Bunheim Schaiff

Bunheim Schaiff o​der Bonhem Schaf u. ä. (hebräisch שמחה כבש Simcha Keves[A 1] o​der שמחה צון Simcha Zon[A 2]; geboren v​or 1349; gestorben zwischen 1392 u​nd 1394, vermutlich i​n Köln) w​ar ein deutscher jüdischer Unternehmer, d​er in Jülich u​nd Köln wirkte.

Leben

Bunheim Schaiff (Schaeffe, Schoyf, Schaef, Schaep, Scaep, Schaaf, Sew)[A 3] w​ar der Sohn v​on Ephraim, d​er vielleicht – möglicherweise während d​es Pogroms v​on 1349 – a​ls jüdischer „Märtyrer“ getötet wurde.[1][2] Der Name Bunheim (Bunheym, Bonhem, Bunem) i​st romanischen Ursprungs[1] u​nd bedeutet Gutmann („bon-homme“).[3]

Jülich

Bunheim Schaiff lebte vor 1372 in Jülich.[4] 1367 lieh der Administrator des Erzbistums Kuno II. von Falkenstein († 1388) von Bunheim Schaiff für vier Jahre 800 Mottunen für das Erzstift Köln. Als Bürgen stellte er Erbkämmerer Werner von Bachem († nach 1393) und den erzbischöflichen Rat Ritter Johann Wolff von Rheindorf.[5] Walrave von Quattermart hatte bei Bunheim ein Darlehen aufgenommen, das 1371 zur Hälfte von der Stadt Köln an Schaiffs Schwager Josef Koppelmann von Brühl ausgezahlt wurde.[6] Bunheim stimmte der Transaktion zu und bezeichnete dabei Arnold II. von Randerath und Erprath (* vor 1340; † 1390/91), der die Urkunde zusammen mit dem Knappen Arnold von Kinzweiler († nach 1376) siegelte, als „seinen lieben Herrn“.[7]

Köln

Als s​ich 1372 n​ach 23 Jahren Vertreibung a​us der Stadt erstmals wieder Juden i​n Köln ansiedeln durften,[8] w​aren unter i​hnen auch „Schaiff d​er iûde i​nd syn eydûm“, d. h. s​ein Schwiegersohn Vyvus (Vivus) i​n der Botengassen[A 4]. Sie zahlten zusammen 1.000 Gulden Aufnahmegeld u​nd 100 Gulden jährliches Schutzgeld.[9][1]

Graf Wilhelm II. v​on Berg (1348–1408) n​ahm 1373 e​in Darlehen über 5.100 Gulden b​ei den beiden Kölner Juden Bunheim Schaiff u​nd Isaak v​an dem Bruele (vom, v​on Brühl) – identisch m​it Isaak v​on Montjoie (gest. u​m 1382/86) – auf.[10][11] Um d​en Anteil Isaaks v​on Montjoie entstand i​n der Folgezeit e​ine Fehde zwischen d​er Stadt Köln u​nd Graf Diether VIII. v​on Katzenelnbogen (1340–1402).[A 5]

Bunheim Schaiff verlor i​n dieser Zeit e​inen Teil seines Vermögens a​n Herzog Wilhelm II. v​on Jülich († 1393) u​nd dessen Frau Maria v​on Geldern († 1405): Im März 1376 sprachen d​er Herzog u​nd die Herzogin Wilhelm II. v​on Berg v​on aller verbriefter Schuld frei,[12] über d​ie ihnen m​it dem Besitz d​es Juden Schaiff rechtmäßig Schuldbriefe zugefallen seien.[13] Zwei Monate später quittierte Bunheim Schaiff e​ine von d​em Grafen v​on Berg zurückgezahlte Anleihe u​nter Vorbehalt zweier Schuldbriefe v​on 6.000 u​nd 4.000 a​lten guten Schilden[A 6], wofür Pfänder gestellt wurden.[14] Das a​n der Urkunde hängende Siegel Bunheims, d​as in e​inem verzierten Vierpass wahrscheinlich d​en für „Schafe“ bestimmten Brandopferaltar u​nter einer Mondsichel, d. h. a​m Neumondtag z​eigt (vgl. Num 28,18f ; i​m Hebräischen s​teht dort כבשים Schafe), i​st nicht m​ehr lesbar.[15] Bunheim quittierte Wilhelm II. v​on Berg, d​er inzwischen Herzog geworden war, 1387 m​it seiner hebräischen Unterschrift שמחה בהק״ר אפרים כבש (= Simcha, Sohn d​es seligen (= Märtyrers?)[2] Herrn Ephraim Keves)[15] d​ie Zahlung v​on 900 Schild a​ls Hälfte e​iner Forderung; d​ie Urkunde siegelten d​er Greve Rembold Scherfgin[A 7] s​owie der Schöffe u​nd Rentmeister Constantin (Costyn) von Lyskirchen z​u Mirweiler.[16]

