Diazolidinylharnstoff
Diazolidinylharnstoff ist die wesentliche Komponente im Kondensationsprodukt von Allantoin mit Formaldehyd und ein so genannter Formaldehydabspalter. Die Verbindung wird als Biozid zur Konservierung von Kosmetika und Körperpflegeprodukten eingesetzt.
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Diazolidinylharnstoff | |||||||||||||||||||||
Andere Namen | ||||||||||||||||||||||
Summenformel | C8H14N4 O7 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißes Kristallpulver[2] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 278,22 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
sehr leicht löslich in Wasser[2] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Vorkommen und Darstellung
In überschüssigem Formaldehyd als 37%ige Lösung (Formalin) suspendiertes Allantoin reagiert im Alkalischen bei 100 °C zu verschiedenen löslichen Kondensationsprodukten, die beim Ansäuern und Einengen als weißer Feststoff anfallen.[5]
Das Reaktionsgemisch enthält mit ca. 30 bis 40 % den Ausgangsstoff Allantoin und die Kondensationsprodukte HU und insbesondere das Zielprodukt BHU.[6][7] Das Zielprodukt unterscheidet sich im Substitutionsmuster am Imidazolidinring von der bisher angegebenen Struktur eines 1-[1,3-Bis(hydroxymethyl)-2,5-dioxoimidazolidin-4-yl]-1,3-bis(hydroxymethyl)harnstoffs. Die nunmehr obsolete Strukturformel ist aber immer noch in vielen Publikationen zu finden.[2] Daneben entstehen nicht-charakterisierte Allantoin-Formaldehyd-Polymere.[8]
Die exakte Einhaltung eines molaren Einsatzverhältnisses Allantoin zu Formaldehyd = 1:4 soll ein einheitliches Kondensationsprodukt liefern,[9] dessen Strukturformel in der Patentschrift ebenfalls noch als N,N- statt N,C-Bis(hydroxymethyl)imidazolidin-Diadditionsprodukt angegeben ist.
Eigenschaften
Diazolidinylharnstoff ist ein weißes, sehr gut wasserlösliches Pulver mit schwachem charakteristischen Geruch. Die stark voneinander abweichenden angegebenen Schmelzpunkte weisen auf eine uneinheitliche Zusammensetzung des Produkts hin. Nur ca. 50 % der theoretischen Formaldehydmenge ist aus Diazolidinylharnstoff freisetzbar.[10] Die Substanz ist über einen breiten pH-Bereich von 3 bis 9 stabil und mit vielen kosmetischen Inhaltsstoffen und Konservierungsmitteln verträglich. Unter basischen und neutralen Bedingungen wird Diazolidinylharnstoff zu 4-(Hydroxymethyl-2,5-dioxo-imidazolidinyl)harnstoff HU abgebaut.[8] Es wirkt bakterizid gegenüber grampositiven und gramnegativen Bakterien, jedoch weniger gegen Schimmelpilze und Hefen.
Anwendungen
Diazolidinylharnstoff wurde 1966 patentiert und 1982 als Formaldehydabspalter (engl. formaldehyde releaser oder formaldehyde donor) wegen seiner bioziden Wirkung zur Konservierung von Körperpflegeprodukten und kosmetischen Zubereitungen eingeführt. Um die Zersetzung und damit verbunden die Abgabe von Formaldehyd zu vermeiden, sollten bei Verarbeitung und Lagerung von diazolidinylharnstoff-haltigen Produkten 40 °C nicht überschritten werden. Typische Konzentrationen in Zubereitungen liegen zwischen 0,1 bis 0,3 %, wobei in der EU und in den USA Maximalkonzentrationen von 0,5 % erlaubt sind. In Japan ist Diazolidinylharnstoff als Konservierungsmittel nicht zugelassen. Zur Erhöhung der fungiziden Wirkung werden oft Gemische mit Parabenen oder Iodocarb verwendet.
Hersteller und Handelsnamen
Diazolidinylharnstoff wird von Ashland, Inc. unter dem Markennamen Germall II®, von 3V Sigma unter dem Markennamen Abiol™ Forte und von Vantage Specialty Ingredients unter dem Markennamen Liposerve™ DU hergestellt und vermarktet.
