Albert Schaffter
Albert Antoine Amadée Schaffter (* 28. Juli 1823 in Bern; † 31. Juli 1897 in Nashville) war ein Schweizer Theologe, Romanist, Anglist, Geograph und Hochschullehrer.
Schaffter besuchte das Institut von Karl Wilhelm Bouterwek in Wabern wo sowohl der physische Unterricht als auch die Ausbildung in alten und neuen Sprachen besondere Berücksichtigung fanden.[2] Anschliessend bereitete er sich am Gymnasium in Bern auf das Universitätsstudium vor. Schaffter studierte von 1842 bis 1846 Theologie an der Universität Bern, wo auch Samuel Lutz und Matthias Schneckenburger lehrten. Er absolvierte das theologische Staatsexamen, wurde am 26. August 1846 von der bernischen Landeskirche in das Predigtamt gewählt[3] und promovierte an der Philosophisch-historischen Fakultät in Bern mit der Arbeit Die ächte Lage des heiligen Grabes : eine historisch-archaeologische Untersuchung zum Dr. phil.[4] Dieser Text mit einem lithographierten Plan von Jerusalem von Albert Schaffter V.D.M.[5] wurde 1849 in der Druckerei Stämpfli gedruckt. Die Untersuchung fand zum Beispiel Beachtung in der Bibliographica geographica Palaestinae[6] des namhaften Kenners der Palästina-Literatur Titus Tobler oder 1852 in der Zeitschrift The Museum of classical antiquities.[7]
Werdegang
Albert Schaffter war Sohn des orthodox-pietistischen[8][9][10] Auguste Schaffter (1788–1861), der als Pfarrer an der französischen Kirche in Bern tätig war und an der Akademie in Bern praktische Theologie in französischer Sprache lehrte.[11]
Albert Schaffters weiterer Werdegang war eher aussergewöhnlich. Von Samuel Gobat, Missionar und evangelisch-anglikanischer Bischof der Diözese von Jerusalem erhielt Albert Schaffter das Angebot[12] als Hauslehrer und Kaplan[13] der deutschsprachigen Kirche des Bischofs nach Jerusalem zu reisen, wo er 1846 eintraf. 1847 kehrte er wieder nach Europa zurück. In Bonn[14] verfasste er eine Untersuchung über die wahre Lage des heiligen Grabes, die er später als Dissertation einreichte. Anschliessend hielt er sich bis 1849 in London auf, um dann in Moutier einige Monate als Vikar bei Pfarrer Moschard[15] und darauf in Bern als Vikar bei seinem Vater, der ernstlich erkrankt war, tätig zu sein.
Im Mai 1850 akzeptierte Schaffter eine Tätigkeit als reformierter Pfarrer in Livorno an der holländisch-deutschen Kirche[16], die er im Juni[17] antrat und bis April 1854 ausübte. In dieser Zeit machte er bei einer Reise nach Genf Bekanntschaft mit Professor Jean-Henri Merle d’Aubigné, der ihn als reformierter Prediger der französischen Kirche in Montreal vorsah.[18] Schaffter schiffte in Liverpool ein und besuchte später auch New York, Philadelphia, Washington, Cincinnati, Louisville, was ihm eine reiche Ausbeute an geographischen Kenntnissen ermöglichte. Zurück in Bern nahm er 1854 das Amt als Vikar bei seinem Vater wieder auf. Am 8. Februar 1855 hielt Albert Schaffter aus eigener Anschauung einen Vortrag über die Sklaverei in Nordamerika.[19] In demselben Jahr trat er eine Stelle als Pfarrer der französischen Kirche in Neapel an.[20][21] Zwischen 1857 und 1860 hielt er sich in Florenz als Gesandtschaftsprediger bei der Preussischen Gesandtschaft im Grossherzogtum Toskana auf.[22] 1860 reiste Schaffter in Erwartung einer Beschäftigung beim preussischen Aussenministerium[23] nach Berlin. Zurück in der Schweiz übte er von 1860 bis 1863 das Amt des Pfarrers in Moutier aus.[24]
