We’wha
We’wha [ˈwi ˈwɑ] (* 1849 in New Mexico; † 1896 ebenda) gilt als bekanntestes Mitglied der Lhamana, eine bis zum 20. Jahrhundert existierende Randgruppe der Zuñi. Diese hatten ein biologisch männliches Geschlecht und übernahmen zumeist von Frauen ausgeführte Aufgaben. So bereitete We’wha Speisen zu und stellte selbst Töpferei- sowie Webwaren her. Allerdings kam We’wha auch in typischen Männerbereichen wie Feldarbeit sowie der Leitung religiöser Rituale zum Einsatz. We’wha nahm dabei eine spezielle Rolle unter den Lhamana ein, die hauptsächlich nur für Arbeit in den für Frauen körperlich schweren Bereichen verantwortlich waren. We’whas Geschlechtsidentität war daher in der Vergangenheit aufgrund unterschiedlicher anthropologischer Darlegungen Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen.
Dank guter Englischkenntnisse genoss We’wha nicht nur bei benachbarten weißen Siedlern einen guten Ruf, sondern half auch der Ethnologin Matilda Coxe Stevenson bei deren Aufzeichnungen über die Zuñi. Durch diese Mitarbeit traf We’wha auf den damaligen Präsidenten Grover Cleveland und trug dazu bei, das Volk in der US-amerikanischen Wissenschaft bekannter zu machen.
Frühe Jahre
We’wha wurde 1849 im Pueblo Anthill at the Middle of the World an der heutigen Grenze zwischen Arizona und New Mexico geboren.[1] In dem Jahr nahm der Stamm erstmals Kontakt mit in der Nähe wohnenden weißen Siedlern auf. Diese ließen das Volk seine Kultur frei ausüben, und wurden im Gegenzug von ihnen bei territorialen Streitigkeiten mit den Navajo und Apachen unterstützt, mit denen die Zuñi verfeindet waren. Die Siedler schleppten Pocken in den Ort ein, an denen We'whas Eltern vier Jahre später starben. Deswegen wurden die Kinder von einer Schwester des Vaters adoptiert. Trotz des neuen Umfelds blieb We’wha Mitglied in den Clans der Eltern, den Donashi:kwi sowie den Bit'chi:kwe, und nahm an deren traditionellen Riten teil.[2] Der Adoptivvater namens José Palle war ein Regenpriester, ein in der Zuñi-Kultur hoher Posten. We’wha war ab diesem Zeitpunkt Mitglied der im Pueblo reichsten Familie, dieser Besitz bestand dabei aus der größten Behausung im Dorf, die nicht nur Palle als Wirkungsstätte, sondern zudem den wichtigen Medizinleuten Ihewe:kwe als Zeremonienraum diente.[3]
In der Zuñi-Kultur wurden damals manche Kinder als Lhamana identifiziert; dies bedeutete, dass sie trotz des biologisch männlichen Geschlechts für Frauen typische Aufgaben wie Handarbeiten oder Kochen erlernten. Sie trugen sowohl Männer- als auch Frauenkleidung, wobei vereinzelte Lhamana daneben in für Männer vorgesehenen Gebieten wie der Jagd eingesetzt wurden.[4]
We’wha nahm im Alter von zwölf Jahren erstmals an religiösen Ritualen für Jungen teil, wurde einige Jahre später jedoch von Frauen unterrichtet. Sie brachten We'wha unter anderem die Zubereitung von Maismehl sowie das Töpfern bei. Zur selben Zeit, im Jahr 1864, gewannen die Siedler mit dem Stamm eine Schlacht gegen die Navajo. Nachdem diese in ein Indianerreservat verbannt worden waren, ließen sich einige Zuñi, unter anderem auch We’whas Familie, im verlassenen Gebiet nieder. We’wha war für die dortige Farm verantwortlich, übernahm also erneut eine in der Zuñi-Kultur typische Männeraufgabe.[5]
Zusammenleben mit Missionaren
Anfang der 1870er Jahre kümmerte sich We’wha weiterhin um die familieneigenen Felder und übernahm zusammen mit einer Schwester wegen des zunehmenden Alters der Tante vermehrt Haushaltstätigkeiten. 1877 kamen evangelische Missionare im Zuge der Peace Policy of Grant Administration in der Siedlung an. Diese Strategie sah vor, indigene Einwohner in den USA nicht wie üblich in Reservaten von der restlichen US-amerikanischen Bevölkerung abzuschotten, sondern sie durch christliche Indoktrination in die bürgerliche Gesellschaft zu integrieren.[6]
