Artesischer Brunnen
Ein artesischer Brunnen ist ein Brunnen unterhalb des Grundwasserspiegels, aus dem Wasser von selbst austritt. Dies kann z. B. in einer Senke der Fall sein, kann aber auch an anderen Stellen auftreten, wo artesisch gespanntes Grundwasser auftritt.[1]
Ein artesischer Brunnen ist im Gegensatz zu einer artesischen Quelle immer künstlich, da er durch eine Bohrung oder durch einen Schacht angelegt wurde.
Grundlagen
Artesische Brunnen hat es seit langem in den unterschiedlichsten Ländern gegeben.[2] Benannt sind sie nach der Landschaft Artesien (frz.: Artois) im Norden Frankreichs, in der sie wohl öfter vorkamen. Sie wurden im frühen 19. Jahrhundert in der französischen Fachliteratur unter diesem Namen beschrieben,[3] seitdem ist der Name international üblich. Aus der Jahreszahl 1126 auf einem eingemauerten Ziegelstein wurde abgeleitet, dass in Frankreich die erste solche Anlage in diesem Jahr in einem Kloster des Kartäuserordens in Lillers geschaffen wurde.
In Frankreich hat allerdings schon Jean-Dominique Cassini (Cassini I) von solchen Brunnen in Bologna und Modena und von anderen in der Steiermark berichtet und selbst Versuche mit ihnen ausgeführt.[2] Wissenschaftlich setzte sich der französische Physiker François Arago mit dem Phänomen auseinander.[4]
Voraussetzung für einen artesischen Brunnen ist gespanntes Grundwasser. Solches ist vorhanden, wenn eine wasserführende Gesteinsschicht (ein Grundwasserleiter) durch eine wasserundurchlässige Gesteinsschicht nach oben abgedichtet wird und gleichzeitig die großräumige geologische Struktur des Grundwasserleiters den Aufbau von hydrostatischem Druck ermöglicht (zum Beispiel in einer schüsselförmigen Senke oder zwischen schräg abfallenden Gesteinsschichten). Bohrt oder gräbt man einen Grundwasserleiter mit gespanntem Grundwasser an, steigt das Grundwasser nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße im Bohrloch bzw. im Schacht maximal bis zur Höhe der freien (ungespannten) Grundwasseroberfläche in der wasserführenden Schicht. Liegt dieses Niveau höher als die Erdoberfläche am Brunnen, spritzt das Grundwasser unter Druck aus dem Untergrund nach oben. Artesische Brunnen sind daher nur in Landschaftssenken möglich.
Sinkt die freie Grundwasseroberfläche in der wasserführenden Schicht aufgrund der Wasserförderung ab (ist also die Wasserentnahme höher als die Grundwasserneubildung), lässt der Druck des artesischen Brunnens nach.
Artesische Brunnen sind nur möglich, wenn Grundwasser von Schichten mit einer größeren Dichte – im Sinn von Masse pro Volumen – als Wasser überlagert ist. In oder unter Gletschern kann zwar Wasser in Form von Seen eingelagert sein, doch nie durch statischen Druck über die Eisoberfläche heraustreten, da Eis eine geringere Dichte als Wasser hat. Eis, das am Grund gefroren angeheftet ist, kann jedoch überschwemmt werden.
Beispiele
In Deutschland gibt es unter anderem in Dresden einen artesischen Brunnen. Auch in der Grube Messel (nahe Darmstadt) befindet sich ein solcher, der allerdings nur im Rahmen einer Führung zu sehen ist. Sein Wasser ist eisen- und schwefelhaltig und hat Trinkwasserqualität (deshalb scherzhaft „Bad Messeler Heilwasser“). In Heilbronn machten sich die örtlichen Papierfabriken die artesischen Brunnen in frühindustrieller Zeit für gewerbliche Zwecke zu Nutze.[5] Die dabei gewonnenen geologischen und technischen Erfahrungen fanden in entsprechende fachwissenschaftliche Publikationen Eingang und dienten der Verbreitung der in Wort und Bild vorgestellten Brunnenbohreinrichtungen.[6]
Seit 1899 wurden artesische Brunnen in der Stadt Bad Düben erbohrt, welche bis zum Jahre 1974 die Trinkwasserversorgung der Stadt übernahmen. Durch verschiedene Umstände, wie die Schaffung einer großen Trinkwasserfassung sowie ein nahender Tagebau, ließen diese aber zwischenzeitlich zum Erliegen kommen. In neuerer Zeit werden neue Brunnen zum Zwecke des Tourismus und zum Nutzen von Wärmetauschpumpen ertüchtigt.[7][8]
In der Steiermark, vor allem der Ost- und Südsteiermark gibt es nach einigen Schließungen in den vergangenen Jahren noch etwa 2500 Arteser-Hausbrunnen. Das Land Steiermark fördert seit 2014 deren Schließung oder zumindest Absperrbarmachung, um Grundwasser zu sparen.[9]
Es wurden auch künstliche Oasen auf der Grundlage artesischer Brunnen z. B. im südlichen Algerien geschaffen. Sie dienen u. a. dem Dattelanbau.[10]
Personen, die durch Bohrungen zur Erschließung in Deutschland beitrugen
- Johann August Bruckmann (1776–1835), Architekt, Geologe, Landbaumeister, Wasserbauingenieur, Sachbuchautor und Erfinder
Siehe auch
Weblinks
- Artesische Brunnen oder Feuerbrunnen. Pfennig-Magazin, Nr. 1 (4. Mai 1833)
Einzelnachweise
- Artesisch gespanntes Grundwasser. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, abgerufen am 19. April 2020.
- Louis Figuier: Les Puits artésiens. In: Les Merveilles de la science ou description populaire des inventions modernes, Furne, Jouvet et Cie, 1870, S. 529–615
- Jean Rey: Le puits artésien de Grenelle. In: Revue de la Province et de Paris. 1843, S. 3 (Volltext in der Google-Buchsuche).
- François Arago: Die artesischen oder gebohrten Brunnen. In: Franz Arago’s sämmtliche Werke. Mit einer Einleitung von Alexander von Humboldt. Hrsg. von W. G. Hankel. 6. Bd. Leipzig 1857, S. 213–380.
- Frieder Schmidt: Von der Mühle zur Fabrik. Die Geschichte der Papierherstellung in der württembergischen und badischen Frühindustrialisierung. Verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1994, S. 473–479.
- Vgl. u. a. Johann August v. Bruckmann; August Eduard Bruckmann: Vollständige Anleitung zur Anlage, Fertigung und neueren Nutzanwendung der gebohrten oder sogenannten Artesischen Brunnen. Heilbronn am Neckar 1833.
- Dübens Arteser-Brunnen am Pfarrhäuser sprudelt wieder
- Bad Düben
- https://steiermark.orf.at/v2/news/stories/2646356/ Land will Hausbrunnen sperren, ORF.at vom 10. Mai 2014
- Karl Krüger: Länderkunde. Safari, Berlin 1962, S. 289: „In Südalgerien werden immer mehr künstliche Datteloasen geschaffen, seit man das erbohrte (artesische) Grundwasser unterirdisch heranzuführen lernte.“