Wuppertaler Kurrende
Die Wuppertaler Kurrende ist ein Knabenchor aus Wuppertal. 1924 gegründet, ist die Kurrende heute eines der kulturellen Aushängeschilder Wuppertals. Als Einrichtung des Kirchenkreises Wuppertal ist er der älteste Knabenchor der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die weihnachtlichen Quempas-Konzerte in der Adventszeit genießen seit vielen Jahrzehnten einen besonderen Status in Wuppertal. In seinen Passionskonzerten widmet sich der Chor immer wieder großen chorsinfonischen Werken, wie Bachs Johannes-Passion oder Mozarts Requiem. Bei seinen Konzertreisen (zuletzt nach Dänemark, Polen, England und in die USA) ist der Chor auch weit über die Stadtgrenzen hinaus aktiv. Seine Heimat hat der Chor auf dem Kurrende-Campus in der Mozartstraße im Briller Viertel.
Wuppertaler Kurrende | |
---|---|
Sitz: | Wuppertal / Deutschland |
Träger: | Kirchenkreis Wuppertal |
Gründung: | 1924 |
Gattung: | Knabenchor |
Gründer: | Erich vom Baur |
Leitung: | Markus Teutschbein |
Stimmen: | 120 (SATB) |
Website: | wuppertaler-kurrende.de |
Die Kurrende umfasst in allen Chorgruppen, in denen die Jungs ab sechs Jahren eine fundierte musikalische Ausbildung erfahren, etwa 120 aktive Sänger. Zusätzlich existieren mehrere Gruppen zur Musikalischen Früherziehung für Jungen und Mädchen im Alter von vier bis sechs Jahren. Chorleiter ist seit 2017 Markus Teutschbein, Manager ist Tilman Klett.[1] Darüber hinaus sind zahlreiche Kurrendaner ehrenamtlich hinter den Kulissen aktiv.
Geschichte
Am 22. März 1924 gründete der 27-jährige Chorleiter Erich vom Baur mit 80 Knaben und 17 Männern die Elberfelder Kurrende. Wuppertal als Zusammenschluss mehrerer Städte entstand erst fünf Jahre später. Bereits seit 1921 hatte vom Baur mit großem musikalischem, pädagogischem und organisatorischem Geschick im CVJM Bergstraße neben einem Streichorchester auch einen Jungscharchor aufgebaut. Dieser bildete nun die Basis für die neue Elberfelder Kurrende. Das erste öffentliche Konzert sang die Kurrende am 8. April 1924 in der Elberfelder Stadthalle. Daneben nahmen früh die sogenannten Singumgänge eine zentrale Rolle ein, mit seinem Chor besuchte vom Baur Alte sowie Kranke und spendete diesen Trost durch die Musik. Daher stammt übrigens auch der Name der Kurrende: vom lateinischen currere, zu Deutsch laufen.
Vor allem dank des unermüdlichen Einsatzes von Erich vom Baur entwickelt sich die Kurrende in den ersten Jahren sehr erfolgreich. Schon nach zwei Jahren waren die Weihnachtskonzerte des Chores im ganzen zukünftigen Wuppertaler Stadtgebiet sehr beliebt und auf mehreren hundert Singumgängen wurden Bedürftigen mit Gaben bedacht. Seit 1932 gab es sogar erste eigene Räumlichkeiten in der Herzogstraße, und an Palmsonntag 1933 führte die Kurrende erstmals die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach auf.
Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten blieb für die Kurrende nicht folgenlos. Zwar konnte offiziell als „Fähnlein Kurrende“ die Unabhängigkeit von der Hitler-Jugend gewahrt bleiben, doch durch organisatorischen und psychologischen Druck konnte eine Vereinnahmung nicht vollständig abgewehrt werden. Bei den Luftangriffen auf Wuppertal im Juni 1943 wurde das Kurrendeheim in der Herzogstraße mit seinem gesamten Inventar zerstört, doch auch davon ließ sich Erich vom Baur nicht entmutigen: nach den Sommerferien begann er in seiner Privatwohnung wieder mit den Proben – zunächst mit gerade einmal acht Jungen.