Taylor Filmore Ealy, ein presbyterianischer Geistlicher und Arzt, lebte ab dem 12. Oktober 1878 mit seiner Ehefrau, zwei Töchtern und einem Aushilfslehrer im Pueblo. Mit letzterem sollte er die Schule leiten, die ein Jahr zuvor für die Stammeskinder gebaut worden war.[7] We’wha half Ealys Frau bei der Betreuung ihrer Kinder sowie der Hausarbeit, nähte zusammen mit ihr Kleidung für Dorfbewohner und unterrichtete gelegentlich in der Schule.[8] Das Ehepaar entlohnte We’wha dafür mit hochwertigen Kleidern. 1881 verließen die Missionare die Siedlung, da ihnen die Konversion praktisch nicht gelungen war, die Schule so gut wie keinen Einfluss auf die Einwohner hatte und mehrere Jahre lang ungenutzt geblieben war.[9]
Freundschaft zu Matilda Coxe Stevenson
We’wha lernte 1881 die Ethnologin Matilda Coxe Stevenson kennen.[10] Stevenson befand sich mit ihrem Ehemann James Stevenson im Auftrag der Smithsonian Institution auf einer Forschungsexpedition über die Zuñi und zeigte sich bei ihrer Ankunft laut Tagebuchaufzeichnungen von We’whas Freundlichkeit und Intelligenz beeindruckt. Sie notierte auch, dass We’wha von den Erwachsenen des Pueblo aufgrund eines selbstbewussten, zornigen Temperaments zugleich respektiert und gefürchtet, dafür aber von den Kindern wegen eines gütigen Umgangs mit ihnen sehr gemocht wurde.[11]
Laut Stevenson erledigte We’wha für Männer vorgesehene rituelle sowie richterliche Aufgaben und kam gleichzeitig Frauenverpflichtungen wie Kleiderwäsche und Gartenarbeit nach.[12] Durch Stevensons regelmäßige Besuche von 1881 bis 1896 entstand zwischen ihr und We’wha eine enge Freundschaft; We’wha stärkte in dieser Zeit dank immer besserer Englischkenntnisse zudem die Beziehung zwischen den Zuñi und den Weißen.[9]
Bei ihrem ersten Besuch erklärte Stevenson dem Stamm die Verwendung von Seife. Kurz darauf begann We’wha, die Kleider der Missionare damit zu waschen, und erhielt dafür stets einige Silberdollar. We’wha ging schließlich zum Fort Wingate und reinigte die Kleidung der Soldaten sowie der Familie eines Hauptmanns. We’wha wusch auch für Siedler von außerhalb und gehörte damit zu den wenigen Zuñi, die gegen Bezahlung für die weiße Bevölkerung arbeiteten. Diese Personen waren hauptsächlich Lhamana, da sie handwerklich geschickter als die Männer des Stammes, aber körperlich stärker und ausdauernder als die Frauen waren.[13]
Stevenson bat We’wha 1885, traditionelle Zuñi-Tonwaren anzufertigen, die im National Museum of American History in Washington, D.C. ausgestellt wurden. Sie handelte dabei nicht uneigennützig: Weil ihre durch We’whas Mithilfe entstandenen Berichte über das Volk auf großes Interesse gestoßen waren, wollte sie We’wha einflussreichen Personen vorstellen. Stevenson erhoffte sich so Fördergelder für Expeditionen und neue Mitglieder in der jungen Wissenschafts-Organisation Women’s Anthropological Society of America, der sie als Präsidentin vorstand.[14] Neben der Töpferei webte We’wha auch häufig und stellte so zahlreiche Körbe, Kleider, Decken und Schärpen her, die die Aufmerksamkeit des damals populären Nature Writers George Wharton James auf sich zogen.[15]
Im Zuge der Ausstellung reisten Stevenson und We’wha 1886 zusammen mit weiteren Zuñi nach Washington, D.C. Tatsächlich wurde Stevenson dadurch in wissenschaftlichen Kreisen noch bekannter, weswegen sie einige Jahre später als erste Frau an der Smithsonian Institution eingestellt wurde.[16] Die Mitglieder der gehobenen Gesellschaft zeigten sich zudem von We’whas ihrer Ansicht nach charmanten Persönlichkeit begeistert. Schließlich wurden We’wha und Stevenson im Weißen Haus von Präsident Grover Cleveland empfangen. We’wha machte auf ihn und seine Frau ebenfalls einen sehr positiven Eindruck, worauf er sich mit Stevenson über die Bedeutung ihres Fachgebiets und ihrer Forschung unterhielt.[17]