Am 13. Januar 1863 heiratete Albert Schaffter Clara Bischoff.[25] Der Ehe entstammten drei Kinder: Hélène (* 1864), Rudolf (* 1866) und Hermine (* 1867).[26] Mit seiner Wahl als ausserordentlicher Professor für Theologie in französischer Sprache (1863 bis 1865) sowie für französische Sprache und Literatur (ab 1863) wurde Albert Schaffter Hochschullehrer an der Universität Bern. 1873 wurde er zum ordentlichen Professor für romanische Sprachen und Literaturen ernannt.[27][28] Neben romanischen Sprachen und Literaturen lehrte er auch englische Literatur.[29] In seiner Zeit als Professor in Bern, setzte er mit der Unterstützung mehrerer Freunde 1873 die Idee zur Gründung der Geographischen Gesellschaft in Bern um. Die Gründungsversammlung fand am 15. Mai 1873 in der Zunftstube zu Webern in Bern unter Leitung von Schaffter statt. 15 Mitglieder nahmen teil und liessen sich in die Gesellschaft aufnehmen. Die Statuten wurden angenommen und ein Vorstand gewählt. 1873 bereiste eine japanische Sondergesandtschaft, die Iwakura-Mission, die Schweiz[30], wobei Schaffter diese über die bernischen Schulen informierte. In jenen Jahren beschäftigte er sich auch mit der Frage einer Besiedlung Zyperns.[31] Seinem weltoffenen Geist folgend, entschied er sich im Jahr 1875 zum Kauf eines grossen Anwesens in Beersheba Springs, Tennessee, um als Farmer mit Frau und Kindern nach den Vereinigten Staaten auszuwandern.[32][33] 1877 wird Schaffter im Zusammenhang mit der Idee eines Vorhaben einer Floating University (Studiensemester auf hoher See) genannt.[34][35] Am 6. August 1881 wurde Albert Schaffter zum Honorarprofessor für Deutsch, Italienisch und Französisch sowie für Französische Literatur an der University of the South in Sewanee, Tennessee gewählt.[36]
Während eines Europabesuchs hielt Schaffter 1882 bei der Geographischen Gesellschaft Bern einen Vortrag über den Staat Tennessee[37] und traf den späteren Bundesrat Emil Frey, der ihm die Stelle als Legationsrat in Washington anbot. Im selben Jahr erteilte der Schweizerische Bundesrat dem Gesandten Emil Frey in Washington die Genehmigung zur Wahl von Albert Schaffter als Legationsrat an der Gesandtschaft der Schweiz in Washington.[38] Schaffter übte diese Funktion als erster Gesandtschaftssekretär an der schweizerischen Gesandtschaft in den Vereinigten Staaten bis 1883 aus.[39] Die nächsten Jahre lebte Schaffter bis 1890 ruhig mit seiner Familie in Spartanburg.[40][41] Auf Vorschlag von Bischof Charles Todd Quintard der Diözese Tennessee der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten wurde Schaffter am 21. Mai 1893 in Nashville als Diakon ordiniert und am 20. September 1893 in das Priesteramt aufgenommen. Bischof Quintard übertrug ihm die Leitung der Hoffmann Hall (Einrichtung zur Ausbildung afroamerikanischer Geistlicher).[42][43][44] Am 25. November 1893 verschrieben Albert und Clara Schaffter einen halben Hektar Land[45] in Beersheba Springs zum Bau einer Kirche[46] in der alle und jede Konfession Gottesdienste abhalten können.
Albert Schaffter blieb auch brieflich in Kontakt mit der alten Heimat, wie eine Notiz zeigt, die 1894 in der Zeitschrift Alpina der gleichnamigen Freimaurer-Grossloge in Bern erschien. Darin liess Albert Schaffter den Brüdern der Loge Grüsse ausrichten.[47] Albert Schaffter verstarb am 31. Juli 1897.[48] Sein Grabmal[49] steht im Mount Olive Friedhof in Nashville.
Literatur
- Elie Ducommun : Albert Schaffter et la Société de Géographie de Berne. In: Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft von Bern, 1897, S. 59–63.
- Albert Schaffter: Die ächte Lage des heiligen Grabes – eine historisch-archaeologische Untersuchung. Bern, 1849.
- Albert Schaffter: Ein Ausflug nach der Insel Jersey nebst vorherigem Besuch des Bonner-Universitätsjubiläums (1868). In: Berner Taschenbuch 20, 1871. S. 249–303. Abgerufen am 7. August 2017. PDF, 20,8 MB.
- Dr. Alfred [sic!] Schaffter. In: Adelrich Steinach: Geschichte und Leben der Schweizer Kolonien in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. New York, 1889, S. 148-149. Abgerufen am 21. August 2017.
- James R. Winchester: Necrology. In: The Churchman, Vol. 76, 25. September 1897, S. 363. Abgerufen am 21. August 2017.