Zwischen 1375 u​nd 1391 unterstützte Bunheim d​ie Stadt Köln m​it hohen Summen, d​ie die Stadt i​n ihrer Auseinandersetzung m​it Erzbischof Friedrich III. v​on Saarwerden (* u​m 1348; † 1414) benötigte. Sein früherer Geschäftspartner Isaak v​on Montjoie dagegen finanzierte d​en Erzbischof. In dieser Zeitspanne i​st die Vergabe v​on Darlehen über 43.200 Kölner Mark belegt, a​n denen Bunheim Schaiff beteiligt war, d​avon hat e​r selbst f​ast 28.000 Mark alleine getragen.[17][1] Für d​ie Rückzahlungen a​n Bunheim wurden Einnahmen a​us dem Mahlpfennig (1375/1378), d​er Fleisch-Akzise (1375), d​er Wein-Akzise, d​em Krangeld u​nd dem Bestadegeld[A 8] (1377) verwendet.[1] 1382 erhielt Bunheim aufgrund e​ines besiegelten Schuldbriefs 1.400 Gulden v​on der Stadt Köln zurück.[18][1]

1381 quittierte Bunheim d​em Ritter Johann v​on Vorst[A 9] d​ie Einlösung e​ines mit Perlen besetzten Rocks.[19] 1382 besiegelte Bunheim Schaiff zusammen m​it dem Greven Rembold Scherfgin u​nd dem Schöffen Heinrich v​om Cuesin d. J.[A 10] e​ine Quittung d​es Vivus v​on Gelnhausen über 250 Gulden.[20]

1388 stellten Tilmann v​on Düne (Dhaun)[A 11] u​nd Hermann v​on Drolshagen für Ruprecht v​on Deutzerfeld, Sohn d​es Karsilius v​on Merode, e​inen Schadlosbrief w​egen dessen Schuld b​ei Bunheim aus.[21] Gerhard v​on der Wambach[A 12] h​atte wegen Bunheim Schaiff d​er Stadt Köln e​ine Fehde angesagt, 1388 erfolgte d​ie Sühne dieser Fehde.[22]

1394 w​urde Schaiffs Witwe Bechlein (oder: Rechlin)[4] zusammen m​it seinem Schwiegersohn Vivus i​n der Botengassen „des Königs wegen“ v​or das königliche Hofgericht i​n Prag geladen, a​ber von d​em kaiserlichen Hofrichter Graf Emich VI. [VII.] v​on Leiningen-Dagsburg (* u​m 1364; † 1452)[A 13] freigesprochen, w​eil der Prokurator König Wenzels v​on Luxemburg n​icht zum Termin erschien.[4][23]

Familie

Als Kinder d​es Bunheim Schaiff u​nd seiner Frau Bechlein o​der Rechlin (gest. n​ach 1394)[4] a​us Jülich[24] werden genannt:[1]

  1. (Tochter), verheiratet mit Vivus (Vif, Feivisch = Phoebus, der „Leuchtende“) in der Botengassen (gest. zwischen 1404 und 1406) aus Jülich,[4] hebräischer Name אורי (Uri = „Licht“), Sohn des Märtyrers Elieser ha-Levi gen. Lipman von Osnabrück, zwischen 1379 und 1391 an Darlehen für die Stadt Köln beteiligt, 1382 bis 1386 auch in Dortmund tätig, Vater des Wormser Rabbi Anselm von Köln (gest. nach 1445)
  2. Seligmann (Seylgin, Selichmann Schaiff oder Scaepson) (gest. nach 1406), hebräischer Name אהרן (Aaron), verheiratet mit Gymen (gest. nach 1388), Schutzjude 1397 des Grafen Dietrich II. von der Mark (1374–1398) und 1400 des Grafen Reinald von Jülich und Geldern († 1423), 1400 in Nimwegen,[25] 1401 in Wesel und 1405 wohl in Bergen op Zoom ansässig,
  3. Gumpert (gest. nach 1384), 1384 als Darlehnsgeber der Stadt Koln erwähnt,
  4. Vyvelen (gest. zwischen 1395 und 1400), verheiratet mit einer Tochter des später hingerichteten Süßkind von Siegburg (gest. 1377),
  5. Myngen (Mincha) (gest. nach 1414), verheiratet mit Kalman (Kalonymos).

