Karl Reimer

Karl Reimer (* 25. Dezember 1845 i​n Leipzig; † 15. Januar 1883 i​n Berlin) w​ar ein deutscher Chemiker u​nd Industrieller.

Karl Reimer ca. 1871
Reimer und Haarmann ca. 1878
Nachruf 1883 von A. W. Hofmann

Leben und Wirken

Reimer wurde am 25. Dezember 1845 als Sohn des Buchhändlers Karl August Reimer (1801–1858) in Leipzig geboren. Sein Vater verlegte 1854 die Weidmannsche Buchhandlung von Leipzig nach Berlin. Da er kurz darauf verstarb, konnte Karl Reimer sein Abitur am Friedrichs-Gymnasium Berlin erst 1865 ablegen. Sein Studienbeginn in Göttingen und Greifswald wurde unterbrochen durch den Deutschen Krieg von 1866. Erst nach Auskurieren einer schweren kriegsbedingten Typhuserkrankung konnte er sein Chemiestudium in Greifswald, dann Heidelberg und zuletzt in Berlin fortsetzen.

An der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin begann er seine Dissertation bei A. W. v. Hofmann auf einem Forschungsgebiet von Eduard Linnemann und die Deutsche Chemische Gesellschaft zu Berlin wählte ihn am 22. März 1869 zum studentischen Mitglied.[1] Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 behinderte erneut intensivere Forschungen.[2] So promovierte Reimer erst im Juli 1871 bei A. W. v. Hofmann mit einer Arbeit „Ueber einige Derivate des Gährungsbutylalkohols“.

Danach erhielt er kurzweilige Anstellungen bei Theodor Hartig an der Königl. Forstakademie Eberswalde und bei A. W. v. Hofmann an der Universität. Letzterer vermittelte Reimer auch an die neue, 1870 gegründete Berliner Chemische Fabrik von C. A. F. Kahlbaum in der Schlesischen Straße.[3] Im Frühjahr 1875 übernahm er wegen des plötzlichen Todes von Theodor Goldschmidt kurzfristig und vertretungsweise die Geschäftsleitung dessen Fabrik für Zinn-Präparate.

Sommer 1874[4] hatte Hofmanns Schwager F. Tiemann gemeinsam mit W. Haarmann "Haarmann's Vanillinfabrik" in Holzminden gegründet. Nachdem Haarmann Berlin verlassen hatte, band Tiemann Karl Reimer in technische Problemlösungen (Oxidation von Coniferin) bei der aktuellen Vanillin-Produktion seiner Firma ein.[5]

Eigenständig entwickelte Karl Reimer Ende 1875 e​inen neuen Syntheseweg z​u aromatischen Aldehyden d​urch Reaktion v​on wäßrigen Phenolat-Lösungen m​it Chloroform (Reimer’sche Reaktion).[6]

Karl Reimer verzichtete gegenüber F. Tiemann a​uf eine eigene wissenschaftliche Erforschung dieser Reaktion[7] u​nd wurde i​m Gegenzug v​on Tiemann 1876 a​ls gleichberechtigter Mitinhaber a​n Haarmann’s Vanillinfabrik i​n Holzminden beteiligt. Diese „Reimer'sche Reaktion“ ermöglichte erstmals e​ine bequeme u​nd billige Vanillin-Synthese d​urch Reaktion v​on Guajacol m​it Chloroform; w​egen der Bildung isomerer Nebenprodukte konnte s​ich dieser Syntheseweg n​icht durchsetzen.

Durch zahlreiche Publikationen Tiemanns w​urde "Reimers Reaktion" a​ls Reimer-Tiemann-Reaktion allgemein bekannt.[8] Die Vanillin-Fabrik d​er drei Chemiker Tiemann, Haarmann u​nd Reimer w​urde 1876 i​n Haarmann & Reimer umbenannt.

Bereits 1881 schied Reimer krankheitsbedingt a​us dem Unternehmen a​us und verstarb k​urz danach i​m Januar 1883.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Deutsche Chemische Gesellschaft zu Berlin (Mitgliedsstatus): stud. C. Reimer, Berlin bei Aufnahme 22. März 1869 und am 1. Januar 1870. - Dr. K. Reimer, Holzminden am 31. Dezember 1880.
  2. Sommer 1870 gab A.W. v. Hofmann eine Übersicht aller durch Kriegseinfluß Fragmentarischen Untersuchungen aus dem Berliner Universitätslaboratorium in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 3, 755–760 (1870).
  3. Wilhelm Kahlbaum (1822–1884) neuer Inhaber von C. A. F. Kahlbaum
  4. Chem. Zentralbl. 5, 652 (1874). - C. R. Acad. Sci. 79, 635 (1874). - Gründungsdatum 1. August 1874.
  5. F. Tiemann und C. Reimer, Ueber Zuckervanillinsäure, ein saures Glycosid in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 8, 515-518 (1875). - F. Tiemann, Ueber Vanillinsäure in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 8, 509-515 (1875).
  6. K. Reimer, Ueber eine neue Bildungsweise aromatischer Aldehyde in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 9, 423–424 (1876).
  7. K. Reimer und F. Tiemann, Ueber die Einwirkung von Chloroform auf alkalische Phenolate, Ueber die Einwirkung von Chloroform auf Phenole und besonders aromatische Oxysäuren in alkalischer Lösung und Ueber die Einwirkung von Tetrachlorkohlenstoff auf Phenol in alkalischer Lösung (Bildung von Salicylsäure und Paroxybenzoesäure) in Ber. Dtsch. Chem. Ges. 9, 824–828, 1268–1278 und 1285–1287 (1876). – Auf Seite 1269 wird "Herrn Reimer II." gedankt; es handelt sich hierbei um Teilergebnisse zur Dissertation von Carl Ludwig Reimer, dem jüngeren Cousin von Karl Reimer. Carl Ludwig war am 28. Februar 1876 in die Deutsche Chemische Gesellschaft zu Berlin aufgenommen worden.
  8. Hermann Kolbe, Interessante Methode der Darstellung formylirter Verbindungen, Versuche von K. Reimer und F. Tiemann in Journal für Praktische Chemie 14, 328–346 (1876).
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