Nach dem Krieg begann auch der Wiederaufbau der Kurrende, und im Jahr 1948 zählte der Chor bereits wieder 160 aktive Kurrendaner. Da Mitglieder und Konzertbesucher mittlerweile aus dem ganzen Tal kamen, wurde der Chor ein Jahr später offiziell in „Wuppertaler Kurrende“ umbenannt. Rasch konnte an frühere Erfolge angeknüpft werden. 1954 konnte die Kurrende wieder ein eigenes Heim in der Deweerthstraße ihr Eigen nennen und es etablierte sich die Tradition der Sommerfreizeit: jedes Jahr fuhren die Sänger gemeinsam in den Sommerurlaub. Da Erich vom Baur in den Folgejahren schwer erkrankte, übernahm 1959 Franz Schneider aus Dresden die Chorleitung. Ihm gelang es in den kommenden elf Jahren, die Arbeit der Kurrende auf hohem Niveau zu verstetigen: nicht nur musikalisch, sondern 1967 auch mit dem Bau eines neuen, größeren Kurrendeheims in der Mozartstraße 35 – bis heute die Heimat der Wuppertaler Kurrende.
Ab 1970 leitete der junge Hamburger Kantor Heinrich Stolte der Kurrende. Er knüpfte an Franz Schneider an, indem er mit speziellen, jeweils altersgerechten Vorchören die musikalischen Ausbildungsangebote der Kurrende ausdifferenzierte. Spezielle Konzertreisen ins Ausland waren eine bemerkenswerte und attraktive Neuerung in der damaligen Zeit. Vorläufige Höhepunkte waren hier die USA-Tourneen 1974 und 1978.
1979 übernahm der damalige Leiter der Laubacher Kantorei, Heinz Rudolf Meier, die musikalische Leitung des Chores. Er sollte die Kurrende für die kommenden 27 Jahre prägen. Er bewahrte nicht nur die musikalische Qualität seiner Vorgänger, sondern widmete sich zugleich auch in besonderem Maße dem sozialen und karitativen Gedanken der Kurrende. Zahlreiche Höhepunkte prägten diese lange Ära, etwa die beiden DDR-Tourneen 1984 und 1989, die gemeinsamen Aufführungen der Matthäus-Passion mit den Essener Domsingknaben und der erstmalige Gewinn der Kategorie Knabenchöre beim Deutschen Bundeschorwettbewerb 1998.
Nach der Pensionierung von Heinz Rudolf Meier wurde im Jahr 2006 Martin Lehmann neuer Leiter der Kurrende. Bereits nach wenigen gemeinsamen Monaten gewann die Wuppertaler Kurrende mit ihm beim Bundeschorwettbewerb in Kiel zum zweiten Mal die Kategorie Knabenchöre. Neben den zahlreichen Konzerten und weiteren Auftritten gehören die Mitwirkung bei Produktionen der Wuppertaler Oper, das gemeinsame Projekt „Celebrating Händel!“ mit der WDR Big Band sowie eine neuerliche USA-Tournee 2010 zu den Highlights aus diesen Jahren.
2012 übernahm Martin Lehmann die Leitung des renommierten Windsbacher Knabenchores. Sein Nachfolger in Wuppertal wurde Dietrich Modersohn. In seine Amtszeit fiel 2014 das 90-jährige Jubiläum der Kurrende, welches mit einer Aufführung von Haydns „Schöpfung“ gemeinsam mit dem Sinfonieorchester in der Stadthalle gefeiert wurde. Ebenfalls reiste die Kurrende 2012 neuerlich nach England. Nach dem Abschied von Dietrich Modersohn wurde zunächst der frühere Kurrendaner Stephan Hensen interimistischer Leiter des Chores. Unter seiner Leitung absolvierte die Kurrende unter anderem eine Tournee nach Ostdeutschland und Polen.
Seit Juni 2017 leitet Markus Teutschbein die Wuppertaler Kurrende. Er führte den Männerchor im Herbst 2017 zum Deutschen Landeschorwettbewerb Nordrhein-Westfalen, wo der Männerchor als Sieger aus der Kategorie „Männerchöre bis 32 Mitwirkende“ hervorging. Daraufhin vertrat der Männerchor der Kurrende das Bundesland Nordrhein-Westfalen im Mai 2018 beim Deutschen Chorwettbewerb in Freiburg und nahm dort „mit sehr gutem Erfolg“ teil. 2018 dirigierte Teutschbein außerdem Bachs Johannes-Passion in seinem ersten Passionskonzert und führte die Kurrende im Rahmen einer Tournee nach Norddeutschland und Dänemark. Für das Jahr 2019 standen unter anderem Aufführungen von Mozarts Requiem, die Mitwirkung bei einem Fernsehgottesdienst der ARD sowie bei der Community-Oper „Das Labyrinth“ bei den Wuppertaler Bühnen und eine Konzertreise nach Süddeutschland und in die Schweiz auf dem Programm.
