Bankenregulierung
Bankenregulierung ist die Tätigkeit des Staates, Normen zu setzen, durch die seine Rolle im Bankensektor definiert wird, also insbesondere Vorschriften zur Überwachung von Kreditinstituten. Die Begriffe Bankenaufsicht und -Regulierung sind nicht scharf voneinander getrennt und werden zum Teil als Synonyme verwendet. Hier verstehen wir unter Bankenregulierung das Festlegen allgemeiner Regeln, während Bankenaufsicht das Durchsetzen dieser bezeichnet.[1] Ziel der Bankenregulierung ist meist die Stabilität des Finanzsystems zu verstärken, es kann aber auch sozial- und industriepolitische Motive geben.[2] Das Bankwesen gehört in den entwickelten Ländern zu den am stärksten regulierten Teilmärkten einer Volkswirtschaft.
Allgemeines
Ein marktwirtschaftlich orientiertes Wirtschaftssystem wird hauptsächlich durch die Prinzipien der Entscheidungs- und Vertragsfreiheit einerseits sowie Selbstverantwortlichkeit andererseits gekennzeichnet. Mit der Autonomie, eigene wirtschaftliche Entscheidungen selbst treffen zu dürfen, geht regelmäßig auch die Verpflichtung einher, für die Folgen der eigenen Entscheidungen auch verantwortlich zu sein. Ein Teilaspekt dieser Vertragsfreiheit ist die Gewerbefreiheit, also die Freiheit, Gewerbebetriebe (wie Kreditinstitute) ohne besondere staatliche Vorgaben betreiben zu können. Deshalb dürfen weite Teile westlicher Volkswirtschaften ohne besondere staatliche Überwachung auf den Märkten gewerblich tätig werden. Noch die Gewerbeordnung von 1869 unterwarf nur wenige gewerbliche Tätigkeiten einer besonderen (gewerbepolizeilichen) Kontrolle; die bankgeschäftliche Tätigkeit als solche jedenfalls war von einer uneingeschränkten Gewerbefreiheit begünstigt.[3]
Gründe für Bankenregulierung
Schwere Wirtschaftskrisen wie die von 1837, 1857 oder die Weltwirtschaftskrise, die sich jeweils mehr oder weniger stark auf die Finanzmärkte ausbreiteten, zeigten den Regierungen, dass es zu Marktversagen kommen kann. Erklärungen für diese Beobachtung werden in der Banktheorie gesucht. Da gleichzeitig ohne Kreditinstitute ein Funktionieren moderner Volkswirtschaften schlechthin nicht vorstellbar ist, musste eine Möglichkeit gefunden werden, die Funktionsfähigkeit des Kreditwesens zu erhalten. Deshalb wurde in Deutschland als Folge der deutschen Bankenkrise im Jahre 1931 das erste Kreditwesengesetz im Januar 1934 erlassen.
Aus ordnungspolitischer Sicht bestehen für eine Überwachung der Kreditinstitute durch staatliche Institutionen folgende Gründe:
- Bei der Insolvenz einer Bank würden die Anleger (einen Teil ihrer) Einlagen verlieren. Da möglicherweise wegen der gegenseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen[4] viele Banken gleichzeitig betroffen sein könnten, kann eine allgemeine Bankenkrise ausgelöst werden. Damit würden große Teile des Volksvermögens vernichtet und die gesamte Volkswirtschaft gefährdet. Um den Schutz der Geldanleger zu gewährleisten, wurden deshalb weltweit nationale Einlagensicherungssysteme geschaffen.
- Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften
- In einer idealen Welt würde der Wettbewerb dazu führen, dass Bankkunden Banken mit einer riskanten Geschäftspolitik meiden und ihr Geld bei solide wirtschaftenden Banken anlegen. In der Praxis ist es aber für den Anleger schwer, das tatsächliche Risiko der Geschäftspolitik der Bank aus Gründen mangelnder Transparenz zu erkennen. Daher wird es als notwendig erachtet, die erforderliche Transparenz durch Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften zu erzwingen[5].
