Alex Salmond
Alexander Elliot Anderson Salmond (* 31. Dezember 1954 in Linlithgow, West Lothian, Schottland) ist ein schottischer Politiker (ehemals SNP). Von 2007 bis 2014 war er Erster Minister (Ministerpräsident) seines Heimatlandesteils. Nachdem im September 2014 beim Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands 55 % der Wähler gegen die Unabhängigkeit gestimmt hatten, trat er von diesem Amt und als Vorsitzender der SNP zurück. Am 29. August 2018 erklärte er auch aufgrund eines gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens seinen Austritt aus der SNP.
Privatleben und beruflicher Werdegang
Salmond wuchs als zweites von vier Kindern in einer Beamtenfamilie mit breitem politischem Spektrum auf.[1] Nach Schulbildung in der lokalen Akademie Linlithgow studierte er Volkswirtschaftslehre und Geschichtswissenschaft an der Universität Saint Andrews.
1978 trat er als Ökonom in der Abteilung für Landwirtschaft und Fischerei des Scottish Office in den Wirtschaftsdienst der britischen Regierung ein. Zwei Jahre später wechselte er zur Royal Bank of Scotland, wo er sieben Jahre lang ebenfalls als Ökonom tätig war.
1981 heiratete er Moira McGlashan, seine ehemalige Vorgesetzte beim Scottish Office. Salmond war damals 26, seine Frau 43 Jahre alt.[2] Das Paar hat keine Kinder und schirmt sein Privatleben vollständig von der Öffentlichkeit ab. Es lebt in einer umgebauten Mühle in Strichen in der Grafschaft Aberdeenshire.
Salmond war Gastprofessor an der Universität Strathclyde.
Seit November 2017 moderiert er eine eigene Sendung, die Die Alex Salmond Show beim russischen Staatssender Russia Today (RT).[3] Die Times und andere Medien reagierten entsetzt, als klar wurde, dass Alex Salmond bei RT eine Show übernehmen würde. In einem Leitartikel schrieb die Times: „Salmonds Einsatz für die Propaganda einer feindseligen ausländischen Autokratie zeigt tatsächlich einen Mangel an Urteilsvermögen, Selbstachtung und Schamgefühl. Diese Entscheidung ist eine Beleidigung für die Opfer einer mörderischen Kleptokratie.“[4]
Politische Tätigkeit
Frühe Politische Jahre
Salmond wurde politisch aktiv, als er 1971 der Federation of Student Nationalists an der Universität Saint Andrews beitrat. Er begann seine politische Tätigkeit als überzeugter Anhänger des linken Flügels der Scottish National Party (SNP) und war ein leitendes Mitglied der Group 79, einer sozialistisch-republikanischen Organisation innerhalb der Partei. Zusammen mit den anderen führenden Köpfen der Gruppe wurde er 1982 aus der Partei ausgeschlossen, nachdem sie die Gruppierung nach Auflösung durch die Parteiführung außerparteilich weitergeführt hatten. Einen Monat später wurde Salmond jedoch wieder aufgenommen.
1985 wurde Salmond zum stellvertretenden Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit der SNP gewählt. Zwischen 1987 und 2010 war er nach Ablösung des konservativen Amtsinhabers Abgeordneter des Wahlkreises Banff and Buchan im britischen Unterhaus.
1987 wurde er stellvertretender Vorsitzender seiner Partei.
Erste Amtszeit als Parteivorsitzender
1990 wurde er zum Vorsitzenden der SNP gewählt. Hierbei setzte er sich mit deutlicher Mehrheit gegen eine Kandidatin durch, die ebenfalls dem linken Flügel zugerechnet wurde.[5] Die darauf folgende Parlamentswahl von 1992 ergab zwar deutliche Stimmenzuwächse, die sich aufgrund des Mehrheitswahlrechtes allerdings nicht in Sitzgewinnen widerspiegelten.
