Xaver Hohenleiter
Franz Xaver Hohenleiter, genannt Der Schwarze Veri, Schwarzen-Veere, Schwarzer Vere, Schwarze Vere oder schwäbisch De Schwaaz Vere, Schwarz Vere oder Vere, (* 1788 Rommelsried im heutigen schwäbischen Landkreis Augsburg; † 20. Juli 1819 in Biberach an der Riß) war ein deutscher Räuber.
Leben
Hohenleiter war Anführer einer Räuberbande im Gebiet des heutigen Dreiländerecks von Österreich, der Schweiz und Deutschland (Bayern, Baden, Hohenzollern-Sigmaringen und Württemberg).
Hohenleiter wurde zusammen mit dem Schönen Fritz am 16. April 1819 in der Nähe der Laubbacher Mühle, am Rande des Pfrunger Rieds, von einem Förster des Grafen zu Königsegg-Aulendorf gefangen genommen. Eine Stele (Foto) erinnert an dieses Ereignis.
Reichsgraf Franz Ludwig Schenk von Castell, genannt Malefizschenk, hatte im Gegensatz zur oftmals gegenteiligen Darstellung nichts mit der Gefangennahme des Xaver Hohenleiter und seiner Bande zu tun. „In die Lebens- und Wirkungszeit des ‚Malefizschenken‘ nämlich fällt der eklatante Umbau des Rechtssystems von den ‚peinlichen‘ Verhörmethoden und der brutalen Abschreckung durch Körperstrafen zu einer Humanisierung der Rechtspraxis und des Strafvollzugs, von der die oberschwäbischen Banden des 19. Jahrhunderts bei ihren Verhören und ihrer Verurteilung profitierten. Im übrigen sind sich der ‚Malefizschenk‘ und die oberschwäbischen Banden niemals begegnet.“[1]
Hohenleiter starb am 20. Juli 1819 in Biberach im Ehinger Tor, auch Siechentor oder Sünderturm genannt, als ein Blitz in den Turm einschlug und durch die Ketten weitergeleitet wurde. Im dazu angefertigten Protokoll des Biberacher Oberamtsrichters heißt es dazu: „Allen Anzeichen nach hatte der Blitz die Wetterfahne zuerst berührt, den Dachstuhl zertrümmert, das Kamin ergriffen und umgestürzt. Durch dieses fuhr er in dem ganzen Turm herunter, jedoch ohne das Gebäude zu entzünden. […] In dem zweiten Stock verlor sich seine Spur. Es ist aber wahrscheinlich, dass der Blitz nun von dem Kamin abgesprungen, an der durch die Wand laufenden Kette, mit welcher Inquisit Xaver Hohenleiter aus Rommelsried gefesselt war, in das Gefängnis gedrungen und hier denselben erschlagen hat.“[2]
Räuberbande
Zur Räuberbande um Xaver Hohenleiter gehörten neben ihm und seiner Partnerin Josepha Tochtermann noch folgende Personen:
- sein Bruder Ulrich Hohenleiter mit Agathe Gebhard
- Friedrich Klump mit Theresia Jepler
- Fidelis Sohm mit Crescentia Tochtermann
- Joseph Anton Jung mit Crescentia Gebhard
- Sebastian Kellermann mit Agnes Gebhard
- Katharina Gebhard
- und einige Zeit Christian Maucher
Einen festen Anführer kannte die Bande nicht. Xaver Hohenleiter wurde jedoch aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit und seiner Erfahrung in der Gruppe besonders geachtet. Die Bande hielt sich unter anderem in den Wäldern von Spöck bei Ostrach, dem Pfrunger Ried, um Altshausen sowie im Altdorfer Forst auf.
Das Vorgehen der Bande war von einem geringen Grad an Professionalität geprägt. Meist handelte es sich bei ihren Taten um nächtliche Einbrüche in abgelegene Bauernhäuser. Die Beute bestand in den meisten Fällen aus Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Gebrauchs, was ein Licht auf die prekäre Lage der Räuber wirft. So vermerkt die Chronik etwa einen Einbruch bei Lorenz Keeser in Illwangen. Die Beute: 15 Pfund Käse, Brot, Branntwein, ein Tischtuch und ein paar Stiefel. Ein Einbruch in Waldbeuren brachte der Bande Kleider im Wert von zehn Gulden. Von der Bande des Schwarzen Veri ist daneben ein Raubüberfall bekannt, bei dem die Räuber die allein zu Hause weilende Witwe Schmid auf dem Hof Argenhardt im damaligen Oberamt Tettnang überfielen. Bei diesem schwersten Vergehen der Bande sollte die Frau mit Morddrohungen und Schlägen zur Herausgabe von Bargeld gezwungen werden, was allerdings misslang. Auch in diesem Fall bestand die gemachte Beute lediglich aus Branntwein, Kleidungsstücken und anderen Textilien.[3]
Bemerkenswert ist, dass die Bande um den Schwarzen Veri eine so starke Aufmerksamkeit bis heute erfahren hat, obwohl die Gruppe nur wenige Wochen im März und April des Jahres 1819 vereint war.
