Crusauer Kupfer- und Messingfabrik
Die Fabrikanlage der Crusauer Kupfer- und Messingfabrik (dänisch Kruså Kobbermølle) in Kupfermühle Gemeinde Harrislee bei Flensburg blieb bis heute in wesentlichen Teilen erhalten. Ihre Geschichte wird vom Industriemuseum Kupfermühle in drei vollständig renovierten historischen Industriehallen des Fördervereins „Industriemuseum Kupfermühle e. V.“ museal bewahrt.
Industriemuseum Kupfermühle | |
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Rechtsform | gemeinnützige GmbH |
Gründung | Wiedereröffnung 2014 |
Sitz | 24955 Harrislee Messinghof 3; Registergericht: Amtsgericht Flensburg
Registernummer: HRB 7837 FL mit der laufenden Nummer 2 |
Leitung | Geschäftsführer Svend Lykke-Schmidt (Ehrenamt), Susanne Rudloff,
Wissenschaftliche Museumsleiterin |
Branche | Museum |
Website | www.industriemuseum-kupfermuehle.de |
Stand: 2018 |
Geschichte
Um 1600 ließ der dänische König und Herzog von Schleswig Christian IV. am Flüsschen Krusau (dänisch Kruså) ein Hammerwerk zur Metallverarbeitung errichten. Die seinerzeit wichtigsten Grundvoraussetzungen, zollfreie Verkehrswege, Energie und Rohstoffzufuhr waren gegeben. Flensburg war der zweitwichtigste Hafen des Dänischen Königreichs zu dem auch Norwegen von 1380 bis 1814 in Personalunion zählte. Über die norwegische Hafenstadt Trondheim wurden Metalle und Metallerze zollfrei aus der ebenfalls norwegischen Bergstadt Røros per Schiff angeliefert. Das starke Gefälle und die vielen Quellzuflüsse des kleinen Flusses waren ideal für den gleichmäßigen Antrieb der mit Wasserkraft betriebenen Hammerwerke des Industriebetriebes.
Chronologie
- um 1600 ließ der dänische König und Herzog von Schleswig Christian 4. dicht bei Flensburg an der Krusau ein Hammerwerk zur Metallverarbeitung errichten.
- 1628 wird die Kupfermühle im Dreißigjährigen Krieg zerstört und wird im folgenden Jahr wieder aufgebaut
- 1633 älteste bekannte Urkunde der Kupfermühle
- 1644 die Kupfermühle wird zerstört und drei Jahre später wieder aufgebaut
- 1657 die Kupfermühle wird in den Karl-Gustav-Kriegen zerstört und von Hans Dencker wieder aufgebaut
- 1687 Hilmar von Lutten übernimmt die Mühle
- 1747 Hildemar thor Straten übernimmt das Werk
- 1766 Josias thor Straten übernimmt das Werk
- 1802 Josias thor Straten II führt das Werk weiter
- 1830 Die königl. Privilegien werden nicht mehr verlängert
- 1842 F. Görrisen und J. J. Danielsen übernehmen das Werk
- 1857 Gebr. Schmidt und G. Dittmann und C. C. Danielsen übernehmen die Kupfermühle
- 1864 die Region geht an Preußen
- 1871 Einführung der Dampfkraft
- 1885 Friedrich Raben wurde Eigentümer der Kupfermühle
- 1889 Umwandlung in Crusauer Kupfer- und Messingfabrik AG
- 1914–18 Kupfermühle gehört zur Rüstungsindustrie
- 1919 die Kupfermühle wird eine GmbH mit Sitz in Hamburg, Mehrheit bei den Brüdern Eduard und Paul Lotz
- 1920 Bevölkerung votiert bei der Abstimmung für Deutschland
- 1939–1945 im Zweiten Weltkrieg gehört die Kupfermühle zur Rüstungsindustrie
- 1956 Kupfermühle muss Vergleich eingehen
- 1962 Kupfermühle wird unter dem Hauptanteilseigner "Grillo Handelsgesellschaft mbH" geschlossen
Bis 1800 hat sich das Kupfer- und Messingwerk in die größte Industrieanlage des Herzogtums Schleswig entwickelt und galt als eine der größten im Dänischen Königreich. Der Wechsel von der Dänischen zur Deutschen Verwaltung nach 1864 wurde ebenso wie der Übergang von der Wasserkraft zur Dampfkraft und die zwei Weltkriege erfolgreich überstanden. 1962 wurde die „Crusauer Kupfer- und Messingfabrik“ geschlossen. 10 % des in Røros verhütteten Kupfers ging direkt an die dänische Krone und ein Teil davon wurde in Form von Platten oder Barren als Rohkupfer von Flensburger Nordlandfahrern für das Werk Kupfermühle verschifft.
