C. G. Haenel
Die C. G. Haenel GmbH ist ein deutscher Waffenhersteller mit Sitz in Suhl.
C. G. Haenel GmbH | |
---|---|
Rechtsform | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
Gründung | 1840, 2008 |
Auflösung | 1945 |
Sitz | Suhl, Deutschland |
Leitung | Olaf Sauer (Geschäftsführer) |
Mitarbeiterzahl | 9 Arbeitnehmer (2018)[1] |
Umsatz | 7,15 Mio. Euro (2018)[1] |
Branche | Waffenhersteller |
Website | www.cg-haenel.de |
1840 wurde von Carl Gottlieb Haenel die Vorgängergesellschaft des Unternehmens gegründet, die C. G. Haenel Waffen- u. Fahrradfabrik Suhl. Diese begründete mit dem unter Hugo Schmeisser entwickelten Maschinenkarabiner 42(H) die Waffenkategorie der Sturmgewehre die mit der Benennung des Sturmgewehr 44 Verbreitung fand. 1945 wurde die Firma C. G. Haenel unter sowjetischen Besatzung als eigenständiges Unternehmen aufgelöst und in den Volkseigenen Betrieb VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ überführt.
2008 wurde C. G. Haenel, ausgestattet mit Lizenz- und Markenrechten der historischen Vorgängergesellschaft, wiedergegründet. Das Unternehmen gehört über die zum arabischen Waffenhersteller Caracal International zugehörige Merkel-Gruppe indirekt zum Staatskonzern EDGE Group aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.[1]
Geschichte
Der königlich preußische Gewehrfabrik Kommissar Carl Gottlieb Haenel gründete 1840 auf Anregung des Kriegsministeriums die C. G. Haenel Waffen- u. Fahrradfabrik Suhl ursprünglich als Institut zur Ausbildung von Militärbüchsenmachern. Anfangs wurden Infanteriegewehre hergestellt und ab 1896 begann Haenel mit der Produktion von Fahrrädern. Die Produktkombination Waffen und Fahrräder, war in dieser Zeit nicht unüblich, weil sie vergleichbare Produktionsmittel und Fertigkeiten erforderte. Auch Simson (Suhl) stellte sowohl Zweiräder als auch Waffen her. Im Rahmen der Produktion verschiedener Infanteriegewehre wie dem Modell 1841, dem Modell 1871 oder dem Gewehr 88 war das Unternehmen Teil der „Productionsgenossenschaft Spangenberg, Sauer, Schilling und Haenel“.[2] Im Jahr 1887 trat der Suhler Waffenkonstrukteur C. W. Aydt in das Unternehmen ein, um in einer eigens dafür gegründeten Sportwaffen-Abteilung seine Aydt-Scheibenbüchse und später mit gleichem System die Aydt-Scheibenpistole zu produzieren.[3] Als das Deutsche Heer 1879 den Reichsrevolver M1879 und später M1883 einführte, verband sich Haenel für einige Zeit mit dem Sportwaffenfabrikanten V. Ch. Schilling als „Suhl Consortium“ und gewann einen Fertigungsanteil an dieser Auftrags-Produktion (Kennzeichnung: „VCS CGH Suhl“) des Reichsrevolvers. Haenel produzierte Jagdwaffen und auch Bajonette für das Deutsche Heer. Während des Ersten Weltkrieges stellte C. G. Haenel auch große Mengen des Mauser Modell 98 her.