Letzte Jahre
Kurz nachdem We’wha ins Dorf zurückgekehrt war, brachen Konflikte zwischen den Zuñi und der amerikanischen Regierung aus. Dies lag an den gescheiterten Missionierungsversuchen und der Weigerung des Stamms, in ein Indianerreservat umzuziehen.[18] Im Zuge dieser Spannungen wurden We’wha sowie fünf weitere hochrangige Zuñi, die religiöse Rituale leiteten, von amerikanischen Soldaten verhaftet. We’wha kam anschließend für einen Monat in ein örtliches Gefängnis. Die genauen Anklagepunkte sind hierbei nicht eindeutig geklärt,[19] jedoch lauteten die Vorwürfe nach einem Augenzeugenbericht auf Hexerei und Widerstand gegen die Staatsgewalt.[20]
We’wha starb 1896 im Alter von 46 oder 47 Jahren während des alljährlichen traditionellen Erntefestes Shalako an den Folgen einer Herzkrankheit. Die Stammesmitglieder bezeichneten We’whas Tod als Katastrophe, zudem kam er ihnen verdächtig vor, da We’whas schlechter gesundheitlicher Zustand plötzlich eingetreten war. Weil ein Ihewe:kwe behauptete, dass We’whas Herz durch Hammelfleisch vergiftet wurde, geriet Marita, eine ältere Stammesfrau, unter Mordverdacht. Sie soll We’wha vergeblich um etwas Fleisch gebeten haben, weswegen sie nach Ansicht der Zuñi We’wha aus Wut verhexte. Aufgrunddessen befand der Stamm Marita in einem Schauprozess für schuldig und folterte sie mehrmals.[21] Darüber hinaus ritten einige Zuñi nach dem Verlust einer ihrer Ansicht nach wichtigen Führungspersönlichkeit des Dorfes zu nahegelegenen Ländereien, die sie ausplünderten. Die US-amerikanische Regierung nutzte die Vorfälle nach We’whas Tod als Vorwand, um endgültig die Kontrolle über die Lebensweise der Zuñi zu übernehmen.[22]
Nach We’whas Tod entschieden sich nur noch sehr wenige Jungen, Lhamana zu werden. Dafür gab es vermutlich mehrere Gründe; neben einem von Stevenson beschriebenen eher mittelmäßigen Ruf der Lhamana in der Gemeinschaft, der vor allem durch We’whas Persönlichkeit stark verbessert wurde, lag dies wahrscheinlich auch an deren verringertem Aufgabenbereich. Lhamana wurden nur noch selten für religiöse Zeremonien eingesetzt, da sie im Gegensatz zu anderen Gruppen nicht als „heilige Personen“ anerkannt waren. Zudem veränderte sich begünstigt durch den Einfluss der US-amerikanischen Gesellschaft die Lebensweise der Zuñi ohnehin immer mehr. Das letzte Mitglied der Lhamana starb 1937.[23]
Geschlechtsidentität
We’whas Geschlechtsidentität wurde in der zeitgenössischen Wissenschaft mehrmals diskutiert. Laut dem Historiker Will Roscoe, der 1991 We’whas Biografie veröffentlichte, könne der Begriff Lhamana nicht einfach auf Homosexualität (damals vielfach mit heute sogenanntem Cross-Dressing, nach Ansicht der Siedler Kleidungsweise der Lhamana, gleichgesetzt)[24] oder Hermaphroditismus (der im Laufe der Jahre unterschiedlich definiert worden wäre, neben der eigentlichen Bedeutung der Zweigeschlechtlichkeit unter anderem als geschlechtsuntypisches Verhalten wie Femininität bei Männern) reduziert werden, wie es Siedler damals taten.[25] Er passe zudem auch nicht zu traditionellen westlichen Geschlechterrollen.[26] Vielmehr repräsentiere er ein drittes Geschlecht, dem einige Zuñi angehörten, die sich nach Ansicht der Stammesmitglieder in einer Art Mitte zwischen männlich und weiblich befanden.[27] Eine Einordnung We’whas als transgeschlechtlich sei nicht korrekt, da die raw identity, also das biologische Geschlecht, nach We’whas Tod durch eine Hose repräsentiert würde, die unter den mit einem Kleid angezogenen Leichnam gelegt wurde.[28] Letzteres stünde für die im Laufe des Lebens aus persönlichen Erfahrungen geformte cooked identity.[29] Roscoe, der bereits seit Studienzeiten im LGBT-Aktivismus (auch Gay liberation genannt) aktiv ist,[30] erhielt für das Werk unter anderem einen Lambda Literary Award als bestes Sachbuch mit queerer Thematik.[31]
