Wurmerkrankung
Als Wurmerkrankung oder Helminthiasis (von altgriechisch ἕλμινς hélmins [Genitiv ἕλμινθος hélminthos] „Wurm“) bezeichnet man Erkrankungen, die durch parasitische Würmer ausgelöst werden. Je nach Art des Befalles kann man unterscheiden, ob es sich beim Wirt um einen Zwischenwirt oder um einen Endwirt handelt.
Die meisten für den Menschen bedeutsamen Würmer zählen zu den Plattwürmern – mit den Klassen Bandwürmer (Cestoda) und Saugwürmer (Trematoda) – beziehungsweise zu den Fadenwürmern (Nematoda), die aufgrund ihres runden Querschnitts auch als Rundwürmer bezeichnet werden. Filarien gehören als Sammelbegriff für Würmer den Familien Filariidae und Onchecercidae an. Auch die Kratzwürmer (Acanthocephala) werden/wurden hier teilweise eingeordnet, dürften jedoch einen eigenen Stamm darstellen.
Die Bilharziose wird von Schistosomen hervorgerufen, die biologisch eine Gattung der Saugwürmer darstellen. Zungenwürmer (Pentastomida) sind wurmähnliche Endoparasiten, die als biologische Klasse wohl den Krebstieren zugeordnet werden und eine Porozephalose verursachen, aber dennoch bei den Wurmerkrankungen abgehandelt werden können.
Infektionsphasen
Präpatente Infektion: Die Wurminfektion beginnt mit der Aufnahme bzw. dem Eindringen infektionsfähiger Wurmstadien in einen Organismus. Anschließend entwickeln sich die Würmer im Wirtsorganismus.
Patente Infektion: Diese Phase beginnt, wenn die Entwicklung der Eindringlinge zu ausgewachsenen, eierlegenden Würmern abgeschlossen ist und ihre Fortpflanzungsprodukte in den Körperausscheidungen des Wirtes auftreten.
Wurmerkrankungen
Die hervorgerufenen Erkrankungen werden durch die jeweils hervorrufende Wurmart oder Gruppe bezeichnet.
Die bedeutendsten Wurmerkrankungen:
- Askariasis (Spulwurm)
- Enterobiasis (Madenwurm)
- Filariose (Fadenwürmer: Filarien)
- Taeniasis (Bandwürmer)
- Echinokokkose (Bandwürmer)
- Onchozerkose (Fadenwürmer)
- Trichinose (Fadenwürmer: Trichinen)
- Capillariasis (Haarwürmer)
Wurminfektionen werden mit Antihelminthika behandelt.[1] Bei Bandwürmern und Schistosomen ist Praziquantel, bei Rundwürmern Mebendazol am besten wirksam und verträglich.
Pathogene Arten
Hier sind nur die jeweils übergeordneten Taxa der parasitären Würmer herausgehoben, für eine Gesamtübersicht siehe Parasiten des Menschen.
Ordnungen
Familien
- Echinostomatidae
- Fasciolidae
- Opisthorchoiidae
- Heterophyidae
- Taeniidae
- Hymenolepidae
- Ancylostomatidae
- Oxyuridae
- Ascarididae
- Anisakidae
- Filariidae
- Onchocercidae
- Hirudinea
Gattungen und Arten
- Schistosoma
- Paragonimus
- Pentastomida
- Trichobilharzia szidati
- Dicrocoelium dendriticum
- Gastrodiscoides hominis
- Watsonius watsoni
- Fischoederius elongatus
- Stronyloides stercoralis
- Dracunculus medinensis
- Trichuris trichiura
- Dioctophyme renale
- Capillaria philippinensis
Ausgewählte Arten
Enterobius vermicularis (Madenwurm)
Der Madenwurm ist ein etwa 1 cm langer weißer nichtinvasiver Wurm, der weltweit vorkommt. Er ernährt sich vom Nahrungsbrei im Darm, nachts kriechen die Weibchen nach draußen, um auf der Analhaut ihre Eier abzulegen, was einen starken Juckreiz verursacht. Ansonsten treten bei einer Infektion keine Symptome auf. Bei genauem Hinsehen kann man die kleinen Würmer auf dem Kot erkennen. Durch den Juckreiz und das Kratzen werden die Eier auf die Umgebung verteilt und über die Finger in den Mund wieder aufgenommen. Zur Diagnosestellung wird mit einem Objektträger eine Probe der Eier von der Analhaut genommen. Umgebung und Bettwäsche des Patienten müssen desinfiziert, Kontaktpersonen untersucht werden.
Trichuris trichuria (Peitschenwurm)
Der Peitschenwurm hat seinen Namen von seinem langen dünnen Schwanz, mit dem er in der Darmschleimhaut festsitzt. Er betätigt sich als Nahrungskonkurrent, und bei starkem Befall kann er Bauchschmerzen verursachen. Er legt seine Eier in die Darmschleimhaut, die schlüpfenden Larven entwickeln sich an Ort und Stelle zum adulten Wurm. Ausgeschiedene Eier können von nächsten Menschen mit der Nahrung aufgenommen werden.