Wirkung
Die Geschichten um den Schwarzen Veri wirken in Oberschwaben bis heute nach. So verewigte Gustav Schwab, bekannter schwäbischer Poet, Veris Tod in dem Gedicht „Anklopft das Wetter unter Sturm, zu Biberach am Sünderturm“. Darin wird Xaver Hohenleiter als Mörder bezeichnet, was dieser nachweislich nicht war.
Zudem nannte sich die 1970 gegründete Narrenzunft Ravensburger Schwarze Veri Zunft nach dem Räuber. Sie ist heute eine der größten Narrenzünfte in Oberschwaben.[4]
Der Narrenverein Königseggwald hat ebenfalls eine Räuberbande um den Schwarz Vere und Zenza. Die Geschichte brachte zu Tage, dass er in dem Oberschwäbischen Dorf Königseggwald von dem Förster, die ihn festnahmen, an die Staatsgewalt abgegeben wurde. Er saß dort in Haft, bis er nach Biberach verbracht wurde.
Des Weiteren gibt es ein Lied der in Oberschwaben bekannten Musikgruppe „Gsälzbär“, in dem das Leben des Schwarzen Veris besungen wird.[5] Außerdem widmete Grachmusikoff auf der 1994 erschienenen CD „Quasi lebt“ ein Lied dem Schwaaz Vere.[6]
Auf der Freilichtbühne des Naturtheaters Hayingen wurde im Jahre 2008 das Stück „Der Schwarze Vere“ aufgeführt.
Die Puppenbühne Ostrach hat das Stück „Die Legende vom Räuber Schwarzer Veri“ ebenfalls im Programm.
Die Gemeinde Ostrach zeigte im Jahr 2018 in fünf ausverkauften Aufführungen als großes Freilichtspiel „Wenn der Schwarze Vere kommt…“. Gespielt wurde eine humorvolle Räuber- und Liebesgeschichte aus dem Ostrachtal.[7] Der „Schwarze Vere“ Xaver Hohenleiter lebte mit seiner Bande von 1817 bis zu seiner Festnahme am 16. April 1819 in der Umgebung von Ostrach im „Dreiländereck“ der souveränen Herrschaften Hohenzollern-Sigmaringen, Württemberg und Baden.
Literatur
- Karl Lang: Der schwarze Veri und die letzten Räuberbanden Oberschwabens. Ein Sittenbild aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Waldsee 1896
- Johann Baptist Pflug: Aus der Räuber- und Franzosenzeit Schwabens. Die Erinnerungen des schwäbischen Malers aus den Jahren 1780–1840. Neu herausgegeben von Max Zengerle. 3. Auflage. Konrad Verlag, Weißenhorn 1974, ISBN 3-87437-113-1
- L. Zier: Der Schwarze Vere und seine Zeit. Naturschutzzentrum Pfrunger-Burgweiler Ried. Wilhelmsdorf
Weblinks
Einzelnachweise
- Machnicki, Monika: Die oberschwäbischen Räuberbanden des 19. Jahrhunderts, in: Harald Siebenmorgen (Hg.): Schurke oder Held? Historische Räuber und Räuberbanden, Sigmaringen 1995, S. 121.
- Protokoll vom 21. Juli 1819. Duplikat. Staatsarchiv Ludwigsburg E 350 Bü 72/165, zit. nach Diemer, Kurt: Der Tod des „Schwarzen Veri“, in: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 11 (2), 1988, S. 4.
- Planck, Max: Die letzten Räuberbanden in Oberschwaben in den Jahren 1818 – 19. Ein Beitrag zur Sittengeschichte. Nach den Akten und nach mündlicher Überlieferung dargestellt, Stuttgart 1866., S. 81f.
- Ravensburger Schwarze Veri Zunft e.V.
- Gsälzbär: Schwarzer Vere; auf youtube.com
- Grachmusikoff: Die Ballade vom schwaaz Vere; auf youtube.com
- Schwarzer Vere