Der Hörverlag
Der Hörverlag (Eigenschreibweise: der Hörverlag, früher: der Hör Verlag) ist ein deutscher Hörbuch- und Hörspielverlag mit Sitz in München. Er besteht seit 1993 und wurde 2010 Teil der Verlagsgruppe Random House (heute Penguin Random House Verlagsgruppe genannt).[4] Der Hörverlag zählt seit seiner Gründung zu den umsatzstärksten Vertretern der Branche.[5] Außerdem war er maßgeblich an der Aufwertung des Hörbuchs zu einem selbstständigen Medium beteiligt.[6][7] Eine der ersten Produktionen des Hörverlags war „Sofies Welt“.[8] Zu den erfolgreichsten Titeln zählen „Der Herr der Ringe“, „Der Hobbit“ und „Harry Potter“ sowie Werke von Eckart von Hirschhausen, Frank Schätzing, Henning Mankell und Jonas Jonasson. Der Hörverlag wurde bis 2015 von Claudia Baumhöver geleitet.[9] Ihr Nachfolger ist Robert Wildgruber.[3]
der Hörverlag | |
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Gründung | 1993[1] |
Sitz | München |
Leitung | Thomas Rathnow[2] (Verleger) Robert Wildgruber[3] (Verlagsleiter) |
Verlagsgruppe | Penguin Random House |
Gattung | Hörbücher, Hörspiele |
Website | www.randomhouse.de |
Geschichte
Initiator des Hörverlags war der Verlag der Autoren, der ihn zusammen mit Stefanie Hunzinger, Klett-Cotta und dem Carl Hanser Verlag im Herbst 1993 gründete. Als Vorbild für den Zusammenschluss diente der Deutsche Taschenbuch Verlag.[10] Im angelsächsischen Raum waren die sogenannten Wortkassetten bereits sehr erfolgreich, was in Deutschland wiederholt werden sollte.[11] Der Hörverlag wurde am 14. September 1993 ins Handelsregister eingetragen, sein Sitz befand sich zunächst bei Klett-Cotta in Stuttgart.[12] Leiterin des Hörverlags wurde Claudia Baumhöver, die 2007 von der Fachzeitschrift Buchmarkt als „Verlegerin des Jahres“ ausgezeichnet wurde.[13] Bis 1994 beteiligten sich weitere Verlage am Hörverlag, unter anderem der Österreichische Bundesverlag, Piper, Schott Music und Suhrkamp.[10] Die Beteiligung des Piper Verlags währte nur kurz, an seine Stelle trat später Kiepenheuer & Witsch.[14][15]
1994 gründete man mit Ariola, Goldmann, Langenscheidt und anderen die „Initiative Wort Cassette“ (IWC), welche die Verbreitung von Hörbüchern fördern sollte.[16] Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Sitz des Hörverlags bereits in München.[14] 2004 begann die Zusammenarbeit mit BBC Audio, durch die das Angebot an englischsprachigen Hörbüchern ausgebaut werden sollte.[17] Ein Jahr später gründete der Hörverlag mit dem Focus Magazin Verlag und Tomorrow Focus die „Claudio Medien GmbH“.[18] Das Unternehmen entwickelte ein Download-Portal für den legalen Abruf von Hörbüchern im MP3-Format, das anlässlich der Frankfurter Buchmesse gestartet wurde.[19] 2008 wurde bekannt, dass sich der Hörverlag für eine stärkere Regulierung des Marktes einsetzte, einschließlich einer Preisbindung für Hörbücher.[20] Außerdem engagierte man sich für den Schutz geistigen Eigentums und gegen die Piraterie von Hörbüchern.[21][22]
Im Oktober 2010 kündigte die Verlagsgruppe Random House an, den Hörverlag vorbehaltlich der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden zu übernehmen.[23] Das Programm umfasste damals circa 600 bis 800 Titel.[24] Beobachter sprachen im Zuge der Übernahme von einem „Verdrängungskampf auf einem schwindenden Markt“.[25] Mit der Akquisition des Hörverlags konnte die Verlagsgruppe Random House ihre Position im Hörbuchmarkt maßgeblich ausbauen, nachdem sie mit Random House Audio bereits zuvor in diesem Segment aktiv war. Gründe für den Zusammenschluss waren in erster Linie der bessere Zugriff auf Lizenzen sowie die Herausforderungen digitaler Märkte.[26][27] Nach der Übernahme löschte man den Hörverlag aus dem Handelsregister[14], er blieb aber auch unter dem Dach der Verlagsgruppe eine selbstständige Organisation mit eigenem Programm.