Sicherheitshinweise
Diazolidinylharnstoff wird – im Gegensatz zu vielen anderen Formaldehydabspaltern – praktisch nur Kosmetikprodukten zur Konservierung zugesetzt.[11] Die Werte für die akute und subchronische orale und dermale Toxizität von Diazolidinylharnstoff sind toxikologisch nicht signifikant und Ames-Tests auf Mutagenität verliefen negativ.[10] Neuere Befunde aus in-vitro-Experimenten[12] wiesen jedoch auf Genotoxizität hin. Das Cosmetic Ingredient Review (CIR) Expert Panel entschied 2006, die Evaluierung von Diazolidinylharnstoff nicht wieder aufzunehmen.[13]
Problematischer erscheinen die vorliegenden Daten zur Sensibilisierung durch Diazolidinylharnstoff, die eine Prävalenz von 0,8 bis 1,8 % aufweist,[14] einer anderen Quelle zufolge[8] in Europa 0,5 bis 1,4 %. Im Fall langwirksamer Formaldehydabspalter mit uneinheitlicher Zusammensetzung, wie z. B. auch 3,3′-Methylenbis(5-methyloxazolidin), ist ein monokausaler Zusammenhang mit dem Wirkstoff, einem der Nebenprodukte, dem freigesetzten Formaldehyd oder einem der Abbauprodukte kaum schlüssig herzustellen.[8][15] Wegen der meist repetitiven und langfristigen äußerlichen Anwendung von (biozidhaltigen) Kosmetika erfordert das Auftreten von Allergien beim Einsatz von Formaldehydabspaltern jedoch besondere Aufmerksamkeit.
Literatur
- Heather A.E. Benson, Michael S. Roberts, Vania R. Leite-Silva, Kenneth A. Walters (Hrsg.): Cosmetic Formulation: Principle and Practice. CRC Press, Boca Raton, FL, U.S.A. 2019, ISBN 978-1-4822-3539-5, S. 196–197.
Einzelnachweise
- Eintrag zu DIAZOLIDINYL UREA in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 30. März 2020.
- Eintrag zu 1-(1,3-Bis(hydroxymethyl)-2,5-dioxoimidazolidin-4-yl)-1,3-bis(hydroxymethyl)harnstoff in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. März 2020. (JavaScript erforderlich)
- Datenblatt Diazolidinyl urea (PDF) bei Fisher Scientific, abgerufen am 30. März 2020.
- Datenblatt Diazolidinyl-harnstoff bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 2. April 2020 (PDF).
- Patent US3248285: Allantoin-formaldehyde condensation products. Angemeldet am 16. August 1962, veröffentlicht am 26. April 1966, Anmelder: Sutton Laboratories, Inc., Erfinder: P.A. Berke.
- S.V. Lehmann, U. Hoeck, J. Breinholdt, C.E. Olsen: FS05.3 New characterization and chemistry of Germall 115 and Germall II. In: Contact Dermatitis. Band 50, Nr. 3, 2004, S. 144–145, doi:10.1111/j.0105-1873.2004.0309bf.x.
- S.V. Lehmann, U. Hoeck, J. Breinholdt, C.E. Olsen: Characterization and chemistry of imidazolidinyl urea and diazolidinyl urea. In: Contact Dermatitis. Band 54, Nr. 1, 2006, S. 50–58, doi:10.1111/j.0105-1873.2006.00735.x.
- A.C. de Groot, I.R. White, M.A. Flyvholm, G. Lensen, P.J. Coenraads: Formaldehyde-releasers in cosmetics: relationship to formaldehyde contact allergy. Part 1. Characterization, frequency and relevance of sensitization, and frequency of use in cosmetics. In: Contact Dermatitis. Band 62, Nr. 1, 2010, S. 2–17, doi:10.1111/j.1600-0536.2009.01615.x.
- Patent WO198100566: N-(Hydroxymethyl)-N-(1,3-dihydroxymethyl-2,5-dioxo-4-imidazolidinyl)-N‘-(hydroxymethyl)urea, preservative compositions and use thereof. Angemeldet am 28. August 1979, veröffentlicht am 5. März 1981, Anmelder: Sutton Laboratories, Inc., Erfinder: P.A. Berke, W.E. Rosen.
- M.A. Liebert: Final Report on the Safety Assessment of Diazolidinyl Urea. In: J. Am. Coll. Toxicol. Band 9, Nr. 2, 1990, S. 229–245, doi:10.3109/10915819009078735.
- A.C. de Groot, I.R. White, M.-A. Flyvholm, G. Lensen, P.-J. Coenraads: Formaldehyde-releasers: relationship to formaldehyde contact allergy. Contact allergy to formaldehyde and inventory of formaldehyde-releasers. In: Contact Dermatitis. Band 61, Nr. 2, 2009, S. 63–85, doi:10.1111/j.1600-0536.2009.01582.x.
- S. Pfuhler, H.U. Wolf: Effects of the formaldehyde-releasing preservatives dimethylol urea and diazolidinyl urea in several short-term genotoxicity tests. In: Mutat. Res. Band 514, Nr. 1–2, 2002, S. 133–146, doi:10.1016/s1383-5718(01)00335-7.
- Annual Review of Cosmetic Ingredient Safety Assessments: 2005/2006. In: Int. J. Toxicol. Band 27, 2008, S. 77–142, doi:10.1080/10915810802032362.
- Formaldehyde and Formaldehyde Releasers. ECHA European Chemicals Agency, 15. März 2017, abgerufen am 31. März 2020.
- James G. Marks, Jr., Bryan E. Anderson, Vincent A. DeLeo: Contact amd Occupational Dermatology, 4th ed. Jaypee Brothers Medical Publishers, New Delhi 2016, ISBN 978-93-5152936-1, S. 82–83.