Obgleich Roscoes Auffassung von einigen Forschenden,[32] vor allem aus dem Bereich LGBT-Geschichte,[33] geteilt wird, stehen andere ihr kritisch gegenüber. Die Lhamana als ein Beispiel für eine liberale Einstellung der Zuñi zu betrachten, die seit Beginn ihrer Existenz das Prinzip eines dritten Geschlechts kannten und tolerierten, sei eine Romantisierung einzelner queerer Aktivisten.[34] Vielmehr sei die Tradition im 16. Jahrhundert entstanden, als Kriegsgefangene der Zuñi gezwungen wurden, feminine Kleider zu tragen und Frauenaufgaben zu übernehmen.[35] Lhamana existierten mehrere Jahrhunderte danach immer noch, waren nun allerdings einheimische Jungen, die typische Frauentätigkeiten wie Kleiderwäsche bevorzugten. We’wha gehörte zu diesen, wurde jedoch vorerst als männlich betrachtet und bei den ko'tikili aufgenommen.[36] Diese stellten während ritueller Tänze die Geschichten verschiedengeschlechtlicher Kachinas in für jede Rolle entsprechender Kleidung nach. Die Zuñi glaubten, dass die einzelnen Tänzer dabei während des Rituals mit den Geistern eins würden. Allerdings war der Zweck dieser Zeremonien, deren Vorbereitungen akribisch und für die Betreffenden durch Methoden wie Fasten oder der Einnahme von Emetika oftmals unangenehm abliefen, weder Unterhaltung noch ein Spiel mit Geschlechterrollen. Stattdessen stand eine Bitte an die Götter nach für die verschiedenen Erntezeiten günstigen Wetterbedingungen im Fokus.[37] In vielen Zuñi-Pueblos waren Mädchen bei den ko'tikili gar nicht zugelassen, in We’whas nur ein paar erwachsene Frauen.[36]
Erst in der Pubertät stand We’wha vor der freien Wahl, als Mann weiterzuleben oder „offiziell“ zum Lhamana ernannt zu werden, wobei diese Entscheidung keinen Einfluss auf die Mitgliedschaft bei den ko'tikili hatte.[36] We’whas Wahl fiel trotz allgemeiner Ablehnungen und Spott der Stammesleute gegenüber den Lhamana auf letzteren Weg. We’wha wurde wie alle anderen Lhamana von nahezu allen Stammesmitgliedern mit weiblichen Pronomen angeredet.[38] Die Stammesmitglieder begruben We’wha nach dem Tod auf einem Männerfriedhof[36] und antworteten zuvor, als Stevenson nach Betrachtung des noch unbekleideten Leichnams verwundert nach We’whas Geschlecht fragte, mit dem Satz She is a man („Sie ist ein Mann“).[39]
Stevenson äußerte sich in ihren detaillierten Schilderungen über die Zuñi über ihre persönliche Ansicht zu We’whas Geschlechtsidentität vage. Nach We’whas Tod notierte Stevenson 1904 in ihren Aufzeichnungen zunächst, dass We’wha zu ihrer großen Überraschung ein Frauenkleider tragender Mann war, der sein biologisches Geschlecht sorgfältig verheimlichte. We’wha sei zwar für einen Hermaphroditen gehalten worden, was Stevenson aber nicht glaube. Stattdessen werde sie im Bezug auf We’wha von nun an immer weibliche Pronomen verwenden. Sie habe We’wha nicht nur gleich des biologisch männlichen Geschlechts immer als hingebungsvolle, treue Freundin betrachtet; schließlich sei auch bei den Zuñi eine rein feminine Anrede im Bezug auf Lhamana üblich.[40]
