Blauäugig (1996)
Blauäugig (Originaltitel: Blue Eyed) ist ein Dokumentarfilm von Bertram Verhaag über die Workshops der US-amerikanischen Lehrerin und Anti-Rassismus-Aktivistin Jane Elliott. Der Film berichtet darüber, wie sie in diesen Workshops den Teilnehmern, unter deren Mitwirkung, anschaulich und unmittelbar die Lebenserfahrungen von diskriminierten Minderheiten wie People of Colour, Behinderten, Homosexuellen, Migranten und anderen benachteiligten Gruppen der Gesellschaft vermittelt.
Film | |
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Titel | Blauäugig |
Originaltitel | Blue Eyed |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1996 |
Länge | 90 Minuten |
Altersfreigabe | FSK INFO-Programm gemäß §14 JuSchG |
Stab | |
Regie | Bertram Verhaag |
Drehbuch | Bertram Verhaag |
Produktion | Claus Strigel, Bertram Verhaag |
Musik | Frank Loef, Wolfgang Neumann |
Kamera | Waldemar Hauschild |
Schnitt | Uwe Klimmeck |
Besetzung | |
Inhalt
Die Dokumentation über Jane Elliott und ihr Workshop-Konzept wurde von dem Münchener Filmemacher Bertram Verhaag 1995 in den USA hergestellt und zeigt den Verlauf eines solchen Workshops mit einer Erwachsenengruppe wie auch das sozialpsychologische Experiment mit einer Schulklasse aus dem Jahr 1970 mit dem Interview einer Teilnehmerin später als Erwachsene, dazu Teile von Präsentationen und Interviews mit Jane Elliott.[1]
In diesen Workshops simuliert sie die Gefühls- und Erlebenswelt der Benachteiligten, die sie real erfahren. Sie teilt die Teilnehmer in zwei Gruppen ein, eine Gruppe der Privilegierten und eine diskriminierte Gruppe, denen sie dann die entsprechenden Attribute und Rechte zuschreibt bzw. abspricht. Die Privilegierten seien intelligent, anständig, ordentlich, sauber, also besser. Sie seien zu erkennen an ihren braunen Augen. Die Benachteiligten, die Blauäugigen, seien in der Regel weniger intelligent, sie sind schmutzig, abstoßend, schlecht. Entsprechend bevorzugend, ermutigend und zustimmend bzw. erniedrigend, schikanierend und abwertend behandelt sie die Teilnehmer nun in ihren Workshops, so dass sich durch ihre Autorität und durch gruppendynamische Prozesse diese künstlich erzeugten Stereotype auf die Teilnehmer übertragen. Im weiteren Verlauf der Workshops erfahren besonders die Teilnehmer der diskriminierten Gruppe die Aussichtslosigkeit, aus diesem willkürlich aufgebauten Wertesystem auszubrechen. Vielmehr manifestiert sich ihr Rollenverhalten, bis zur völligen Resignation der Unterprivilegierten.
Der Film enthält Zitate aus dem ersten Dokumentarfilm von Jane Elliott, Eye of the Storm aus dem Jahr 1970.
Hintergrund
Der Zweck der Workshops, die von vielen psychologischen und pädagogischen Fachleuten nachgestellt wurden, ist, die Folgen von Stigmatisierungen bewusst zu machen und, nach Jane Elliott, Menschen für diese Strukturen in der Gesellschaft zu sensibilisieren. Sie will dies in ihren Workshops dem Individuum quasi hautnah vermitteln, aber auch durch ihr Engagement einer breiteren Öffentlichkeit verdeutlichen, dass es nicht ausreicht, nichts zu tun, um Rassismus und Vorurteile zu bekämpfen. Gleichgültigkeit, Passivität, fehlendes Engagement und oft mangelnde Zivilcourage sind, ungewollt aber auch gewollt, die Stabilisatoren dieser strukturellen Diskriminierungen.
„Damit Rassismus funktioniert, reicht es für die braven Leute aus, nichts zu tun.“
Die Workshops wurden in zahlreichen Seminaren mit Studenten, mit Berufstätigen, mit Feuerwehrleuten, mit Bankangestellten sowie in Schulen in den USA und auch in anderen Ländern durchgeführt. Sie waren mitunter umstritten.[2][3] In Deutschland hat sich ein Verein gegründet, der das Trainingskonzept fördern soll und inzwischen kommerziell vertreibt.
Auszeichnungen
Der Film erhielt 1997 den Preis des Palm Springs International Film Festivals für Dokumentarfilme sowie den Civis Fernsehpreis und den Preis der Civis Jugendjury. Bei den Academy Awards 1996 wurde Blue Eyed mit einer Lobenden Erwähnung prämiert. Auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival Leipzig wurde er mit dem Findlingspreis[4] ausgezeichnet. Weitere Preise: Publikumspreis beim Amsterdam International Documentary Film Festival 1996, Bronze Plaque Award beim Columbus International Film & Video Festival 1996, IDA Award von der International Documentary Association 1996, One Future Prize (Lobende Erwähnung) beim Film Festival München 1996, Documentary Award beim Central Florida Film & Video Festival 1997, Creative Excellence Award beim US International Film and Video Festival 1997.[5]
Literatur
- Herbert Heinzelmann: Blue Eyed – Bertram Verhaag. BR Deutschland 1996; Film-Heft des Instituts für Kino und Filmkultur im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung, April 2002[6]
- Reinhard Barrabas: Kerngebiete der Psychologie. Eine Einführung an Filmbeispielen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8252-3850-6, S. 70–75.
Einzelnachweise
- https://www.kulturvision-aktuell.de/blue-eyed-rassismus-bertram-verhaag-denkmal-film-2020/
- Das Medieninteresse. eyetoeye.org. Abgerufen am 13. März 2016.
- Hinweise auf weitere Seiten zu diesem und anderen Trainingskonzepten. eyetoeye.org. Abgerufen am 13. März 2016.
- Awards. denkmalfilm.tv. Abgerufen am 13. März 2016.
- Liste der Filmpreise für Blauäugig (Blue Eyed) laut imdb.com (Nominierungen und Verleihungen), abgerufen am 22. April 2013
- Das Film-Heft Blue Eyed – Bertram Verhaag. BR Deutschland 1996 (Memento vom 4. September 2011 im Internet Archive) (PDF-Datei; 1,34 MB)
Weblinks
- Webseite zum Film
- Blue Eyed - Trailer deutsch
- Blue Eyed - Trailer englisch
- Blauäugig in der Internet Movie Database (englisch)
- Vanessa Steinmetz: Soziales Experiment bei ZDFNeo: Wer ist hier Rassist? beim Spiegel-online, 10. Juli 2014.