Augustin Chantrel
Augustin Chantrel (* 11. November 1906[1] in Mers-les-Bains; † 4. September 1956) war ein französischer Fußballspieler.
Vereinskarriere
Der rechte Läufer Augustin Chantrel hat den allergrößten Teil seiner sportlichen Laufbahn als Amateur beim Red Star AC verbracht, unterbrochen lediglich von zwei kürzeren Stationen bei anderen Klubs. Bei den Pariser Vorstädtern gehörte er, wie auch Marcel Domergue und Paul Wartel, ab Mitte der 1920er Jahre zu der neuen Spielergeneration, aus der der inzwischen mit Olympique Paris zu Red Star Olympique fusionierte Verein seine neue Kampfmannschaft aufbaute.[2] Der „Tintin“ gerufene Publikumsliebling[3] gewann 1928 mit Red Star den Landespokalwettbewerb[4] und wurde im gleichen Jahr auch zum Nationalspieler (siehe weiter unten). Wohl 1929 wechselte er zu CASG Paris; allerdings kehrte er von dort schon um den Jahreswechsel 1930/1931 zu Red Star zurück, mit dem er auch an der ersten Saison der 1932 neugeschaffenen französischen Profiliga teilnahm. Nach dem Abstieg des Klubs 1933 spielte Augustin Chantrel für den Zweitdivisionär Amiens AC aus seiner picardischen Geburtsregion,[5] trug aber schon ein Jahr später erneut den Dress mit dem roten Stern auf der Brust, der in die Division 1 zurückgekehrt war. Der Außenläufer stand dort unter anderem mit Torhüter Alex Thépot, Marcel Langiller, Numa Andoire, Marcel Pinel, Jacques Mairesse und Alfred Aston in einer Elf, bestritt allerdings nur 16 der 30 Punktspiele.[6] In der Saison 1935/36 kam er auf 24 Ligaeinsätze, im Jahr darauf auf 27.[7] Einen Titel konnte Chantrel allerdings nicht mehr gewinnen: ein neunter Tabellenrang 1937 war die beste Platzierung, 1938 stieg Red Star erneut in die zweite Liga ab. Auch im Pokalwettbewerb kam spätestens im Halbfinale (1935 und 1936) das Aus. 1939 beendete Augustin Chantrel – der als Student zudem für den Paris Université Club gespielt haben soll; wann das gewesen ist, geht aus der verwendeten Literatur allerdings nicht hervor –[8] seine Spielerkarriere. Über sein anschließendes Leben bis zu seinem frühen Tod im 50. Lebensjahr ist derzeit ebenfalls nichts herauszufinden.
Spielerstationen
Über die Dauer seiner jeweiligen Vereinszugehörigkeit existieren teilweise unterschiedliche Angaben; folgt man L’Équipe/Ejnès, die zu jedem Länderspiel auch die jeweilig repräsentierten Vereine nennen,[9] ergibt sich folgendes Tableau:
- Red Star Amical Club (1925–1929?)
- Club Athlétique des Sports Généraux Paris (1929?–Ende 1930)
- Red Star Olympique (1931–1933)
- Amiens Athlétic Club (1933/34)
- Red Star Olympique (1934–1939)
Nationalspieler
Zwischen März 1928 (3:4 gegen die Schweiz) und März 1933 (3:3 in Deutschland) hat Chantrel 15 A-Länderspiele für Frankreich bestritten, wobei er von Anfang 1929 bis Mai 1930 allerdings eine 15 Monate währende Nichtberücksichtigung erfuhr. Einen Treffer erzielte er im blauen Dress nicht. Er hat während seiner internationalen Karriere aber an zwei großen Wettbewerben teilgenommen, nämlich dem olympischen Fußballturnier 1928 in Amsterdam und der ersten Weltmeisterschaft 1930 in Uruguay. 1928 bestritt er Frankreichs einziges Spiel (3:4 gegen Italien). Zwei Jahre später gehörte er zu denjenigen im Aufgebot der Bleus, die in allen drei Vorrundenpartien zum Einsatz kamen. Dabei musste Chantrel beim Auftaktspiel (4:1-Sieg über Mexiko) für den frühzeitig verletzungsbedingt ausgeschiedenen Torwart Thépot zwischen die Pfosten gehen.[10]
