Dreiecksbeziehung
Eine Dreiecksbeziehung, Dreierbeziehung, Triade, Ehe zu dritt oder auch ménage à trois (französisch Dreierverhältnis) ist eine nicht-monogame Liebesbeziehung, Partnerschaft oder eine Sexualbeziehung, bei der drei Personen beteiligt sind. Dabei kann eine Person zwei separate Einzelbeziehungen führen („V-Konstellation“); im strengeren Sprachgebrauch bezeichnet Dreiecksbeziehung eine Beziehung, bei der alle drei Personen zueinander Beziehungen unterhalten (so wie in einem Dreieck jeder Eckpunkt mit jedem anderen Eckpunkt verbunden ist).[1] Die Dreiecksbeziehung als Form der Polyamorie ist zu unterscheiden vom flotten Dreier, der die Sexualpraktik zwischen drei Personen beschreibt.
Motive für Dreiecksbeziehungen
Geschlecht, Alter und familiäre Nähe schließen Dreiecksbeziehungen nicht aus. Im Hinblick auf eine bestehende Paarbeziehung werden Dreiecksbeziehungen entweder als Bereicherung gerühmt oder als Untreue, Verrat und Verbrechen gegeißelt (Sünde). Sie können durch Absprache der Partner zustande kommen (Toleranzmodell) oder sogar Gewaltanwendung aufgrund von besitzergreifender Eifersucht auslösen (Ausschließlichkeitsmodell). Die Unvollkommenheit einer Paarbeziehung wird oft als Ursache beim Entstehen von Dreiecksbeziehungen gesehen. Paarbeziehungen gründen sich auf Wünsche nach Geborgenheit, Schutz, Intimität, Vertraulichkeit und ruhiger Lebensperspektive und enthalten je nach der Autonomie und Reife der Partner gleichzeitig die Tendenz zur Ausschließlichkeit, Isolation, Zerstörung bestehender Freundschaften, Sterilität und Monotonie (Gefängnis zu zweit). Dreiecksbeziehungen werden manchmal als Ausweg oder Korrektiv einer Paarbeziehung gesehen.
Die subjektiven Auslöser und Motive zum Eingehen einer Dreiecksbeziehung liegen teils offen zutage, andere werden sorgfältig versteckt oder konsequent geleugnet. Nicht selten sind die Motive nicht bewusst und können nur aus dem Beziehungskontext vermutet werden.
Dreiecksbeziehungen können die eigene sexuelle Spannung entlasten, Bedürfnisse nach freundschaftlich gefärbter Erotik befriedigen, sexuelle Spezialitäten ausleben, eine Animierfunktion erfüllen, den Hauptpartner disziplinieren und/oder demütigen oder ein Instrument eigener Selbstbehauptung sein.
Dabei kann die Person mit zwei Beziehungen eine oder beide Beziehungen heimlich führen (Seitensprung) oder beide Beziehungen offen ausleben, wie in einer offenen Beziehung.
Herkunft des Begriffes
In Ibsens Schauspiel Hedda Gabler findet sich die Bezeichnung „Dreieckiges Verhältnis“.[2]
In seinen Kommentaren zu den Kupferstichen Hogarths schreibt Lichtenberg 1799 von einem „Glückseligkeits-Triangel“.[3] Er nimmt dabei Bezug auf eine ältere italienische Wendung: „Triangolo equilaterato heißt in Italien das häusliche Glückseligkeitssystem aus Mann, Frau und Amant.“
Dreiecksbeziehungen in der Kunst
Filme (Auswahl)
- Marc Allégret: Der Ball des Comte d’Orgel, nach dem gleichnamigen Roman von Raymond Radiguet (1970)
- Woody Allen: Vicky Cristina Barcelona (2008)
- Bertrand Blier: Die Ausgebufften (1974)
- Robert Bresson: Die Damen vom Bois de Boulogne (1945)
- Terence Davies: The Deep Blue Sea (2011)
- Andrew Fleming: Einsam Zweisam Dreisam (1994)
- Dominik Graf: Die geliebten Schwestern (2014)
- Ernst Lubitsch: Serenade zu dritt (1933)
- Angela Robinson: Professor Marston & The Wonder Women (2017)
- Nicolas Roeg & Donald Cammel: Performance (1970)
- Salvador García Ruiz: Luftschlösser (Castillos de Cartón) (2009)
- Rolf Schübel: Ein Lied von Liebe und Tod – Gloomy Sunday (1999), nach dem Roman Lied vom traurigen Sonntag von Nick Barkow
- François Truffaut: Jules und Jim (1962)
- Tom Tykwer: Drei (2010)
- Xavier Villaverde: The Sex of Angels (2011)
- Andrzej Żuławski: Die Treue der Frauen (2000)
Literatur
Das Motiv der Dreiecksbeziehung ist ein weit verbreitetes Thema in der Literaturgeschichte, von der Weltliteratur in ihren Anfängen bis hin zu aktueller Trivialliteratur. Ein frühes und bekanntes Beispiel ist die Geschichte von Abraham, Sara und Hagar aus dem 1. Buch Mose des Alten Testaments.[4] Ebenfalls in der Bibel wird die Geschichte von David, Batseba und deren Gatten Urijah erzählt, die für diesen tödlich endet.[5] Die David/Batseba-Geschichte wurde vor allem in der abendländischen Kunst vom Mittelalter bis zum Barock dargestellt,[6] aber auch vereinzelt in der Literatur der Gegenwart rezipiert, beispielsweise von Leonard Cohen in seinem Lied Hallelujah, von dem wiederum eine ganze Reihe von Coverversionen produziert wurden. Ein weiteres Beispiel für Dreiecksbeziehungen in der Literatur stellt der erste Roman von Simone de Beauvoir mit dem Namen Sie kam und blieb dar – seine Handlung ist an eine ménage à trois angelehnt, die die Autorin zu jener Zeit selbst führte.[7]
- Marie-Madeleine de La Fayette: Die Prinzessin von Clèves. Paris 1678. Mehrere deutsche Übersetzungen und Ausgaben.
- Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Fischer Taschenbuchverlag, 1987, ISBN 3-596-25992-4.
- Ernest Hemingway: Der Garten Eden. 4. Auflage. Rowohlt Tb., 2003, ISBN 978-3-499-22606-9.
- Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie? Die Sehnsucht nach der romantischen Liebe. Droemer Knaur, München 2005, ISBN 3-426-27368-3 (Knaur Taschenbuch 77923, München 2007, ISBN 3-426-77923-4).
- Simon Gray: Japes. Nick Hern Books, 2000, ISBN 978-1-85459-470-9 (Schauspiel).
Musik
- David Crosby: Triad (zuerst aufgenommen 1967 mit seiner Band The Byrds; zuerst veröffentlicht 1968 in der Version von Jefferson Airplane; Live-Version 1971 von Crosby, Stills, Nash & Young auf dem Album 4 Way Street)
- Henry & June, Henry Miller, Anaïs Nin
- Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir
- Nelly Barth, Karl Barth, Charlotte von Kirschbaum
- Raoul Hausmann, Vera Broido
- Lou Andreas-Salomé, Friedrich Nietzsche
- Theodore Sturgeon publizierte 1951 eine Geschichte im Gewande der Science Fiction, der zufolge Liebe „vielleicht doch nicht auf Geschlecht oder Monogamie beschränkt sein könnte“ und in der er die Dreierbeziehung als höherwertig darstellte.[8]
Siehe auch
Literatur
- Unda Hörner: Eine Liebe zu dritt. Neun Porträts. Berlin: edition ebersbach, 2009.
- Hans Jellouschek: Die Rolle der Geliebten in der Dreiecksbeziehung. 4. Auflage. Kreuz-Verlag, Stuttgart, 1999, ISBN 978-3-268-00183-5.
- Andreas Köhnemann: Liebe in alle Richtungen. Sexuell ambivalente Dreiecksbeziehungen im Film. Mühlbeyer Filmbuchverlag, Frankenthal 2014. ISBN 978-3-945378-02-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Mim Chapman: What Does Polyamory Look Like?: Polydiverse Patterns of Loving and Living in Modern Polyamorous Relationships. iUniverse, 2010, S. 59.
- Zitat in: Ibsen: Hedda Gabler, Ausgabe Frankfurt a. M. 1907; Akt II, Brack zu Hedda: „[…] ein solches, sagen wir, dreieckiges Verhältnis, – das ist im Grunde eine große Annehmlichkeit für alle Teile“.
- W. Hogarths Zeichnungen nach den Originalen in Stahl gestochen. Mit der vollständigen Erklärung derselben von G. C. Lichtenberg. Abth. 1. Bd 2. Stuttgart 1840. S. 523.
- Gen 16,10-11 / Gen 21
- 2 Sam 11
- George G. Nicol: David, Abigail and Bathsheba, Nabal and Uriah. Transformations Within a Triangle. In: Scandinavian Journal of the Old Testament. 1998. 12, S. 130–145
- Julia Korbik: Literatur-Schnellcheck: Sie kam und blieb (1943). In: Oh, Simone! 14. Januar 2016, abgerufen am 3. Juli 2020 (deutsch).
- Theodore Sturgeon, Rule of Three, in: „Galaxy“ Januar 1951, deutsch: Dreiecksverhältnisse, in: (ders.:) Fährmann ins All, 1979 (Goldmann SF), S. 63, ISBN 3-44223395-X.