Briefmarkenautomat
Briefmarkenautomaten, auch Postwertzeichen-Automat oder Postwertzeichengeber genannt, dienten dem automatisierten Verkauf von Briefmarken – teilweise sogar von Postkarten – und waren im Regelfall an der Außenseite von Postfilialen angebracht oder an stark frequentierten Plätzen.
Geschichte
Als einer der Erfinder gilt der Neuseeländer Robert Dickie. Der erste Briefmarkenautomat stand 1893 am Hauptpostamt Londons.[1]
Während anfänglich Rollenmarken oder Markenheftchen ausgegeben wurden (diese Form wurde amtlich als Heftchengeber bezeichnet), sind seit den 1990er Jahren spezielle Automatenmarken im Einsatz, die direkt im Automaten bedruckt werden. Von diesen gab es 1997 weltweit um die 15.000 elektronische Briefmarkendrucker, davon standen allein in Deutschland, Frankreich, Schweiz und Spanien 13.000 Stück. Zwischen 1994 und 1997 ist die Anzahl der Postverwaltungen, die Automatenbriefmarken herausgeben, von 41 auf 49 gestiegen.[2] Briefmarkenautomaten geben kein Wechselgeld heraus, sondern drucken Briefmarken mit dem Restbetrag.
Um die Jahrhundertwende entwickelte der Erfinder und Konstrukteur Willy Abel für die Reichspost die ersten Briefmarken-Automaten. Der erste Wertzeichengeber der Reichspost zum Verkauf von Freimarken von 5 und 10 Pfennig wurde Ende 1901 in Berlin beim Postamt 66 (Mauerstraße 69–75) aufgestellt.[3]
Rein mechanisch arbeitende Automaten zur Ausgabe von Dauermarken gibt es in Österreich seit 1908.
Im Jahr 1911 wurden in der Schweiz die ersten Briefmarkenautomaten aufgestellt. Mit zehn Rappen konnten Briefmarken für das gängigste Briefporto gekauft werden.
Länderspezifika
Deutschland
Im Jahr 2019 betrieb die Deutsche Post AG ca. 1200 Briefmarkenautomaten. An diesen können Marken zum Versenden von Briefen, Postkarten sowie Bücher- und Warensendungen erworben werden. Diese geben bei nicht centgenauer Münzzahlung keine Münzen, sondern Briefmarken des entsprechenden Betrages als „Rückgeld“ heraus. Ein Geldverlust für den Kunden besteht jedoch nicht, da an den Briefmarkenautomaten auch Marken mit frei wählbarem Wert erwerbbar sind, zu welchen die als Wechselgeld ausgegebenen Briefmarken ergänzt werden können. Die ursprünglich mögliche Bezahlung per GeldKarte ist aufgrund mangelnder Nachfrage seit Januar 2015 nicht mehr möglich. Briefmarkenautomaten gehören zu den wenigen Automaten in Deutschland, die sämtliche Euro- und Cent-Münzen akzeptieren (also auch 1-Cent-Stücke). Pro Bezahlvorgang werden maximal 15 Münzen angenommen. Der teuerste Wert, der an dem nebenan abgebildeten Automaten gezogen werden kann, ist eine Marke zu 36,75 Euro. Die Automaten enthalten zwei Briefmarkenrollen mit jeweils 2000 Blankomarken. Jede fünfte Marke hat auf der Rückseite eine aufgebrachte Zahl (2000 bis 0005) in absteigender Reihenfolge.
- Bildschirminformation während des Rollenwechsels
- weiße Quittungsrolle und zwei ATM-Rollen
- Einsetzen des Farbbandes
- Einsetzen der neuen ATM-Rollen
- weiße Quittungsrolle und eine von zwei ATM-Rollen
- Überprüfung des Drucktests
Aufgrund der ständig geringer werdenden Nutzung dieser Automaten wegen der zunehmenden Nutzung digitaler Kommunikationswege, sowie wegen steigender Reparatur- und Wartungskosten ist der Einsatz in Deutschland rückläufig: ihre „Zeit läuft ab“. Während es 1984 nach Angaben der Deutsche Bundespost noch 28.038 und 1987 fast 30.000 Automatenstandorte gab, sind es infolge eines stetigen Rückgangs von ca. 6.000 Automaten zur Eurobargeldeinführung 2002 nur noch rund 1.200 Automaten im Jahr 2019.[4][5] Laut der Pressesprecherin der Deutschen Post wurde „die Nutzung und Auslastung der Geräte überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass an vielen Standorten die Nutzung erheblich zurückgegangen ist“. Geräte sind meist nur noch in oder vor größeren Postfilialen aufgestellt, wo der Einkauf außerhalb der Öffnungszeiten ermöglicht werden soll.
