Col de la Schlucht
Der Col de la Schlucht (deutsch: Schluchtpass) ist ein 1139 m hoher Pass in den Vogesen und eine wichtige Verkehrsachse zwischen den Regionen Elsass und Lothringen. Der Col de la Schlucht ist auch namensgebend für ein Skigebiet unterhalb des 1362 m hohen Hohneck.
Col de la Schlucht | |||
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Letzter Schnee im März | |||
Himmelsrichtung | Westen | Osten | |
Passhöhe | 1139 m | ||
Département | Vosges | Haut-Rhin | |
Wasserscheide | Vologne | Fecht | |
Talorte | Xonrupt-Longemer | Soultzeren | |
Ausbau | asphaltierte Straße | ||
Erbaut | 1858–1861 | 1840–1845 | |
Sperre | Regelmäßiger Winterdienst (Schistation) | ||
Gebirge | Vogesen Hohneckmassiv | ||
Profil | |||
Bergwertung | 2. Kategorie (Tour de France 2014) | ||
Ø-Steigung | 3,2 % (412 m / 9,8 km) | 4,2 % (? m / 18 km) | |
Max. Steigung | 7,4 % (auf km 4 – 4,5) | 5,3 % | |
Karte | |||
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Koordinaten | 48° 3′ 50″ N, 7° 1′ 22″ O |
Lage
Im Verkehrsnetz
Die Landstraße D 417 (Route départementale 417) über den Col de la Schlucht verbindet die Städte Munster im Osten und Gérardmer im Westen. Am Col de la Schlucht kreuzt die Passstraße die Route des Crêtes, eine 77 km lange Höhenstraße, die vom Lac Blanc bis nach Cernay verläuft und sich dabei immer auf einer Höhe um die 1000 Meter bewegt. Ferner mündet die D 61 von Norden in den Pass und die D 430 stößt einige hundert Meter westlich vom Pass von Süden auf die D 417.
Ein Kilometer südwestlich der Passhöhe liegt an der Route des Crêtes die Quelle der Meurthe.
An einer kulturellen, religiösen und linguistischen Grenze
Der Col de la Schlucht bildet wie die meisten Pässe der Hochvogesen zuerst eine sehr alte Landesgrenze zwischen dem Herzogtum Lothringen und der zersplitterten Landgrafschaft Elsass. Der direkte östliche Nachbar waren die Reichsabtei und die Reichsstadt Münster im Gregoriental, die der Landvogtei Hagenau unterlagen und die Reichsunmittelbarkeit genossen, sodass sich der Herzog Lothringens, der Reichsabt und der Gesandte der Talgemeinschaft auf den Reichstagen in verschiedenen Kollegien treffen konnten.
Mit der Einführung der Reformation[1] im Münstertal trotz der Schirmherrschaft der Benediktiner Äbte stellten die vogesischen Pässe in dieser Region weniger einen Übergangspunkt dar als eine deutliche, teilweise erwünschte Trennlinie zwischen zwei kulturell und geistig kontrastierenden, lange schlecht zu vereinbarenden Gemeinschaften. Damit eng verbunden war auch die jahrtausendealte Sprachgrenze, die den alemannischen Sprachraum von dem romanischen im Westen trennt. Wenn man den Col de la Schlucht von West nach Ost passierte, gelangte man in ein deutschsprachiges lutherisches Land mit enger Beziehung zu den Alpenländern u. a. der Schweiz und Westösterreich.[2] Dieser Kulturschock ist heute mit dem starken Rückgang der regionalen Mundart wie auch der religiösen Praxis kaum nachzuempfinden, wenn auch die architektonischen Landschaften beiderseits an zwei klar zu differenzierende Kulturgemeinschaften erinnern.
Die Passhöhe bildete von 1871 bis 1918 die Grenze zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich, und provisorisch wieder zwischen 1940 und 1945. Heute liegt der Pass im Gebiet der lothringischen Gemeinde Le Valtin im Kanton Fraize und trennt die Regionen Lothringen und Elsass.