Hierbei ist anzumerken, dass Roscoe im Gegensatz zu Stevenson We’wha in seiner Biografie mit männlichen Pronomen bezeichnete. Er berief sich wie Stevenson ebenfalls auf She is a man. Roscoe argumentierte, dass der Stamm We’wha zwar als Mitglied eines dritten Geschlechts betrachtete, das biologisch männliche Geschlecht aber immer im Hinterkopf behielt, was er akkurat wiedergeben wolle. Stevenson verzichtete dagegen auf eine Deutung der Zuñi-Ansicht über die Geschlechtsidentität der Lhamana. Stattdessen erläuterte sie in ihren Aufzeichnungen, dass das „soziale Geschlecht“ von Mitgliedern der Zuñi-Gemeinschaft nicht unbedingt mit deren biologischen Geschlecht zusammenhänge.[41]
Auch deswegen wurde Roscoe vorgeworfen, sich die Aussage She is a man autoritär anzueignen und auf seine eigene Sichtweise über We’wha zu übertragen. Er missachte dabei die kulturelle Spezifität der Zuñi, die Lhamana praktisch immer mit weiblichen Pronomen bezeichneten, und betreibe euro centricism, den er selbst anderen Forschenden vorwarf, indem er sein westliches Verständnis von Geschlechtsidentität anwende. Seine Schlussfolgerungen über We’wha seien daher nur in Anbetracht seiner subjektiven Analyse von She is a man tautologisch. Angebrachter wäre hier die Einsicht, dass der Großteil von We’whas Leben, unter anderem die Geschlechtsidentität, offen bleiben sollte. Dies liege an der letztlich unklaren Definition der Zuñi von Geschlechtsidentität, die sich daher nicht mit westlichen Definitionen vergleichen ließe. Obwohl Stevenson durch ihre heutigem Kulturrelativismus ähnelnder Herangehensweise der Öffentlichkeit nur vereinzelte Aspekte über We’wha, vor allem in Bezug auf die Geschlechtsidentität, näher bringe, sei ihre Arbeit aufgrund ihrer Weigerung, We’wha eine bestimmte, endgültige Geschlechtsidentität zuzuweisen, letztlich besser als Roscoes Ausführungen.[42]
We’wha selbst hatte weder gegen Stevensons wechselnde Pronomen noch Familienmitgliedern und Freunden, die Lhamana grundsätzlich mit femininen Pronomina anredeten, etwas einzuwenden.[43] Anderen Stammesmitgliedern, die im Bezug auf Lhamana beide Formen benutzten,[44] widersprach We’wha ebenso wenig wie Einheimischen in Washington, die weibliche Pronomina verwendeten.[45] Ohnehin nahm We’wha unter den damaligen Lhamana eine spezielle Position ein. Diese wurden zum Großteil in Gebieten eingesetzt, die zwar typisch für Frauen, aber für diese körperlich anstrengend waren, beispielsweise Gipsen, Töpfern und Weben. We’wha hingegen übernahm neben diesen Aufgaben freiwillig weitere, die von beiden Geschlechtern ausgeführt wurden. So kümmerten sich eigentlich Stammesfrauen um das Schöpfen von Lehm auf einer für die Zuñi heiligen Anhöhe, während männliche und weibliche ko'tikili-Mitglieder den Kor'kokshi imitierten, eine Stammrolle We’whas.[46] Ein weiteres Lhamana-Mitglied, das zur selben Zeit in We’whas Pueblo lebte, beschränkte sich nur auf Töpfern und Weben.[36]
Ehrungen
Der US-amerikanische Schriftsteller und Hochschullehrer Paul Elliott Russell wählte We’wha in seinem Sachbuch The Gay 100: A Ranking of the Most Influential Gay Men and Lesbians, Past and Present aus dem Jahr 1995 auf den 53. Platz der 100 bedeutendsten queeren Personen der Weltgeschichte.[47]
We’wha ist seit November 2018 auf einer Gedenkplatte des Rainbow Honor Walk in San Francisco verewigt. Dieser ähnelt dem Hollywood Walk of Fame und besteht aus mehreren Bodenplatten mit Fotografien von sowie Kurzbiografien über LGBT-Personen aus dem In- und Ausland, die die Welt nach Ansicht der Initiatoren nachhaltig beeinflussten.[48]
