten Walter Koppel, der fünf Jahre im KZ verbracht hatte, und vom Kinobetreiber Heinz Heisig aufgefordert, den Saal zu verlassen.[6]
Auszeichnungen
- Nationalpreis der DDR II. Klasse an Kurt Maetzig (Regie)
- Nationalpreis der DDR II. Klasse an Friedl Behn-Grund (Kamera)
- Nach einer Umfrage bei Publikum, Kritikern und Filmtheaterbesitzern wurde er als künstlerisch bester deutscher Nachkriegsfilm 1948 mit einem Bambi ausgezeichnet,[7] siehe Bambi-Verleihung 1948.
Kritiken
„Nach der Novelle Es wird schon nicht so schlimm, in der Hans Schweikart das tragische Schicksal seines Freundes Joachim Gottschalk nachzeichnete, drehte Maetzig für die DEFA dieses erschütternde, zeitgeschichtlich bedeutsame und formal anspruchsvolle Filmdrama, das auch international Anerkennung fand.“
„Eine anklagende Darstellung des Schicksals von Joachim Gottschalk, der sich und seine Familie vor der Deportation tötete.“
„Zwar gibt es hier keine filmischen Experimente und keine substantielle Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seiner Ideologie; immerhin wird hier jedoch ein bewegender Fall mit echter Anteilnahme, mit Geschick und Geschmack geschildert.“
„Einer der wichtigsten Filme der Nachkriegszeit. Sehenswert.“
„Das nach einem authentischen Fall von Autor Hans Schweikart nachgezeichnete Geschehen zeigt handwerklich zurückhaltend menschliche Katastrophen in der NS-Zeit und appelliert stark ans Nichtvergessen. Erschütterndes filmisches Mahnmal. (Wertung: 2½ von 4 möglichen Sternen – überdurchschnittlich)“
„Der Film über die Judenverfolgung im NS-Staat [...] hat in seinem erschütternden Bekenntnis zur Menschlichkeit über die Jahre hinaus seine eindringliche Kraft bewahrt.“
Literatur
- Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA. Berlin 2006
- Ellen Blauert (Hrsg.): Ehe im Schatten. In: Die Mörder sind unter uns. Vier Filmerzählungen nach den bekannten DEFA-Filmen. Henschel, Berlin 1969
Weblinks
- Ehe im Schatten in der Internet Movie Database (englisch)
- Ehe im Schatten bei filmportal.de
- Ehe im Schatten bei der DEFA-Stiftung
Einzelnachweise
- Holocaust Film before the Holocaust: DEFA, antifascism and the camps, von David Bathrick. Das Buch ist im Verbrecher Verlag erschienen, ISBN 9783957320636 und als E-Book
- Lebenslauf von Marie Anna Maetzig
- Alfred Bauer: Deutscher Spielfilm Almanach. Band 2: 1946–1955, S. 7
- Bundesfilmarchiv - Filmarchiv, Nr. 3303.
- Vgl. Christa Bandmann und Joe Hembus: Klassiker des deutschen Tonfilms. München 1980, Seite 202
- Siehe: Eine Filmpremiere mit handfestem Skandal (Memento vom 2. August 2016 im Internet Archive)
- Prof. Kurt Maetzig (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Ehe im Schatten. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 19. Mai 2021.
- Reclams Filmführer. 2. Auflage, 1973, ISBN 3-15-010205-7
- 6000 Filme. Kritische Notizen aus den Kinojahren 1945 bis 1958. Handbuch V der katholischen Filmkritik, 3. Auflage, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 1963, S. 89
- Adolf Heinzlmeier, Berndt Schulz: Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 182
- Evangelischer Filmbeobachter, Evangelischer Presseverband München, Kritik Nr. 71/1949