Corpet-Louvet
Corpet-Louvet war ein französischer Hersteller von Lokomotiven mit Sitz in Paris, der vor allem Kleinbahnlokomotiven herstellte. Er war in diesem Bereich eines der erfolgreichsten Unternehmen Frankreichs.[1]
Corpet, Louvet et Cie | |
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Rechtsform | bis 1912: Familienbetrieb ab 1912: SARL |
Gründung | 1868 |
Auflösung | Mitte 1970er-Jahre |
Sitz | bis 1912: Paris ab 1912: La Courneuve Frankreich |
Branche | Lokomotivbau |
Geschichte
Der Lokomotivbau begann bereits bei dem 1855 gegründeten Vorgängerunternehmen Société Anjubault. Es hatte seinen Sitz an der Rue Keller im 11. Arrondissement im Osten von Paris und lieferte noch im selben Jahr die ersten vier Lokomotiven. Lucien Corpet, der Chefingenieur des Unternehmens, übernahm 1868 die Fabrik, weil Auguste Anjubault, der Gründer des Unternehmens, keine Nachfolger hatte. Es firmierte kurzzeitig als Corpet et Bourdon, aber die 1868 ausgelieferten Lokomotiven trugen bereits Firmenschilder mit dem Namen L. Corpet. An der Avenue Philippe Auguste 117⊙ wurde eine neue Fabrik gebaut, die 1870 die Produktion aufnahm. 1871 wurden die Aktivitäten an der Rue Keller eingestellt.
Die Tochter von Copet heiratete Lucien Louvet, der das Unternehmen nach dem Ableben von Copet 1889 übernahm und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte. Die Lokomotiven trugen ab 1892 Firmenschilder mit dem Namen Vve L. Corpet et L. Louvet, wobei Vve die Abkürzung von Veuve ‚Witwe‘ war. Bis 1897 wurde noch die alte Bezeichnung verwendet, sodass die Bezeichnung L. Corpet – Vve L. Corpet et L. Louvet auf den Fabrikschildern der Lokomotiven stand.
1912 erfolgte abermals ein Umzug des Unternehmens, weil die alte Fabrik zu klein geworden war. Es wurden neue Hallen an der Rue Gambetta 6⊙ in La Courneuve im Norden der Stadt bei Saint-Denis bezogen. Das Werk lag direkt an der Bahnstrecke La Plaine–Hirson. Das Unternehmen wurde in eine Société à responsabilité limitée (SARL) umgewandelt, die als Corpet, Louvet et Compagnie firmierte.[2]
Fortan wurden auch Normalspurlokomotiven gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch Diesellokomotiven und Dampfkessel gebaut sowie Stahlbau betrieben. 1952 verließ die letzte Lokomotive das Werk. Es wurden fortan auch Werkzeugmaschinen gebaut und Baumaschinen von Caterpillar in Lizenz hergestellt. Das Unternehmen überlebte bis in die 1970er-Jahre.