Obwohl mit Gabriel Hanot, Maurice Pefferkorn und Lucien Gamblin auch drei renommierte französische Sportjournalisten die lange, umständliche Reise nach Südamerika angetreten hatten, berichteten ausschließlich die beiden Red-Star-Spieler Pinel und Chantrel in mehreren kurzen, mit P.C. unterzeichneten Telegrammen für L’Auto von dieser WM, weil sich der Herausgeber der Sportzeitung, Henri Desgrange, „nur für eine unbedeutende Erhöhung der Verkaufszahlen“ keinen bezahlten Sonderkorrespondenten leisten wollte.[11] Diese exklusive Rolle nutzten die beiden Kumpel „zu einem der frühesten … Mobbinganschläge der Fußballgeschichte“:[12] da sie ihren Mitspieler Célestin Delmer „nicht ausstehen konnten“, unterschlugen sie dessen Einsatz im Spiel gegen Chile und meldeten stattdessen eine andere Aufstellung nach Hause. Der französische Verband hat diese Manipulation erst 1992 bemerkt und korrigiert, als ein Mitarbeiter sich das offizielle Mannschaftsfoto von 1930 etwas gründlicher ansah.[13]
Palmarès
- Französischer Pokalsieger: 1928
- 15 A-Länderspiele, kein Treffer (6 bis 2/1929 isZb Red Star, 7 [5/1930–12/1930] bei CASG, 2 [1/1931 und 3/1933] bei RS)
- Olympiateilnehmer 1928
Literatur
- Denis Chaumier: Les Bleus. Tous les joueurs de l’équipe de France de 1904 à nos jours. Larousse, o. O. 2004, ISBN 2-03-505420-6
- Marcel Dreykopf: Fußball – das Allerletzte. Intrigen und Dummheiten aus der Welt des Fußballs. Rowohlt, Reinbek 2011, ISBN 978-3-499-62679-1
- Folke Havekost/Volker Stahl: Fußballweltmeisterschaft 1930 Uruguay. AGON, Kassel 2002, ISBN 3-89784-245-9
- L’Équipe/Gérard Ejnès: La belle histoire. L’équipe de France de football. L’Équipe, Issy-les-Moulineaux 2004, ISBN 2-951-96053-0
- François de Montvalon/Frédéric Lombard/Joël Simon: Red Star. Histoires d’un siècle. Club du Red Star, Paris 1999, ISBN 2-95125-620-5
Weblinks
- Datenblatt auf der Seite des französischen Verbands FFF
Anmerkungen und Nachweise
- Lange Zeit war als Geburtsjahr 1909 zu lesen (etwa bei Chaumier und de Montvalon/Lombard/Simon); inzwischen (2011) hat aber auch der französische Verband die entsprechende Angabe auf Chantrels Datenblatt (siehe unter Weblinks) korrigiert.
- de Montvalon/Lombard/Simon, S. 47
- Chaumier, S. 70
- L’Équipe/Gérard Ejnès: Coupe de France. La folle épopée. L’Équipe, Issy-les-Moulineaux 2007, ISBN 978-2-915-53562-4, S. 344
- Thierry Berthou/Collectif: Dictionnaire historique des clubs de football français. Pages de Foot, Créteil 1999 – Band 1 (A-Mo), ISBN 2-913146-01-5, S. 39
- Almanach du football éd. 1934/35. Paris 1935, S. 72
- Almanach du football éd. 1935/36. Paris 1936, S. 47, und Almanach du football éd. 1936/37. Paris 1937, S. 45.
- de Montvalon/Lombard/Simon, S. 273; laut L’Équipe/Ejnès, La belle histoire, S. 40, studierte Chantrel jedenfalls auch 1930 noch.
- L’Équipe/Ejnès, La belle histoire, S. 299–304 und 383
- L’Équipe/Ejnès, La belle histoire, S. 41
- L’Équipe/Ejnès, La belle histoire, S. 40; Chaumier, S. 70. Ähnlich spärlich fiel beispielsweise auch die WM-Berichterstattung in Deutschland aus – vgl. Havekost/Stahl, S. 114–116.
- Dreykopf, S. 85
- Havekost/Stahl, S. 61; Dreykopf, S. 86, der sich allerdings hinsichtlich der Frage täuscht, wen sie anstelle von Delmer angaben. Pinel war es jedenfalls nicht, denn der hat gegen Chile gleichfalls gespielt – siehe die französische Aufstellung auf der Seite der FFF.