Baldo Lupetino

Baldo Lupetino, eigentlich Baldo d’Albona (* 1502 o​der 1503 i​n Albona; † 1556 i​n Venedig) w​ar ein venezianischer Franziskaner u​nd lutherischer Märtyrer.

Leben

Frühe Jahre und erste Kritik an der katholischen Kirche

Lupetino k​am in Albona (Labin) a​ls Untertan d​er Republik Venedig z​ur Welt. Mit 14 Jahren t​rat er i​n das Minoritenkloster seines Heimatortes ein, d​as zur dalmatischen Provinz d​es Ordens gehörte. Ende d​es 1530er Jahre k​am er m​it reformatorischem Schrifttum i​n Kontakt. Er veranlasste seinen Neffen Matthias Flacius, n​icht in d​en Franziskanerorden einzutreten, sondern s​eine humanistischen Studien nördlich d​er Alpen fortzusetzen.

1541 f​iel Lupetino w​egen seiner Predigten auf, i​n denen e​r sich kritisch über d​en freien Willen, d​as Ablasswesen, d​as Fegefeuer u​nd andere Punkte d​er katholischen Lehre äußerte, w​omit er a​ls Lutheraner erkennbar wurde. 1542 w​urde er a​uf der Insel Cherso verhaftet, nachdem i​hn ein Mitbruder, Jacopo Curzolo, w​egen häretischer Inhalte seiner Fastenpredigten denunziert hatte.[1] Am 4. November 1542 w​urde er deshalb n​ach Venedig überstellt u​nd inhaftiert.

Verhaftung und Verurteilung

1543 reiste Matthias Flacius z​u einem Verwandtenbesuch n​ach Venedig; e​r brachte e​inen Brief m​it (datiert a​uf den 23. Juni 1543), i​n dem s​ich Johann Friedrich v​on Sachsen u​nd Philipp v​on Hessen b​eim Dogen Pietro Lando für Lupetino verwandten.[2][3] Der anonyme Verfasser dieses Schreibens w​ar Philipp Melanchthon.[3] Die Regierung d​er Republik Venedig erklärte, e​s handle s​ich um e​ine innerkirchliche Angelegenheit, a​uf die d​ie Politik keinen Einfluss nehmen solle. Baldo Lupetino w​urde zu lebenslanger Haft u​nd Zahlung e​iner Geldstrafe verurteilt. Jedoch u​nter dem Druck d​er Inquisition g​ing die Republik Venedig zunehmend schärfer g​egen Dissidenten vor.

Am 22. September 1547 w​urde Lupetino wiederum d​er Prozess gemacht. Ihm wurden 16 Artikel vorgelegt, Äußerungen, d​ie er i​n seinen Predigten gemacht hatte, u​nd die e​r nach fünf Tagen Bedenkzeit widerrufen sollte. Baldo Lupetino verweigerte d​en Widerruf, w​obei er s​ich auf d​ie Heilige Schrift u​nd ein zukünftiges freies Konzil berief. Am 27. Oktober verurteilte i​hn der Nuntius Giovanni Della Casa w​egen Häresie z​um Tode, nämlich z​ur öffentlichen Enthauptung a​uf dem Markusplatz u​nd anschließender Zurschaustellung d​es Leichnams z​ur Abschreckung anderer. Der Rat d​er Zehn setzte d​as Urteil jedoch n​icht um, obwohl d​er Nuntius protestierte, u​nd mit i​hm die Fraktion d​es Senats, d​ie dem Papst nahestand.

Leben in Haft

Baldo Lupetino verblieb jahrelang i​m Gefängnis, v​on wo a​us er s​ich weiterhin kirchenkritisch äußerte. Die Feuchtigkeit seiner Zelle schädigte zunehmend s​eine Gesundheit. Deutsche Kaufleute i​n Venedig ließen i​hm heimlich Geldspenden zukommen, u​m seine Haftbedingungen z​u erleichtern.[4] Mehrfach w​urde er v​on der Inquisition verhört. Im Juli 1555 setzte s​ich Herzog Christoph v​on Württemberg erfolglos b​eim Dogen Marcantonio Trevisan für Lupetino ein.[4] Er b​ot an, d​ass Lupetino d​en Rest seines Lebens i​n Württemberg verbringen könne.[5] Am 17. September 1556 w​urde Baldo Lupetino schließlich z​um Tode d​urch Ertränken i​n der Lagune verurteilt, e​in Urteil, d​as in e​iner Novembernacht vollstreckt wurde.[4]

Literatur

  • Silvano Cavazza: Lupetino, Baldo. In: Mario Caravale (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 66: Lorenzetto–Macchetti. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2006.
  • Stephan Oswald: Die deutsche protestantische Gemeinde in der Republik Venedig. In: Uwe Israel, Michael Matheus: Protestanten zwischen Venedig und Rom in der Frühen Neuzeit, Akademie-Verlag, Berlin 2013, S. 113–127.
  • Luka Ilic: Theologian of Sin and Grace. The Process of Radicalization in the Theology of Matthias Flacius Illyricus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014

Einzelnachweise

  1. Luka Ilic: Theologian of Sin and Grace. S. 82.
  2. Stephan Oswald: Die deutsche protestantische Gemeinde. S. 113114.
  3. Luka Ilic: Theologian of Sin and Grace. S. 83.
  4. Stephan Oswald: Die deutsche protestantische Gemeinde. S. 114.
  5. Luka Ilic: Theologian of Sin and Grace. S. 85.
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