Geschichte
Bau der ersten Straße
Dieser Pass wurde erst seit 1857 für den Durchgangsverkehr befahren, nachdem eine Straße zwischen Soultzeren und dem Collet, später verlängert nach Gérardmer, gebaut wurde. Es war eigentlich eine nicht leicht zu passierende Engstelle an der Kammlinie der Hochvogesen, deren Zugang nur mit der moderneren Technologie des 19. Jahrhunderts an steilen felsigen Talflanken und Bergrücken möglich wurde. Andere leichter erreichbare, wenn auch steile Pässe wurden am Kammzug im Münsterer Land in Verbindung mit der lothringischen Flanke der Vogesen seit dem Mittelalter mit einem Saumpfad benutzt wie der Col de Calvaire, der Col de Falimont oder der Col du Herrenberg.
Wie der Name es klar sagt, war der Pass zuerst eine enge Schlucht abseits aller Verkehrs- oder Handelsstraßen bzw. -Wege. Dort stieß man früher lediglich auf Schmuggler und Holztransporter mit ihren Hornschlitten.[3] Die Münsterer mussten das Holz, das sie unterhalb der Schlucht um den Retournemer-See herum geschlagen hatten, auf Serpentinenwegen wieder hochtransportieren und von dort aus wegen der steilen felsigen Hänge auf elsässischer Seite mit den Hornschlitten hinuntertragen.
Das Gregoriental war längst kein Territorium des Heiligen Römischen Reichs mehr, als die industrielle Revolution in Münster einsetzte, insbesondere durch den Unternehmensgeist der Familie Hartmann aus Colmar. Der Bau einer Straße, wie übrigens auch der Münster-Schlucht-Zahnradbahn, ist in der Tat der lokalen Unternehmerdynastie Hartmann zu verdanken, die dem Münstertal zum technisch-wirtschaftlichen Aufschwung auf dem Gebiet der Textilindustrie, der Holzverarbeitung und der Energiebranche entscheidend verholfen hat.[4]
In diesem neuen Münstertal hielt sich Voltaire 1754 ein Jahr lang auf, ohne die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er genoss die Anonymität und die Schlichtheit des damaligen Lebens in dem Weiler Luttenbach-Fortschwihr.[5]
Zwei Bahnstrecken trafen sich an der Schlucht
Vor dem Ersten Weltkrieg erreichten zwei Schmalspurbahnen Col de la Schlucht, beide waren in Meterspur gebaut, beide elektrifiziert, aber sie waren wegen der deutsch-französischen Grenze nicht miteinander verbunden. Auf deutscher Seite war das die Münsterschluchtbahn, auf französischer Seite die Tramways de Gérardmer (TG). Erst als die französische Armee zu Beginn des Ersten Weltkriegs hier die Grenze überschritt, übernahm sie die deutsche Strecke und schloss sie an die französische an, konnte sie aber nur bis Altenberg nutzen, da der dahinter liegende Zahnstangenabschnitt mit Adhäsionsfahrzeugen nicht befahrbar war. Die ehemals deutsche Strecke wurde nach dem Krieg nicht mehr in Betrieb genommen, die französische dann im Zweiten Weltkrieg abgebaut.[6]
Das Sanatorium-Hotel Altenberg
Unweit des Col de la Schlucht auf elsässischer Seite hat das 1896 gegründete Sanatorium[7] und Wellness-Hotel Altenberg, das als heute verkommenes[8] Centre médico-social am 30. September 2011 geschlossen wurde,[9] bekannte Kurgäste empfangen wie Wilhelm II., die Königin der Niederlande Wilhelmina, den britischen Premierminister Lord Robert Cecil oder den französischen Staatspräsidenten Raymond Poincaré.[10]
Das Baedeker-Handbuch für Reisende Deutschland in einem Bande[11] von 1906 beschreibt das Kurhotel wie ein Haus im Schweizer Stil („Chalet“) auf deutschem Boden und eine gute Wirtschaft.
