Werktätiger
Ein Werktätiger ist eine Person, die im weiteren Sinne (wirkt, werkt, werkelt) aktiv in einem Gewerk, Beruf, einer Anstellung usw. arbeitet. Im engeren Sinne geht es meist um Tätigkeiten für eine staatlich, gewerkschaftlich oder individuell vereinbarte Gegenleistung (Gehalt, Entlohnung, Prämierung usw.). Im Gegensatz zu Kindern, Pensionären, Rentnern, sozial Unterstützten oder Privatiers, sind Werktätige aktiv in den produktiven, künstlerischen, sozialen oder z. B. politischen Prozess eingebunden.
Begriff in der DDR
Werktätige war in der DDR und den anderen realsozialistischen Staaten, eine auf der Grundlage der herrschenden Ideologie des Marxismus-Leninismus entstandene Bezeichnung für den Menschen, der durch eigene Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt verdient. Einen Werktätigen zeichnete aus, dass dieser weder von Einkünften aus Kapital, Renten oder Renditen, noch auf Kosten des Staates und seiner Einrichtungen lebt.
Zu den Werktätigen zählten der Arbeiter, der nicht selbständige, kollektivierte Bauer, der Angehörige der Intelligenz und der nach Marx so bezeichnete kleine Warenproduzent – wie etwa der selbständige oder genossenschaftlich organisierte Handwerker. Der Angestellte zählte als Werktätiger zur Arbeiterklasse.
In einem Lexikon der DDR aus dem Jahre 1957 werden Werktätige kurz und bündig definiert als: „alle Berufstätigen, die nicht ausbeuten - Gegensatz zu Ausbeuter“[1]. Das Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB) ordnete im § 15 dem Begriff Werktätige Arbeiter und Angestellte, einschließlich Heimarbeiter und Lehrlinge (Auszubildende) in den sozialistischen Betrieben zu. Ergänzt wird der Geltungsbereich des AGB auf in anderen Arbeitsrechtsverhältnissen Tätige, Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen, Zivilbeschäftigte in den bewaffneten Organen, Rehabilitanden, Absolventen von Hoch- und Fachschulen sowie auf Schüler und Studenten, die während der Ferien arbeiten.[2]
In der Beschreibung der realsozialistischen Gesellschaft wurde somit fast jeder Berufstätige als Werktätiger betrachtet.
Inwieweit in der marxistischen Beschreibung bürgerlicher Gesellschaften Angestellte mit organisatorischen Funktionen, kleine Selbständige und akademisch ausgebildete Spezialisten den Werktätigen zugerechnet oder aber ausgegrenzt wurden, hing oft von der historischen Situation und der politischen Opportunität ab.
Die Begriffe Arbeitgeber und Arbeitnehmer kamen in der offiziellen Sprachregelung der DDR nicht vor. Das hatte vornehmlich zwei Gründe:
- Aus Sicht der DDR-Ideologen würde der Begriff Arbeitgeber in der Marktwirtschaft falsch zugeordnet. Der Lohnabhängige verkaufe seine Arbeitskraft und damit seine Arbeitsleistung. Also gäbe er ja seine Arbeit ab, wäre ein Arbeitgeber. Der Kapitalist, Eigentümer (wie auch immer bezeichnet) nähme die Arbeit entgegen und vermarkte sie gewinnbringend, wäre also ein Arbeitnehmer. Diese Betrachtungsweise war durchaus kein grammatikalisches Wortspiel, sondern eine kommunizierte Argumentation innerhalb der Agitation und Propaganda der Partei- und Staatsführung der DDR.
- Zwei Begriffe wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschreiben schon als Wortpaar gegensätzliche Seiten. In der sozialistischen Produktion könne es aber keine antagonistischen Gegensätze geben, da ja das Volk das Volkseigentum nutze und mehre.
Folgerichtig sprachen das AGB und andere einschlägige Quellen in den sozialistischen Staaten nur vom Betrieb und den Werktätigen. Im heutigen Verständnis der Marktwirtschaft ist der Begriff Betrieb dabei der Arbeitgeberseite, der Begriff Werktätige der Arbeitnehmerseite zuzuordnen.
Einzelnachweise
- Werktätiger. In: Lexikon A-Z in zwei Bänden. Zweiter Band, Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1957, S. 957.
- Bundesvorstand des FDGB und Staatssekretariat für Arbeit und Löhne: Arbeitsgesetzbuch - Textausgabe. 14. Auflage. Verlag Tribüne Berlin und Staatsverlag der DDR, Berlin 1977, 1987, ISBN 3-329-00138-0, S. 12.