Obwohl er noch immer ein vollständig unabhängiges Schottland anstrebte, unterstützte Salmond zusammen mit den Vorsitzenden der schottischen Labour Party und der schottischen Liberal Democrats die letztendlich erfolgreiche Kampagne für die Einrichtung eines schottischen Regionalparlaments. So widersprach er den Stimmen vieler Hardliner in der eigenen Partei, die sich ausschließlich auf die vollständige Unabhängigkeit fixierten.
Aufgrund parteiinterner Kritik sowie Auseinandersetzungen mit führenden Parteimitgliedern trat er 2000 als Parteivorsitzender zurück[6] und wurde durch John Swinney ersetzt. Salmond verließ das schottische Parlament und wurde Vorsitzender der Gruppierung der SNP im britischen Unterhaus. Dort trat er als entschiedener Gegner des Irakkrieges auf.[7] Er war auch bereits 1999 einer der wenigen britischen Politiker gewesen, die sich gegen eine Bombardierung Serbiens durch die NATO aussprachen.[8]
Zweite Amtszeit als Parteivorsitzender
Am 15. Juli 2004 kündigte Salmond entgegen vorherigen Verlautbarungen seine Kandidatur zum Parteivorsitz an.[9] Er gewann die Wahl mit mehr als 75 Prozent der Stimmen.[10]
Bei den Schottischen Parlamentswahlen 2007 errang Salmond den Wahlkreis Gordon, der seit 1999 von den Liberaldemokraten gehalten wurde. Die SNP ging mit einem Sitz Vorsprung vor Labour knapp als stärkste Partei aus der Wahl hervor.
Kabinett Salmond I
Am 16. Mai 2007 wurde Salmond durch das schottische Parlament zum Ersten Minister gewählt. Er führte eine Minderheitsregierung, das Kabinett Salmond I, an, nachdem die Liberaldemokraten keine Koalition mit der SNP gebildet hatten.[11] Zusammen mit den zwei Sitzen der Scottish Green Party, die die Regierung unterstützte,[12] konnte sich die SNP auf 49 von 129 Stimmen stützen, 16 unterhalb der absoluten Mehrheit.
Salmond ist der erste Vertreter der schottischen Nationalisten im Amt des ersten Ministers. Er reduzierte die Größe des Kabinetts von neun auf sechs Mitglieder und erklärte, er würde in Form von Einzelentscheidungen regieren.[13] Um sich auf seine Funktion als Erster Minister zu konzentrieren, trat Salmond als Chef der Parteigruppe im Unterhaus zurück.[14]
In der Neujahrsansprache 2010 betonte Alex Salmond die Wichtigkeit erneuerbarer Energie für Schottland.[15] Bereits 2009 setzte er sich für Gesetzgebung zum Klimawandel im Rahmen der UN-Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen ein und hob Schottlands Rolle in der Bekämpfung des Klimawandels hervor.[16]
Kabinett Salmond II
Infolge der schottischen Parlamentswahl 2011, bei der die SNP die absolute Mehrheit der Sitze errang, konnte Salmond seine Arbeit als First Minister fortsetzen. Die SNP gewann bei der Wahl 69 von 129 Sitzen. Im Mai 2011 stellte Salmond sein zweites Kabinett vor.[17]
Am 18. September 2014 fand ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands statt,[18] in dem sich die Schotten mehrheitlich gegen eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich aussprachen. Salmond, der vehement dafür gekämpft hatte, räumte seine Niederlage ein. Einen Tag nach dem Referendum, am 19. September 2014, gab Salmond seinen Rücktritt als Erster Minister Schottlands bekannt.[19] Im Schlusswort seiner Rede anlässlich des Rücktritts sagte er:
“For me, as leader my time is nearly over. But for Scotland the campaign continues and the dream shall never die.”