Ascaris lumbricoides (Spulwurm)
Der Spulwurm ist weltweit der häufigste Wurm. Sein Vermehrungszyklus ähnelt dem des Peitschenwurms. Die Larven des Spulwurms durchdringen allerdings die Darmwand und gelangen über die Blutbahn in die Lunge. Sie durchbrechen dort die Wand der Lungenbläschen und werden über die Luftröhre in den Rachen aufgehustet und dann über die Speiseröhre und den Magen wieder in den Darm verschluckt. Der Spulwurm zeigt dadurch seine Verwandtschaft zu verschiedenen Tropenwürmern, deren Larven über die Haut aufgenommen werden können, um dann auf demselben Weg zu ihrer eigentlichen Nahrungsquelle im Darm zu gelangen.
Ancylostoma duodenale und Necator americanus, Strongyloides stercoralis
Die Larven dieser Würmer können bei längerer Kontaktzeit (mindestens 20 Minuten) die Haut durchdringen, beispielsweise beim Barfußgehen über eine Kloake. Ihr weiterer Vermehrungszyklus entspricht dann dem des Spulwurms. Der fertige Wurm legt im Darm Eier, aus denen noch im Darm Larven schlüpfen, die dann ausgeschieden werden. Beim Zwergfadenwurm durchdringen manche Larven wieder die Darmwand des Wirtes, um den Zyklus erneut zu durchlaufen (Autoinfektion).
Trichinella spiralis (Trichine)
Dieser Wurm produziert im Darm Larven, die die Darmwand durchdringen, sich über das Blut ausbreiten und in der Muskulatur Zysten (sehr feste Kapseln, die sich von Bindegewebszellen ernähren) bilden, um so vom nächsten Lebewesen aufgenommen zu werden. Der Vermehrungszyklus ähnelt damit dem des Schweinebandwurms.
Infizieren kann man sich auch durch Verzehr befallenen Fleisches, was heutzutage durch Fleischbeschau selten geworden ist.
Bandwürmer (Cestoden)
Bei Bandwürmern wird unterschieden zwischen dem Endwirt, er trägt die Würmer im Darm, und dem Zwischenwirt. Der Zwischenwirt nimmt die Larven über verunreinigte Nahrung auf, sie durchdringen die Darmwand und setzten sich in der Muskulatur als Finnen ab, die so vom Endwirt (einem Raubtier) gefressen werden sollen. Da der Mensch normalerweise nicht gefressen wird, kommt er nur als Fehlzwischenwirt in Frage.
Der Mensch ist Endwirt beim Schweinebandwurm (Taenia solium) und beim Rinderbandwurm (T. saginata). Der Fischbandwurm (Diphyllobothrium latum) ist mittlerweile weitgehend ausgerottet. Der Wurm bildet im Darm mit dem Menschen eine Kommensale. Bandwürmer sind viel länger als Rundwürmer, der Patient findet ihre abgefallenen Proglottiden (Bandwurmglieder) im Stuhl.
Anders ist die Situation beim Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) und beim Fuchsbandwurm (E. multilocolaris), wo der Mensch Fehlzwischenwirt ist. Die Finnen lagern sich meist in der Leber ab, können aber auch andere Organe betreffen und dort Beschwerden verursachen. Der Hundebandwurm kann operativ entfernt werden, die Finnen des Fuchsbandwurms sind in ihrem Wachstum schlechter abgrenzbar und führen unbehandelt auf Dauer zum Tode.
Bilharziose
Die Bilharziose oder Schistosomiasis kommt vor allem an Gewässern in Afrika, aber auch im nahen und fernen Osten vor. Erreger der Krankheit sind die Pärchenegel, Saugwürmer der Gattung Schistosoma.
Fadenwürmer (Filarien)
Filarien sind nur einige Millimeter lang. Onchocerca volvulus und Loa loa leben unter der Haut. Die Weibchen gebären Mikrofilarien, die durch Insektenstich in die Haut des nächsten Wirtes übertragen werden. Sie können zu Erblindung führen. Wuchereria bancrofti und Brugia malayi leben in Lymphgefäßen. Im Laufe der Zeit entstehen dadurch Entzündungen, die zu Lymphstau und zum Krankheitsbild der Elefantiasis führen können. In Anpassung an die Flugzeit der jeweiligen Vektoren sind die Mikrofilarien von Loa loa v. a. am Tag, die von Wuchereria bancrofti vor allem nachts im Blut nachzuweisen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Hans-Adolf Oelkers: Pharmakologische Grundlagen der Behandlung von Wurmkrankheiten. 3. Auflage, Leipzig 1950 (= Beiträge zur Arzneimitteltherapie. Band 4).