Arfvedsonit
Arfvedsonit (auch Arfwedsonit) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung NaNa2(Fe2+)4Fe3+[(OH)2|Si8O22][1], ist also chemisch gesehen ein Natrium-Eisen-Silikat, das strukturell zu den Doppelkettensilikaten und damit zur Gruppe der Amphibole mit der allgemeinen Zusammensetzung A0-1B2C5T8O22(OH)2, gehört. Die ungewöhnlich erscheinende zweimalige Nennung von Natrium am Anfang der chemischen Formel des Arfvedsonits weist auf ebendiese Zugehörigkeit hin, da die Positionen A und B in seiner Kristallstruktur jeweils von Natrium besetzt sind.
Arfvedsonit | |
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![]() (Größe: 80 mm × 52 mm × 35 mm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Arfwedsonit |
Chemische Formel | NaNa2(Fe2+)4Fe3+[(OH)2|Si8O22][1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.DE.25 (8. Auflage: VIII/F.08) 66.01.03c.09 |
Ähnliche Minerale | Aegirin, Augit |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[2] |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12)[1] |
Gitterparameter | a = 10,01 Å; b = 18,08 Å; c = 5,33 Å β = 104,1°[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Zwillingsbildung | einfache oder lamellare Zwillinge parallel {100}[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: ≈ 3,3 bis 3,5; berechnet: [3,33] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {110}; Absonderung nach {010}[3] |
Bruch; Tenazität | uneben; spröde |
Farbe | dunkelblau bis schwarz, dunkelgrün an dünnen Kanten |
Strichfarbe | dunkelbläulichgrau bis graugrün |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,652 bis 1,699 nβ = 1,660 bis 1,705 nγ = 1,666 bis 1,708[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,014[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 30 bis 70° (gemessen); 70 bis 80° (berechnet)[4] |
Pleochroismus | sehr stark: blaugrün, gelbbraun, grauviolett |
Arfvedsonit ist durchscheinend bis undurchsichtig und entwickelt meist tafelige bis prismatische, gestreifte Kristalle von bis zu 60 Zentimetern Länge[3] mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen. Gelegentlich findet er sich auch in Form radialstrahliger, faseriger Mineral-Aggregate. Das Mineral kommt ausschließlich in dunkelblauer bis schwarzer Farbe vor, wobei dünne Kanten auch dunkelgrün durchscheinen können. Auch seine Strichfarbe variiert zwischen dunkelbläulichgrau und graugrün.
Mit einer Mohshärte von 5 bis 6 gehört Arfvedsonit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie die Referenzminerale Apatit (5) und Orthoklas (6) mit einem guten Taschenmesser oder einer Stahlfeile ritzen lassen.
Arfvedsonit bildet eine Mischkristallreihe mit Magnesio-Arfvedsonit (NaNa2(Mg,Fe)4Fe3+[(OH)2|Si8O22][1]).
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Arfvedsonit in der Ilimaussaq-Intrusion des Kangerdluarssuq-Fjords in Südwestgrönland und beschrieben 1823 durch Henry James Brooke (1771–1857), der das Mineral nach dem schwedischen Chemiker Johan August Arfwedson benannte.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Arfvedsonit zur allgemeinen Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Dellaventurait, Eckermannit, Ferrinybøit, Ferri-Ottoliniit, Ferriwhittackerit, Ferro-Eckermannit, Ferroglaukophan, Ferroleakeit, Fluoro-Ferroleakeit, Fluoro-Kalium-Magnesio-Arfvedsonit, Fluoro-Magnesio-Arfvedsonit, Fluoro-Natriumpedrizit, Fluoronybøit, Glaukophan, Kaliumarfvedsonit, Kaliumleakeit, Kornit, Kôzulith, Leakeit, Magnesio-Arfvedsonit, Magnesioriebeckit, Ferri-Pedrizit, Natrium-Ferri-Ferro-Pedrizit, Nybøit, Obertiit, Riebeckit, Ungarettiit die Untergruppe der „Alkali-Amphibole“ mit der System-Nr. VIII/F.08 innerhalb der Amphibolgruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Arfvedsonit ebenfalls in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Kettenbildung und/oder der Zugehörigkeit zu größeren Mineralfamilien, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Doppelketten, Si4O11; Amphibol-Familie, Klinoamphibole“ und dort in der Gruppe der „Alkali-Klinoamphibole, Glaukophan-Eckermannit-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.DE.25 zu finden ist.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Arfvedsonit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2“ ein. Hier ist er in der Gruppe 4, Natrium-Amphibole innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2 Amphibol-Konfiguration“ zu finden.
