Eduard Linse
Eduard Linse (* 15. Juli 1848 in Kohlscheid; † 8. Dezember 1902 in Aachen)[1] war ein deutscher Architekt des Historismus.
Leben und Wirken
Der Aachener Architekt Eduard Linse war im 19. Jahrhundert überwiegend in Aachen im Profan-, Sakral-, Verwaltungs- und Kurhausbau tätig. Seine Werke sind Auftragsbauten und Zeitzeugnisse des Historismus. In den Jahren 1870/1871 nahm er an einem „Jahreskurs an der polytechnischen Schule in Aachen“ teil.[2] Im Sommersemester 1872 wurde er bei der Landsmannschaft Teutonia, dem späteren Corps Teutonia-Hercynia Braunschweig recipiert[3]. Linse verlegte sein Architekturbüro am 1. Juli 1887 von der Kaiserallee (heutige Oppenhoffallee) 6 in Burtscheid in sein Wohn- und Geschäftshaus in der Bismarckstraße 65.
Eduard Linse erbaute die neogotisch-neoromanische St.-Jakob-Kirche nach den Plänen von Heinrich Wiethase und angelehnt an den rheinischen Übergangsstil von der Romanik zur Gotik. Das heutige Suermondt-Ludwig-Museum, die Villa Cassalette, benannt nach dem Bauherrn Eduard Cassalette, dem Enkel des Gründers der Aachener Kratzenfabrik Cassalette, Peter Joseph Cassalette, erbaute Linse zwischen 1883 und 1888 im historistischen Stil des Neumanierismus[4]. Für die äußere Gestaltung übernahm er die Fassade der Biblioteca Marciana in Venedig. Zwölf Jahre später gestaltete er einen ähnlichen Komplex mit drei Geschossen, aber sechs Achsen in neobarockem Stil. Das Bankhaus Suermondt legte er symmetrisch mit spiegelbildlicher Kutscheneinfahrt an.
Charakteristisch für Linses Wohnbauten sind rustizierte Erdgeschosse mit der sich darüber anschließenden Beletage. Die Zierelemente waren per Katalog bestellbar. Mit seinem Burtscheider Kurhaus setzte Linse ein zeitgenössisches Pendant zu der von Jakob Couven errichteten Neuen Redoute in der Aachener Innenstadt.
Neben seinen beruflichen Verpflichtungen förderte Linse auf vielfältige Weise das Aachener Musikwesen. Er war Mitglied des Rheinischen Musikfestivals, des städtischen Musik- und Theaterausschusses, der Erholungs-Gesellschaft Aachen 1837 und Vorsitzender des Instrumental-Vereins. Vor der Eingemeindung nach Aachen war Linse in Burtscheid auch Stadtverordneter[5].
Am 8. Dezember 1902 verstarb Eduard Linse infolge eines Schlaganfalls im Alter von nur 54 Jahren. Seine Beerdigung fand drei Tage später statt.
Bauten und Entwürfe (Auswahl)
- 1877: Erneuerung der Süd- und Westfassaden der Kirche St. Nikolaus in Aachen
- 1877/1886: Kirche St. Jakob in Aachen, Jakobstraße (Entwurf von Heinrich Wiethase)
- 1880–1881: Villa Waldthausen in Aachen, Boxgraben 33 (nicht erhalten)
- 1882: Villa Weyenberg in Aachen (1974 abgebrochen)
- 1883–1884: Villa Magery in Aachen in der damaligen Cockerillstraße und heutigen Stolberger Straße 204
- Dreiachsige und viergeschossige, freistehende Villa im Stil der französischen Neorenaissance für den Generaldirektor des Aachener Hütten-Aktien-Vereins Rothe Erde, Jules Magery (1840–1907);[6] im Zweiten Weltkrieg zerstört, später abgebrochen und an ihrer Stelle das Geschwister-Scholl-Gymnasium Aachen erbaut[7][8]
- 1883–1888: Stadtpalais Villa Cassalette in Aachen, Wilhelmstraße 18
- 1887: eigenes Wohn- und Atelierhaus in Aachen, Bismarckstraße 65