Am 1. November 2021, zum Anfang des Native American Heritage Month, wurde in den USA ein Google Doodle veröffentlicht, das aus einem gezeichneten Bild von We’wha beim Weben bestand. Durch Anklicken des Doodles gelangten die Nutzer zu einem Spiel, bei dem in mehreren Leveln Webmuster vervollständigt werden mussten. Nach dem erfolgreichen Abschneiden eines Levels wurde anschließend ein kurzer Infotext über We’wha, die Lhamana sowie die Zuñi eingeblendet.[49] Die Zeichnungen stammten von der Zuñi-Künstlerin Mallery Quetawki, während des Spiels war Hintergrund-Gesang der Zuñi-Tanzgruppe Zuni Olla Maidens zu hören.[50]
Literatur
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Chuck Stewart: Gay and Lesbian Issues: A Reference Handbook. ABC-Clio, Santa Barbara 2003, ISBN 1-85109-372-9, S. 170.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 30–31.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 38.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 380. Brian Joseph Gilley: Becoming Two-Spirit: Gay Identity and Social Acceptance in Indian Country. University of Nebraska Press, Lincoln 2006, ISBN 0-8032-7126-3, S. 8.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 38–40.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 42.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 43.
- Norman J. Bender: Missionaries, Outlaws, and Indians. University of New Mexico Press, Albuquerque 1984, ISBN 0-8263-0758-2, S. 153.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 46.
- Darlis Miller; Louis A. Hieb: Matilda Coxe Stevenson: Pioneering Anthropologist. University of Oklahoma Press, Norman 2007, ISBN 978-0-8061-3832-9, S. 40.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 37.
- Suzanne Bost: Mulattas and Mestizas: Representing Mixed Identities in the Americas, 1850–2000. University of Georgia Press, Athens 2005, ISBN 0-8203-2781-6, S. 137 ff.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 380 ff.
- Eliza McFeely: The Zuni and the American Imagination. Farrar, Straus and Giroux, New York City 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 44. Darlis Miller; Louis A. Hieb: Matilda Coxe Stevenson: Pioneering Anthropologist. University of Oklahoma Press, Norman 2007, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 72.
- George Wharton James: New Mexico the Land of the Delight Makers: The History of Its Ancient Cliff Dwellings. The Page Company, Boston 1920, ISBN 0-936755-12-1, S. 62 ff.
- Nancy J. Parezo: Hidden Scholars: Women Anthropologists and the Native American Southwest. University of New Mexico Press, Albuquerque 1993, ISBN 0-8263-1428-7, S. 42.
- Darlis Miller; Louis A. Hieb: Matilda Coxe Stevenson: Pioneering Anthropologist. University of Oklahoma Press, Norman 2007, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 80.
- Chuck Stewart: Proud Heritage: People, Issues, and Documents of the LGBT Experience. ABC-Clio, Santa Barbara 2014, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 345.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 109.
- Lee Wind: No Way, They Were Gay? Hidden Lives and Secret Loves. Lerner Publishing Group, Minneapolis 2021, ISBN 978-1-72842-758-4, Kapitel We'wha.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 111.
- Chuck Stewart: Gay and Lesbian Issues: A Reference Handbook. ABC-Clio, Santa Barbara 2003, ISBN 1-85109-372-9, S. 171.
- Sabine Lang: Men as Women, Women as Men: Changing Gender in Native American Cultures. University of Texas Press, Austin 2010, ISBN 978-0-292-77795-8, S. 121 ff.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 212.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 25.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 108.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 147.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 125.