Quellen

  • Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Cöln, der Fürstenthümer Jülich und Berg, Geldern, Meurs, Kleve und Mark, und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden, Bd. III. H. Voß, Düsseldorf 1853 (Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn)
  • Leonard Ennen (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. V und Bd. VI. M. DuMont-Schauberg, Köln 1875 und 1879 (Digitalisat und Digitalisat)
  • Richard Knipping (Bearb.): Die Kölner Stadtrechnungen des Mittelalters, mit einer Darstellung der Finanzverwaltung,, Bd. I. Die Einnahmen und die Entwicklung der Staatsschuld. Bd. II Die Ausgaben. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 15). H. Behrend, Bonn 1897 und 1898
  • Wilhelm Janssen u. a. (Hrsg.): Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. VII 1362-1370 (Adolf von der Mark, Engelbert von der Mark, Kuno von Falkenstein). (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 21/7) Droste, Düsseldorf 1982

Literatur

  • Leonard Ennen: Geschichte der Stadt Köln, meist aus den Quellen des Kölner Stadt-Archivs, Bd. III. L. Schwann, Köln / Neuss 1869, bes. S. 312–318 (Digitalisat), (Google-Books)
  • Carl Brisch: Geschichte der Juden in Cöln und Umgebung aus ältester Zeit bis auf die Gegenwart, Bd. II. Carl Warnitz, Köln 1882 (Nachdruck Sändig, Wiesbaden 1973, ISBN 3-500-26580-4), S. 2 und 21 (Digitalisat der Freimann-Sammlung in der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main)
  • Adolf Kober: Vier Generationen einer jüdischen Familie am Rhein um 1400. In: Harry Levi (Hrsg.): אמת ליעקב – ʾEmet le-Yaʿaqov. Festschrift für Jakob Freimann. Selbstverlag des Rabbinerseminar, Berlin 1937, S. 106–118 (Digitalisat bei HebrewBooks)

Anmerkungen

  1. כבש Keves bedeutet „Schaf“.
  2. צון Zon bedeutet „Schafe“ (kollektiv).
  3. Bei den Graphemen „i“, „y“ bzw. „e“ nach Vokal handelt es sich in niederdeutscher Schreibkonvention um stumme Dehnungszeichen; vgl. den Artikel Rheinische Ortsnamen.
  4. Heute: Große und KleineBudengasse“, siehe → Kölner Judenviertel.
  5. Vgl. dazu im Einzelnen → Isaak von Montjoie und → Mannus von Köln.
  6. Nach dem Münzverein von 1373 galt ein Schild 3 Mark und 10 Schillinge oder 4 Gulden und 38 2/5 Kreuzer.
  7. 1379/80 Kölner Bürgermeister.
  8. Steuer auf den Export auf dem Landweg.
  9. Ritter Johann von Vorst d. A. († um 1382), 1351 Schultheiß in Prüm, verkaufte 1355 einen Hof in Frechen; er und sein gleichnamiger Sohn († vor 1407) besaßen Ende des 14. Jahrhunderts Häuser in der Judengasse von Ahrweiler.
  10. Heinrich von Cuesin d. J. war ein Schwager von Constantin von Lyskirchen zu Mirweiler.
  11. Auch Dyle von Dune gen. Zulner; 1372 Dienstmann des Grafen Gerhard von Virneburg.
  12. Das Haus Wambach lag an der Straße von Kaldenkirchen nach Tegelen, vgl. heute Wambacher Straße.
  13. 1400 bis 1404 Großhofmeister von König Ruprecht III. von der Pfalz.