Kristallstruktur
Arfvedsonit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 10,01 Å; b = 18,08 Å; c = 5,33 Å und β = 104,1° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Eigenschaften
Aufgrund seiner Ähnlichkeit in Farbe und Härte kann Arfvedsonit mit Aegirin und Augit verwechselt werden. Aegirin hat allerdings im Gegensatz zum Arfvedsonit einen hell gelbgrauen Strich und Augit hat eine stärkere Doppelbrechung mit optisch positivem Charakter (Arfvedsonit optisch negativ).
Vor dem Lötrohr schmilzt Arfvedsonit sehr leicht bei gelber Flammenfärbung und Bildung einer magnetischen Perle.[5]
Modifikationen und Varietäten
![](../I/Arfvedsonite-sea71b.jpg.webp)
Als Juddit wird eine manganhaltige Varietät von Arfvedsonit bezeichnet. Benannt wurde Juddit 1908 durch Lewis Leigh Fermor zu Ehren des britischen Geowissenschaftlers John Wesley Judd.
Bildung und Fundorte
![](../I/Arfvedsonit%252C_Eudialyte%252C_Microcline-289192.jpg.webp)
(Sichtfeld 2,2 × 2,9 mm)
![](../I/Arfvedsonite-Zircon-203262.jpg.webp)
(Gesamtgröße der Stufe: 7,5 × 4,6 × 3,8 cm)
Arfvedsonit ist neben Aegirin und Aegirin-Augit ein typisches Mineral in hellen alkalihaltigen Magmatiten wie Granit und Pegmatit. Selten bildet er sich auch durch Regionalmetamorphose. Als Begleitminerale treten Neben Aegirin unter anderem noch Albit, Katophorit, Magnesiokatophorit, Nephelin, Riebeckit und Quarz auf.
Als eher seltene Mineralbildung kann Arfvedsonit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2013) rund 270 Fundorte.[4] Neben seiner Typlokalität Ilimaussaq/Kangerdluarssuq, wo das Mineral an vielen Stellen zu finden war, trat Arfvedsonit in Grönland noch bei Ivittuut und Narsaarsuk in Westgrönland und bei Kangerlussuaq in Ostgrönland auf.
In Deutschland konnte Arfvedsonit bisher am Katzenbuckel im Odenwald (Baden-Württemberg), am Gabbrosteinbruch (Bärensteinbruch) bei Bad Harzburg (Niedersachsen) und in der Grube „Brüder Einigkeit“ bei Bösenbrunn im sächsischen Vogtland gefunden werden.[6]
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Algerien, der Antarktis, Argentinien, Armenien, Australien, Brasilien, Chile, China, der Demokratischen Republik Kongo, Frankreich und Französisch-Polynesien, Griechenland, Guinea, Guyana, Indien, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, auf der Kanalinsel Jersey, Kasachstan, Kenia, Korea, Libyen, Madagaskar, Malawi, Marokko, Mazedonien, der Mongolei, Namibia, Neuseeland, Niger, Nigeria, Norwegen, Portugal, auf Réunion, in Rumänien, Russland, auf St. Helena, in Saudi-Arabien, Schweden, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Tschechien, Uganda, der Ukraine, Ungarn, Uruguay, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[7]
Siehe auch
Literatur
- H. J. Brooke: A description of the crystalline form of some new minerals. Arfwedsonite, in: The Annals of Philosophy, Band 5 (1823), S. 381–384 (PDF 333,5 kB)
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 797.
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 534.
Weblinks
- Mineralienatlas:Arfvedsonit (Wiki)
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 632.
- Webmineral - Arfvedsonite
- Arfvedsonite, in: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 81,3 kB)
- Mindat - Arfvedsonite
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 729 (Erstausgabe: 1891).
- Mineralienatlas - Fundorte für Arfvedsonit
- Mindat - Fundorte für Arfvedsonit