- „1875: 3geschossige Halbvilla in 4 Achsen, im 1. OG ein 2achsiger Mittelbalkon, verputzt mit Neurenaissance-Schmuckformen; seitl. mit Figurennische und überecktem Eingang“[9]
- um 1887 Stadtpalais Oppenhoffallee 6 in Aachen für den Hofrat Friedrich Adolph Brüggemann
- im Stil des Neoklassizismus mit Renaissance-Dekor und eines seitlichen Eingangs mit Loggia
- 1887: Stadtpalais Oppenhoffallee 18 in Aachen[10]
- 1887–1888: Augenheilanstalt in Aachen, Stephanstraße 16–20
- 1888: Wohnhaus Bismarckstraße 69 in Aachen (zugeschrieben)
- „1888 (E. Linse?): 3 1/2 Geschosse in nicht durchgezogenen Achsen, rechts die Eingangsachse betont und risalitartig vorgezogen, Klinker-Putz-Fassade in Neurenaissance-Schmuckformen“[11]
- 1889: Augenklinik des Marienhospitals in Burtscheid
- 1889: Kurhaus in Burtscheid[12]
- Linse integrierte den 1853–1855 von Stadtbaumeister Friedrich Joseph Ark errichteten Trinkbrunnen mit Wandelhalle, den Viktoriabrunnen. Das Kurhaus wurde 1944 in großen Teilen zerstört und im Zuge der Neuanlage des Burtscheider Kurparks und des Neubaus der Kurparkterrassen 1961 niedergelegt.
- 1889–1890: Wohnhaus van Rath in Köln
- 1891: Wohnhaus Bismarckstraße 67 in Aachen (zugeschrieben)
- „1891 (E. Linse?): dreigeschossig in zwei Achsen, die rechte Achse verbreitert und durch Erker mit Balkon und dem Dach vorgeblendetem Volutengiebel betont; Fassade verputzt mit neubarocken Schmuckformen“[13]
- 1890–1892: Ehemaliges Landratsamt in Aachen-Burtscheid; Zollernstraße 10[14]
- 1892: Stadtpalais Charlier in Aachen, Rehmannstraße 8 in Aachen[15]
- 1896–1897: Villa Erica in Aachen, I. Rote-Haag-Weg 64 für den Nadelfabrikant Carl Seyler[16]
- 1897: Portierhaus zur Villa Erica, Rote-Haag-Weg 56;[17]
- 1900: Bankhaus Suermondt; später Direktionsgebäude der Aachen-Leipziger Versicherungs-Gesellschaft; 1984 Geschäftshaus der Vereinigten Aachen-Berlinischen Versicherung AG in Aachen, Theaterstraße 9[18]
- Das Gebäude steht teilweise unter Denkmalschutz.[19] Unter dem linken Balkon befindet sich die Inschrift: „Erbaut im Jahre 1900.“ unter dem rechten: „Eduard Linse Architect“."
- 1902: Verwaltungsgebäude für den Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund in Essen, Friedrichstraße 2 / Bismarckstraße (im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, 1961 abgerissen)[20]
- 1903: Wohnhaus Oppenhoffallee 97 in Aachen
- „1903 (E. Linse): dreigeschossig in drei Achsen mit einem vorgeblendeten Schweifgiebel über die ganze Fassade, im 1. OG ein dreiachsiger Balkon im 2. OG ein Mittelbalkon; Fassade verputzt mit neobarocken Schmuckormen“[21]
- mehrere Wohnbauten im Frankenberger Viertel in Aachen[22]
- Verwaltungsgebäude für den Bergbau-Verein Essen
- Villa Cassalette, heute Suermondt-Ludwig-Museum
- Burtscheider Kurhaus
- Bankhaus Suermondt
- ehemalige Augenheilanstalt
Schriften
- Die neue Augenheilanstalt für den Regierungsbezirk Aachen. Den Teilnehmern an der Eröffnungsfeier gewidmet. Honnefeller, Aachen 1888.
- Aus meiner Praxis. Sammlung ausgeführter Bauten. Band 1: Ein Wohnhaus in Aachen. Selbstverlag, Aachen 1892.
Literatur
- Anton Kisa (Hrsg.): Denkschrift aus Anlass des fünfundzwanzigjährigen Bestandes des Suermondt-Museums. Aachen 1903.
