Adeline Rittershaus
Adeline Rittershaus (* 29. Juli 1876 in Barmen (heute Stadtteil von Wuppertal); † 6. September 1924 in Berlin; auch Rittershaus-Bjarnason, Oberländer-Rittershaus) war eine deutsche Philologin, Germanistin und Vorkämpferin für die Gleichberechtigung der Frauen. Sie promovierte im Jahr 1898 als eine der ersten Frauen an der Universität Zürich und erwarb 1902 als erste Frau eine Venia legendi an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich. Ihre bekannteste Schrift ist eine Sammlung isländischer Volksmärchen.
Leben
Adeline Rittershaus war eine Tochter des Dichters Emil Rittershaus und wuchs in Barmen in der preußischen Rheinprovinz auf. Ferdinand Freiligrath, ein Freund ihres Vaters, war ihr Patenonkel. Adeline Ritterhaus ihrerseits war eine Groß- und Patentante der Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann.
Da Frauen in Deutschland erst ab 1899 das Abitur erwerben konnten,[1] legte Adeline Rittershaus nach privater Vorbereitung durch Lehrer des Barmer Realgymnasiums 1894 die Maturitätsexamen in Zürich ab. Danach studierte sie an der Universität Zürich unter anderem bei Albert Bachmann germanische Philologie und lernte Griechisch und Sanskrit. Sie promovierte 1898 als eine der ersten Frauen an der Universität Zürich, und zwar mit einer Studie zu den Ausdrücken für Gesichtsempfindungen in den altgermanischen Dialekten.
1898 reiste sie zum ersten Mal für mehrere Monate nach Island, um dort die isländische Sprache und Literatur zu studieren. Dieses Studium setzte sie nach ihrer Rückkehr in Zürich speziell mit dem Studium des Alt- und Neuisländischen intensiv fort. Während ihres zweiten Aufenthalts auf Island 1899 lernte Adeline Rittershaus den isländischen Lehrer Þorleifur H. Bjarnason kennen und heiratete ihn. Die Scheidung erfolgte nur ein Jahr darauf.
1901 stellte sie ein Gesuch um Zulassung zur Habilitation für Alt- und Neuisländische Sprache und Literatur an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, das mit 14 zu 16 Stimmen abgelehnt wurde. In der Zeitschrift Frauencorrespondenz vom 11. und 14. Februar 1902 berichtete Adeline Rittershaus ausführlich über ihre Erfahrungen mit der Bonner Universität. Adeline Rittershaus und Gräfin Maria von Linden waren in Preußen bis zum Ende des Kaiserreichs die einzigen Frauen überhaupt, die versucht hatten, die Lehrberechtigung an einer Universität zu erhalten. Nach der Ablehnung ihres Habilitationsgesuchs gelang es Adeline Ritterhaus 1902, sich mit ihrem Buch Die neuisländischen Volksmärchen an der Universität Zürich zu habilitieren.
1904 heiratete sie den aus Deutschland stammenden Zürcher Architekten Theodor Oberländer; diese Ehe wurde 1919 geschieden, was den gesellschaftlichen Druck auf sie erheblich erhöhte. Aufgrund schwerer Krankheit bat sie am 21. Mai 1920 um Entlassung aus dem Lehrkörper der Universität Zürich. Adeline Rittershaus verstarb am 6. September 1924 in Berlin an einem Herzschlag.
Forschungstätigkeit
An der Landesbibliothek in Reykjavík forschte sie nach im letzten Jahrhundert gesammelten isländischen Volksmärchen. Aus dieser Tätigkeit entstand ihr bis heute wichtiger Beitrag zur vergleichenden Märchenforschung, ihre Habilitationsschrift Die neuisländischen Volksmärchen. Ihr Spätwerk mit dem Titel Altnordische Frauen ist ein populärwissenschaftliches, aus der Sagadichtung erschlossenes Porträt der Frauen zur Wikingerzeit.
Schriften
- Die Ausdrücke für Gesichtsempfindungen in den altgermanischen Dialekten. Ein Beitrag zur Bedeutungsgeschichte. Zürich 1899.
- Ziele, Wege und Leistungen unserer Mädchenschulen und Vorschlag einer Reformschule. Jena 1901.
- Die neuisländischen Volksmärchen. Ein Beitrag zur vergleichenden Märchenforschung. Halle (Saale) 1902.
- Altnordische Frauen. Frauenfeld/Leipzig 1917.
Zitate
„Wollen wir den Kulturstandpunkt eines Volkes genau kennen lernen, so ist eine der wichtigsten Fragen die, welche Stellung die Frauen bei diesem Volke einnehmen; denn je höher in Sitte und Recht die Frauen gestellt werden, desto höher ist zweifellos auch die Kultur dieses Landes.“ (Altnordische Frauen, 1917, S. 5)
Weblinks
- Literatur von und über Adeline Rittershaus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Andreas Bigger: Adeline Rittershaus. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Adeline Rittershaus im uni-zürich Magazin 4/95
- Frauengeschichte Uni Bonn: „Adeline Rittershaus-Bjarnason“ (Memento vom 11. Juni 2007 im Internet Archive)