Christiane Taubira
Christiane Taubira (* 2. Februar 1952 in Cayenne, Französisch-Guayana) ist eine französische Politikerin der Partei Walwari bzw. der Parti radical de gauche. Vom 16. Mai 2012 bis 27. Januar 2016 war sie Justizministerin in den Kabinetten Ayrault I, Ayrault II, Valls I und Valls II. Am 15. Januar 2022 erklärte Taubira ihre Kandidatur für die französische Präsidentschaftswahl im April 2022.[1]
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Leben
Christiane Taubira wurde als Tochter einer Krankenpflegehelferin geboren, die sie und ihre vier Geschwister allein aufzog. Laut ihrem offiziellen Lebenslauf (Trombinoscope) nahm sie an einer Art „Post-Master“ in Volkswirtschaftslehre (troisième cycle universitaire) teil. Anschließend arbeitete sie unter anderem als Lehrerin für Volkswirtschaftslehre.
Politische Laufbahn
1993 wurde Taubira erstmals für Französisch-Guyana in die französische Nationalversammlung gewählt und 1997, 2002 und 2007 jeweils wiedergewählt. Sie war jeweils Kandidatin der von ihr gegründeten, sozialistisch orientierten Partei Walwari. 1994 bis 1999 gehörte sie für die Parti radical de gauche auch dem Europaparlament an.
1993 stimmte Taubira bei der Vertrauensabstimmung über die Regierung Édouard Balladurs mit Ja. In der Nationalversammlung gehörte sie 1993 bis 1997 der Fraktion République et liberté an, die Abgeordnete kleiner Parteien der Linken wie der Rechten vereinte. Ab 1997 gehörte sie meist als sogenannte Apparentée der sozialistischen Fraktion an; von November 2001 bis Juni 2002 war sie Mitglied der Fraktion Radical-citoyen-vert, der auch die Abgeordneten der Parti radical de gauche angehörten.
2001 wurde Christiane Taubira Namensgeberin der loi Taubira. In diesem Gesetz erkannte Frankreich den Sklavenhandel und die Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschlichkeit an.[2] Taubira war Berichterstatterin für das Gesetz in der Nationalversammlung.
2002 kandidierte Taubira für die Parti radical de gauche (PRG) bei der Präsidentschaftswahl im April 2002 und erhielt im ersten Wahlgang rund 660.000 Stimmen (2,3 Prozent). Ihre Kandidatur trug zu einer Zersplitterung des linken Lagers bei, die letztlich dazu führte, dass der sozialistische Kandidat Lionel Jospin nur auf Platz drei kam und die Stichwahl zwischen dem Konservativen Jacques Chirac und dem Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen stattfand.[3]
2007 gehörte Taubira dem Wahlkampfteam der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal an. 2011 unterstützte sie in den sozialistischen Vorwahlen Arnaud Montebourg.
Am 16. Juni 2012 wurde Taubira als Justizministerin in das Kabinett von Jean-Marc Ayrault berufen. Sie blieb auch nach der Regierungsneubildung nach den Parlamentswahlen im Juni 2012 im Amt.[4] Als Justizministerin war Taubira zuständig für die Gesetzgebung der Mariage pour tous, mit der die Ehe für homosexuelle Paare geöffnet wurde.[5]
Der französische Staatspräsident François Hollande und die Regierung Ayrault II wollen eine Reform des französischen Justizsystems durchführen. Im Januar 2014 stellte Taubira Entwürfe der Öffentlichkeit vor.[6][7][8]
Am 27. Januar 2016 trat Taubira auch auf Aufforderung von Staatspräsident Hollande zurück. Sie hatte sich zuvor mehrfach gegen Maßnahmen der Regierung nach den Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris gestellt, insbesondere gegen das Vorhaben, wegen Terrorismus verurteilten Personen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen.[9]
Bei einer Urwahl ("primaire populaire") vor der Präsidentschaftswahl 2022 unter linken Wählern erlangte sie die beste Durchschnittsnote, vor weiteren linken Kandidaten wie Anne Hidalgo oder Jean-Luc Mélenchon.[10][11]
Schriften
- Mes météores : combats politiques au long cours. Mémoires. Flammarion, Paris 2012, ISBN 978-2-08-127895-0.
Weblinks
- Frühere Homepage von Christiane Taubira (Memento vom 17. August 2012 im Internet Archive) (Archivversion, 2012)
- Christiane Taubira auf der Homepage der französischen Regierung
- Christiane Taubira bei der französischen Nationalversammlung (13. Wahlperiode)
- Christiane Taubira in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments
Einzelnachweise
- Frankreich: Ex-Justizministerin kandidiert um Präsidentenamt, ORF, 15. Januar 2022.
- Loi n° 2001-434 du 21 mai 2001 tendant à la reconnaissance de la traite et de l’esclavage en tant que crime contre l'humanité (französisch).
- Joachim Schild: Politik. In: Joachim Schild, Henrik Uterwedde: Frankreich. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. 2. Auflage, VS Verlag, Wiesbaden 2006, S. 54.
- Nie mehr in die Strafkolonie in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 17. Februar 2013, Seite 10.
- Thomas Hanke: Frankreichs Justizministerin preist die Kunst der Verführung. Handelsblatt, 12. Februar 2013, abgerufen am 30. Mai 2013.
- Christiane Taubira lance la réforme de la justice, Le Monde, 12. Januar 2014.
- Une grande majorité de Français considèrent qu’il faut réformer la justice, Le Monde, 12. Januar 2014.
- La fin de l’état de grâce de Christiane Taubira, Le Monde, 22. Dezember 2013.
- Frankreichs Justizministerin tritt wegen Anti-Terror-Gesetz zurück. In: sueddeutsche.de. 27. Januar 2016, abgerufen am 30. Januar 2016.
- Annika Joeres: Sie wollte die französische Linke einen – aber die Linke will nicht. In: ZEITonline. 31. Januar 2022, abgerufen am 31. Januar 2022.
- Stefan Brändle: Frankreichs Linke weckt mit Taubiras Kür Erinnerungen an 2002. In: DerStandart. 31. Januar 2022, abgerufen am 31. Januar 2022.