Der alternative Fernwanderweg des GR 5
Der alternative GR 5, rotes Rechteck mit weißem Streifen in der Mitte, geht an der Kammlinie entlang und führt deshalb von Gipfel zu Gipfel mit einer Aussicht auf lothringische und elsässische Seite. Anstatt nach Mittlach hinunterzuwandern, kann man den GR 5 am Col de Herrenberg wieder erreichen, indem man auf der First bleibt.
Verlauf des alternativen GR 5
- Hohneck (1363 m)
- Kastelberg (1350 m)
- Rainkopf (1305 m)
- Rothenbachkopf (1316 m)
- Batteriekopf (1311 m)
- Col du Herrenberg (kreuzt hier den klassischen GR 5)
Aussichtspunkt Belvédère du Spitzenfels und andere Ziele
- Knapp 1 km östlich gibt es etwas nördlich der D 417 den Aussichtspunkt Belvédère du Spitzenfels, von dem man einen umfassenden Blick auf den Klettersteig Sentier des Roches sowie auf die drei höchsten Berge der Vogesen hat, nämlich den Großen Belchen im Süd-Südosten in zirka 20 Kilometern Entfernung, etwas westlich davon in ungefähr gleicher Entfernung den Storkenkopf und im Süd-Südwesten in zirka vier Kilometern Entfernung den Hohneck.
- Im Osten von Col de la Schlucht, an der D 61, liegt das Ausflugslokal „Auberge Gazon du Faing“ in einer Höhe von 1300 m, zwischen dem Lac Blanc und dem Col de la Schlucht. (Lage )
- Zwischen diesem Punkt und dem Col de la Schlucht liegt der Lac vert, für gute Wanderer auf verschlungenem Pfad nach etwa 1.000 m Entfernung von der D 61 zu erreichen.
Tour de France
Der Col de la Schlucht wurde in den Jahren 1931, 1957, 1961, 1969, 1970, 1973, 1992, 2005, 2009 und 2014[12] von der Tour de France befahren.
In der Literatur
Der Roman Das Gasthaus im Elsaß (Le Relais d'Alsace) von Georges Simenon aus dem Jahr 1931 spielt am Col de la Schlucht in einem fiktiven Gasthaus.
Literatur
- Alban Fournier: Les Vosges du Donon Au Ballon d'Alsace, Est Libris, 1994, Kapitel V, Teil IV (fr) (Reproduktion der Erstausgabe von 1901, Louis Geisler, Raon-L'Etape)
Weblinks
Einzelnachweise
- Siehe z. B. Homepage "Auf den Spuren des evangelischen Kulturerbes im Elsass", Rundwege, (de) itinerairesprotestants.fr
- Siehe Hauptartikel über die Reichsstadt Münster
- Alban Fournier, Les Vosges du Donon Au Ballon d'Alsace, EST Libris, 1994, S. 403, 5. Teil, Kap. 4
- Offizielle Homepage der Gemeinde Munster (de) vallee-munster.eu
- Alban Fournier, Les Vosges du Donon au Ballon d'Alsace, Est Libris, 1994, S. 413–417.
- Eisenbahnatlas Frankreich. Bd. 1: Nord – Atlas ferroviaire de la France. Tome 1: Nord. Schweers + Wall, Aachen 2015. ISBN 978-3-89494-143-7, Taf. 55, A3.
- Wird im Baedeker von 1942 erwähnt: "Das Elsass, Strassburg und die Vogesen: Reisehandbuch", Baedeker, Karl, Leipzig, 1942 – Seite 126
- Artikel auf der Website des Fernsehsenders FRANCE 3 france3-regions.francetvinfo.fr (fr)
- Artikel der Zeitung L'ALSACE vom 6. September 2011.
- Offizielle Homepage der Gemeinde Munster
- Deutschland in einem Bande: Handbuch für Reisende, Verlag von Karl Baedeker, 1906 – 452 Seiten
- Etappe 9–13. Juli 2014 – Gérardmer – Mulhouse – 166 km – 6 Pässe