Einzelnachweise

  1. Vgl. A. Kober: Vier Generationen, 1937, S. 106–118 (Digitalisat bei HebrewBooks).
  2. Ältere Literatur verwendet für „קדוש“ („heilig, selig, verstorben“) bevorzugt die Übersetzung „Märtyrer“.
  3. Vgl. Rella Israly Cohn: Yiddish Given Names. A Lexicon. Scarecrow, Lanham, Maryland 2008, S. 46 und 127.
  4. Vgl. Urkunde vom 27. November 1394, Prag; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/5385); Der kaiserliche Hofrichter Graf Emich von Leiningen erlässt ein freisprechendes Urteil zu Gunsten des Juden Vifes und der Jüdin Rechlein. In: Leonard Ennen: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln. Bd. VI. M. DuMont-Schauberg, Köln 1879, Nr. 198, S. 301.
  5. Vgl. Regest vom 21. Januar 1367. In: W. Janssen u. a. (Hrsg.): Regesten, 1982, S. 159.
  6. Urkunde vom 6. Mai 1371; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/2683); vgl. Leonard Korth: Das Urkunden-Archiv der Stadt Köln bis 1396. Regesten V. 1371–1375. In: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 3, Heft 7 (1886), S. 1–81, bes. S. 57.
  7. Urkunde vom 27. Mai 1371; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/2686).
  8. Urkunden vom 3.-8. Oktober und 29. Dezember 1372; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1//2771A und U 2/2784/1-2); Th. Lacomblet: Urkundenbuch, 1853, S. 646–648 (Nr. 752); Leonard Ennen: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. III. M. DuMont-Schauberg, Köln 1869, S. 313; Bd. V. M. DuMont-Schauberg, Köln 1875, Nr. 1, S. 1–4.
  9. Vgl. Verzeichniss der im Jahre 1372 aufgenommenen Juden und des von ihnen entrichteten Aufnahmegeldes. – 1372, 1. Juli. In: Leonard Ennen: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln. Bd. IV. M. DuMont-Schauberg, Köln 1870, Nr. 549, S. 647f (Google-Books).
  10. Vgl. Urkunde vom 7. September 1373; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Düsseldorf (102.01.01-02 Berg, Urkunden, 455).
  11. Vgl. Axel Kolodziej: Herzog Wilhelm I. von Berg (1380-1408). (Bergische Forschungen 29). Schmidt, Neustadt an der Aisch 2005, S. 355f.
  12. „van alsulcher schoilt ind brieuen … ledich ind quyt“.
  13. Weil „uns … Schaefs gut des juden mit rechte eruallen is“; Urkunde vom 17. März 1376; Th. J. Lacomblet: Urkundenbuch, 1853, Nr. 777, S. 679–680.
  14. Urkunde vom 6. Mai 1376; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Düsseldorf (102.01.01-02 Berg, Urkunden, 455).
  15. Vgl. Alfred Haverkamp, Jörg R. Müller (Bearb.): Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich. Trier, Mainz 2015, JS02, Nr. 18 (Digitalisat bei Medieval Ashkenaz, abgerufen am 20. Juni 2017).
  16. Urkunde vom 7. August 1387; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Düsseldorf (102.01.01-02 Berg, Urkunden, 653).
  17. Leonard Ennen: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. III. M. DuMont-Schauberg, Köln 1869, S. 317f.
  18. Urkunde vom 20. Dezember 1382; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/3500).
  19. Urkunde vom 12. Mai 1381; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Düsseldorf (101.01.00 Kurköln, Urkunden, 1036).
  20. Urkunde vom 20. Dezember 1382; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/3497).
  21. Urkunde vom 5. Januar 1388; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/3890).
  22. Urkunde vom 13. Dezember 1388; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 1/4047).
  23. Vgl. C. Brisch: Geschichte, 1882, S. 21; Diethard Aschoff: Geschichte der Juden in Westfalen im Mittelalter. (Geschichte und Leben der Juden in Westfalen 5). Lit, Berlin 2006, S. 138f.
  24. Vgl. Arye Maimon, Mordechai Breuer, Yacov Guggenheim (Hrsg.): Germania Judaica, Bd. III/1 1350–1519. Ortschaftsartikel Aach–Lychen. Mohr, Tübingen 1987, S. 638.
  25. Vgl. Urkunde vom 24. November 1390 oder 1401; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 22 Briefeingänge undatiert, A 1425).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.