1920 bis 1934
Mit dem Eintritt des Ingenieurs Hugo Schmeisser 1921 wurden zunächst Taschenpistolen nach Schmeisser-Patenten gefertigt.[4] Gleichzeitig begann damit die Ära der automatischen Waffen bei Haenel: Trotz des Verbotes durch den Versailler Vertrag entwickelte Schmeisser Maschinenpistolen. Hugo Schmeisser war der Sohn des berühmten Waffenkonstrukteurs Louis Schmeisser, der bei Bergmann in Suhl Maschinengewehre entwickelt hatte. Hugo Schmeisser hatte bei Bergmann gelernt und dabei viel Wissen über automatische Waffen angesammelt – er wurde später auch als „Vater des automatischen Karabiners“ bezeichnet.[5] Über die Lizenzvergabe der Schmeisserschen Entwicklungen an ausländische Waffenhersteller kam es 1919 zum Bruch zwischen ihm und der Familie Bergmann. Gemeinsam mit seinem Bruder Hans Schmeisser hatte Hugo Schmeisser 1919 das Unternehmen „Industriewerk Auhammer Koch und Co.“ in Suhl gegründet. In diese Zeit fiel der erste Kontakt zu Haenel, der den Beginn einer 20 Jahre währenden Zusammenarbeit darstellte. Zur Absicherung seiner Patentrechte gründete Hugo Schmeisser im Sommer 1922 ein zweites Unternehmen unter der Firma „Gebrüder Schmeisser“ in Suhl. Damit sollte verhindert werden, dass Schmeisser bei einem Konkurs von Auhammer sämtliche Patente verloren gingen. Da auch Haenel in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte, traten im Frühjahr 1925 die Brüder Schmeisser als Prokuristen ein. Haenel übernahm Auhammer mit sämtlichen Aktiva und Passiva, womit ein Konkurs des Unternehmens verhindert werden konnte. Die Brüder Schmeisser blieben Prokuristen von Haenel, obwohl sie Anteilseigner und faktisch geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens waren.
Trotz der Bestimmungen des Versailler Vertrages liefen die Entwicklung und der Test von Maschinenpistolen bei Haenel weiter. Im Jahr 1928 wurde die aus der MP18 weiterentwickelte MP28 vorgestellt. Die MP28 benutzte ein 32-schüssiges Stangenmagazin. Die MP28 war ebenfalls ein zuschießender Rückstoßlader mit Masseverschluss. Die Waffe kam nach 1928 bei der deutschen Polizei zum Einsatz. Über einen Lizenzvertrag mit dem belgischen Unternehmen Bayard erfolgten Lieferungen nach Südafrika, Spanien, die Republik China und Japan. Noch fast zehn Jahre später kam die MP28 im spanischen Bürgerkrieg zum Einsatz. Trotz der konstruktiven Erfolge von Hugo Schmeisser geriet Haenel in den Jahren 1929 bis 1934 mehrmals in Konkursgefahr.[6]
1935 bis 1944
Um an den zu erwartenden staatlichen Rüstungsaufträgen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten von 1933 entscheidend Anteil zu haben, schlossen sich 1934 die zehn Suhler und Zella-Mehlisser Waffenbetriebe zu einer Vereinigung unter dem Namen „Vereinigte Suhl-Zella-Mehlisser Waffenfabriken“ zusammen. Diese Vereinigung organisierte die direkten Beziehungen zu den Dienststellen der Heeresverwaltung. Die einzelnen Waffenfabriken aus Suhl errichteten darüber hinaus eigene Büros in Berlin.[6] Die Heereszeugämter kennzeichneten Haenel-Produkte mit dem Abnahmestempel (fxo).[7]
Nach 1935 erlebte Haenel in der Waffenproduktion einen enormen Aufschwung. Im Gegensatz zu vielen anderen Konstrukteuren partizipierten die Brüder Schmeisser über Lizenzgebühren und Anteile persönlich am Geschäft. Ab 1938 wurde bei Haenel eine neue automatische Waffe mit einem ebenfalls neuen Kaliber entwickelt. Diese neue automatische Waffe hatte eine Kurzpatrone, Kaliber 7,92 × 33 mm. Die Waffe sollte sich durch höhere Leistung von der MP38/40 absetzen und unter sparsamer Verwendung von Material in hoher Stückzahl produziert werden. Es entstand im spanlosen Blechformverfahren, die so genannte Blechprägetechnik und mit ihrer Hilfe der erste Maschinenkarabiner der Welt. Diese Waffe wurde zuerst unter der Bezeichnung Mkb42 bekannt, in der Folge unter MP43. Bereits 1943 wurden 10.000 Stück für die Front produziert, doch Hitler verbot im gleichen Jahr Weiterentwicklung und Produktion. Erst 1944, als die neue Waffe im Truppenversuch einen durchschlagenden Erfolg hatte, genehmigte Hitler die Massenproduktion des inzwischen in MP44 umbenannten Gewehrs. Im April 1944 erhielt die neue Waffe die Bezeichnung „Sturmgewehr 44“.
