Assien Bohmers
Assien Bohmers, geboren als Johan Christiaan Böhmers,[1] (Vorname auch: Azzien, Nachname auch Bommers, Böhmers oder Bëmmers; * 16. November 1912 in Zutphen, Niederlande; † Anfang Mai 1988 in Göteborg, Schweden) war ein niederländischer Archäologe und Geologe in Diensten der Himmlerschen Organisation Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe.
Leben
Die unterschiedlichen Namensschreibweisen Bohmers’ entstanden aus seinem betonten friesischen Nationalitätsbewusstsein und seiner späteren Tätigkeit in Deutschland.
Jugend und Ausbildung
Bohmers war der Sohn eines Krankenpflegers aus Zutphen und Lolkje Uiterwijk aus Harlingen. Nach dem Besuch der Hogere Burgerschool (HBS)[2] studierte Bohmers Geologie und Paläontologie an der Universität von Amsterdam. Während seiner Studienzeit trat er dem AJC, der Jugendorganisation der niederländischen sozialistischen Sozial-Demokratischen Arbeiterpartei (Sociaal Democratische Arbeiders Partij) bei. Er arbeitete später als Dozent am Institut für Biologie und Archäologie der Universität von Groningen[3].
SS-Ahnenerbe
Bohmers bewarb sich bei der SS-Organisation Ahnenerbe mit einem Foto und schriftlichen Unterlagen, die seine arische Abstammung beweisen sollten.[4] Er gab eine friesisch-nationale Einstellung vor; in seinen Vorfahren mütterlicherseits war allerdings lediglich eine friesische Großmutter nachweisbar.
Als Abteilungsleiter für Vorgeschichte in der SS-Organisation Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe führte er eine Reihe von Forschungs-Expeditionen durch, darunter 1937–1938 Ausgrabungen in Bayern und im Juli 1939 im österreichischen Nikolsburg. Die Ausgrabungen standen unter der persönlichen Aufsicht Heinrich Himmlers.
Sie sollten eine wissenschaftliche Begründung für die nationalsozialistische Rassentheorie von arischen Herrenmenschen ergeben. Bohmers ordnete seine Fundstücke aus Deutschland den Cro-Magnon-Menschen zu und behauptete wunschgemäß, Deutschland sei die Heimat der nordischen (arischen) Rasse gewesen.[5] Die Thesen wurden auf Ausstellungen in Frankreich und Belgien verbreitet. In den Jahren 1939, 1941 und 1943 führte er für das "Ahnenerbe" in Dolní Vestonitse im okkupierten Reichsprotektorat Böhmen und Mähren Ausgrabungen an einem Rastplatz altsteinzeitlicher (spätes Pleistozän) Jäger durch, nachdem der tschechische Gelehrte Karel Absolon aus der Grabung und aus dem Mährischen Landesmuseum verdrängt worden war.
Nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg wirkte Bohmers auf eigenen Wunsch als Berater für die SS.[6] Im Mai 1941 habilitierte sich der promovierte Bohmers an der Universität Wien.[7]
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach Kriegsende war er interniert und gab aufgrund seiner jahrelangen Arbeit beim SS-Ahnenerbe vor dem Nürnberger Militärgerichtshof eine Zeugenaussage ab.[8]
In den 1960er Jahren beteiligte sich er an der Herstellung von gefälschten friesischen Felszeichnungen.[9] Die Ermittlungen rund um den Fall des Amateurarchäologen Tjerk Vermaning beendeten schließlich die Universitätskarriere Bohmers. Der schon zuvor stark umstrittene Wissenschaftler wurde wegen unerlaubtem Waffenbesitz verurteilt und schied „in Ehren“ aus dem Universitätsbetrieb in Groningen aus.[10]
Veröffentlichungen
Literatur
- Michael H. Kater: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. 4. Auflage. Oldenbourg, München 2006, ISBN 978-3-486-57950-5, (Studien zur Zeitgeschichte 6), (Teilw. zugl.: Heidelberg. Univ., Diss., 1966), online.
- Heather Pringle: The Master Plan: Himmler's Scholars and the Holocaust, Hyperion, New York, 2006, ISBN 978-1-4013-8386-2 Digitale Leseprobe (englisch)
- Heather Pringle: The Master Plan als HarperCollins eBook (englischer Text ohne Abbildungen)
- Marc Groenen: Pour une histoire de la préhistoire: le Paléolithique. Jérôme Millon, Grenoble, 1994.
- Karel Valoch: Le paléolithique en Tchéquie et en Slovaquie, Nr. 3, 1996.
- "Historie" ukradeneho "naleziste. Assien Bohmers eine Vykopavky SS-Ahnenerbe V Dolnich Vestonicich ', in: Sbornik Regionalniho, Muzea v Mikolove (2009). S. 129–146.
- Arnold Carmiggelt: ‘Geheimzinnigheid is zijn fort’. Assien Bohmers 1912–1988. Biografie. Eburon, Utrecht, 2019, ISBN 978-94-6301-239-3.
Einzelnachweise
- Paleo-Aktueel 17: Archeologie in 2005, S. 28
- Die Höhere Bürgerschule war zwischen 1863 and 1974 ein Sekundarschultyp in den Niederlanden und den niederländischen Besitzungen
- Marc Groenen: Pour une histoire de la préhistoire: le Paléolithique. Grenoble, Jérôme Millon, 1994. S. 415.
- Heather Pringle: Hitler's Willing Archaeologists. How the SS perverted the Paleolithic record to support Nazi ideology Aus: Archaeology Archive. A publication of the Archaeological Institute of America, Volume 59 Number 2, March/April 2006
- Gerd Simon:Besprechung des Buches Heather Pringle: The Master Plan
- Michael H. Kater: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. 4. Auflage. Oldenbourg, München 2006, S. 460.
- Michael H. Kater: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. 4. Auflage. Oldenbourg, München 2006, S. 461.
- Garrett G. Fagan: Archaeological Fantasies. London, 2006. S. 167. Besprechung
- Martin Findell: Vocalism in the Continental runic inscriptions. Diplomarbeit an der Universität von Nottingham eingereicht für den Grad eines Doktors der Philosophie, September 2009. S. 192. Nottingham ePrints Online
- Tjerk Vermaning (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) (niederländisch) mit Bezug auf die Lebenserinnerungen des ehemaligen Direktors des BAI und Archäologe Harm Tjalling Waterbolk: Scherpe stenen op mijn pad. Heveskes Uitgevers, Groningen; ISBN 90-806727-5-0