Österreich
Neben den Automaten können Briefmarken in Trafiken erworben werden, so war der Bedarf für Automaten geringer als beispielsweise in Deutschland. Briefmarkenautomaten (Hersteller: Theodor Braun, Automatenbau, Wien) wurden im Zuge der Euro-Umstellung ausgemustert.[6] Es gab drei Typen Briefmarkenautomaten:
- Rollenmarkenautomaten: es gab seit mehreren Jahrzehnten keine neuen Rollenmarkengeräte, so sind diese 2002 fast alle bereits abgebaut.
- „Täschchenautomaten“ gaben Kunststofftäschchen mit eingelegten losen Briefmarken im Wert von etwa 10 Schilling, die schlecht angenommen wurden.
- Frama-Münzwertzeichendrucker: fanden das Interesse von Philatelisten, waren aber störanfällig und manchmal monatelang außer Betrieb.
Neuere Automaten für Automatenmarken stehen in der Postfiliale 1010 Wien (Fleischmarkt 19), Sonderpostamt 1210 Wien (Steinheilgasse 1), sowie bei „Phila Punkten“ an 76 Standorten.[7]
Schweiz
Als zweites Land führte die Schweiz, nach Frankreich, am 9. August 1976 die Automatenbriefmarke ein. Zum Höhepunkt waren über 700 Automaten aufgestellt. Indem die Zahl der Automaten schrittweise abgebaut wurde, verminderte sich der mit der mechanisierten Markenausgabe erzielte Umsatz. Letzteres hob die Schweizerische Post bei der endgültigen Abschaffung der Dienstleistung im Mai 2011 als entscheidendes Argument heraus. Weitere Ursachen für den Entscheid waren neue Verteilungskanäle (Webstamp) und ein befürchteter Mangel an Ersatzteilen für die „Technik aus den 1970er Jahren“.[8][9][10][11] 2013 wurde als Ergänzung zu Webstamp die Probephase mit der SMS-Briefmarke gestartet,[12] welche wiederum auf den 1. September 2014 definitiv eingeführt wurde.[13]
Siehe auch
- Historischer Automat für Postkarten. Wurde zu einem Briefkasten umgebaut und in den Niederlanden verwendet
- Briefmarkenautomat in Japan
- britischer Briefmarkenautomat aus der Zeit vor 1971
Literatur
- Handwörterbuch des Postwesens
- Hans-Jürgen Tast Abenteuer schreiben. Briefe, Reisen, Automaten (Schellerten 2008), ISBN 978-3-88842-038-2
- InfoBrief: ATM. Ein Kulleraugen-Informationsdienst (Schellerten), ISSN 0933-1409 (seit Oktober 1984)
- Die Briefmarke Ausgabe Nr. 7/2007, S. 46
Weblinks
Einzelnachweise
- Heinz-Dieter Haustein: Weltchronik des Messens: Universalgeschichte von Mass und Zahl, Geld und Gewicht. Seite 287, Verlag Walter de Gruyter, Berlin-New York 2001, ISBN 3-11-017173-2 > eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
- MICHEL Automatenmarken-Spezial-Katalog 1997
- Handwörterbuch des Postwesens, Hrsg. Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, 2. völlig umgearbeitete Auflage, Frankfurt am Main, 1953, S. 586.
- Unsere Post: Informationsmappe 2, Hrsg. Deutsche Bundespost, Stand: 01/1984.
- Post baut Briefmarkenautomaten ab. In: Merkur.de. 10. Oktober 2019, abgerufen am 6. März 2022.
- „Mit der Währungsumstellung werden die Briefmarkenautomaten der Österreichischen Post aus dem Verkehr gezogen. Bisher gab es in Österreich drei Automatentypen: Rollenmarkenautomaten, Täschchenautomaten und Frama-Münzwertzeichendrucker.“ In: NZZ vom 8. Februar 2002: Neue Zürcher Zeitung Ende der Automatenmarken in Österreich (Memento vom 4. Juni 2016 im Internet Archive)
- Internetnachrichten 2016
- Das Ende der Briefmarken-Automaten in der Schweiz vom 2. Februar 2011 auf tagesanzeiger.ch
- Schweiz ohne Briefmarkenautomaten (Memento des Originals vom 10. März 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. posttip.de Stand: 3. Februar 2011
- Willkommen Büro-Kabine, adieu Briefmarkenautomat – Werden und Vergehen von öffentlichem Kommunikations-Mobiliar, in Neue Zürcher Zeitung, Stand: 12. Februar 2011
- Schweizer Briefmarkenautomaten in Rente, philatelie – Das Magazin des Bundes Deutscher Philatelisten, 63. Jahrgang, Ausgabe 405, März 2011, S. 10
- Tages-Anzeiger: Die Post testet die SMS-Briefmarke
- Thurgauer Zeitung: Beliebte SMS-Briefmarke bleibt (Memento des Originals vom 9. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.