Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler
Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler (* 2. März 1874 in Hamburg; † 29. September 1953 ebenda) war ein deutscher Bankier und von 1913 bis 1953 Inhaber der Berenberg Bank.
Leben
Er war Mitglied der Hanseatenfamilie Berenberg/Goßler und zweitältester Sohn des Bankiers Johann Freiherr von Berenberg-Gossler (1839–1913) und seiner Frau Juliane Amalie Donner (1843–1916), Enkel des Bankiers Heinrich Gossler (1805–1879) sowie Urenkel des Senators Johann Heinrich Gossler (1775–1842). Sein älterer Bruder war der Bankier, Senator und Botschafter John von Berenberg-Gossler (1866–1943).
Cornelius von Berenberg-Gossler trat bereits 1897 an der Seite seines Vaters als Teilhaber in die Berenberg Bank ein. Seit 1907 Generalkonsul des Königreich Bayerns, übernahm er mit dem Tode des Vaters 1913 die Leitung der Bank, nachdem sein älterer Bruder bereits 1908 vom Vater aufgrund der Übernahme eines Senatorenamtes in der Hansestadt von der Firmennachfolge ausgeschlossen worden war.
Aus gesundheitlichen Gründen war er vom Militärdienst befreit, meldete sich aber zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 mit seinem Auto als motorisierte Einheit für Hilfslieferungen an die Front und arbeitete später für das Rote Kreuz in Wilna. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918 trat er in die Deutsche Volkspartei (DVP) ein. Zusammen mit u. a. Max Warburg, Rudolf Blohm und Hermann Münchmeyer der Jüngere gründete er die Hamburger Bank von 1923, die durch Gold gedeckte Zahlungsmittel und so das erste wertbeständige Geld nach der Inflation herausbrachte. Cornelius Berenberg-Gossler fungierte dabei als Aufsichtsratsvorsitzender, während sein Bruder John als Vorstandsvorsitzender wirkte. Nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse 1929 und der weltweiten Krise des Kreditgewerbes, verband Berenberg-Gossler sein Haus 1930 mit der Danatbank, musste aber schon ein Jahr später auf Anweisung der Bankenaufsicht nach dem Konkurs des größten Kreditnehmers und der darauffolgenden Zahlungsunfähigkeit der Danatbank, die Berenberg-Anteile wieder herauslösen. 1932 zog er die Berenberg Bank aus dem aktiven Bankgeschäft zurück.
Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933[1] plante Berenberg-Gossler, in die NSDAP einzutreten. Auf Anfrage versicherte ihm der Filialdirektor der Dresdner Bank in Hamburg, Paul Salomon,[2] dass sich keiner der jüdischen Freunde verletzt fühlen werde und ermunterte ihn dazu, „weil in die Partei Leute gehen müssten, die nicht antisemitisch seien“.[3] Weil sich das Vorhaben, dem Antisemitismus innerparteilich entgegenzuwirken als Illusion erwies, währte seine Parteimitgliedschaft nur kurz. Am 8. August 1934, kurz vor der Volksabstimmung über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs, trat er aus. In seiner schriftlichen Begründung führte er dafür die Missachtung bürgerlicher Freiheiten,[4] die Kirchenfeindschaft des Regimes und vor allem den Antisemitismus an.[5] Unter den Unternehmern Hamburgs zählte er zu den überzeugten Gegnern des Nationalsozialismus.[6]
1935 holte Cornelius von Berenberg-Gossler seinen Sohn Heinrich als Teilhaber in die Bank. Bis 1948 fungierte die Berenberg Bank allerdings lediglich als Holdinggesellschaft, in der die Beteiligungen der Firma zusammengefasst waren, darunter zwei kleinere Privatbanken, die im Vermögensverwaltungsgeschäft tätig gewesen sind.