Chorstruktur und Repertoire
In zwei Vorchören werden die Jungen ab dem Alter von sechs Jahren musikalisch ausgebildet. Die Jüngsten nähern sich in der Spatzen-Gruppe spielerisch leicht der Musik. In Sing- und Chorschule lernen die Jungs allmählich das mehrstimmige Singen und nähern sich so dem Konzertchor, in den sie etwa im Alter von neun oder zehn Jahren gelangen. Anders als die großen Internatschöre proben die Kurrendaner nicht täglich, sondern zwei Mal in der Woche auf dem Campus in der Mozartstraße. Neben den Chorproben erhalten die Sänger auch Einzelstimmbildung und haben die Möglichkeit, auf dem Campus auch Instrumentalunterricht zu nehmen. Wochenend- und Sommerfreizeiten begleiten die musikalische Ausbildung der Sänger und vermitteln ihnen zahlreiche soziale Kompetenzen über die Musik hinaus.
Darüber hinaus bietet die Kurrende eigene Kurse in Musikalischer Früherziehung an. Mädchen und Jungen ab vier Jahren lernen hier unter Anleitung der Musikpädagogin Laura Cichello einen ersten, spielerischen und unbeschwerten Zugang zur Musik.
Eine besondere Tradition in der Kurrende sind Ensembles, die sich aus dem Männerchor heraus gründen. Fast 25 Jahre lang war beispielsweise das Ensemble Bel Canto aktiv. Im Jahr 2017 gründete sich das Ensemble Vox Vallis aus dem aktiven Männerchor heraus und singt seitdem ein Repertoire von Palestrina bis zu den Prinzen auf eigenen Konzerten, aber auch auf Hochzeiten, privaten Feiern und Charity-Events. 2018 führte die erste Konzertreise von Vox Vallis nach Frankreich.
Das Repertoire des Chores orientiert sich in der Tradition der großen sächsischen Knabenchöre vorwiegend an der geistlichen A-cappella-Literatur des 16. bis 21. Jahrhunderts. Aber auch große chorsinfonische Werke stehen regelmäßig auf dem Programm, zuletzt etwa die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach oder das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart. Einen Schwerpunkt bildet darüber hinaus zeitgenössische Musik, etwa von Ēriks Ešenvalds oder Veljo Tormis. In Uraufführungen sang die Kurrende unter anderem Musik von Norbert Linke (Ihr werdet Gott schauen) oder Ludwig Werner Weiand (Dona nobis pacem). Neben der geistlichen Literatur gehören auch Volkslieder und Madrigale zum Programm. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei das Werk des Wuppertaler Komponisten Kurt Lissmann.
Auftritte
Fixpunkte in jedem Kurrende-Jahr sind das Passionskonzert in der Zeit vor Ostern sowie die vorweihnachtlichen Quempas-Konzerte. Darüber hinaus bereichert der Chor das Wuppertaler Konzertleben jedes Jahr mit weiteren Auftritten. Neben diesen großen Konzerten stehen jedes Jahr auch Gottesdienst-Mitwirkungen und karitative Singumgänge in Altenheimen auf dem Programm.
