Dmitri Konstantinowitsch Kisseljow
Dmitri Konstantinowitsch Kisseljow (russisch Дми́трий Константи́нович Киселёв; * 26. April 1954 in Moskau) ist ein russischer Journalist. Er ist Generaldirektor der staatlichen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja, zu der das Nachrichtenportal Sputnik gehört und eine der Hauptpersonen der Russischen Propaganda.
Leben
Kisseljow wuchs in Moskau auf und studierte in den 1970er-Jahren Skandinavistik an der Universität Leningrad. Anschließend arbeitete er als Journalist, zunächst für das sowjetische Fernsehen, später für verschiedene russische und ukrainische Sender. Seit 2005 ist er für den Fernsehsender Rossija 1 tätig und moderiert u. a. die Sendung Westi Nedeli, ein Rückblick auf die Nachrichten der Woche. Kisseljow ist auch Vize-Direktor der staatlichen Medienholding-Gesellschaft WGTRK.
Am 9. Dezember 2013 wurde bekanntgegeben, dass die Nachrichtenagentur RIA Novosti und der Auslandssender Stimme Russlands auf Erlass von Präsident Wladimir Putin zum 31. Dezember 2013 aufgelöst werden und an ihre Stelle eine neue staatliche Nachrichtenagentur namens Rossija Sewodnja treten solle. Kisseljow werde Chef dieser neuen Staatsagentur.[1][2]
Kisseljow gilt als ausgesprochener Unterstützer der Politik von Wladimir Putin. Zu dessen 60. Geburtstag verglich er Putin in einem positiven Sinne mit dem Diktator Josef Stalin.[3] In der Berichterstattung über Kisseljow wurden mehrfach nationalistische, fremdenfeindliche,[4] wie auch polemische Äußerungen zur Politik der EU sowie homophobe Aussagen von ihm zitiert.[5][6][7]
Kisseljow ist verheiratet und hat vier Kinder aus mehreren Ehen.
Kisseljow wurde im Rahmen der Krimkrise als einziger russischer Journalist auf die Sanktionsliste der EU gesetzt, damit ist er unter anderem von einem Einreiseverbot in die EU betroffen.[8] Die Kisseljow unterstellte Nachrichtenagentur RIA Novosti gab in diesem Zusammenhang an, er sei „der einzige Journalist in der Welt, auf den sich politische Sanktionen beziehen“.[9] Kisseljow wird in zahlreichen, auch russischen Medien oft als „Chef-Propagandist des Kreml“ bezeichnet.[10][11][12][13][8][14][15][16][17][18] Der Schriftsteller Dmitri Bykow war überzeugt, dass Kisseljow wissentlich Lügen verbreite, aber Präsident Putin kenne keine andere Methode, sein Volk zu lenken.[19]
Im Februar 2015 sagte Kisseljow, Russland sei das einzige Land der Welt, das „die USA in radioaktiven Staub verwandeln“ könne. Alexander Golz bezeichnete das als eine gezielte Kampagne Russlands, es sei „der Versuch, die eigene Bevölkerung zu überzeugen, dass Russland, solange es Atomwaffen hat, tun kann, was es will“.[20] Katja Gloger beschrieb 2015 die Nachrichtensendung von Kisseljow als „zweistündige Tour de Force, nein, ein apokalyptischer Ritt“ nach immer demselben Muster: Imperialistische USA, protofaschistische Ukraine, Merkel als Vasall der USA, Dekadenz des Westens, - ein „Spiel mit Vorurteilen und Ängsten“. Das Widerwärtigste seien die steckbriefartigen Porträts liberaler Russen, diese würden als „bezahlt vom Westen und Russlands unwürdig“ verunglimpft.[21]
Auszeichnungen
- 5. Mai 2011 Orden der Freundschaft.[22]
- 13. Februar 2014 Verdienstorden für das Vaterland IV Stufe.[23]
Am 3. April 2014 entzog Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaitė Kisseljow eine 1994 verliehene Ehrenmedaille.[24]
Weblinks
- Biografie auf der Webseite von Rossija 1 (russisch)
- Dmitry Kiselyov in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- RIA Novosti wird „Rossija Segodnja“. In: RIA Novosti. 9. Dezember 2013. Abgerufen am 14. Dezember 2013.
- Voice of Russia absorbed by nascent Rossiya Segodnya newswire. In: Voice of Russia. Pressemitteilung. 9. Dezember 2013. Abgerufen am 13. Dezember 2013.
- Klaus-Helge Donath: Die Propaganda-Megamaschine. In: die tageszeitung, 11. Dezember 2013.
- Fred Weir. Kremlin Spin: Does Media Overhaul Herald New Propaganda Push? (Memento vom 10. Juni 2014 im Internet Archive). In: The Christian Science Monitor. 9. Dezember 2013. Abgerufen via HighBeam Research (Zugang über The Wikipedia Library) am 14. Dezember 2013.
- Benjamin Bidder: Moskau bezichtigt Euro-Gruppe des Diebstahls. In: Spiegel Online. 25. März 2013, abgerufen am 4. Februar 2016.
- Christian Esch: Glänzend gebildeter Zyniker, Berliner Zeitung. 10. Dezember 2013.
- Michael Ludwig: Nachrichten vom Kreml. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. Dezember 2013, abgerufen am 4. Februar 2016.
- Russlands schärfste Zunge, Tages-Anzeiger, 2. April 2014.
- Interview mit Kisseljow bei RIA Novosti vom 5. April 2014
- Georgy Bovt: The Kremlin's New Chief Propagandist, The Moscow Times vom 11. Dezember 2013, abgerufen am 26. April 2019 (englisch).
- Leonid Berschidsky: The return of 1980s rhetoric in Russia, The Japan Times vom 21. Februar 2014, abgerufen am 26. April 2019 (englisch).
- Anshel Pfeffer: Are Putin and Wikileaks Working for Trump?, Haaretz vom 26. Juli 2016, abgerufen am 26. April 2019 (englisch).
- Christian Esch: Stammesgesellschaft definiert ihre Grenzen. In: Berliner Zeitung, 13. Dezember 2013.
- Russia's chief propagandist. In: The Economist, 10. Dezember 2013 (englisch).
- Friedrich Schmidt: Sowjetisches Erbe, lebendiger denn je. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. April 2014.
- Boris Schumatsky: "Wir sind ein Siegervolk" In: Deutschlandfunk, 16. Juni 2014.
- Ulf Mauder: Putins mediale Großoffensive mit "Russland heute" In: Die Welt, 9. November 2014.
- Putin baut sich globales Medienimperium. In: Der Standard, 9. November 2014.
- Die Propagandisten und ihre Lust an der Lüge, FAZ, 5. Mai 2015
- Russland rüstet aufAtompilze aus Moskau, deutschlandfunk, 5. Februar 2015
- Katja Gloger: Putins Welt: Das neue Russland, die Ukraine und der Westen, 2015, ISBN 9783827078544, Abschnitt "Propaganda - Informationskrieger"
- Указ Президента Российской Федерации от 5 мая 2011 года № 589 «О награждении государственными наградами Российской Федерации» (Memento vom 16. Dezember 2013 im Internet Archive) (russisch)
- Указ Президента Российской Федерации от 13 февраля 2014 года № 74 «О награждении государственными наградами Российской Федерации» (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive) (russisch)
- Dmitry Kiselyov deprived of the state award of Lithuania, Agenturmeldung vom 4. April 2014