Programm
Das Angebot des Hörverlags setzte sich zu Beginn etwa zur Hälfte aus Belletristik und zu jeweils einem Viertel aus Kinder- und Sachliteratur zusammen.[16] Sein erstes Programm umfasste rund 50 Titel.[28] Größere Beachtung erhielt die fünfzehnteilige Produktion von „Sofies Welt“ des Südwestfunks und Mitteldeutschen Rundfunks, die in den folgenden Jahren zum Bestseller und über 100.000 Mal verkauft wurde.[29][30] Mitte der 1990er Jahre übernahm der Hörverlag mit Cotta’s Hörbühne ein rund 80 Titel umfassendes Programm von Klett-Cotta.[31] Zu den ersten Werken, welche der Hörverlag 1996 auf Compact Disc statt auf Kassette veröffentlichte, zählten Rainer Werner Fassbinders „Ganz in weiß“ und „Keiner ist böse und keiner ist gut“.[32]
1998 startete der Hörverlag mit Suhrkamp und Terzio die LiteraMedia-Reihe: Zeitgleich zum Buch von Suhrkamp veröffentlichte man ein passendes Hörbuch sowie eine multimedial aufbereitete Fassung auf CD.[33] 2000 erschien im Hörverlag mit „The Spoken Arts Treasury“ eine bedeutende Sammlung US-amerikanischer Poesie im O-Ton.[34] Zu einem der kommerziell erfolgreichsten Stoffe entwickelte sich „Harry Potter“, von dem bis 2008 über 3,2 Millionen Exemplare verkauft wurden.[35] Sprecher des Werks war Rufus Beck, während man für die zweite Version der Hörbücher Felix von Manteuffel beschäftigte.[36] Nachdem J. R. R. Tolkien bereits zu den erfolgreichsten Autoren im Programm zählte, brachte der Hörverlag im Jahr 2013 den „Hobbit“ auch auf Schallplatte heraus.[37] Eine breite mediale Rezeption erfuhr außerdem das Hörspielkino unterm Sternenhimmel, eine Kooperation des Hörverlags mit radio eins.[38]
Jährlich erscheinen im Hörverlag etwa 150 neue Werke auf Compact Disc sowie insgesamt ca. 100 parallel oder ausschließlich als Download. Derzeit umfasst das Programm rund 1.000 lieferbare Titel.[39] Darunter befinden sich zum Beispiel diverse Werke von Frank Schätzing, mit „Der Schwarm“ auch das Hörspiel seines bekanntesten Buches.[40] Eckart von Hirschhausen, Florian Schroeder und Vince Ebert sind ebenfalls im Hörverlag vertreten.[41] Während die deutschsprachige Buchfassung der Roman-Trilogie „Fifty Shades of Grey“ im Goldmann Verlag erscheint, liefert der Hörverlag das Hörbuch dazu aus.[42] Neben aktuellen Titeln beinhaltet das Programm des Hörverlags auch Klassiker zum Beispiel von Dylan Thomas, Hermann Hesse oder Thomas Mann sowie Kult-Hörspiele von Francis Durbridge und anderen.[43][44][45][46] Außerdem spielen Originalaufnahmen eine erhebliche Rolle im Programm des Hörverlags. Ein Drittel des gesamten Programms wurde mit Auszeichnungen wie der hr2-Hörbuchbestenliste, dem Deutschen Hörbuchpreis, Preis der deutschen Schallplattenkritik oder HörKules gewürdigt.[35]
Trivia
2003 fand sich der Jingle des Hörverlages in dem Lied Kein zurück des deutschen Synthie Pop-Duos Wolfsheim wieder. Es verkaufte sich 150.000 Mal in Deutschland und erlangte Gold-Status.
Weblinks
- Literatur von und über Der Hörverlag in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Offizielle Website des Hörverlags
Einzelnachweise
- Konstanze Crüwell: Wer nicht lesen will, muß hören. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15. Oktober 1995, S. 26.
- Thomas Rathnow strukturiert Penguin Bereich neu. Wolfgang Ferchl künftig „Publisher at large“. In: Buchmarkt. 9. März 2017, abgerufen am 18. Juni 2018.
- Wildgruber folgt auf Baumhöver. In: Börsenblatt, 13. April 2015, abgerufen am 15. Dezember 2015.
- Christian Gehl: Random House kauft Hörverlag. In: Werben & Verkaufen, 14. Oktober 2010, abgerufen am 14. November 2014.
- Gerlinde Freis: Der Hörbuchmarkt im deutschsprachigen Raum. Struktur und Ökonomie einer vielversprechenden Branche. Diplomica, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8366-6584-1, S. 95.
- "Wir glauben an die Zukunft des Hörbuchmarktes". In: Buchreport, 13. Oktober 2010, abgerufen am 14. November 2014.
- Claudia Baumhöver. Verlegerin des Jahres 2007. In: Süddeutsche Zeitung, 4. Dezember 2007, S. 16.
- Gemeinsame Aktion für den Buchhandel von WDR 5, Klett-Cotta und Hörverlag. In: Buchmarkt, 8. November 2001, abgerufen am 14. November 2014.
- Claudia Baumhöver (50). In: Buchmarkt, 27. Februar 2009, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Arnd Rühle: Ein Verlag für Hörer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Januar 1994, S. 64.
- Michael Esser: Kino für die Ohren. In: Die Zeit, 22. März 1996.