1956 musste die Kupfermühle einen Vergleich eingehen und 1962 wird die Kupfermühle unter dem Hauptanteilseigner "Grillo Handelsgesellschaft mbH" nach einer rund 360-jährigen Betriebszeit geschlossen. In diesem Zeitraum ist das Werk mehrere Male zerstört und wieder aufgebaut worden, da Kupfer besonders für die Schifffahrt und Rüstungsindustrie eine wichtige Rolle spielte.
Bedeutung der Kupfermühle
In der Hochzeit des hölzernen Schiffbaus um 1850 hatte die Kupfermühle eine sehr große Bedeutung, da der hölzerne Unterwasserschiffsrumpf mit Kupferplatten vor dem Schiffsbohrwurm geschützt wurde. Christoph Kolumbus verlor vier seiner Schiffe an den Schiffsbohrwurm, eine Bohrmuschelart mit dem Aussehen eines Wurmes, der sich im Gegensatz zu anderen Muschelarten überwiegend von Holz ernährt. Mit den stark verkleinerten zu Bohrwerkzeugen umgebildeten Muschelschalen bohrt er sich in die unter Wasser liegende Holzplanken einen bis zu 20 cm langen Gang, den er mit Kalk auskleidet um seinen weichen Körper zu schützen. Im 18. Jahrhundert wurde der Beschlag mit Kupferblech bei Schiffen als wirksamster Schutz gegen den Schiffsbohrwurm erkannt. Da sich das Kupfer durch die galvanische Reaktion verzehrte, musste dieser Beschlag jedoch regelmäßig erneuert werden.
Um 1840 hatte die Kupfermühle acht Wasserräder zum Antrieb von zehn Hammerwerken. Neben dem großen Kupferlager gab es eine Messingbrennerei und fünf verschiedene Werkstätten. Außerdem gehörten Ländereien, ein Wirtshaus mit eigenen Brau- und Brennereirechten, eine Ziegelei, eine Schule und 34 Arbeiterwohnungen dazu. Der Ort Kupfermühle zählte 187 Einwohner, davon waren 44 im Werk beschäftigt. 1857 übernahmen Flensburger Kaufleute, darunter der Brennereibesitzen Christian C. Christiansen die Kupfermühle.
1864 Preußen
1864 fiel die Region an Preußen und das Werk wurde vollständig saniert. Das Rohkupfer wurde jetzt im internationalen Markt, vorwiegend aus Nord- und Südamerika importiert. Ein neuer Kupferofen wurde aufgebaut und mit dem Einsatz von Glühöfen wurde das Warmwalzverfahren eingeführt. Die neuen Öfen wurden mit Steinkohle aus England beheizt, statt wie bisher mit Holz und Torf. Damit wurde eine erheblich bessere Qualität der dünnen als „Schiffshaut“ bezeichneten Kupferblechen erreicht, die jetzt international vermarktet werden konnten. So konnte die Kupfermühle z. B. von 1884 bis 1888 Material nach Skandinavien, Italien, Portugal, Holland und Nord- und Südamerika für über 200 Schiffe liefern.
Die seinerzeit als Yellow-Metall bezeichnete Legierung, die der englische Industriellen George Fredric Muntz 1832 patentieren ließ, führte in Kupfermühle nach Ablauf des Patentschutzes in den 1860er Jahren zu neuem Aufschwung. Die auch als Muntzmetall bezeichnete Legierung ist ein schmiedbares Gussmessing und elastischer als Messing und hat das Kupferblech im Schiffbau weitgehend abgelöst.
1871 wurden ein Kessel und eine 50-PS-Dampfmaschine installiert, die das Walzwerk für die Muntzmetall-Bleche antrieb. Die gute Qualität dieser Bleche wurde in London, Hamburg, Wien, Flensburg, Antwerpen und Kiel ausgezeichnet und aufgrund der hohen Nachfrage verdoppelte sich die Produktion von Blechen aus Muntz-Metall. Das Stammpersonal der Kupfermühle musste daher um 10 Arbeitern von 60 auf 70 Mann erhöht werden.
1908 wurde in der Kupferhütte eine Wasserturbinenanlage installiert, dabei handelte es sich um eine Francis-Turbine von Voith. Das Wasser wurde dem stehenden Turbinenrad über ein aus Rohrleitungen bestehendes Leitsystem zugeführt. Der von dieser Überdruckturbine angetriebene Generator hatte eine Nennleistung von 100 kW.
