Bandura (Instrument)
Bandura, bandoura, „ukrainische Lautenzither“, ist ein gezupftes Lauteninstrument in der Ukraine, bei dem neben dem Griffbrett entsprechend einer Zither eine Reihe weiterer Saiten angebracht sind, die parallel über den Resonanzkörper verlaufen und nicht verkürzt werden. Die gesamte Saitenzahl beträgt bis zu 65. Die Bandura wird mit beiden Händen gespielt und vereinigt die Spielweise beider Zupfinstrumente.
Herkunft
Eine Laute wird in einer griechischen Chronik aus dem 6. Jahrhundert über Krieger aus dem Gebiet der heutigen Ukraine erwähnt, die lautenähnliche Instrumente spielten. Diese Lauten, Kobsa genannt, waren viel kleiner, runder und hatten weniger Saiten als die moderne Bandura. Mit der Zeit wurden mehr Saiten hinzugefügt, die dann an der Seite des Bauches befestigt wurden statt am Hals. Im Mittelalter wurde die Bandura an den Fürstenhöfen Osteuropas genauso bekannt wie die Laute in Westeuropa. Sie wurde hauptsächlich zur Begleitung von Tänzen und Liedern benutzt. Große Beliebtheit fand sie auch unter den ukrainischen Kosaken, die ein einmaliges Repertoire für das Instrument entwickelt haben. Aus ihren Reihen ist eine neue Form von ukrainischen Berufsmusikern entstanden, die den Troubadouren aus Frankreich ähneln. Sie wurden banduristi oder kobsari (Singular kobsar) genannt.[1]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm das Interesse an der Bandura wieder zu und sie wurde unter der Stadtbevölkerung sehr beliebt. Mit zunehmender Popularität von Bandura-Musikgruppen wuchs auch die Nachfrage nach neuen Instrumenten. Zu dieser Zeit gab es beträchtliche Neuerungen und Experimente mit der Spieltechnik und der Struktur der Bandura. Banduras wurden in Massenproduktion hergestellt. Sie hatten mehr Saiten und wurden chromatisch anstatt diatonisch gestimmt. Hebel wurden hinzugefügt, um das Stimmen zu beschleunigen. Es gab Unterrichtskurse, Komponisten wurden beauftragt, speziell für die Bandura Musikstücke zu verfassen. Die hohe Zeit der Bandura ging einher mit dem Erwachen des ukrainischen Patriotismus und dem Aufblühen der Künste.[1]
Diese Phase hielt aber nicht lange an. Die sowjetische Regierung bekämpfte alle Spuren des ukrainischen Nationalbewusstseins und damit auch die entstehende ukrainische Kultur. 1935 wurden Kobsari aus allen Regionen der Ukraine unter dem Vorwand einer ethnographischen Konferenz nach Charkiw eingeladen, wo angeblich ihre Lieder und Geschichten gesammelt werden würden. Stattdessen wurden sie alle exekutiert. Verfolgung, Verhaftung und Exil wurden Alltag für zahllose ukrainische Künstler und Banduraspieler. Viele wanderten in die USA und nach Kanada aus, wo sie ihre Kunst weiter ausleben konnten.[1]
Bauform und Spielweise
Obwohl die Bandura sich durchaus für Sonaten und Konzerte eignet, ist sie doch besonders für die Begleitung von Sängern geeignet. Deswegen entstand die Kombination von Banduragruppen und Choralsängern als Synthese der beiden beliebtesten Formen der ukrainischen Musik. Sie taucht aber heutzutage auch vermehrt im Bereich des Folk-/Paganmetal auf.
Heute gibt es drei Haupttypen von Banduras in Konzertgebrauch:
- die klassische Bandura, diatonisch gestimmt, mit etwa 20 Saiten
- die Charkiwbandura, diatonisch oder chromatisch gestimmt, mit einem einzelnen Saitenmechanismus und 34 bis 65 Saiten
- die Kiewbandura mit 55 bis 64 Saiten, chromatisch gestimmt
Während die Kiewbandura in zwei Regionen der Ukraine in Massenproduktion hergestellt wird, ist die Charkiwbandura in der Ukraine praktisch verschwunden.[1]
Literatur
- Andrij Hornjatkevyč: The Kobza and the Bandura. A Study in Similarities and Contrasts. In: Folklorica, Band 13, 2008, S. 129–143
- Sofia Hrytsa: Bandura. In: Laurence Libin (Hrsg.): The Grove Dictionary of Musical Instruments. Bd. 1, Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 219f
Weblinks
- Andrij Hornjatkewytsch, Bandura in der Encyclopedia of Ukraine (englisch)