„Für mich als [politischen] Führer ist die Zeit nahezu abgelaufen. Aber für Schottland geht die Kampagne weiter und der Traum [der Unabhängigkeit Schottlands] möge niemals vergehen.“
Seine Nachfolgerin im Amt des schottischen Regierungschefs wurde im November 2014 Nicola Sturgeon, sie übernahm auch den Vorsitz der SNP. Salmond kündigte im Dezember 2014 an, für die britische Parlamentswahl im Mai 2015 zu kandidieren.[21]
Abgeordneter in Westminster
Bei der Unterhauswahl am 7. Mai 2015 wurde Salmond im schottischen Wahlkreis Gordon mit 47,7 % der Stimmen in das neue House of Commons gewählt. Seine Hauptgegenkandidatin Christine Jardine von den Liberal Democrats kam auf 32,7 %.[22] In Westminster soll Salmond der SNP-Sprecher für Außenpolitik werden.[23] Zum Erfolg der SNP bei der Wahl meinte Salmond, dass der „schottische Löwe an diesem Morgen im ganzen Land gebrüllt“ habe. (the Scottish lion has roared this morning across the country).[24] Bei den vorgezogenen Unterhauswahlen 2017 unterlag Salmond dem Konservativen Colin Clark und schied in der Folge aus dem britischen Unterhaus aus.[25]
Russia Today
Seit November 2017 moderiert Alex Salmond eine eigene Sendung bei Russia Today (RT).[26] Die Times und andere Medien reagierten entsetzt, als klar wurde, dass Alex Salmond bei RT eine Show übernehmen würde. In einem Leitartikel schrieb die Times: „Salmonds Einsatz für die Propaganda einer aggressiven fremden Autokratie zeigt einen Mangel an Einschätzungsvermögen, Selbstachtung und Scham. Dieser Entscheid ist eine Beleidigung für die Opfer einer mörderischen Kleptokratie.“ (“Mr Salmond’s service for the propaganda outlets of a hostile foreign autocracy does indeed evince a lack of judgment, self-respect and shame. The decision is an insult to the victims of a murderous kleptocracy.”)[27]
Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens
Nachdem die Zeitung Daily Record im August 2018 darüber berichtet hatte, dass Salmond sexuelle Übergriffe gegen zwei Frauen vorgeworfen wurden, bestritt Salmond diese Vorwürfe und beklagte sich, dass die Ermittlungen gegen ihn „unfair und ungerecht“ seien. Dies wurde von der Ersten Ministerin Nicola Sturgeon entschieden verneint. Die erhobenen Vorwürfe seien derart, dass sie „nicht einfach ignoriert“ werden könnten.[28] Daraufhin erklärte Salmond am 29. August 2018 seinen Austritt aus der SNP – nach insgesamt 45 Jahren Parteimitgliedschaft, davon 20 Jahren als Parteivorsitzender. Er sei unschuldig und habe die Absicht, wieder in der SNP aktiv zu werden, sobald die Vorwürfe gegen ihn ausgeräumt seien.[29]
Am 24. Januar 2019 begann vor dem Sheriff Court in Edinburgh ein Verfahren gegen Salmond. Die Anklage warf ihm 13 Sexualstraftaten, darunter zweifache versuchte Vergewaltigung, sowie Störung der öffentlichen Ordnung (englisch breach of the peace) vor. Er wies sämtliche Vorwürfe erneut von sich, gegen Stellung einer Kaution blieb ihm eine Untersuchungshaft erspart.[30] Am 23. März 2020 wurde er in allen 13 Anklagepunkten freigesprochen.[31] Im Jahr 2021 kritisierte er Sturgeon für die mangelhaften Ermittlungen ihrer Regierung zu diesen Vorwürfen, die zu einem politischen Skandal führten. Salmond startete mit seiner neu gegründeten Partei Alba Party im März 2021 zu den schottischen Parlamentswahlen 2021. Die Alba Party konnte bei den Wahlen keine Sitze gewinnen, nachdem sie nur 1,7 % der Stimmen erhalten hatte.[32]
Literatur
- David Torrance, Salmond: Against The Odds. Birlinn, 2010
- Rosemary Goring: Scotland, the autobiography: 2,000 years of Scottish history by those who saw it happen. Viking, 2007, ISBN 978-0-670-91657-3, S. 432–4.
- Peter Lynch: SNP: the history of the Scottish National Party. Welsh Academic Press, 2002, ISBN 978-1-86057-003-2.
Weblinks
- Biografie auf der SNP-Website
- Brian Wheeler: The Alex Salmond story. BBC News, 19. September 2014, abgerufen am 19. September 2014 (englisch, biografischer Rückblick).