1945
Am 3. April 1945 besetzten amerikanische Truppen die Stadt Suhl und verhängten für alle Waffenfabriken ein Produktionsverbot. Ende Juni 1945 räumten die Amerikaner Thüringen, und die Rote Armee besetzte das Werk. Im August 1945 wurden 50 Sturmgewehre 44 aus vorhandenen Teilen zusammengebaut und von der Roten Armee zur technischen Auswertung in die Sowjetunion überstellt, außerdem 10.785 Blatt technische Zeichnungen zur Fertigung von Militärwaffen.[6]
Haenel in der Zeit der DDR
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Haenel Werke von den Alliierten als Rüstungsbetrieb eingestuft, das Werk 1946 weitgehend demontiert und als Reparationszahlung in die Sowjetunion transportiert. Mit dem VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ Suhl begann Ende der 1940er-Jahre wieder die Waffenproduktion in Suhl. Unter der Marke Haenel Suhl wurden nach dem Krieg unter anderem Luftgewehre und Jagdkarabiner hergestellt.
Haenel heute
2008 wurde das Unternehmen unter altem Namen neu gegründet.[1] Heute gehört C. G. Haenel zur Merkel-Gruppe, die wiederum dem arabischen Waffenhersteller Caracal International mit Sitz in Abu Dhabi (UAE) gehört.[8] Rechtlicher Eigentümer der genannten Unternehmen ist die EDGE Group (Vereinigte Arabische Emirate). Damit stehen C.G. Haenel als Kerntechnologie des Handfeuerwaffenbaus zwei leistungsfähige Laufschmiedemaschinen zur Verfügung. Erstes Produkt des Unternehmens war 2008 das Präzisionsgewehr-System RS8, 2009 die größere Variante RS9 im Kaliber .338 Lapua Magnum. 2009 wurde ein Sortiment von Kipplauf-Jagdgewehren der Serie Jaeger.8 präsentiert. 2010 zeigt Haenel auf der Internationalen Waffenausstellung IWA in Nürnberg den Repetierer Jaeger.10, die ursprünglich von Heckler & Koch entwickelte Selbstladebüchse SLB 2000+, die Kipplaufbüchse Jaeger.9 sowie die Bockflinte Jaeger.11 und ist damit Komplettsortimenter für Jagdgewehre.
Im Februar 2016 wurde das „Haenel RS9“ als neues Scharfschützengewehr mittlerer Reichweite G29 für die Bundeswehr ausgewählt.[9][10] Im November 2016 lieferte Haenel das CR 223 an die Hamburger Polizei. Das Selbstladegewehr[11] hatte Probleme mit der von der Hamburger Polizei verwendeten Spezialmunition und wird bei Haenel nachgearbeitet.[12][13] Im Jahr 2018 hatte das Unternehmen laut Geschäftsbericht neun Arbeitnehmer und erwirtschaftete 7,15 Millionen Euro bei einem Verlust von 485.000 Euro, die die Muttergesellschaft, die Merkel Jagd- und Sportwaffen GmbH übernahm.[1]
Erst im Januar 2019 wurde bekannt, dass Haenel neben Heckler & Koch der verbliebene Anbieter in der Ausschreibung um die Nachfolgewaffe des Standard-Bundeswehrgewehrs G36 ist. Das Bundesverteidigungsministerium hat seit April 2017 das neue Sturmgewehr der Bundeswehr ausgeschrieben.[14] Bei der G36-Nachfolge geht es um 120.000 Sturmgewehre, die in der ursprünglichen Planung 2020 ausgeliefert werden sollten. Im Vorfeld haben verschiedene Waffenhersteller ihre Teilnahme am Bieterverfahren zurückgezogen. Eine Beschaffungsentscheidung sollte im 2. Quartal 2020 getroffen werden.[15][16] Im September 2020 wurde bekannt, dass Haenel mit dem MK 556 Ausschreibungssieger für den Nachfolger des G36 bei der Bundeswehr ist. Der Vergabeprozess des rund 250 Millionen Euro umfassenden Auftrags ist damit noch nicht beendet, mit einer endgültigen Entscheidung wird frühestens Ende 2020 gerechnet.[17][1] Anfang Oktober 2020 wurde der Zuschlag wegen eines Formfehlers beim Vergabeverfahren zurückgezogen.[18]
Nach Angaben von Business Insider vom 19. Februar 2021 soll Haenel der Auftrag von über 120.000 Sturmgewehren durch das Verteidigungsministerium entzogen werden. Es soll zu illegalen Preisabsprachen zwischen dem Beschaffungsamt der Bundeswehr und Haenel selbst gekommen sein. Interne Gutachten bescheinigen dem MK 556 zudem schlechtere Eigenschaften als die des Gewehrs vom Konkurrenten, Heckler und Koch. Diese Fakten sollen unterschlagen worden sein.[19]
Nach einer Entscheidung des Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) wurde C. G. Haenel im März 2021 vom Auswahlverfahren zur Produktion einer Ordonnanzwaffe der Bundeswehr ausgeschlossen.[20]
2022 stritten sich die Anwälte von Haenel mit den Anwälten des Verteidigungsministeriums und den Anwälten von Heckler & Koch am Oberlandesgericht Düsseldorf.[21]
Literatur
- Norbert Moczarski: Die Ära der Gebrüder Schmeisser in der Waffenfabrik Fa. C. G. Haenel Suhl 1921–1948. Ein weitgehend unbekanntes Kapitel Suhler Industriegeschichte. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins 1999. Band 15. Frankenschwelle, Hildburghausen 2000.