Weblinks
- Emma Chatelain: Dictionnaire du Jura: Schaffter, Albert
- Frank-Rutger Hausmann: Romanistenlexikon: Schaffter, Albert
- Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 6, S. 142. Abgerufen am 3. August 2017. PDF, 28,6 MB.
Einzelnachweise.
- Bildnachweis: Staatsarchiv Bern, T.B. 962. Gedruckte Abbildung des Portraits auch in: Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft Band 16, 1897.. Abgefragt 12. August 2017.
- 148 Adelrich Steinach: Geschichte und Leben der Schweizer Kolonien in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. New York, 1889, S. 148.
- 1846: Erwählung ins H. Predigtamt, In: Rudolf Jenni: Verzeichniss der reformirten Geistlichen des Kantons Bern und ihrer Stationen. Bern, 1870. S. 33
- Die Arbeit wurde höchstwahrscheinlich von Prof. Anton Henne betreut: Protokoll der Philosophischen Fakultät vom 23. März 1849: „Promotions-Gesuch von Herrn Schaffter: Herr Prof. Henne berichtet gutachtlich, dass …“
- Verbi divini minister: „Diener am Wort Gottes“ – andere Bezeichnung für Priester oder Pfarrer (offizielle Bezeichnung eines ordinierten Theologen der evangelisch-reformierten Landeskirchen der Schweiz).
- Titus Tobler: Bibliographica geographica Palaestinae – Zunächst kritische Uebersicht gedruckter und ungedruckter Beschreibungen der Reisen ins Heilige Land. Leipzig 1879, S. 175. Abgerufen am 22. Juli 2017
- 1852. S. 471–473 mit einer anastatischen Kopie des Plans von Jerusalem. Abgerufen am 29. Juli 2017.
- Kurt Guggisberg: Bernische Kirchengeschichte Bern, 1958, S. 640
- Christine Stuber: „Que ce réveil est beau!“ – Zur Erweckungsbewegung in Bern von 1818 bis 1831. In Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 2002/1, S. 11: Auguste Schaffter gehörte zu den prägenden Personen der Berner Erweckungsbewegung. Abgerufen am 22. Juli 2017. PDF, 2.3 MB
- Nekrolog in: Intelligenzblatt der Stadt Bern 30. August 1861. Abgerufen am 26. Juli 2017.
- Dozenten der Universität Bern 1528–1984, Nummer 1.2.001
- Adelrich Steinach: Geschichte und Leben der Schweizer Kolonien in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. New York, 1889, S. 149: Bald nach der Ordination in 1846 ersuchte ihn Dr. Gobat … ihn nach der heiligen Stadt zu begleiten, wo er ihm die Stelle eines deutschen Kaplans verschaffen wolle.
- Deutsche Vierteljahrs Schrift 1859, S. 69: Die Anstellung als Kaplan kam nicht zustande. England beharrte darauf, eine in Deutschland oder der Schweiz vollzogene Ordination nicht anzuerkennen. Abgerufen am 2. August 2017.
- Elie Ducommun : Albert Schaffter et la Geographische Gesellschaft Bern. In: Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft von Bern, 1897, S. 59–60.
- Henri-Louis Moschard (1789–1864)
- James R. Winchester, Necrology: "... he served as pastor the Dutch-German church at Leghorn
- Verzeichniss der reformirten Geistlichen des Kantons Bern und ihrer Stationen. Bern, 1870. S. 33
- Elie Ducommun : Albert Schaffter …, S. 60.. Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Intelligenzblatt der Stadt Bern, 8. Februar 1855, S. 320. Abfrage 4. August 2017.
- Louis Edouard Tony André: L'Église évangélique réformée de Florence, depuis son origine jusqu'à nos jours, 1899. Abgefragt 5. August 2017
- Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen: 1858,11/12. Die Zeitschrift berichtet: Gestern wohnten der König und die Königin dem von dem Gesandtschaftsprediger Dr. Schaffter in der reformierten Kirche gehaltenen französischen Gottesdienst bei, wo sich eine zahlreiche Versammlung eingefunden hatte. Abgefragt 4. August 2017
- Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz: Gesandtschaft Florenz (Großherzogtum Toskana) nach 1807 (Bestand). Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Elie Ducommun : Albert Schaffter …, S. 60.. Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Dictionnaire du Jura: Schaffter Albert. Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Cercle généalogique de l'ancien Evêché de Bâle: Table des mariages – Albert Antoine Amadéé Schaffter mit Marguerite Clara Bischoff. Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Personenstand von Albert Antoine Amédée Schaffter. Abgerufen am 24. Juli 2017.