Einzelnachweise
- NZZ: Smarter Patriot mit Schotten-Charme (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive), 4. Mai 2007.
- Auslan Cramb: Moira Salmond: A reluctant First Wife. Telegraph. 10. Mai 2007. Abgerufen am 14. Januar 2012.
- Vom Premierminister zum Propagandasprecher. In: sueddeutsche.de. 21. November 2017, abgerufen am 9. Mai 2018.
- Putin's Propaganda, The Times, 11. November 2017
- Russell Deacon, Sandry, Alan: Devolution in the United Kingdom. Edinburgh University Press, 2007, ISBN 978-0-7486-2416-4, S. 94.
- Scramble to lead SNP as Salmond quits, The Telegraph. 18. Juli 2000. Abgerufen am 3. Februar 2012.
- Salmond back with threat to impeach PM, The Independent, 25. September 2004.
- Daily record: Demand For Alex Salmond Apology Over Kosovo , 19. Februar 2008.
- Salmond launches leadership bid, BBC News, 15. Juli 2004
- Salmond named as new SNP leader, BBC News, 3. September 2004
- Lib Dems rule out SNP coalition, BBC News, 7. Mai 2007
- Kooperationsvereinbarung auf der Website der Scottish Green Party (Memento vom 6. Mai 2011 im Internet Archive)
- Salmond elected as first minister, BBC News, 16. Mai 2007.
- Robertson elected SNP's Westminster leader, The Guardian, 23. Mai 2007
- Scotland's top politicians outline aims for 2010
- Alex Salmond: Our small country can play a big role in climate change fight
- scotland.gov.uk; 19. Mai 2011: New Scottish Cabinet; orf.at: Situation zwei Wochen nach der Wahl
- orf.at 14. Januar 2012: Schottland will Unabhängigkeit – Erbitterter Streit mit London
- Alex Salmond Quits After Scotland Votes Non. Sky News, 19. September 2014, abgerufen am 19. September 2014.
- Scottish referendum: Salmond to quit after Scots vote No. BBC News, 19. September 2014, abgerufen am 19. September 2014 (englisch). „The dream shall never die“ ist ein bekanntes Zitat von Edward Kennedy, siehe: 1980 Democratic National Convention Address. americanrhetoric.com, 12. August 1980, abgerufen am 27. September 2014 (englisch, Ansprache Kennedys auf dem Parteitag der Demokratischen Partei in New York City 1980).
- Alex Salmond will in London Politik machen. derstandard.at, 8. Dezember 2014, abgerufen am 8. Dezember 2014.
- Gordon Parliamentary constituency. BBC News, abgerufen am 13. Mai 2015 (englisch).
- Alex Salmond appointed SNP's foreign affairs spokesman. BBC News, 13. Mai 2015, abgerufen am 13. Mai 2015 (englisch).
- Election 2015: Sturgeon's anti-austerity message for Westminster. BBC News, 8. Mai 2015, abgerufen am 13. Mai 2015 (englisch).
- Ergebnisse der Unterhauswahlen 2015 und 2017
- Vom Premierminister zum Propagandasprecher. In: sueddeutsche.de. 21. November 2017, abgerufen am 9. Mai 2018.
- Putin's Propaganda, The Times, 11. November 2017
- Sturgeon: Alex Salmond sexual harassment claims 'could not be ignored'. BBC News, 24. August 2018, abgerufen am 30. August 2018 (englisch).
- Alex Salmond resigns from SNP: Statement in full. 29. August 2018, abgerufen am 30. August 2018 (englisch).
- Ex-Scottish first minister Alex Salmond charged with attempted rape. BBC News, 24. Januar 2019, abgerufen am 24. Januar 2019 (englisch).
- Alex Salmond cleared of all sexual assault charges. 23. März 2020, abgerufen am 23. März 2020 (englisch).
- Philip Sim: Scottish election 2021: Results in maps and charts. BBC, 8. Mai 2021, abgerufen am 9. Mai 2021 (englisch).}