Im Rahmen von verschiedenen Projekten gab es immer wieder Kooperationen mit Orchestern und Chören der Region. Regelmäßig tritt die Kurrende auf der Opernbühne der Wuppertaler Bühnen auf, mit dem Sinfonieorchester Wuppertal führt der Chor große chorsinfonische Werke in der Stadthalle Wuppertal auf. Tourneen führten den Chor bereits mehrfach ins Ausland, etwa nach Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Österreich, Norwegen und in die Vereinigten Staaten. Als Kulturbotschafterin der Stadt Wuppertal und des Landes Nordrhein-Westfalen trat die Wuppertaler Kurrende zusammen mit dem Philadelphia Boys Choir (USA) auf der Expo 2000 in Hannover auf. Die Knabenkantorei unternimmt regelmäßig Konzertreisen in die verschiedenen Bundesländer. Die Wuppertaler Kurrende hat in ihrer Konzertreihe „Knabenchor-Gastkonzerte“ Knabenchöre aus dem In- und Ausland zu Gast. 2012 trat der Chor im Kurzfilm The Lost Choir der Düsseldorfer Werbeagentur Grey Group Germany auf, der auf dem spotlight Filmfestival aufgeführt wurde.[2] Am 30. Mai 2019 wirkte die Wuppertaler Kurrende gemeinsam mit der Elberfelder Mädchenkurrende beim Fernsehgottesdienst der ARD in der Salvatorkirche in Duisburg mit, der zu Ehren des 60. Jubiläums der Kindernothilfe mit Christina Rau, Sabine Heinrich und Manfred Rekowski ausgestrahlt wurde.[3]
Chorleiter
Gründer der 1924 entstandenen Kurrende war der Musikpädagoge Erich vom Baur. In der 95-jährigen Geschichte der Kurrende war die Position des Kurrende-Leiters seitdem von hoher Kontinuität geprägt. Von 1959 bis 1970 leitete Franz Schneider die Kurrende, auf ihn folgte Heinrich Stolte. Von 1979 bis 2005 war Kirchenmusikdirektor Heinz Rudolf Meier Leiter des Chores. Er wurde Ende 2005 von Martin Lehmann abgelöst, der 2012 zum Windsbacher Knabenchor wechselte.[4] Für ihn übernahm Dietrich Modersohn die Chorleitung.[5] Von April 2015 bis Mai 2017 leitete Stephan Hensen den Chor. Seit Juni 2017 ist Markus Teutschbein der musikalische Leiter der Wuppertaler Kurrende.[6]
Soziales Angebot
Die Kurrende bietet neben der musikalischen Ausbildung auf dem Campus in der Mozartstraße noch viel mehr an: Fußball- und Basketballplatz, Kicker, Tischtennis, Kletterwand und das eigene Bistro mit seinen Räumlichkeiten bietet viele Freizeitmöglichkeiten über die Musik hinaus. Daneben finden über das Jahr verteilt verschiedene Wochenendfreizeiten für die einzelnen Chorgruppen statt, und im Sommer fahren viele Kurrendaner gemeinsam für zwei Wochen auf Sommerfreizeit nach Österreich oder Dänemark. So lernen die Kurrendaner nicht nur musikalisch, sondern darüber hinaus viele weitere soziale Komponenten wie nebenbei: Zuhören, in einer Gruppe miteinander zu für ein großes Ziel zu arbeiten und gegenseitige Achtsamkeit.
Auszeichnungen
Zwei Mal erhielt die Kurrende im Rahmen des Deutschen Chorwettbewerb als Bundessiegerin aus der Kategorie Knabenchöre hervor: 1998 beim 5. Deutschen Chorwettbewerb in Regensburg sowie beim 7. Deutschen Chorwettbewerb 2006 in Kiel. Darüber hinaus erhielt die Kurrende mehrfach einen Ersten Preis beim Landeschorwettbewerb Nordrhein-Westfalen. 1999 wurde der Chor mit der höchsten kulturellen Auszeichnung seiner Heimatstadt, dem Von der Heydt-Kulturpreis der Stadt Wuppertal, geehrt. Ebenso ist die Kurrende Trägerin des Stadtmarketing-Preis. 2017 gewann der Männerchor der Wuppertaler Kurrende den Landeschorwettbewerb NRW und wurde zum Bundeschorwettbewerb 2018 in Freiburg delegiert. Dort nahm der Männerchor „mit sehr gutem Erfolg“ teil.[7] Im Mai 2020 wurde die Wuppertaler Kurrende mit dem Preis der Enno und Christa Springmann-Stiftung ausgezeichnet.[8]
Bekannte Mitglieder
- Florian Franke (* 1987)
- Bernd Köppen (1951–2014)
- Klaus Linkenbach (1932–2000), Mitglied von 1940 bis 1943
- Klaus-Peter Pfeifer (* 1954), Mitglied von 1962 bis 1970
- Valentin Ruckebier (* 1997)
Einzelnachweise
- Wuppertaler Kurrende mit neuem Manager. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Lori Fulcer: The Lost Choir – Mad World. Abgerufen am 19. Dezember 2018.
- Evangelischer Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt. Abgerufen am 1. Juni 2019.
- Interview mit Martin Lehmann, der von Februar an den Windsbacher Knabenchor leitet. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Kurrende: Gottesdienst mit feierlichem Führungswechsel. In: Westdeutsche Zeitung, 15. Januar 2012
- Westdeutsche Zeitung: Neuer Leiter setzt auf Kooperationen. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Westdeutsche Zeitung: Wuppertaler beim Finale in Freiburg. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Enno und Christa Springmann Stiftung. Abgerufen am 9. Mai 2020.