- Dozenten der Universität Bern 1528–1984, Nummer 6.1.019
- G. Wissler macht im Jahresbericht über die Fortschritte der romanischen Philologie 12, 1913, IV 35, Angaben über die Titel der von Albert Schaffter gehaltenen Vorlesungen
- Jahresbericht über die Fortschritte der romanischen Philologie 12, 1913, IV 35.
- Peter Pantzer und Matthias Eichhorn: Die Iwakura-Mission: das Logbuch des Kume Kunitake über den Besuch der japanischen Sondergesandtschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahre 1873, 2002. Abgerufen am 4. August 2017.
- Bibliothèque universelle et revue suisse 30 1867, S. 255: in: Ed. Tallichet: La question d'orient et l'insurrection crétoise, S. 227 ff.. Abgerufen am 4. August 2017.
- Elie Ducommun : Albert Schaffter …, S. 60.. Abgerufen am 23. Juli 2017.
- Richard Feller: Die Universität Bern 1834–1934. 1935. S. 319: Laut Feller begründete Albert Schaffter den überraschenden Abschied mit der Gesundheit seiner Familie, die eine Übersiedlung nach Nordamerika erfordere.
- Prof. Burt Wilde, of Cornell … will have charge of … the scientific interests of the expedition. He will be assisted by Prof. Albert Schaffer, of the University of Berne, Switzerland … usw.. In: The Iola Register vom 14. Juli 1877. Abgerufen am 26. Juli 2014
- The Woodruff scientific expedition around the world 1879–1880, 1878. Abgerufen am 4. August 2017.
- University of the South, College of Arts and Sciences Catalog and Announcements 1882–1883. S. 21. PDF, 3455 KB Abgerufen am 24. Juli 2017
- Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft von Bern Band (Jahr): 5, S. XIV (1882–1883). Abgerufen am 13. September 2018
- Aus den Verhandlungen des Schweizerischen Bundesrathes vom 23. Juni 1882: Der unterm 12. Mai d. J. zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweiz in Washington ernannte Emil Frei hat dem Bundesrathe mitgetheilt, daß er zu seinem ersten Gesandtschaftssekretär Hrn. Dr. Albert Schaffter, gewesener Professor an der Universität Bern und nunmehriger Gutsbesitzer im Staate Tennessee, gewählt habe. Dieser Wahl ertheilte der Bundesrath seine Genehmigung, und sprach dem Hrn. Schaffter den Titel und Rang eines Legationsrathes zu. Abgerufen am 22. Juli 2017. PDF 71 KB
- Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1883: Herr Dr. Albert Schaffter, Legationsrath, ist zurückgetreten und es wurden die Kanzleigeschäfte von Herrn Karl Kloß allein besorgt. Abgerufen am 22. Juli 2017. PDF, 1723 KB.
- Elie Ducommun : Albert Schaffter …, S. 61: Laut Elie Ducommun erfolgte sein Rücktritt, um der Leitung des Instituts Hoffmann Nashville beizutreten.
- James R. Winchester, Necrology: For the next five years, until 1890, he resided quietly with his family in Spartanburg S.C.
- James R. Winchester, Necrology: … theological institution for colored students for the ministry.
- Hoffman Hall, Fisk University, Abgerufen am 26. Juli 2017.
- Journal of the sixty-third annual convention, Diocese of Tennessee no. 63-65 (1895–1897), S. 7. Albert Schaffter D.D. wird als Geistlicher der Prin. Hoffmann Hall aufgeführt, der 1893 ordiniert wurde. Abgerufen am 4. August 2017.
- Editable Texts from the First Edition of Beersheba Springs, 150 Years 1833–1983, A History and a Celebration. Written and Edited by Margaret Brown Coppinger et al., S. 24. Abgerufen am 11. September 2017.
- Editable Texts from the First Edition of Beersheba Springs, 150 Years 1833–1983, A History and a Celebration. Written and Edited by Margaret Brown Coppinger et al., S. 24.: Miss Grace McKeage, who had been coming to Beersheba from Clarksville for several years, saw the need for a church and had Grace Chapel built. Abgerufen am 11. September 2017.
- Alpina 1894. S. 147.
- Sein Testament („Last will“) ist in den Metropolitan Government Archives of Nashville-Davidson County zugänglich.
- Grabmal Dr Albert Anton Schaffter. Abgerufen am 26. Juli 2017.