- Rudolf Dünnwald: Aachener Architektur im 19. Jahrhundert. Friedrich Ark, Stadtbaumeister 1839-1876. (= Aachener Beiträge für Baugeschichte und Heimatkunst, Band 6.) Verlag des Aachener Geschichtsvereins, Aachen 1974.
- Ernst Günther Grimme: Kirchliche Kunst in Aachen (1830–1930). In: AKB, Nr. 46/1975, S. 311.
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.), Peter Ruhnau: Das Frankenberger Viertel in Aachen. Rheinland-Verlag, Köln 1976, S. 88ff., 118, 128f., 236, 239, 248, 254. (= Arbeitshefte des Landeskonservators Rheinland, 11.) (zugleich Dissertation, RWTH Aachen)
- Reinhard Dauber: Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Aurel Bongers, Recklinghausen 1985.
- Albrecht Mann: Unser Aachen heute. Aachens Architektur im Stilwandel des 20. Jahrhunderts. Helios, Aachen 1998, ISBN 3-925087-80-X.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Zum Sterbedatum: Josef Lambertz: Aachener Leben im Spiegel des Echo der Gegenwart. Katalog und Register, Aachen 2003; zum Geburtsdatum: Reinhard Dauber: Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Recklinghausen 1985, S. 69. Dauber gibt als Sterbedatum den 4. Dezember 1902 an.
- Reinhard Dauber: Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Aurel Bongers, Recklinghausen 1985, S. 69.
- Bernd-A. Kahe, Alfred Priemeier, Ernst Battmer, Nils Höpken: Corpslisten des Braunschweiger Senioren-Convents im WSC, Teutonia, Nr. 11. Braunschweig, 1990.
- Baugeschichte des Suermondt-Ludwig-Museums (Memento des Originals vom 29. Mai 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Aachener Post, Nr. 285 vom 10. Dezember 1902. / Josef Lambertz: Aachener Leben im Spiegel des Echo der Gegenwart. Katalog und Register. Aachen 2003.
- Daten Jules Magery
- Reinhard Dauber: Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Aurel Bongers, Recklinghausen 1985, S. 105ff, 227
- Geschossweise horizontale Wandflächengliederung durch profilierte Gurtgesimse; vertikale Fensterachsengliederung; Über den quadratischen Fenstern des Sockelgeschosses sind hochrechteckige Fensteröffnungen mit weitauskragenden, waagerechten Verdachungen in die mit Bandquaderung geschmückten Wandflächen des Erdgeschosses eingeschnitten. Zwischen Pilastern bzw. Doppelpilastern auf den Längsseiten des Hauses, die ein umlaufendes Gebälk tragen, belichten Fenster in Ädikulaform die Räume der Beletage, während kleine Mansardfenster mit seitlicher Pilasterrahmung und segmentbogigem Giebelabschluss das Dachgeschoss erhellen. Östliche Haupteingangsseite mit gegenläufiger Treppe und vorgesetztem Treppenhaus als Mittelrisalit. Dienstboteneingang in der Mittelachse der Südseite. Im Erdgeschoss ein Salon und dem Wohn- und Esszimmer vorgelagert ein Wintergarten sowie Terrasse mit Zugang zum Garten mit Treibhaus und Pferdestall. (Dauber S. 105ff)
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.): Denkmälerverzeichnis, 1.1: Aachen Innenstadt mit Frankenberger Viertel. (unter Mitwirkung von Hans Königs, bearbeitet von Volker Osteneck) Rheinland Verlag, Köln 1977, S. 131. Vierachsiges, dreigeschossiges Gebäude mit oberem Abschluss durch Mezzanin und Attika. Die Rundbogenfenster des rustizierten Erdgeschosses werden durch weibliche und männliche Keilsteinköpfe betont. Unter dem linken Balkon erkennt man an dem Löwenfell Herakles. Der Eingang befindet sich in der rechten Achse. Das Monogramm „FW“ des heutigen Gitterschmuckwerks lässt auf eine spätere Ergänzung schließen. Den Abschluss zur Beletage bildet ein Triglyphen-Metopen-Fries mit Rosetten. Die Unterseite der Balkone der Beletage ist mit Ornamenten geschmückt. Ein Zahn-Fries und Kymation finden sich als Zierde unterhalb der Attika. Zur Rückfront gehört eine Loggia. In der Figurennische befindet sich die Skulptur einer Siegesgöttin mit Palmwedel und Lorbeerkranz.