Einzelnachweise
- Timo Lehmann, Claus Hecking, Matthias Gebauer: Das arabische Sturmgewehr. Bundeswehrauftrag für Haenel. Der Spiegel, 15. September 2020, abgerufen am 25. Oktober 2020.
- https://www.germanhuntingguns.com/archives/haenel-c-g-of-suhl/
- Fahrrad- und Waffenfabrik C.G. HAENEL in Suhl. In: vestpockets.bauli.at. Abgerufen am 4. Februar 2016.
- Haenel Shmeisser (sic!) mod I (Memento vom 10. Dezember 2003 im Internet Archive)
- Hugo Schmeisser (Memento vom 20. Februar 2009 im Internet Archive)
- Norbert Moczarski: Die Ära der Gebrüder Schmeisser in der Waffenfabrik C. G. Haenel Suhl 1921–1948. Ein weitgehend unbekanntes Kapitel Suhler Industriegeschichte. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins. Hildburghausen 1999, S. 237–268.
- K98k Mauser Page. In: mausershooters.org. Abgerufen am 4. Februar 2016 (englisch).
- Gerhard Hermann: Schlagabtausch im Kampf um Sturmgewehr-Auftrag der Bundeswehr. In: Welt Online. 20. Januar 2019, abgerufen am 28. März 2019.
- HAENEL gewinnt Bundeswehr-Ausschreibung. In: all4shooters.com. 3. Februar 2016, abgerufen am 4. Februar 2016.
- Scharfschützengewehr mittlerer Reichweite. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Europäische Sicherheit und Technik. 11. Februar 2016, archiviert vom Original am 12. Februar 2016; abgerufen am 12. Februar 2016.
- Einstufung eines Selbstladegewehrs Modell CR 223 der Firma C.G.Haenel GmbH vom 05.11.2013. (PDF) In: polizei.de. 5. November 2013, abgerufen am 28. November 2017.
- Hamburg: Polizei muss Gewehre wegen Ladehemmung zurückgeben. In: Welt.de. Abgerufen am 27. November 2017.
- Andre Zand-Vakili: Ladehemmung – Polizei gibt neue Sturmgewehre wieder zurück. In: abendblatt.de. 8. August 2017, abgerufen am 28. November 2017.
- Haenel bewirbt sich um Auftrag für 120.000 Sturmgewehre. In: inSuedthueringen.de / Suhler Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 24. Januar 2019, abgerufen am 26. Januar 2019.
- Nachfolge von G36 Sturmgewehr. In: stuttgarter-nachrichten.de. 24. November 2017, abgerufen am 26. Januar 2019.
- System Sturmgewehr Bundeswehr – Entscheidung 2020 erwartet in Europäische Sicherheit & Technik 12. Oktober 2019
- System Sturmgewehr Bundeswehr – Ausschreibung verzögert sich weiter
- Matthias Gebauer, DER SPIEGEL: Kramp-Karrenbauers peinlicher Rohrkrepierer - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 9. Oktober 2020.
- Lars Petersen: Heckler & Koch soll doch zum Zuge kommen: Bundeswehr will C.G. Haenel den Sturmgewehr-Auftrag entziehen. 19. Februar 2021, abgerufen am 19. Februar 2021.
- Bundeswehr: Heckler & Koch soll neues Sturmgewehr liefern. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 2. März 2021.
- Peter Carstens: Wenn Richter über die Bewaffnung der Truppe entscheiden, in: FAZ, 3. März 2022, S. 7.