- Unternehmensregister. Bundesanzeiger Verlag, abgerufen am 14. November 2014 (Amtsgericht Stuttgart, HRB 16066).
- Bettina Weiguny: Eine Verlegerin ohne Buch. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 9. Dezember 2007, S. 38.
- Unternehmensregister. Bundesanzeiger Verlag, abgerufen am 14. November 2014 (Amtsgericht München, HRB 115577).
- Im Porträt: der Hörverlag. In: Musikwoche, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Noch kein guter Markt für Wortkassetten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Oktober 1994, S. 17.
- Der Hörverlag kooperiert mit BBC Audio. In: Börsenblatt, 6. Oktober 2004, abgerufen am 14. November 2014.
- Neues Hörbuch-Portal von Focus und Hörverlag. In: Rheinische Post, 20. Juli 2005.
- Katrin Hildebrand: Wie bei Großmutter. In: Frankfurter Rundschau, 29. Oktober 2005, S. 20.
- Jennifer Lachman: Hörverlag ruft nach mehr Regulierung. In: Financial Times Deutschland, 14. Oktober 2008.
- Die Magie der Zahlen - Tischgespräch mit Claudia Baumhöver. In: Wirtschaft – Das Magazin, IHK München und Oberbayern, September 2007, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Literatur für die Ohren. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 12. März 2009, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Random House schluckt Hörverlag. In: Nürnberger Nachrichten, 15. Oktober 2010, S. 17.
- Random House will Hörverlag kaufen. In: Süddeutsche Zeitung, 12. Oktober 2010, S. 23.
- J. Güntner: Verdrängungskampf auf einem schwindenden Markt. Random House übernimmt den Hörverlag. In: Neue Zürcher Zeitung, 3. November 2010, S. 54.
- Random House plant Übernahme vom Hörverlag. In: Buchmarkt, 12. Oktober 2010, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- „Wir erleben gerade eine Medienrevolution“. In: Buchreport Spezial 2013, S. 11–15.
- Hörbücher machen es möglich: Mit Goethe im Stau. In: Saarbrücker Zeitung, 12. Oktober 1995.
- Sybille Neth: Sophies Welt im Walkman. Der neugegründete Münchner Hörverlag will künftig Radiokunst als Audiobooks vermarkten. In: Süddeutsche Zeitung, 29. Mai 1995, S. 12.
- Das Hörspiel "Sofies Welt" konnte mittlerweile 100.000 mal verkauft werden und landet in den BuchMarkt-Bestseller-Charts auf Platz 1. In: Buchmarkt, 30. November 1999, abgerufen am 14. November 2014.
- Miriam Freudig: Bücher extra für Staus und lange Autofahrten. In: Stuttgarter Zeitung, 22. November 1995.
- Eva-Maria Lenz: Keiner böse und keiner gut. Hörspiele Rainer Werner Fassbinders auf CD. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Juni 1996, S. 40.
- Dirk Fuhrig: Lesen, Hören, Sehen. Suhrkamp, HörVerlag und Terzio starten "LiteraMedia"-Reihe. In: Frankfurter Rundschau, 10. Oktober 1998, S. 99.
- Tilman Spreckselsen: Die Stimmen der Dichter. Der Münchner Hörverlag hat den wichtigsten Schatz amerikanischer Poesie gehoben. In: Die Welt, 9. Dezember 2000, S. 8.
- Alexandra Kournioti: Hörverlag auf Trophäenjagd. In: Bayerische Staatszeitung, 31. Oktober 2008, S. 6.
- Wieland Freund: Harry spricht mit doppelter Zunge. Streng geheim hat der Münchner Hörverlag eine zweite Version des gesamten "Harry Potter" aufgenommen. In: Berliner Morgenpost, 1. November 2008, S. 22.
- Anne-Marie Maaß: Ein echtes Sammlerstück: Der Hobbit kommt auf die Platte. In: Nordkurier, 20. September 2013, S. 25.
- Kerstin Konrad: Kino im Ohr. In: Leipziger Volkszeitung, 10. Dezember 1999, S. 6.
- Offizielle Website des Hörverlags. Verlagsgruppe Random House, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Frank Schätzing und Heikko Deutschmann feiern "Limit" im Hörverlag. In: Buchmarkt, 24. November 2009, abgerufen am 14. November 2014.
- Eckart von Hirschhausen wechselt von Eichborn zum Hörverlag. In: Börsenblatt, 28. September 2011, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Der Porno für die Sinne. In: Welt kompakt, 1. August 2012, S. 24.
- Kai Luehrs-Kaiser: Ich habe einen Traum im Ohr. In: Die Welt, 19. Juli 2014, S. 6.
- Auf Wiederhoeren. "Audio-Books" verkaufen sich immer besser - ob Maerchen, Krimi, Weltliteratur oder Gedichte. In: Der Tagesspiegel, 3. Januar 1996.
- Johannes Breckner: Zwei Stimmen für Mann. In: Darmstädter Echo, 10. Februar 2014.
- Herrlich antiquierter Krimi. In: Kölnische Rundschau, 3. Juli 2002.