Produkte
Von 1855 bis 1952 wurden 1962 Lokomotiven gebaut, wobei Corpet die Nummerierung von Anjubault fortsetzte. Die erste unter dem Namen von L. Corpet gebaute Lokomotive trug die Fabriknummer 121.[2] Der größte Teil der Lokomotiven wurde für Meterspurbahnen in Frankreich gebaut, das häufigste Modell war die als Tenderlokomotive ausgeführte Dreikupplermaschine mit der Achsfolge C, die von 1893 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Produktion dominierte. In dieser Zeit verließen jährlich gegen 50 Lokomotiven das Werk. Das Unternehmen profitierte vom Kleinbahnbau in Frankreich, der Ende der 1880er-Jahre einsetzte und um alle größeren Städte Streckennetze entstehen ließ. Diese litten aber in den Jahren zwischen den Weltkriegen stark unter dem aufkommenden Individualverkehr, sodass Corpet-Louvet zwar anfangs 1922 die Produktion von Meterspurlokomotiven wieder aufnahm, aber bereits 1930 die letzte Dreikupplerlokomotive an eine französische Bahn lieferte.[3] Ab 1925 erschienen größere Lokomotiven für den Einsatz in den französischen Besitzungen in Afrika, die bis 1950 gebaut wurden. Anfang des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion weitergeführt, bis sie mit der deutschen Besetzung eingestellt wurde, wobei die angefangenen Lokomotiven noch fertig gebaut wurden. Fahrzeuge aus Aufträgen, die aufgrund von Kriegshandlungen nicht an ihre Auftraggeber gelangen konnten, verkehrten zeitweilig auf französischen Bahnen. So waren bei der Chemins de fer du Cambrésis (CFC) drei Tenderlokomotiven mit der Achsfolge 1’C1’ für die Chemin de fer de Konakry au Niger im heutigen Guinea bestimmte Lokomotiven eingesetzt, die erst nach 1947 nach Afrika gelangten. Die CFC war so angetan von den drei Lokomotiven, dass sie drei gleiche bestellte, die 1948 geliefert wurden. Es waren dies die letzten Dampflokomotiven von Corpet-Louvet-Lokomotiven, die an eine französische Meterspurbahn geliefert wurden, und wahrscheinlich auch die einzigen Dampflokomotiven überhaupt, die nach dem Zweiten Weltkrieg an eine solche Bahn geliefert wurden.[4]
In den frühen 1930er Jahren wurden überwiegend Normalspurlokomotiven für die großen Bahngesellschaften hergestellt, dazwischen gab es Lieferungen an die Kolonien und gelegentlich Aufträge für Industrielokomotiven. In der unmittelbaren Nachkriegszeit gab es eine kleine Auftragsflut, darunter die Tenderlokomotiven 151 TQ für die SNCF, die letzten an die Staatsbahn gelieferten Dampflokomotiven. Weiter folgten Aufträge für die Kolonien und normalspurige Industrielokomotiven. Zwei Aufträge wurden von der indischen Regierung erteilt, der erste über zwölf 1’D1’-Lokomotiven mit einer Spurweite von 762 mm, der zweite über 1’C1’-Lokomotiven für Meterspur.[4]
Speziell zu erwähnen ist die nach dem Zweiten Weltkrieg gebaute Großdampflokomotive SNCF 232 U 1, ein Prototyp, der nie in Serie gebaut wurde. Die noch von der Chemins de fer du Nord bestellte Lokomotive war die größte bei Corpet-Louvet gebaute Lokomotive. Sie wog mit 215 t deutlich mehr als die üblichen Corpet-Louvet-Lokomotiven, die meist weniger als 20 t wogen, selbst das Werk in La Courneuve war nur für Lokomotiven bis 40 t Gewicht ausgelegt. Die Vierzylinder-Heißdampf-Verbundlokomotive mit Stromlinienverkleidung konnte 4000 PS entwickeln. Wegen des Zweiten Weltkrieges wurde die Schnellzuglokomotive erst 1949 abgelieferte und stand bis 1961 im Dienst. Sie ist im Eisenbahnmuseum Mülhausen erhalten.[4]
Firmenschilder
- Fabrikschild der Société Anjubault von 1864
- Fabrikschild der Vve L. Corpet et L. Louvet von 1906
- Fabrikschild der Corpet Louvet et Cie von 1925
Weblinks
Einzelnachweise
- Walter Hefti: Tramway Lokomotiven. Birkhäuser, Basel 1980, ISBN 978-3-0348-6560-9, S. 75–77 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Corpet Louvet. In: Industrial Railway Society (Hrsg.): The Industrial Railway Record. Nr. 27, Oktober 1969, 1. A general survey, S. 131–135 (englisch, irsociety.co.uk).
- Corpet Louvet. In: Industrial Railway Society (Hrsg.): The Industrial Railway Record. Nr. 27, Oktober 1969, 2. The classic six-coupled tank, S. 136–143 (englisch, irsociety.co.uk).
- Corpet Louvet. In: Industrial Railway Society (Hrsg.): The Industrial Railway Record. Nr. 27, Oktober 1969, 3. From Mallets to models, S. 144–153 (englisch, irsociety.co.uk).