Weißblech
Weißblech ist ein dünnes kaltgewalztes Stahlblech, dessen Oberfläche mit Zinn beschichtet ist. Derzeit sind Blechdicken von 0,1 bis 0,5 mm üblich. Das Verzinnen dient vor allem dem Korrosionsschutz.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Feuerverzinnen üblich, bei dem das Zinn in geschmolzenem Zustand aufgetragen wurde. Mit dem heutigen elektrolytischen Verzinnen ist die Beschichtung nicht nur gleichmäßiger, sondern auch viel dünner geworden, was zugleich rohstoff- und kostensparend ist.
Geschichte
Die technischen Verfahren haben sich im Verlauf der Jahrhunderte weiterentwickelt. Das Herstellungsverfahren änderte sich vom Warmwalz- zum Kaltwalzverfahren und das Verzinnungsverfahren von der Feuerverzinnung zur elektrolytischen Verzinnung.
Im 17./18. Jahrhundert wurde das Blech noch von sogenannten Blechmachern in kleineren Platten hergestellt, in Roggenkleie gebeizt und durch das Eintauchen in flüssiges Zinn verzinnt.
Im 18./19. Jahrhundert wurde Weißblech industriell in größeren Mengen zunächst nur in England hergestellt, da der technische Fortschritt im Mutterland der industriellen Revolution enorm groß war. Hier wurde bereits 1745 der Fettkessel eingeführt und ab 1806 bereits mit verdünnter Salzsäure gebeizt.
Seit dem 19. Jahrhundert ist die Geschichte der Weißblechherstellung eng mit der Geschichte der Konservendose verknüpft. Mit den Entwicklungen von Nicolas Appert, der sich 1810 die Konservierung von Nahrungsmitteln durch Hitzesterilisation patentieren ließ, und dem Verfahren der Engländer Peter Durant und Augustus de Heine zum Lagern von Nahrungsmitteln in leichten Dosen stieg die Nachfrage nach Weißblech enorm.
Seit 1816 gab es das Kaltwalzverfahren und seit 1829 das Verfahren, Weißblech durch Glühen in Glühöfen zu formen. Die Dicke des Bleches wurde seit dem 18. Jahrhundert bis heute stetig reduziert. Die erste elektrolytische Bandverzinnungsanlage wurde 1934 in Betrieb genommen – damit wurde auch eine wesentlich dünnere Beschichtung möglich.[1]
Weißblech in Deutschland
Die Verarbeitung von Stahl zu Weißblech war im 19. Jahrhundert besonders in den rheinischen Gebieten ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, im 20. Jahrhundert noch im heutigen Rheinland-Pfalz. Heute spielt Weißblech für Deutschland nur noch eine geringe Rolle.
18. Jahrhundert
Im frühen 18. Jahrhundert, den Anfängen der industriellen Revolution, war die Stahlproduktion noch nicht in dem Ausmaß auf das Ruhrgebiet zentriert, wie es später der Fall sein sollte. So gab es in den am Rhein gelegenen Gebieten, vor allem dem Bereich des Neuwieder Beckens östlich von Koblenz, einige Stahlverarbeitungsbetriebe wie etwa die Eisenhütte Bendorf Sayn (Bendorfer Hütten, Sayner Hütte) oder den Rasselstein, der 1784 vom Unternehmer Carl Wilhelm Remy dem Fürst Alexander Graf zu Wied abgekauft wurde. 1769 wurden die ersten deutschen Stahlbleche in Rasselstein gewalzt.
19. Jahrhundert
1824 gelang es der Familie Remy, in ihrem Werk Rasselstein das erste Puddelstahlwerk in Betrieb zunehmen. Den technischen Entwicklungen der Produktionsstätte ist es auch zu verdanken, dass 1835 die erste deutsche Eisenbahnstrecke Nürnberg–Fürth befahren werden konnte. Die Schienen hierfür kamen ebenfalls aus Rasselstein. Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Engländer John Player mit der Errichtung des Hüttenwerkes Albion und der Produktion von Weißblech. Nach seiner Geschäftsaufgabe 1856 stieg die Family Remy mit dem Rasselsteiner Werk in die Weißblechproduktion ein.
Neben dem Werk Rasselstein stellten noch weitere Betriebe in Deutschland wie etwa die Dillinger Hütte Weißblech her. In den 1860er Jahren kam es in Deutschland zur Gründung eines „Weißblech-Verkaufs-Comptoirs“, in dem durch Zusammenschluss zu einem Kartell der innerdeutsche Wettbewerb vermieden und eine bessere Stellung gegenüber Großbritannien erreicht werden sollte.
20. Jahrhundert
Mit dem Steinkohleabbau im Ruhrgebiet kam es auch in den anderen am Rhein gelegenen Gebieten um die Region Koblenz zu einem Strukturwandel, bei dem sich der größte Teil der Stahlproduktion in das heutige Bundesland Nordrhein-Westfalen verschob. Im 20. Jahrhundert wurde Weißblech noch an verschiedenen Standorten in Deutschland hergestellt, etwa in Wissen[2] und Andernach im heutigen Rheinland-Pfalz, wo es 1934 durch die Entwicklung eines elektrolytischen Verzinnungsverfahrens von Weißblech zu einer Revolution im Herstellungsverfahren kam.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die einzigen Weißblechhersteller in Deutschland nur noch in Rheinland-Pfalz ansässig. Mit einem Jahresumsatz von 7.292 Millionen Euro im Jahr 2010 gehört die Metallindustrie zur drittgrößten Industriebranche in Rheinland-Pfalz am Umsatz bemessen. Die Produktion von Weißblech durch ThyssenKrupp Rasselstein ist einer der größten Arbeitgeber in der Umgebung von Koblenz.
