Where Is Anne Frank
Where Is Anne Frank ist ein historischer Animationsfilm von Ari Folman, der im Juli 2021 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes seine Premiere feierte.
Film | |
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Originaltitel | Where Is Anne Frank |
Produktionsland | Belgien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg, Israel |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 2021 |
Länge | 99 Minuten |
Stab | |
Regie | Ari Folman |
Drehbuch | Ari Folman, Jani Thiltges |
Produktion | Ari Folman, Jani Thiltges |
Musik | Karen O, Ben Goldwasser |
Kamera | Tristan Oliver |
Synchronisation | |
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Handlung
An einem stürmischen Morgen lässt das Unwetter das Glas der Vitrine zerspringen, in dem sich das Tagebuch von Anne Frank befindet. Das Haus in Amsterdam, in dem sich die Familie Frank zwischen Juli 1942 und August 1944 vor den Nazis versteckt hielt, ist mittlerweile ein Museum. Das handgeschriebene Tagebuch mit dem rotkarierten Einband ist auf den Boden gefallen, und wie von Zauberhand laufen die mit Tinte geschriebenen Zeilen darin zusammen und ein sommersprossiges 13-jähriges Mädchen mit einem widerspenstigen roten Haarschopf steht im Raum. Es ist Kitty, die Freundin aus Annes Tagebuch, die sich materialisiert hat. Nur in unmittelbarer Nähe des Tagebuchs existiert sie, und der Museumswärter oder die Besucher können das Mädchen jedoch nicht sehen.
Zunächst bleibt Kitty im Hinterhaus und beobachtet, wie sich Touristen in Annes winziges Schlafzimmer drängen. Kitty ist verblüfft, als sie einen endlosen Strom von Fremden in ihrem Schlafzimmer sieht, die auf die kargen Möbel und die an den Wänden hängenden Fotos starren. Um herauszufinden, wo sich ihre beste Freundin gerade befindet, nimmt Kitty das Tagebuch an sich und flüchtet mit diesem durch die Stadt. Sie weiß nicht, welches Jahr es ist und hat auch keine Ahnung, dass Anne 75 Jahre zuvor deportiert wurde. Kitty taucht in eine ihr völlig fremde Welt ein. Sie lernt einen Jungen namens Peter kennen, der sie bei ihrer Suche unterstützt. Schnell entwickelt sie romantische Gefühle für ihn. Peter zeigt ihr, wie Migranten hier in Amsterdam ausgegrenzt werden, mit welchen Nöten Flüchtlingskinder in der heutigen Welt konfrontiert sind und erzählt ihr von der geplanten Abschiebung von Menschen in Not durch die niederländische Regierung.
Obwohl Annes Name auf vielen Brücken, Bibliotheken und Theatern in Amsterdam zu lesen ist, scheint die Stadt die Lektionen von Annes kurzem Leben nicht verinnerlicht zu haben. Zwar hat ihr Name fortgelebt, der Geist, in dem sie lebte, jedoch nicht. Ihre Enttäuschung ist groß als sie feststellt, dass die Tragödie von Annes Tod zur Ware wurde. Nun, wo man für das verschwundene Tagebuch eine Belohnung von 100.000 Euro ausgesetzt hat, droht Kitty dieses zu vernichten, sollte man eine geplante Massenabschiebung von Flüchtlingen nicht unterlassen.
Produktion
Filmstab und frühere Arbeiten
Regie führte Ari Folman. Dieser hatte 2017 gemeinsam mit David Polonsky Das Tagebuch der Anne Frank Graphic Diary veröffentlicht, Anne Franks Aufzeichnungen als Comic, insbesondere für jüngere Leser gedacht.[1][2] Es handelt sich um eine Kombination aus dem Originaltext und lebendigen, fiktiven Dialogen, eindrücklich und einfühlsam illustriert. Während Folman als Sohn polnischer Holocaust-Überlebender geboren wurde und als junger israelischer Soldat den Ersten Libanonkrieg miterlebte und über seine traumatischen Erlebnisse 2008 den animierten Dokumentarfilm Waltz with Bashir drehte, wurde Polonsky als Illustrator und Comiczeichner weltbekannt.[3]
Als Animation Supervisor fungierte Tal Gadon.[4]
Sprecher, Filmmusik und Veröffentlichung
Emily Carey leiht im Film Anne Frank ihre Stimme, während ihre Eltern von Michael Maloney und Samantha Spiro gesprochen werden. Ruby Stokes spricht Kitty und Sebastian Croft ihren neuen Bekannten Peter van Daan. Skye Bennett leiht Annes Schwester Margot ihre Stimme, Andrew Woodall spricht Albert Dussel und Folman selbst einen der Polizisten.[5]
Die Filmmusik komponierten Karen O und Ben Goldwasser.[6]
Die Premiere erfolgte am 9. Juli 2021 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes, wo der Film außer Konkurrenz gezeigt wurde.[7][8] Am 24. August 2021 eröffnete der Film das Jerusalem Film Festival.[9] Im September 2021 erfolgten Vorstellungen beim Toronto International Film Festival.[10] Im März 2022 wird er beim Luxembourg City Film Festival gezeigt.[11]
Begleitendes Werk
Begleitend zum Film wird im Oktober 2021 die deutsche Übersetzung von Kittys Tagebuch: Wo ist Anne Frank? Eine Graphic Novel veröffentlicht, für die Folman gemeinsam mit Lena Guberman arbeitete. Mehr als drei Jahre nach der Veröffentlichung der ersten Graphic Novel erzählen sie darin die auch dem Film zugrundeliegende Geschichte von Kitty, der imaginären Freundin, die Anne in ihrem Tagebuch anspricht. Die Abenteuergeschichte begleitet Kitty bei ihrer Suche nach Anne und ist durch Kittys Augen erzählt.[12] In ihrem Tagebuch adressierte Anne Frank ab 1944 alle Einträge an eine imaginäre Freundin dieses Namens. Die in Ramat Gan in der Nähe von Tel Aviv lebende Guberman ist seit 2003 als Illustratorin für Bücher, Zeitungen und Filme tätig. Ihre Arbeiten wurden mehrfach mit dem Israel Museum Award ausgezeichnet.