Der Erste Weltkrieg – Rüstungsproduktion
In drei Monaten Schließung wurde das Werk zum Rüstungsbetrieb umgebaut. Es wurden vorwiegend Granatzünder und Munitionshülsen aus Kupfer und Messing später auch aus Eisen hergestellt. Die Zahl der Arbeiter stieg von 115 bis auf 350 und wirtschaftlich war dieser Zeitraum mit hohen Gewinnen verbunden. Neben den bisherigen Arbeitern wurden auch Frauen und Kriegsgefangene beschäftigt.
Der Zweite Weltkrieg – Rüstungsproduktion und Schließung 1962
Es wurden keine direkten Rüstungsgüter produziert, sondern überwiegend industrielle Vorprodukte und Halbzeuge wie Rohre, Stangen, Profil und Bleche aus Kupfer und Messing. Außerdem Schrauben, Muttern, Scheiben und Splinte aus Sonderlegierungen sowie Kupfer und Messing. Das Werk konnte nur geringe Gewinne erzielen, da Preise und Löhne vorgegeben waren. Das Werk erhielt fast keine kriegsbedingte Schäden und zum Kriegsende und die ersten Jahre danach herrschte ein ziemliches Durcheinander.[1] Ab 1950 wurden 113 Personen beschäftigt, 96 Arbeiter, 15 Angestellte und 2 Lehrlinge. Die Geschäfte liefen schlecht und 1956 wurde ein Vergleichsverfahren beantragt. Von den 160 Beschäftigten wurden 70 entlassen und der Fertigungsbereich Rohre und Stangen wurde geschlossen. 1959 wurden Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt und mit Unterstützung des Landkreises Flensburg wurde das Werk mit wenig Erfolg saniert. Da sich die Marktaussichten verschlechterten, wurde der Betrieb 1962 nach über 350 Jahren eingestellt.
Ab 1962 Von der Fabrik zum Museum
Nach der Schließung der Fabrik 1962 begann die Geschichte des Privatmuseums vom Lehrerehepaar Daetz. Bereits in den 90er-Jahren gab es erste Erweiterungskonzepte zu einer Museumslandschaft in Kupfermühle, die mit der Gründung des Fördervereins Industriemuseum Kupfermühle e. V. 1998 ein weiteres Standbein bekam.[2] 2007 gab der Vorsitzende des Industrievereins Gerd Pickardt erste Entwürfe für ein Industriemuseum in Auftrag. Erst durch die überarbeiteten Konzepte und einen langjährigen Einsatz für die Finanzierung des Projektes wurde der Umbau möglich. Das gesamte letzte Jahr war Herr Pickardt als Bauleiter fast täglich – ehrenamtlich – für den Verein auf der Baustelle tätig. Unterstützt wurden die Arbeiten durch zahlreiche regionale Handwerksbetriebe und das Architekturbüro „Bauwerk“ sowie den Einsatz der ehrenamtlichen Mitarbeiter und einem Teil der „Nachbarn“ in Kupfermühle. Die Fördermittel in Höhe von 1,7 Millionen Euro für den Umbau kamen aus Dänemark, vom Land Schleswig-Holstein und der EU, Zuschüsse der Gemeinde Harrislee und durch private Sponsoren. Seit dem 2. Juli 2014 ist der lange Weg zu einer neuen Museumslandschaft in dem alten Fabrikort Kupfermühle wieder einen Schritt vorangekommen.[3]
Nach gut einem Jahr Bauzeit ist das erweiterte und neu gestaltete Industriemuseum Kupfermühle – Kobbermølle Industrimuseum – wieder eröffnet worden. Neben der alten, komplett sanierten Maschinenhalle und der Werkstatt im Turbinenhaus ist eine weitere umgebaute Industriehalle der „Crusauer Kupfer- und Messing-Fabrik“ hinzugekommen. Dahinter steckt nicht nur eine interessante Orts- und Fabrikgeschichte, die im 17. Jahrhundert begonnen hat, sondern auch eine spannende Museumsgeschichte.[4]
Galerie
- historisches Hammerwerk der Kupfermühle
- Dampfmaschine mit Schwungrad, Getriebe und Generator
- Zeichnung einer Wasserturbine der Firma Voith
- Rohkupferbarren aus Røros
Literatur
- Kurt Andresen: Ortsentwicklung und Alltagsleben im Dorf Kupfermühle. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Gemeinde Harrislee, Harrislee 1997. (= Chronik Harrislee, Band 1.)
- Susanne Rudloff: Kupfermühle. Das Kupfer- und Messingwerk an der Krusau. Vom Hammerwerk zum Industriebetrieb. Broager (DK) 2011, ISBN 978-87-89984-31-5
Weblinks
Einzelnachweise
- general-anzeiger-bonn.de abgerufen am 23. September 2018
- flensburgjournal.de abgerufen am 23. September 2018
- flensburgjournal.de abgerufen am 23. September 2018
- shz.de abgerufen am 23. September 2018