- Allgemeiner Zahlungsverkehr
- Der gesamte bare und unbare Zahlungsverkehr einer Volkswirtschaft wird durch Banken organisiert und abgewickelt. Dieser Zahlungsverkehr würde durch Bankenkrisen empfindlich gestört, sodass das Funktionieren einer Volkswirtschaft zumindest erheblich beeinträchtigt würde.
Regelungsebenen der Bankenregulierung
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Bankenregulierung dual organisiert. Einerseits hat die Legislative bankspezifische Gesetze erlassen, die Art und Umfang der Bankgeschäfte kontingentieren, andererseits wird die Einhaltung dieser Gesetze durch staatliche Institutionen überwacht.
Gesetze und Verordnungen
Eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die nur im Verhältnis zwischen Kreditinstituten und Bankenaufsicht gelten, greift detailliert in das Bankwesen ein. In Deutschland sind dies insbesondere
- das Kreditwesengesetz (KWG),
- die Solvabilitätsverordnung (SolvV),
- die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk),
- die Groß- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV),
- das Pfandbriefgesetz (PfBG)
- oder das Depotgesetz (DepG).
In den Vereinigten Staaten ist insbesondere der Dodd–Frank Act relevant.
Bankenaufsicht
Ziele der Bankenregulierung
„Die BaFin nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr“ (§ 4 Abs. 4 FinDAG). In diesem Grundsatz kommt einerseits der ordnungspolitische Gedanke zum Ausdruck, dass es keine generelle Staatshaftung zugunsten der Einleger gibt, andererseits ist die Ausrichtung ausschließlich am öffentlichen Interesse Ausdruck der Überlegung, dass nicht der unmittelbare Einlegerschutz, sondern die Behebung von Funktionsmängeln des Bankenmarktes eine staatliche Aufgabe ist.[6]
Die Hauptziele der Bankenaufsicht sind in § 6 KWG zusammengefasst. Die Bankenregulierung soll danach Missständen im Kreditwesen entgegenwirken, die
- die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden,
- die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder
- erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft nach sich ziehen können.
Das KWG gibt den Geldinstituten Regeln vor, die sie sowohl bei der Gründung als auch beim Betreiben ihrer Geschäfte zu beachten haben. Diese Regeln sind darauf ausgerichtet, Fehlentwicklungen vorzubeugen, die das reibungslose Funktionieren des Bankenapparates stören könnten. Wie intensiv Banken beaufsichtigt werden, hängt von Art und Umfang der Geschäfte ab, die sie betreiben. Die Aufsicht richtet grundsätzlich ihr Hauptaugenmerk darauf, dass Institute genügend Eigenkapital und Liquidität vorhalten und angemessene Risikokontrollmechanismen installiert haben.[7]
Die Bankenregulierung kann (und sollte auch) nicht in jedem Fall eine Insolvenz verhindern helfen. Präventiv sorgen § 46, § 46a und § 46b KWG bei sich abzeichnenden Krisen für Eingriffsmöglichkeiten der Bankenaufsicht.
Kritik
Die kaum verbreitete Vorstellung, man könne auf Bankenregulierung verzichten, wird unter dem Stichwort Free Banking diskutiert. Selbst unter den laissez-faire Befürwortern ist nur eine Minderheit für die Realisierung eines Free Banking.[8]
Literatur
- Charles Albert Eric Goodhart: Financial Regulation. 1998
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Charles Albert Eric Goodhart: Financial Regulation. 1998, S. xvii
- Ein Beispiel für Sozialpolitik durch Bankenregulierung ist der Community Reinvestment Act.
- Wolfgang Stützel: Bankpolitik heute und morgen. 1964/1983, S. 9
- die Interbankkredite, also gegenseitige Kreditgewährungen unter den Banken, erreichen bei Universalbanken knapp 30 % der Bilanzsumme; vgl. Deutsche Bundesbank: Bankenstatistik, Dezember 2008, S. 6
- so kennt das Handelsgesetzbuch mit den §§ 340 ff. HGB Spezialvorschriften für die Bilanzierung bei Kreditinstituten
- Werner Neus u. a.: Grundlagen der Bankenregulierung in Deutschland. März 2007, S. 15
- BaFin: Bankenaufsicht. Abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Melvin W. Reder, Economics: The Culture of a Controversial Science, The University of Chicago Press, 1999, ISBN 0-226-70609-5, S. 253