Rezeption
Kritiken
Die Kritiken fielen bislang deutlich positiv aus.[13]
Auszeichnungen
- Nominierung als Bester Animationsfilm
Sitges Film Festival 2021
- Nominierung als Bester Film im Official Fantàstic Competition[14]
Literatur
- Ari Folman und David Polonsky: Anne Frank – The Graphic Diary.
- Ari Folman und David Polonsky: Das Tagebuch der Anne Frank Graphic Diary. Deutsche Übersetzung von Mirjam Pressler, Klaus Timmermann und Ulrike Wasel, S. Fischer Verlag, 2017. ISBN 978-3-10-397253-5
- Ari Folman und Lena Guberman: Waar is Anne Frank. Prometheus, 2021. ISBN 978-9044645194
- Ari Folman und Lena Guberman: Kittys Tagebuch: Wo ist Anne Frank? Eine Graphic Novel. Deutsche Übersetzung von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel, Fischer-Verlag, 2021. ISBN 978-3100000798.
Weblinks
- Where Is Anne Frank in der Internet Movie Database (englisch)
- Where Is Anne Frank im Programm der Filmfestspiele von Cannes (englisch)
Einzelnachweise
- Lars Reichardt: »Am Ende hat es mir das Herz zerrissen«. In: Süddeutsche Zeitung Magazin. 2. Mai 2019, abgerufen am 28. August 2021.
- Ralph Trommer: „Das Tagebuch der Anne Frank“ als Comic: Briefe aus dem Hinterhaus. In: Der Tagesspiegel. 18. Januar 2018, abgerufen am 28. August 2021.
- Das Tagebuch der Anne Frank. Graphic Diary. Umgesetzt von Ari Folman und David Polonsky. In: S. Fischer Verlag. Abgerufen am 4. Juni 2021.
- Tal Gadon. In: animac.cat. Abgerufen am 3. Juni 2021 (englisch).
- Sheri Linden: ‘Where Is Anne Frank’: Film Review | Cannes 2021. In: The Hollywood Reporter. August 2021, abgerufen am 28. August 2021 (englisch).
- Ari Folman’s ‘Where Is Anne Frank’ to Feature Music by Karen O & Ben Goldwasser. In: filmmusicreporter.com. 29. Juni 2021, abgerufen am 28. August 2021 (englisch).
- Thomas Schultze: Schwergewichte in Cannes. In: Blickpunkt:Film. 3. Juni 2021, abgerufen am 28. August 2021.
- The Screenings Guide 2021. In: festival-cannes.com. Internationale Filmfestspiele von Cannes, 1. Juli 2021, abgerufen am 2. Juli 2021 (englisch).
- Hannah Brown: Jerusalem Film Festival to open with Ari Folman’s Where Is Anne Frank. In: The Jerusalem Post. 1. August 2021, abgerufen am 28. August 2021 (englisch).
- Charles Barfield: TIFF 2021 Adds Palme d’Or Winner ‘Titane,’ ‘Where Is Anne Frank?’ & More. In: theplaylist.net. 4. August 2021, abgerufen am 28. August 2021 (englisch).
- Where Is Anne Frank. In: luxfilmfest.lu. Abgerufen am 26. Februar 2022.
- Waar is het dagboek van Anne Frank. In: uitgeverijprometheus.nl. August 2021, abgerufen am 28. August 2021 (niederländisch).
- Where Is Anne Frank. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 2. März 2022 (englisch).
- https://sitgesfilmfestival.com/cas/film?id=10006809