- Das 1887 gebaute viergeschossige und vierachsige Stadtpalais ist ein im Neorenaissance-Stil und mit neobarocken Stuck gehaltenes Werk des Neomanierismus. Das zweite Geschoss ist mit zwei Rundbalkonen in der zweiten und dritten Achse geschmückt. Auf der dritten Etage befinden sich an dieser Stelle zwei französische Fenster mit Geländern. Der Dachbereich mit Mezzanin wurde in den 1980er Jahren aufgesetzt. Das Innere ist mit reicher Stuckdekoration ausgestattet. Im Garten befindet sich das Kutscherhaus in klassizistischer Tempelform.
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.): Denkmälerverzeichnis, 1.1: Aachen Innenstadt mit Frankenberger Viertel. (unter Mitwirkung von Hans Königs, bearbeitet von Volker Osteneck) Rheinland Verlag, Köln 1977, S. 52.
- Aachen, so wie es war. Zweite Auflage, Droste, Düsseldorf 1972.
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.): Denkmälerverzeichnis, 1.1: Aachen Innenstadt mit Frankenberger Viertel. (unter Mitwirkung von Hans Königs, bearbeitet von Volker Osteneck) Rheinland Verlag, Köln 1977, S. 52.
- Ehemaliges Landratsamt in Burtscheid, Beschreibung auf den Seiten der Städteregion Aachen
- dreigeschossiges, vierachsiges Stadthaus für den Hauptmann Charlier mit seitlicher Durchfahrt und einem Kutscherhaus im Garten. Es hat eine Breite von 14 Metern, der Eingang liegt in der äußeren linken Achse. Zur Innendekoration zählt reiches Stuckwerk. Das Haus hat vermutlich im Zweiten Weltkrieg Schäden erlitten. Heute sind die Balkonunterseiten glatt verputzt und ein modernes Mansarddach bildet den oberen Abschluss.
- Der erste Entwurf vom April 1896 sah die Außenfassade in französischer Neorenaissance vor, der zweite überarbeitete vom Juni 1896 war schlichter gehalten. Ein Flurraum mit eingestelltem Treppenhaus unterteilte die einzelnen Geschosse in Nord-Süd-Richtung in zwei Wohn- und Schlafbereiche. Im Norden des Erdgeschosses endete dieser Erschließungsgang auf einer Freiterrasse. Die vorderseitigen Räume öffneten sich je in einen Eck-Erker. Die Eckgiebel wiesen eine Fachwerkkonstruktion auf. Den Eckturm an der Westseite bekrönte ein spitzes Pyramidendach. Charakteristisch waren die bunten Schindeln der sowie das Zwerchhaus in der Mittelachse. Die Villa Erica wurde in den 1970er Jahren abgerissen. (Dauber, S. 122)
- Rechteckiger zweigeschossiger Bau auf einer 8 m x 6 m großen Grundfläche am westlichen Rand des Grundstückes der Villa Erica; voll unterkellert und verputzt sowie mit Segmentbogenfenster. Den architektonischen Einklang mit der Villa bildete der 5,50 m hohe Turmhelm. Walmdach und Dachgauben gehörten zu dem äußeren Erscheinungsbild des Portierhauses. Nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut und seit 1985 als Wohnhaus genutzt.
- Hans-Dieter Indetzki: Wirtschaftsregion Aachen. Verlag Kommunikation und Wirtschaft, 1984, S. 238.
- Denkmalliste Aachen (PDF; 223 kB)
- Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr (Reihe: Die Blauen Bücher). Verlag Langewiesche Nachfolger, Königstein im Taunus, 6., erweiterte und aktualisierte Aufl. 2008, ISBN 978-3-7845-6994-9, S. 63.
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.): Denkmälerverzeichnis, 1.1: Aachen Innenstadt mit Frankenberger Viertel. (unter Mitwirkung von Hans Königs, bearbeitet von Volker Osteneck) Rheinland Verlag, Köln 1977, S. 130.
- Reinhard Dauber: Aachener Villenarchitektur. Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Aurel Bongers, Recklinghausen 1985, S. 69.