Champagner-Fabrik J. E. Hubert
Die in Preßburg 1825 gegründete Champagnerfabrik Hubert war die erste Sektkellerei in Königreich Ungarn.
Einführung
In der Anfangszeit der Industrialisierung Altungarns entwickelten sich naturgemäß auch in Preßburg zuerst jene Wirtschaftszweige auf Industrieniveau, wo heimische Ressourcen vorhanden waren. In Preßburg waren das in erster Linie der alteingesessene Weinbau und die Landwirtschaft der Umgebung. So entfielen im Jahre 1884 53 % der genutzten Maschinenkraft auf die Lebensmittelindustrie, was auf den, nach wie vor, landwirtschaftlichen Charakter des Landes hindeutet. Im Jahre 1910 betrug der landwirtschaftliche Anteil an der Volkswirtschaft Altungarns noch rd. 60 % (zum Vergleich: Deutsches Reich 35 %, Königreich Böhmen 38 %); der Industrieanteil hingegen lag lediglich bei 18 % (Belgien 50 %, Großbritannien 46 %, Deutsches Reich 38 %). Es ist also verständlich, dass sich auch in Preßburg Lebensmittelbetriebe, als erste ansiedelten.[1]
Champagner-Fabrik und Weinhandlung J. E. Hubert
Die „Champagner-Fabrik und Weinhandlung J. E. Hubert“, k. u. k. Hoflieferant, war nicht nur das erste und einzige Unternehmen seiner Art im ganzen Königreich Ungarn, sondern auch weltweit die erste Champagnerkellerei außerhalb der Grenzen Frankreichs. Die „Champagner-Fabrik“, wie sie damals hieß, wurde von Johann Fischer[2] – dem Spross einer alteingesessenen Preßburger Bürgerfamilie – und Dr. Michael Schönbauer gegründet. Bereits kurze Zeit nach der Gründung konnte sich die Firma landesweiter Anerkennung erfreuen. In einem Bericht über die Zweite allgemeine österreichische Gewerbe-Producten-Ausstellung des Jahres 1839 wurde sie mit Lob erwähnt. Wörtlich heißt es darin: „Die Herren Aussteller haben sich einer ehrenvollen Erwähnung würdig gemacht, indem ihre Weine hinsichtlich des regelmäßigen Moussirens und der Klärung, so wie bezüglich des angenehmen Geschmackes alles Lob verdienen.“ (siehe Weblink). Bereits im Jahre 1840 produzierte die Firma 10 000 Flaschen Sekt und wurde 1846 mit einer Goldmedaille für hervorragende Qualität ausgezeichnet.
Im Jahre 1877[3] ging dann die Firma in den Besitz von Hubert[4] und Habermann („Hubert & Habermann Champagner-Fabrik und Weinhandlung“) über. Nach dem frühen Tode von Johann Evangelist im Jahre 1882[5] wurde die Firma von dessen Witwe Pauline Hubert fortgeführt. Das Produktionsgebäude stand auf der Landstraße (N° 257) in Preßburg und wurde in den 1860er Jahren abgerissen (heute steht auf dieser Stelle das Hochhaus der Technischen Universität). In den 1860er Jahren wurden hier etwa 120 000 Flaschen Sekt /Jahr produziert. Die aus Österreich stammende Familie Hubert[6] stellte u. a. auch die bekannte Sektmarke „Hubert Gentry Club“ her, die im Jahre 1896 bei der Millenniumsausstellung[7] in Budapest die goldene Medaille erhielt. Da die Marke „Gentry Club“ zu den Lieblingsmarken von Kaiser Franz-Joseph gehörte, besuchte er persönlich den Hubert-Pavillon bei der Millenniumsausstellung. Für die Firma war das damals ein riesiger Erfolg. Ein beträchtlicher Teil (70 bis 80 %) der Jahresproduktion[8] wurde ins Ausland exportiert und erhielt zahlreiche nationale, sowie internationale Auszeichnungen.[1]
Das Jahr 1945 bedeutete auch für die Firma Hubert das Ende als Familienbetrieb. Aufgrund der Beneš-Dekrete wurde die Firma enteignet und 1949 verstaatlicht. Ab 1952 ist im Stammhaus auf der Landstraße kein Champagner mehr produziert worden. Die Produktion wurde nach Sereth (slow. Sereď ) verlegt, produziert jedoch auch gegenwärtig unter dem alten Familiennamen weiter.
