Weißbuch von 1939
Das Weißbuch von 1939 oder „MacDonald-Weißbuch“ war eine von der britischen Regierung verfolgte Politik, die die Idee einer Teilung des britischen Mandats über Palästina zugunsten einer gemeinsamen jüdisch-arabischen Regierung aufgab.
Entstehung
Im Januar 1938 wurde die Woodhead-Kommission eingerichtet, die Wege zur Durchsetzung der Vorschläge der Peel-Kommission finden sollte. Ihr Bericht wurde am 9. November 1938 veröffentlicht, als die Novemberpogrome im Deutschen Reich auf ihrem Höhepunkt waren. Die Teilungsidee wurde aufrechterhalten, aber die vorgeschlagene Fläche des jüdischen Staates war wesentlich kleiner bemessen worden und auf den Küstenabschnitt beschränkt.
Im Februar 1939 wurde die St.-James-Konferenz (auch bekannt als die Konferenz des runden Tisches von 1939) nach London einberufen. Die arabische Delegation verweigerte sich allerdings einem formalen Treffen mit ihren jüdischen Verhandlungsgegnern und erkannte diese nicht an. Die Konferenz endete am 17. März, ohne dass ein Fortschritt erzielt werden konnte.
Ziele
Das Weißbuch, das einseitig von den Briten konzipiert worden war, wurde am 17. Mai veröffentlicht und sah eine neue Vorgehensweise vor. Es war weniger beeinflusst von der Lage der Juden in Europa als vielmehr von dem Versuch, als Gegengewicht zur deutschfreundlichen Politik von Hadsch Mohammed Amin al-Husseini die Araber vor dem heraufziehenden Zweiten Weltkrieg auf die britische Seite zu ziehen. Außerdem wurde es unter dem Druck der vorangegangenen arabischen Aufstände veröffentlicht. Es forderte die Errichtung eines vereinigten Staates in Palästina innerhalb der nächsten zehn Jahre. Die Grenzen dieses Staates sollten der Jordan und das Mittelmeer sein.
Auszug
Ein Auszug des Weißbuchs in einer deutschen Übersetzung:[1]
„I/4: Die Regierung Seiner Majestät verkündet jetzt unzweideutig, dass es nicht ihre Politik ist, aus Palästina einen jüdischen Staat werden zu lassen. […]
I/10/1: Das Ziel der Regierung seiner Majestät ist die Errichtung eines unabhängigen Palästina-Staates innerhalb von zehn Jahren, der Vertragsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich in der Weise hat, dass die wirtschaftlichen und strategischen Interessen beider Länder berücksichtigt werden.
I/10/2: In dem unabhängigen Staat sollen Araber und Juden gemeinsam in der Weise regieren, dass die wesentlichen Interessen jeder Gemeinschaft gesichert sind. […]
II/13/1: Die jüdische Einwanderung wird in den nächsten fünf Jahren so geregelt, dass die Zahl der jüdischen Einwanderer ungefähr ein Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes erreicht - vorausgesetzt, die wirtschaftliche Aufnahmefähigkeit des Landes erlaubt dies […] Vom April dieses Jahres an werden innerhalb der nächsten fünf Jahre 75000 Einwanderer zugelassen. […]
II/13/3: Nach fünf Jahren wird keine jüdische Einwanderung mehr gestattet, es sei denn, die Araber Palästinas wären hierzu bereit.
II/13/4: Die Regierung Seiner Majestät ist entschlossen, die illegale Einwanderung zu verhindern. […]
III/16: Der Hochkommissar erhält Vollmachten, den Landverkauf zu verbieten und zu steuern.“
Umsetzung
Obwohl das Weißbuch erklärt, es sei der Balfour-Deklaration verpflichtet, schränkt es sowohl die jüdische Einwanderung nach Palästina, als auch die Möglichkeit, dort Land zu kaufen, substantiell ein. Das Weißbuch sah einen fünfjährigen Zeitraum vor, in dem die Einwanderung von 75.000 Juden (10.000 pro Jahr und 25.000 Flüchtlinge zusätzlich) gestattet sein sollte. Danach sollte der weitere Zuzug nur mit arabischer Zustimmung gestattet werden. Verglichen mit dem status quo war es eine außerordentliche Niederlage für die jüdische Seite, die es als Verrat an dem britischen Versprechen (der Errichtung einer jüdischen Heimstätte in Palästina) ansah. Das Weißbuch bestimmte die britische Politik in Palästina bis 1947, als die Briten klarmachten, dass sie ihr Palästinamandat aufzugeben wünschten.
Der spätere Premierminister Sir Winston Churchill lehnte das Weißbuch ab. Er nahm es offiziell nicht zurück, billigte jedoch Abweichungen von der darin vorgeschriebenen Politik. Vor dem Hintergrund des Holocaust griff die britische Regierung die Teilung des Landes in internen Diskussionen wieder auf.[2]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- aus Bundeszentrale für politische Bildung, Heft 278 vom 28. März 2008
- Tom Segev: Es war einmal ein Palästina – Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels. Siedler Verlag, München, 2006, ISBN 978-3-8868-0805-2, S. 502 f.