- Will Roscoe: The Zuni Man-woman. University of New Mexico Press, Albuquerque 1991, ISBN 0-8263-1370-1, S. 144.
- Harry Hay, Will Roscoe: Radically Gay: Gay Liberation in the Words of Its Founder. Beacon Press, Boston 1996, ISBN 0-8070-7080-7, S. 282.
- 4th Annual Lambda Literary Awards. In: Lambda Literary Foundation. 14. Juli 1992, abgerufen am 21. November 2021 (englisch).
- Katherine Crawford-Lackey, Megan E. Springate: Identities and Place: Changing Labels and Intersectional Communities of LGBTQ and Two-Spirit People in the United States. Berghahn Books, New York 2019, ISBN 1-78920-480-1, S. 70.
- Lee Wind: No Way, They Were Gay? Hidden Lives and Secret Loves. Lerner Publishing Group, Minneapolis 2021, ISBN 978-1-72842-758-4, Kapitel We'wha.
- Leila J. Rupp, Susan K. Freeman: Understanding and Teaching U.S. Lesbian, Gay, Bisexual, and Transgender History. University of Wisconsin Press, Madison 2014, ISBN 978-0-299-30244-3, S. 125.
- Ramón A. Gutiérrez: Long Before Stonewall: Histories of Same-Sex Sexuality in Early America. New York University Press, New York 2007, ISBN 978-0-8147-2750-8, S. 27.
- Sabine Lang: Men as Women, Women as Men: Changing Gender in Native American Cultures. University of Texas Press, Austin 2010, ISBN 978-0-292-77795-8, S. 78 ff.
- Felicitas Goodman, Seth Josephson: Shamanism: An Encyclopedia of World Beliefs, Practices, and Culture. ABC-Clio, Santa Barbara 2004, ISBN 0-8263-1370-1, S. 348–349.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 313.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 311.
- Matilda Coxe Stevenson: The Zuni Indians: Their Mythology, Esoteric Fraternities, and Ceremonies. BiblioLife, Charleston 2015, ISBN 978-0-8263-1370-6, S. 311–312.
- Christopher William Roebuck: "Workin' It": Trans* Lives in the Age of Epidemic. University of California, Berkeley, Berkeley 2013, S. 36 ff. (PDF).
- Christopher William Roebuck: "Workin' It": Trans* Lives in the Age of Epidemic. University of California, Berkeley, Berkeley 2013, S. 44. (PDF).
- Suzanne Bost: Mulattas and Mestizas: Representing Mixed Identities in the Americas, 1850–2000. University of Georgia Press, Athens 2010, ISBN 978-0-8203-2721-1, S. 137.
- Gary David Comstock, Susan E. Henking: Que(e)rying Religion: A Critical Anthology. Bloomsbury Academic, London 1997, ISBN 0-8264-0924-5, S. 91.
- Martha C. Ward, Monica D. Edelstein: A World Full of Women. Taylor & Francis, Milton Park 2015, ISBN 978-1-317-34247-2, S. 160.
- Kor'kokshi wurde nach einer Schlacht von Göttinnen gefangen genommen. Für sein unbeherrschtes Verhalten wurden ihm Frauenkleider angezogen, zudem wurde er Opfer einer sexuellen Gewalttat. Danach lebte er unter dem Namen Ko'lhama weiter, also ein Mann, der dauerhaft eine feminine Kleidungsweise angenommen hat. Diese Legende gilt zudem als Ursprungssage der Lhamana.
- Paul Elliott Russell: The Gay 100: A Ranking of the Most Influential Gay Men and Lesbians, Past and Present. Carol Publishing Group, Secaucus 1995, ISBN 0-8065-1591-0, Kapitel We'wha.
- Steven Bracco: 2nd Phase Of Castro's 'Rainbow Honor Walk' Plaques Installed. In: Hoodline. 8. November 2017, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).
- Celebrating the late We:wa. In: Google. 1. November 2021, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).
- Steven Musil: Google Doodle highlights Zuni leader We:wa for Native American Heritage Month. In: CNET. 31. Oktober 2021, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).