Als 1938 die Nationalsozialisten seine 1881 errichtete Villa im Gosslerpark mieten und ein NS-Schulungsheim unterbringen wollten, ließ er sich kurzerhand von einem Unternehmen die „Abbruchreife“ des Gebäudes bescheinigen und das Haus in 12 Tagen beseitigen.[7] Er setzte sich darüber hinaus für seine zahlreichen Freunde unter den jüdischen Kaufleuten und Bankiers in Hamburg ein. Dabei nahm er wenig Rücksicht auf die eigene Person. Beispielsweise erreichte er 1939 in direkten Verhandlungen mit Karl Wolff, dem Adjutanten Himmlers, die Freilassung von Fritz Warburg, dem Bruder von Max Warburg, der seit dem Novemberpogrom 1938 in Gestapo-Haft war.[8] Richard Kauffmann, dem Inhaber der Firma Rée, verhalf er zur Flucht nach London.[9] Privat lebte Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler zurückgezogen und drückte in seinem Tagebuch seine Ablehnung des NS-Regimes aus.[10]
1948 übernahm Berenberg als Auswirkung des Gesetzes zur Errichtung der Bizone die Hamburger Filiale der Norddeutschen Kreditbank aus Bremen, die im Gegenzug Anteile an der Berenberg Bank erhielt und eröffnete diese am Tag nach der Währungsreform im Gebäude am Alten Wall 32 neu.
Nach kurzer schwerer Krankheit starb Cornelius von Berenberg-Gossler am 29. September 1953 mit 79 Jahren in seinem Haus in Hamburg-Niendorf.
Er war seit dem 24. Mai 1898 mit Nadine Clara, geborene von Oesterreich, verheiratet. Aus der Ehe entstammten die Kinder Clara-Nadja, verh. von Specht (1899–1977), Johann Constantin Cornelius (1901–1942), Cornelia Nadja Julia (1905–1992), Heinrich Cornelius Johann (1909–1997), Cornelius Paul Hellmuth (1911–1988) und Nadia (1916–2005)[11]
Einzelnachweise
- Siehe den Hinweis auf diesen Umstand (Memento des Originals vom 17. November 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Berenberg-Website (Abruf am 7. November 2015).
- zu Paul Salomon siehe die Kurzbiografie auf der Website www.stolpersteine-hamburg.de (Abruf am 30. Oktober 2015).
- Tagebuch von Cornelius von Berenberg-Gossler, Eintrag 11. März 1933, zitiert nach Martin Zähringer: Die organisierte Judenverfolgung war absehbar (Besprechung Frank Bajohr, Beate Meyer und Joachim Szodrzynski (Hg.): „Bedrohung, Hoffnung, Skepsis“), Deutschlandradio Kultur, Beitrag vom 29. Dezember 2013 (Abruf am 20. April 2016).
- Darunter werden in der Regel Glaubens-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Eigentumsfreiheit verstanden.
- C. von Bernstorff, H. von Bernstorff, E. Eckardt: Nur der Wandel ist beständig, S. 220 f; Renate Hauschild-Thiessen: Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler und das Dritte Reich, in: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter, Band 12 (1988), Heft 1, S. 14–32, hier S. 17–21, dort auch die Zeitangaben zur Mitgliedschaft in der NSDAP.
- Frank Bajohr: „Arisierung“ in Hamburg. Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933–1945, Christians, 2. Auflage, Hamburg 1998, S. 273.
- Interview des Enkels Dieter von Specht mit dem NDR
- Die Freilassung Warburgs erfolgte im Mai 1939. Siehe Frank Bajohr: „Arisierung“ in Hamburg. Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933–1945, Christians, 2. Auflage, Hamburg 1998, S. 81 und S. 256, ISBN 3-7672-1302-8; Ingo Köhler: Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich. Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung, Beck, München 2005, S. 336, ISBN 3-406-53200-4.
- M. Pohl: Hamburger Bankengeschichte, S. 159; Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Band 2. Deutsches Reich 1938–August 1939. Bearb. von Susanne Heim. Oldenbourg, München 2009, S. 340, Fußnote 7, ISBN 978-3-486-58523-0.
- C. von Bernstorff, H. von Bernstorff, E. Eckardt: Nur der Wandel ist beständig, S. 226 f; zu seinem Agieren insgesamt R. Hauschild-Thiessen: Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler und das Dritte Reich, in: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter, Band 12 (1988), Heft 1, S. 14–32.
- Stammbaum der Familie von Österreich
Literatur
- Bernhard Koerner: Deutsches Geschlechterbuch. Band 19. Starke, Görlitz 1911, S. 34–35.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Band 16, Freiherrliche Häuser B II, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1957.