Wilhelm Haarmann (Chemiker)
Gustav Ludwig Friedrich Wilhelm Haarmann (* 24. Mai 1847 in Holzminden; † 6. März 1931 in Höxter) war ein deutscher Chemiker, dem 1874 gemeinsam mit Ferdinand Tiemann die erste Synthese von Vanillin gelang.
Leben und Werk
Haarmann begann sein Studium 1866 an der Bergakademie Clausthal, studierte dann Chemie in Göttingen bei Friedrich Wöhler und ab 1869 in Berlin[1] bei August Wilhelm von Hofmann. 1872 promovierte er als Externer in Göttingen mit einer Dissertation "Ueber einige Derivate der Glucoside Coniferin und Salicin". Er unterbrach seine wissenschaftliche Tätigkeit wegen des Deutsch-Französischen Kriegs und setzte erst 1872 seine Tätigkeit bei Hofmann fort.[2]
Haarmann war durch Studien bei August Wilhelm von Hofmann und Kriegsdienst eng mit Ferdinand Tiemann befreundet. 1873 bot der Holzmindener Apotheker Wilhelm Kubel[3] Hofmann seine Materialien an Cambialsaft-Präparaten[4] für weitere Untersuchungen an.[2] Beiden gelang im Frühjahr 1874 der oxidative Seitenkettenabbau von Coniferin zu Glucovanillin, das durch Behandlung mit dem Enzym Emulsin in Glucose und Vanillin aufgespalten werden konnte.[5]
Zur großtechnischen Nutzung dieses neuartigen Synthesewegs gründeten Tiemann und Haarmann im Sommer 1874[6] in Holzminden Haarmann's Vanillinfabrik. Tiemann strebte als Schwager von August Wilhelm von Hofmann eine akademische Karriere an und beteiligte sich daher nur als stiller und beratender Teilhaber an dem Unternehmen. Das erste deutsche Patent wurde im Sommer 1877 angemeldet.[7] Im Jahr 1876 erhielt er die Cothenius-Medaille der Leopoldina.
Zusammen mit einem weiteren Schüler Hofmanns, Karl Reimer, gelang Haarmann die kostengünstigere Darstellung des Vanillins aus Eugenol, einem Bestandteil des Nelkenöls. Ein 1891 von Tiemann entwickeltes Isoeugenol-Verfahren senkte die Herstellungskosten weiter und machte die Vanillinproduktion rentabel. 1893 wurde auch die Produktion des Veilchenaromas Ionon nach einem von Tiemann erfundenen Verfahren aufgenommen.
Reimer trat 1876 in das Unternehmen ein, das ab dann Haarmann & Reimer hieß. Es wurde 1953 durch die Bayer AG aufgekauft und ist 2003 in der Firma Symrise aufgegangen.
Literatur
- Regina Blume: Wilhelm Haarmann. In: Reinhard Bein für den Arbeitskreis Andere Geschichte (Hrsg.): Braunschweiger Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Band II, döringDruck, Braunschweig 2014, ISBN 978-3-925268-49-6, S. 74–79.
- Björn Bernhard Kuhse: Wilhelm Haarmann auf den Spuren der Vanille, Mitzkat, Holzminden 2012, ISBN 978-3-940751-57-7
- Günther Kerstein: Haarmann, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 372 (Digitalisat).
- Matthias Seeliger: Haarmann, Gustav Ludwig Friedrich Wilhelm, Dr. In: Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon – 19. und 20. Jahrhundert. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996, ISBN 3-7752-5838-8, S. 236–237.
- DNB 1058090518 Der Herr der Düfte : mit der Vanille zum Multimillionär ; ein Wissenschaftsroman Björn Bernhard Kuhse ISBN 978-3-940751-91-1
Einzelnachweise
- Wilhelm Haarmann aufgenommen in die Gesellschaft Deutscher Chemiker zu Berlin am 13. Juni 1870 als stud. Mitglied.
- Otto Nikolaus Witt: Ferdinand Tiemann. Ein Lebensbild. In: Ber. d. dt. chem. Ges. 34, 1901. S. 4430–4455. doi:10.1002/cber.190103403176, S. 4421.
- Tiemann und Kubel waren Studienkollegen
- W. Kubel: Coniferin - ein Glucosid aus dem Cambialsafte der Nadelhölzer. In: Journal für Praktische Chemie 97, 1866, S. 243–246.
- F. Tiemann und W. Haarmann: Ueber das Coniferin und seine Umwandlung in das aromatische Princip der Vanille. In: Ber. Dtsch. Chem. Ges. 7, 1874, S. 608–623. (Digitalisat auf Gallica).
- Chem. Zentralblatt 5, 1873, S. 652; C. R. Acad. Sci. 79, 1874, S. 635. - Gründungsdatum 1. August 1874.
- Patent DE 576, angemeldet 13. Juli 1877.