Die Firma Hubert ist eine der wenigen Firmen in der heutigen Slowakei, die ihre Existenz seit ihrer Gründung bis heute bewahren konnte. Seit dem Jahr 2000 gehört die Fa. Hubert dem deutschen Konzern Henkell & Söhnlein Sektkellereien KG in Wiesbaden.[1]
Literatur
- Viera Obuchobá: Ondrejský cintorín. Bratislava 2004, S. 56f und 81f, ISBN 80-88912-75-X. (slowakisch)
- Anton Klipp: Preßburg. Neue Ansichten zu einer alten Stadt. Karpatendeutsches Kulturwerk, Karlsruhe 2010, ISBN 978-3-927020-15-3.
Einzelnachweise
- Anton Klipp: Preßburg..., S. 87ff (siehe Literatur)
- Johann Fischer wurde wegen seiner Verdienste von Kaiser Franz II. in den erblichen Adelsstand erhoben. In der damaligen Presse firmierte er unter der Bezeichnung "Johann Fischer, k.k. Hof Specerey= und Weinhändler in Preßburg".
- Bereits im Jahre 1875 soll ein Franz Hubert (vermutlich ein Bruder von Johann) Miteigentümer der Firma gewesen sein.
- Johann Evangelist Hubert (* 1849, † 1882) und seine Ehefrau Pauline begannen Sekt nach der aus Frankreich kommenden Mèthode champenoise nach französischen Rezepten herzustellen. Nach dem Tode ihres Mannes Johann Evangelist wurde die Firma von seiner Ehefrau Pauline Hubert als Firmenchefin fortgeführt.
- Johann Evangelist Hubert wurde im Erbbegräbnis der Familie im Andreas-Friedhof zu Preßburg beigesetzt. Die überwiegend deutschen und ungarischen Gräber des Friedhofes wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den kommunistischen Machthabern der Tschechoslowakei gewaltsam und mutwillig beseitigt. So erging es auch der Gruft der Familie Hubert. Der Grabstein mit deutscher Aufschrift blieb erhalten und wurde nach der Samtenen Revolution an der Friedhofsmauer wieder aufgestellt.
- Ein Ahne der Hubert's soll sich nach dem Ende der Napoleonischen Kriege als französischer Soldat um das Jahr 1815 in Preßburg niedergelassen haben, da er sich hier in ein Mädchen verliebte, das er zur Frau nahm und bis an sein Lebensende in Preßburg blieb und mit Champagner experimentierte. Diese Aussage kursierte immer wieder in der Stadt Preßburg konnte aber bisher mit Belegen nicht bewiesen werden.
- Im Jahre 1896 wurden die Millenniumsfeierlichkeiten anläßlich des 1000-jährigen Bestehens des Ungarischen Königreiches (Landnahme) in allen Regionen des Landes festlich begangen. In Budapest wurde deshalb eine Ausstellung eröffnet, die auch vom Kaiser Franz Joseph besucht wurde; bei dieser Gelegenheit besuchte er auch den Stand der Firma Hubert und war für den ihm angebotenen Sekt (Gentry Club) voll des Lobes.
- Milan Moncoľ: Technické pamiatky Bratislavy (Technische Denkmäler von Preßburg), Bratislava 1985, S. 70 (slowakisch)
- In dieser Grabstelle, wurde auch einer der Gründer der Sektkellerei, Johann Fischer bestattet.