Technische Aspekte
Korrosionsschutz
Eine Schicht von ca. 0,3 µm Zinn, das entspricht etwa 2 g/m², genügt, um den Stahl durch Versiegelung vor Korrosion zu schützen. Zink und Chrom sind elektrochemisch unedler als Stahl. Sie bieten deshalb, anders als Zinn, zusätzlich einen elektrochemischen Schutz vor Korrosion. Zink ist jedoch instabil gegenüber Säuren und sauren Lebensmitteln, Chromverbindungen sind giftig. Zinnverbindungen sind zwar in geringem Maße giftig, wird aber die Zinnschutzschicht verletzt und es entsteht ein Lokalelement, so korrodiert zuerst das unedlere Eisen und es bilden sich unbedenkliche Eisensalze. Daher ist Weißblech auch für die Aufbewahrung von wässrigen Lebensmitteln in Konservendosen geeignet. Bei Lufteinwirkung können jedoch Zinnionen freigesetzt werden. Daher sind Weißblechdosen innen oft zusätzlich lackiert oder folienbeschichtet.
Verwendung
Etwa 90 Prozent des in Deutschland produzierten Weißblechs wird zur Herstellung von Verpackungen verwendet. Daher spricht man auch von Verpackungsstahl. Die Hauptanwendungsbereiche von Verpackungsstahl liegen in folgenden vier Bereichen:
- Blechdosen für Lebensmittel und Tiernahrung (ca. 44 Prozent)
- Verpackungen für chemisch-technische Produkte und Sprühdosen für Aerosole (ca. 22 Prozent)
- Verschlüsse: Deckel und Kronkorken (ca. 18 Prozent)
- Getränkedosen (ca. 16 Prozent).
Darüber hinaus wird Weißblech beispielsweise für die Herstellung von (inzwischen eher seltenem) Blechspielzeug und Schmuckdosen verwandt.
Weitere Anwendungsbereiche von Weißblech sind Anschlüsse, Batteriekontakte, Batteriegehäuse und Abschirmgehäuse in der Elektrotechnik bzw. Elektronik, denn Weißblech ist mit säurefreien Flussmitteln lötbar.
Recycling
Die Recyclingquote von Weißblech in Deutschland lag im Jahr 2014 bei 93,3 Prozent.[3] Dies ist die höchste Recyclingquote unter Verpackungswerkstoffen überhaupt. Das Recycling bereitet jedoch Probleme: Lackschichten und Stoffreste stören und das Zinn kann nur dann zurückgewonnen werden, wenn der Weißblech-Schrott aluminiumfrei ist. Hierbei wird das Zinn elektrolytisch in heißer Natronlauge entfernt.[4]
Nach der Müllverbrennung z. B. durch einen Magnetscheider rückgewonnene Weißblechdosen enthalten zwar keine organischen Reste mehr, aber auch kein metallisches Zinn: Das teure Zinn geht auch hier verloren. Diese Dosen können in der Stahlproduktion eingesetzt (eingeschmolzen) werden. Der hohe Schwefelgehalt aufgrund des Müllverbrennens gestattet keine gleichwertige Wiederverwendung.
Markt
Der Weißblechmarkt ist ein typischer Nischenmarkt. Er leidet unter starken Schwankungen bei Rohstoff- und Energiekosten und zeitweise unter Überkapazitäten.
Literatur
- Klaus Peters: 200 Jahre Rasselstein, ein Beitrag zur Geschichte feiner Bleche. Stahl- und Walzwerke Rasselstein/Andernach A. G., 1960.
- Die Eisen- und Stahlindustrie im Wieder Becken. Entwicklungsgeschichtlicher Überblick am Beispiel der Concordia Hütte, der Sayner Hütte und des Rasselsteins. Verein Deutscher Eisenhüttenleute, 1987.
- Ein Stück deutscher Industriegeschichte. 225 Jahre Rasselstein. Vom Grafen zu Wied über die Remys führte die Entwicklung zu einer starken „Aktionärsfamilie“ Heute „Perle“ des Thyssen-Konzerns. In: stadtmagazin – Leben in Neuwied. Jahrgang 12, 1985, Nr. 9, S. 10–15.
Weblinks
Einzelnachweise
- Reinhold Reith: Recycling – Stoffströme in der Geschichte. In: Querschnitte 8: Umweltgeschichte. Arbeitsfelder, Forschungsansätze, Perspektiven. Herausgegeben von Sylvia Hahn, Reinhold Reith. Oldenbourg, München 2001. Zitat: „1934 verringerte die elektrolytische Verzinnung die Zinnmenge pro Quadratmeter um zwei Drittel“.
- Die Geschichte des ehemaligen Weißblechwerks (Walzwerks) Wissen, online im Internet: 5. Februar 2013.
- http://www.stahl-online.de/index.php/weissblech-meistrecycelter-verpackungswerkstoff/
- N. Kopytziok: Handbuch für die Umwelt- und Abfallberatung, Juli 2005, Abschnitt 2.11: Lohnt sich Alu-/Weißblech-Recycling? (PDF, Seite 2).